Normen
Grundbuchsgesetz §61
Grundbuchsgesetz §94
Grundbuchsgesetz §61
Grundbuchsgesetz §94
Spruch:
Der Mangel des Scheingeschäftes ist grundbuchsrechtlich mit Löschungsklage geltend zu machen.
Entscheidung vom 6. Februar 1969, 1 Ob 30/69.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:
Oberlandesgericht Graz.
Text
Die Klägerin begehrte 1. festzustellen, daß der Schuldschein vom 30. August 1966, abgeschlossen zwischen der Klägerin als Schuldnerin und dem Beklagten als Gläubiger, lautend auf einen Darlehensbetrag von 294.400 S nichtig sei und 2. den Beklagten zu verurteilen, in die Einverleibung der Löschung des auf Grund dieses Schuldscheines für eine restliche Forderung von 169.400 S samt 9% Verzugszinsen und einer Nebengebührenkaution von 33.880 S in EZ. 1199 KG. A., Grundbuch des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz, einverleibten Pfandrechtes einzuwilligen.
Das Erstgericht hat beiden Klagebegehren stattgegeben und ist dabei - im wesentlichen aufbauend auf das rechtskräftige Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 9. Juni 1967, womit der nunmehrige Beklagte des Verbrechens des Betruges nach den §§ 197, 200, 203 StG. schuldig erkannt und zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde - von folgenden Feststellungen ausgegangen: Der Beklagte habe die Klägerin im August 1966 durch die Vorgabe, er wolle ihr beim Verkauf ihrer Liegenschaft behilflich sein, er könne aber das Grundstück für sie nur dann besonders vorteilhaft verkaufen, wenn dieses möglichst hoch belastet wäre, sie müsse ihm daher "pro forma" einen Schuldschein unterfertigen, nach dessen Inhalt sie ihm 46.000 DM schulde, in Irrtum geführt; ohne jemals vom Beklagten einen Geldbetrag erhalten zu haben, habe die Klägerin am 10. August 1966 in einer Notariatskanzlei in einer verbücherungsfähigen Schuldurkunde erklärt, vom Beklagten ein Darlehen in der Höhe von 294.400 S bekommen zu haben. In weiterer Folge sei das Pfandrecht für die (angebliche) Darlehensforderung des Beklagten auf der Liegenschaft der Klägerin (EZ. 1199 KG. A.) einverleibt worden. Derzeit sei auf dieser Liegenschaft zugunsten des Beklagten, dem es gelungen sei, durch Konvertierung der Hypothek einen Barbetrag von 160.000 S zu erhalten, noch eine restliche Darlehensforderung von 169.400 S pfandrechtlich sichergestellt.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß es sich bei dem Grundgeschäft um ein Scheingeschäft gehandelt habe; dieses sei aber, ebenso wie das im Grundbuch einverleibte Pfandrecht, nichtig.
Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision nicht Folge. Er bestätigte das Urteil mit der Maßgabe, daß es im Punkt 1. zu lauten hat: "Das im Schuldschein vom 30. August 1966 beurkundete Rechtsgeschäft (Darlehensvertrag) über 294.400 S ist unwirksam."
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Grundbuchsrechtlich ist der Mangel des Scheingeschäftes (§ 916 (1) erster Satz, ABGB.) mit Löschungsklage geltend zu machen, weil sich der Grundbuchsrichter nur an die formell richtige einverleibungsfähige Urkunde zu halten und diese nicht auf allfällige Willensmängel zu prüfen hat (Gschnitzer in Klang[2] IV/1 S. 421).
Nach den Urteilsannahmen hat der Beklagte die Klägerin durch die Vorgabe, er wolle ihr beim Verkauf des Grundstückes helfen, er könne dieses aber nur dann vorteilhaft an den Mann bringen, wenn die Liegenschaft möglichst hoch belastet wäre, sie müsse ihm daher einen Schuldschein über 46.000 DM (umgerechnet 294.400 S) unterfertigen, arglistig getäuscht, auf die beschriebene betrügerische Weise ein vertragliches Pfandrecht an der Liegenschaft der Klägerin erworben und sich schließlich durch Konvertierung des Pfandrechtes Bargeld in der Höhe von 160.000 S widerrechtlich verschafft. Damit wird deutlich, daß der in die Form eines Notariatsaktes gebrachten und als Grundlage für die Pfandrechtsbegründung dienenden Verpflichtungserklärung der Klägerin, die dieser betrügerisch entlockt worden ist, Willensmängel anhaften, die das Leistungsbegehren der Klägerin (Löschungsklage) gerechtfertigt erscheinen lassen.
Bei der Prüfung der Frage, ob eine Feststellungsklage erhoben wurde, ist nicht am Wortlaut des Begehrens zu haften. Entscheidend dafür, ob eine Feststellungs-, Rechtsgestaltungs- oder Leistungsklage vorliegt, ist vielmehr, welchen Ausspruch des Gerichtes der Kläger im Zusammenhalt mit dem Sachvorbringen seinem Sinngehalt nach begehrt. Klagen auf Aufhebung des Vertrages wegen Irrtum, Zwang, List oder wegen einer durch das Gesetz ausdrücklich eingeräumten Anfechtbarkeit, sind ihrem Wesen nach Rechtsgestaltungsklagen, bei denen das - diesfalls vom Revisionswerber vermißte - Feststellungsinteresse nicht zu prüfen ist (Fasching, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen, III S. 53 f.).
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