Normen
Außerstreitgesetz §73
Außerstreitgesetz §73
Spruch:
Bei Überlassung eines überschuldeten Nachlasses an die Gläubiger an Zahlungsstatt sind die Begräbniskosten und die für das letzte Jahr angemeldeten Krankenanstaltskosten des Verstorbenen im gleichen Rang zu berücksichtigen
OGH 5. November 1975, 1 Ob 290/75 (KG Ried im Innkreis R 182/75; BG Schärding A 132/75)
Text
Die vorliegende Verlassenschaft ist überschuldet und soll nach der übereinstimmenden Ansicht der Untergerichte und der Parteien (das ist die Rekurswerberin als gesetzliche Erbin und Nachlaßgläubigerin sowie das Land Oberösterreich als weiterer Nachlaßgläubiger) durch Überlassung an die Gläubiger an Zahlungsstatt erledigt werden. Dem Aktivum der Verlassenschaft von 28.483.60 S an Bargeld stehen der Höhe nach unbestrittene Forderungen der Rekurswerberin für Bestattungskosten 9881.17 S, Grabkauf 600 S und Grabpflege durch 10 Jahre 5000 S = zusammen 15.481.17 S, abzüglich 3428 S Sterbegeld = 12.053.17 S, eine bestrittene Forderung der Witwe von 14.000 S für ein Grabdenkmal und die der Höhe nach wieder unbestrittene Forderung des Landes Oberösterreich an Krankenanstaltskosten von 42.789.20 S für das letzte Jahr vor dem Tode des Erblassers und 24.472.50 S für überjährige Krankenanstaltskosten gegenüber.
Der Rechtspfleger überließ den ganzen Nachlaß der Witwe an Zahlungsstatt und wies den gleichartigen Antrag des Landes Oberösterreich zur Gänze ab. Der Richter des Erstgerichtes zog die Außerstreitsache an sich, gab der Vorstellung des Landes Oberösterreich (teilweise) Folge und überließ die Aktiven der Verlassenschaft an die erblasserische Witwe im Teilbetrag von 26.053.17 S (das ist ihre gesamte Forderung abzüglich 3428 S bereits erhaltenes Sterbegeld) und dem Land Oberösterreich mit dem Restbetrag von 2430.43 S. Infolge Rekurses des Landes Oberösterreich hob das Rekursgericht den erstrichterlichen Beschluß auf und trug dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Witwe nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Zulässigkeit einer Überlassung des überschuldeten Nachlasses an Zahlungsstatt an die Gläubiger gemäß § 73 Abs. 1 AußStrG ist hier nicht strittig. Es bestehen auch keine Bedenken, diesen überschuldeten Nachlaß im Sinne der bezogenen Gesetzesbestimmung als unbedeutend anzusehen, weil die ziffernmäßige Grenze des § 72 Abs. 2 AußStrG für diesen Fall nicht gilt und die Abgrenzung deshalb dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichtes freigestellt ist (Kastner, NZ 1951, 52; Köhler, Das Verfahren außer Streitsachen[3], 159; RZ 1936, 38; 1 Ob 4/72).
Die Rekurswerberin läßt auch die zutreffende Ansicht des Rekursgerichtes unbekämpft, daß im Konkursverfahren sowohl die Kosten des Begräbnisses des Gemeinschuldners gemäß § 549 ABGB, als auch die durch § 47 Abs. 1 Krankenanstaltengesetz, BGBl. 1957/1, in die erste Klasse der Konkursforderungen gereihten rückständigen Pflegegebühren öffentlicher sowie nicht öffentlicher gemeinnütziger Krankenanstalten (soweit sie im letzten Jahre vor Konkurseröffnung oder vor dem Ableben des Gemeinschuldners entstanden sind und sich auf die Person des Gemeinschuldners beziehen) gleichrangig sind, nämlich im Konkurs in die Unterklasse I a der ersten Klasse gehören (§ 51 Abs. 1 KO und § 47 KAG). Diese Rechtsansicht wurde bereits in der Entscheidung SZ 34/98 eingehend begrundet.
Der Meinung der Rekurswerberin, daß diese Gleichstellung aber im Außerstreitverfahren nicht gelte, kann nicht gefolgt werden. Schon die Entscheidung SZ 34/98 erging in einem Fall der Überlassung des Nachlasses an Zahlungsstatt gemäß § 73 AußStrG im Verlassenschaftsverfahren. Auch in der Folge hat der OGH im Verlassenschaftsverfahren gleich entschieden (5 Ob 155/69, 5 Ob 123/72). Das Außerstreitgesetz macht zwischen den Begräbniskosten und den Krankheitskosten keinen Unterschied (§§ 73 Abs. 1 und 145 Abs. 1). Eine verschiedene Behandlung könnte nur allenfalls aus der Konkursordnung abgeleitet werden. Gerade auch der konkursmäßigen Aufteilung des Nachlasses entspricht aber entgegen der von der Rekurswerberin zitierten Meinung von Holter (Die Praxis des Außerstreitrechtes), die Zuweisung von Begräbniskosten als Massekosten (Holter 21 und 202 f.) nicht. Als solche kommen, zumal der Begriff dem Außerstreitgesetz fremd ist, bei sinngemäßer Anwendung des § 46 KO nur die dort aufgezählten Forderungen in Betracht (vgl. EvBl. 1956/157 hinsichtlich fortlaufender Mietzinse und EvBl. 1963/36 in Verbindung mit § 111 AußStrG für Kuratorskosten). Die von der Rekurswerberin gewünschte verschiedene Behandlung ihrer Begräbniskostenforderung und der ruckständigen Pflegegebührenforderung des Landes Oberösterreich läßt sich hingegen aus keinem der in Betracht kommenden Gesetze ableiten.
Nicht bekämpft ist die zutreffende weitere Ansicht des Rekursgerichtes, daß nach § 47 KAG, nur die im letzten Jahr vor dem Ableben des Gemeinschuldners entstandenen Pflegegebühren Vorzugsrang haben. Die Forderungen der Rekurswerberin selbst waren bereits im Rekurs des Landes Oberösterreich bis auf den Teilbetrag von 14.000 S für das Grabdenkmal der Höhe nach anerkannt. Die Kosten für dieses Grabdenkmal werden allerdings nicht nur im Sinne des § 549 ABGB auf ihre Angemessenheit zu prüfen sein. Da im Rekursverfahren gegen den Aufhebungsbeschluß das Verbot der reformatio in peius nicht gilt (JBl. 1973, 97 u. a.), hat der OGH vielmehr auch wahrzunehmen, daß der Einwand des Landes Oberösterreich bisher ungeprüft blieb, es handle sich insofern (nach dem eigenen Vorbringen der Rekurswerberin) bloß um einen Voranschlag.
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