Spruch:
Ob in den Nachlaß gehörige Vermögensstücke vor der Erbteilung zu Geld gemacht werden sollen, ist in Ansehung der mj. Miterben eine Frage der Pflegschafts- oder Vormundschaftsgerichtsbarkeit
Kommt es zu keinem Erbübereinkommen, steht dem großjährigen Miterben nur die Teilungsklage (§ 841 ABGB.) offen
Entscheidung vom 24. November 1966, 1 Ob 284/66
I. Instanz: Bezirksgericht Kitzbühel; II. Instanz: Landesgericht Innsbruck
Text
Zu Erben nach der am 29. Mai 1965 verstorbenen Maria M. sind auf Grund des Gesetzes der erblasserische Witwer Julius M. zu einem Viertel des Nachlasses und die beiden erblasserischen Enkel mj. Johanna und mj. Barbara W. zu je drei Achtel des Nachlasses gerufen. Sie haben bedingte Erbserklärungen abgegeben, die mit Beschluß vom 28. Februar 1966 zu Gericht angenommen wurden.
Ursprünglich war ein Erbübereinkommen über die Teilung des Nachlasses in Aussicht genommen, zu dessen Abschluß es aber nicht gekommen ist. Letzteres steht nach der Aktenlage zumindest auch damit im Zusammenhang, daß das Finanzamt bedeutende Steuernachforderungen zu Lasten des Nachlaßvermögens erhoben hat.
Zum Nachlaß gehörte u. a. eine Eigentumswohnung in K., deren Versteigerung nach den Vorschriften der §§ 269 ff. AußStrG. im Hinblick auf die Bestimmung des § 7 (2) WEG. die Unterinstanzen rechtskräftig bewilligt haben.
Der erblasserische Witwer hatte den Antrag gestellt, darüber hinaus den gesamten nicht in Geld bestehenden Nachlaß zu versteigern, worüber sich der Erstrichter zunächst die Beschlußfassung - bis nach Einholung eines Sachverständigengutachtens - vorbehalten hatte, dem er aber in der Folge mit der Begründung stattgab, aus der Stellungnahme der mj. Miterben vom 8. April 1966 ergebe sich, daß diese nunmehr einer solchen Versteigerung zustimmten.
Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß im Sinn einer Abweisung des Versteigerungsantrages des erblasserischen Witwers mit der Begründung ab, der Erstrichter habe die Stellungnahme der mj. Miterben mißverstanden.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des erblasserischen Witwers nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die maßgebende Stelle in der Eingabe des Vertreters der mj. Erben W. an den Gerichtskommissär lautet.". Die von mir vertretenen mj. Miterben sind mit einer Teilung des Nachlasses im Sinne der Anträge des erblasserischen Witwers nicht einverstanden. Damit besteht aber keine Möglichkeit mehr, eine Nachlaßteilung im Rahmen des Verfahrens außer Streitsachen vorzunehmen. Ich darf mich zur Unterstützung dieser Ansicht auf folgende Belegstellen berufen: ...". Aus einer Randbemerkung ergibt sich, daß der Erstrichter meinte, die ablehnende Stellungnahme beziehe sich nur auf eine körperliche "Teilung" und daraus ergebe sich das Einverständnis mit einer Versteigerung. Daß dies ein Mißverständnis war, hat das Rekursgericht zutreffend erkannt, wobei es auch auf die vorangegangene Stellungnahme des Vertreters der mj. Erben W. vom 22. März 1966 hinweisen konnte. Soweit die Ausführungen des Revisionsrekurses darauf gegrundet sind, die Zustimmung der Miterben zur Versteigerung wäre tatsächlich erteilt gewesen, gehen sie also ins Leere.
Der Rekurswerber ist auch damit nicht im Recht, daß bei Nichtannahme der Zustimmungserklärung gemäß § 171 AußStrG. eine Tagsatzung anzuberaumen und bei ihr der Versuch zu machen gewesen wäre, eine Einigung herbeizuführen. Diese Gesetzesbestimmung bezieht sich - wie sich aus dem Zusammenhalt mit § 170 AußStrG. ergibt - auf den hier nicht vorliegenden Fall, daß bei einer Verlassenschaft nur großjährige Erben einschreiten. Anzuwenden sind diesmal die Bestimmungen der §§ 165 bzw. 166 - 168 AußStrG. Wenn es nun schon bezüglich einer Naturalteilung gemäß § 168 (2) AußStrG. der Beurteilung der Vormundschafts- oder Kuratelsbehörde überlassen bleibt, mit Rücksicht auf das Interesse der Pflegebefohlenen zu entscheiden, ob eine solche Maßnahme durchzuführen ist, muß dies umsomehr für die Frage gelten, ob in den Nachlaß gehörige Vermögensstücke vor der Erbteilung zu Geld gemacht werden sollen. Es ist dies in Ansehung mj. Miterben also eine Frage der Pflegschafts- bzw. Vormundschaftsgerichtsbarkeit, in der einem großjährigen Miterben keine Beteiligtenstellung zukommt. Zweck des Abhandlungsverfahrens ist ja auch nicht die Veräußerung des den Erben angefallenen Nachlasses, sondern die Durchführung der zum Rechtsübergang und aus Anlaß desselben nötigen Maßnahmen. Daher finden sich im § 167 AußStrG. auch nur Bestimmungen, wie bei der Erbteilung vorzugehen ist, wenn es zum Verkauf von Bestandteilen des Nachlaßvermögens gekommen ist, aber nicht, daß der Verlassenschaftsrichter einen solchen Verkauf gegen den Willen von Miterben anordnen könnte.
Dem Revisionsrekurswerber wird es, wenn es nicht noch zu einer Einigung mit den Miterben kommt, unbenommen sein, eine Teilungsklage einzubringen, wie es in den Vorschriften des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches über die Gemeinschaft des Eigentums vorgesehen ist. Zu einer förmlichen Verweisung auf den Rechtsweg im Sinn des § 2 (2) Z. 7 AußStrG. besteht keine Veranlassung, weil es sich hier nicht um eine Erörterung streitiger Rechtsfragen oder um eine Klärung von Sachverhaltsfragen handelt, die zur Vorbereitung oder an Stelle einer Verfügung der außerstreitigen Gerichtsbarkeit nötig wären.
Wenn der Revisionsrekurswerber schließlich noch ein Schreiben des Anwaltes der Minderjährigen vom 12. Oktober 1966 vorlegt, aus dem hervorgehen soll, daß das Finanzamt eine bedeutende Herabsetzung seiner Steuernachforderung in Aussicht stellt, und damit dartun will, daß nun eine Einigung mit den Miterben durchaus in den Bereich des Möglichen oder sogar Wahrscheinlichen gerückt sei, so kann darauf hier nicht eingegangen werden, weil zwar im Rekursverfahren gemäß § 10 AußStrG. Neuerungen zulässig sind, aber doch nicht Umstände geltend gemacht werden können, die erst nach der Beschlußfassung der ersten Instanz entstanden sind (vgl. dazu die bei Fetter - Edelbacher zu § 10 unter Nr. 2 zitierte Judikatur); im vorliegenden Fall stammt das vorgelegte Schreiben sogar erst aus der Zeit nach der Beschlußfassung der zweiten Instanz.
Im übrigen hindert die hiemit bestätigte Abweisung des Antrages auf Versteigerung des nicht in Geld bestehenden Nachlaßvermögens den Rechtsmittelwerber nicht daran, eine Einigung mit den Miterben nach Änderung der Verhältnisse zu versuchen und ein etwa erzieltes Erbübereinkommen dem Gericht zur Genehmigung vorzulegen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)