OGH 1Ob290/55

OGH1Ob290/554.5.1955

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Rat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hohenecker als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmeisser, Dr. Schuster, Dr. Stanzl und Dr. Zierer als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton H*****, vertreten durch Dr. Friedrich Gehmacher, Dr. Walter Windhager, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Ing. Rembert O*****, vertreten durch Dr. Leopold Markl, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Aufhebung eines Schiedsspruches infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 23. Februar 1955, GZ R 47/55-9, womit der Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 2. Februar 1955, GZ 9 Cg 25/55-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt die teilweise, allenfalls gänzliche Aufhebung des Schiedsspruches vom 26. 10. 1954 und bewertet das Streitinteresse mit 100.000 S.

Der Beklagte erhob bei der ersten Tagsatzung die Einrede der Unzuständigkeit des Einzelrichters mit der Begründung, dass die dem Schiedsspruch zugrunde liegenden Ansprüche die Grenze vom 100.000 S übersteigen.

Das Erstgericht wies die damit erhobene Einrede der unrichtigen Besetzung des Gerichtshofes zurück.

Das Rekursgericht hob den Beschluss auf und sprach aus, dass die Streitsache vor dem Handelssenat des Gerichtshofes erster Instanz gehöre. Dem Erstgericht sei zwar darin beizupflichten, dass bei Geltendmachung eines nicht in Geld bestehenden Anspruches die vom Kläger vorgenommene Bewertung des Streitgegenstandes, abgesehen von dem im § 60 Abs 1 JN behandelten Falle, im Sinne der §§ 56 Abs 2, 60 Abs 2 JN in der Regel sowohl für das Gericht als auch für den Gegner bindend sei. Im gegenständlichen Falle sei aber die Sach- und Rechtslage insofern eine andere, als es sich um eine Klage auf Aufhebung eines Schiedsspruches, also einen Rechtsbehelf handle, der sich seinem Wesen nach als ein Rechtsmittel darstelle und der Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage nachgebildet sei. Bei den erwähnten Klagen habe aber der den Vorprozess zugrunde liegende Streitwert zu gelten, sodass es einer Bewertung nicht bedürfe. Mit Rücksicht auf die Gleichartigkeit des rechtlichen Charakters einer Aufhebungsklage nach § 596 ZPO mit den vorerwähnten Klagen müsse auch hinsichtlich des Wertes des Streitgegenstandes der gleiche Grundsatz gelten. In der dem Schiedsverfahren zugrunde liegenden Klage habe der Kläger den Streitwert mit 1,000.000 S angegeben. Dazu komme noch, dass der Kläger darin neben anderen nicht in Geld bestehenden Ansprüchen auch solche auf Zahlung von 226.607,53 S und 150.000 S erhob, sodass die im Schiedsverfahren zur Entscheidung stehende Geldforderung für sich allein schon 100.000 S übersteige. Daraus folge, dass auch für die Aufhebungsklage ein 100.000 S übersteigender Streitwert zugrunde zu legen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs des Klägers ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet.

Die Zulässigkeit des Revisionsrekurses ergibt sich aus der Erwägung, dass die Anrufung eines Einzelrichters statt des Senates keine Unzuständigkeit begründet, sondern nur die Besetzung des Gerichtes betrifft, und daher die Bestimmung des § 45 JN keine Anwendung findet (Entscheidung Ob I 1000/26, JBl 1927, S 90).

Die Ausführungen im Revisionsrekurs sind nicht stichhältig. Die Behauptung, der Beklagte habe seine Einwendung der Unzuständigkeit nicht präzisiert, ist aktenwidrig. Der Umstand, dass er die unrichtige Besetzung des Gerichtes als Unzuständigkeit bezeichnet, ist rechtlich belanglos.

Die analoge Anwendung des für Rechtsmittelklagen geltenden Grundsatzes, dass ihr Streitwert dem des Vorprozesses gleich sei müsse (ZBl 1936 Nr 56, SZ X/9 und 350, ZBl 1931 Nr 285) auf die Klagen wegen Aufhebung des Schiedsspruches ist zu billigen. Das vom Revisionsrekurswerber dagegen angeführte Argument, dass bei den Rechtsmittelklagen, wenn ihnen stattgegeben wird, auch eine Entscheidung in der Hauptsache erfolge, während dies bei der vorliegenden Klage nicht der Fall sei, ist weder richtig, noch überzeugend. Denn bei der Nichtigkeitsklage wird ebenfalls nur das nichtige Urteil aufgehoben. Ferner ist der Grund, aus welchem bei den Rechtsmittelklagen der Streitwert dem des Vorprozesses gleich sein muss, darin gelegen, dass sie in einem unlösbaren Zusammenhang mit der vorangegangenen Entscheidung stehen, deren Aufhebung sie bezwecken. Dieser Grund trifft jedoch im gleichen Masse auf die vorliegende Klage zu und darin ist auch die Rechtfertigung für die analoge Anwendung gegeben. Da also der Kläger im Schiedsverfahren das Streitinteresse mit 1,000.000 S bewertete, ist dieser Streitwert auch für die Klage auf Aufhebung des Schiedsspruches maßgebend und hatte eine neue Bewertung zu entfallen. Daraus ergibt sich gemäß § 7a JN die Besetzung des Gerichtshofes durch den Senat.

Zu demselben Ergebnis führt auch folgende Erwägung: Gemäß §§ 596, 582 ZPO ist für die Klage auf Aufhebung des Schiedsspruches das Gericht zuständig, welches mangels eines Schiedsvertrages für den Rechtsstreit in erster Instanz zuständig wäre. Diese Bestimmung gilt sowohl für die örtliche als auch sachliche Zuständigkeit und analog auch für die Besetzung des Gerichtshofes. Der Kläger hat im Schiedsverfahren nebst anderen Ansprüchen auch solche auf Zahlung eines den Betrag von 100.000 S übersteigenden Geldbetrages geltend gemacht. Da also bei Einklagung dieser Ansprüche im Rechtswege die Sache vor den Senat des Gerichtshofes gehört hätte, gilt dies auch für die Klage auf Aufhebung des Schiedsspruches.

Der Revisionsrekurs ist demnach unbegründet.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.

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