European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0010OB00026.21M.0302.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Oberster Grundsatz bei der Aufteilung der Vermögenswerte nach den §§ 81 ff EheG ist die Billigkeit (RIS‑Justiz RS0079235 [T1]). Die Aufteilung hat in erster Linie nach dem Gewicht und Umfang des Beitrags jedes Ehegatten zu erfolgen (RS0057923 [T5]). Die Ermittlung des Aufteilungsschlüssels ist eine Frage des Einzelfalls (1 Ob 33/15g mwN; RS0108756; vgl auch RS0057501 [T14]; RS0057969 [T10]).
[2] In der Regel geht die Judikatur (RS0057969) im Fall einer Ehe, in der ein Ehegatte allein verdient, der andere aber den Haushalt führt und für die Kinder sorgt, von gleichwertigen Beiträgen aus. Der Oberste Gerichtshof hat auch bereits ausgesprochen, dass Beiträge jenes Ehegatten besonders zu berücksichtigen sind, der neben der Versorgung des Haushalts und/oder der Kinder berufstätig war (vgl 1 Ob 33/15g mwN).
[3] Die Frau führte neben ihrer beruflichen Tätigkeit den Haushalt und kümmerte sich weit überwiegend um die Erziehung der zwei Kinder. Der Mann war als Schulwart beschäftigt. Die Beurteilung des Rekursgerichts, die Doppelbelastung der Frau, die bis auf ihre (dreimonatige) Karenzzeit nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes durchgehend als Reinigungskraft in der Schule als auch in privaten Haushalten berufstätig war, sich hauptsächlich um die Erziehung der Kinder kümmerte und nahezu allein den Haushalt besorgte, sei bei der Aufteilungsquote im Verhältnis von 60 : 40 zu ihren Gunsten zu veranschlagen, ist nicht korrekturbedürftig. Die Frau leistete einen etwas größeren Beitrag, der besonders zu gewichten ist. Sie hat zu ihrem Beitrag ausreichendes Vorbringen erstattet und auch keine Einschränkung auf eine bestimmte Aufteilungsquote vorgenommen, sondern eine „gerechte“ Vermögensaufteilung begehrt. Wenn der Mann auf sein höheres Einkommen verweist, vernachlässigt er, dass er die Kinderbeihilfe bezog, die Frau mit ihrem geringeren Einkommen ebenfalls die Lebenshaltungskosten bestritt, er ihr lediglich „Kostgeld“ gab und sie in der Anfangszeit die Kosten des Kindergartens für den (im gemeinsamen Haushalt lebenden) Sohn des Mannes aus erster Ehe übernahm. Der Mann unternahm nur gelegentliche („außertourliche“) Arztbesuche mit den Kindern und beteiligte sich an den Einkäufen für den Rest des Monats, wenn die Frau mit dem zur Verfügung gestellten Betrag nicht auskam. Wenn die Vorinstanzen unter Berücksichtigung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalls bei der Aufteilung des während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft erwirtschafteten Vermögens zu einer für die Frau etwas günstigeren Aufteilungsquote gelangten, haben sie den ihnen zustehenden Ermessensspielraum nicht überschritten.
[4] 2. Das Rekursgericht konnte mangels Beweisanbots des Mannes keine Feststellung über die Höhe der von der Frau während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft erhaltenen Abfertigung treffen und verwies darauf, dass die Frau die Abfertigung für Investitionen in das Haus verwendete, dessen Alleineigentum nunmehr der Mann erhalten soll. Die von der Frau in diesem Zusammenhang getätigten (werterhöhenden) Investitionen berücksichtigte es bei der Ausmittlung der ihr zustehenden Ausgleichszahlung nicht.
[5] Hat aber die Frau die (vom Mann behauptete) Abfertigung für Investitionen in das Haus verwendet, dessen Alleineigentümer der Mann durch die Übertragung des Hälfteanteils der Frau wird, ist nicht zu erkennen, inwiefern die Abfertigung bei der Ermittlung der Ausgleichszahlung – diese mindernd – zu seinen Gunsten Berücksichtigung finden sollte.
[6] 3. Der Mann hat innerhalb der Einjahresfrist des § 95 EheG das Außerstreitgericht angerufen und beantragt, ihm den Hälfteanteil der Frau an der EZ ***** gegen eine angemessene Ausgleichszahlung in sein Eigentum zu übertragen. Die Frau begehrte nach Ablauf der Frist des § 95 EheG die Übertragung des Hälfteanteils des Mannes an sie. Bereits seit der Entscheidung zu 6 Ob 189/97f wird judiziert (vgl RS0109615), dass sogar die Änderung eines Aufteilungsvorschlags einer Partei auch noch nach Ablauf der Jahresfrist des § 95 EheG möglich ist (1 Ob 26/11x mwN), was umso mehr für den (erstmaligen) Gegenantrag gelten muss, sodass die Vorinstanzen der Frau den Miteigentumsanteil des Mannes an dieser Liegenschaft übertragen konnten.
[7] Die Frau würde diese Liegenschaft gerne nutzen, auf der sich – nach den Behauptungen des Mannes – ein baufälliger Kellerraum (ohne zugehöriges Haus) befinden soll. Entgegen den Darlegungen des Mannes steht weder fest, dass er den Lagerraum im Zusammenhang mit seiner dortigen Liegenschaft verwendet, noch dass sein Haus nur im Zusammenhang mit diesem Keller nutzbar oder dieser in unmittelbarer Nachbarschaft gelegen wäre. Er vermag nicht aufzuzeigen, warum gerade ihm und nicht der Frau die Liegenschaft zukommen sollte.
[8] 4. Ob eine von den Vorinstanzen auferlegte Ausgleichszahlung dem Grundsatz der Billigkeit entspricht, richtet sich stets nach den Umständen des Einzelfalls und begründet damit, außer bei grober Fehlbeurteilung, keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (RS0115637).
[9] Das Rekursgericht ermittelte zunächst rechnerisch eine Ausgleichszahlung und bemaß die vom Mann zu leistende Zahlung letztlich mit 12.000 EUR, weil sich die Frau eine neue Wohnmöglichkeit samt Hausrat verschaffen habe müssen und sie anlässlich des Erwerbs der Liegenschaft, die nunmehr ins Alleineigentum des Mannes übertragen wird, die Kosten des Notars (durch Auflösung ihres Bausparvertrags) gezahlt habe. Der Mann verfügt neben seiner Dienstwohnung als Schulwart – nach Übertragung des Miteigentumsanteils der Frau – als weitere Wohnmöglichkeit über diese Liegenschaft samt Haus, sodass die Beurteilung des Rekursgerichts, die Ausgleichszahlung sei aus Billigkeitsgründen zu erhöhen, im Einzelfall nicht korrekturbedürftig ist.
[10] Dass es dem Mann aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse schwer falle, die auferlegte Ausgleichszahlung zu leisten, behauptet er erstmals im Revisionsrekurs. Dabei handelt es sich um eine unbeachtliche Neuerung (§ 66 Abs 2 AußStrG). Nach den Feststellungen verdiente er zudem bereits 2013 durchschnittlich 3.100 EUR (netto) monatlich, sodass es ihm nicht schwer fallen sollte, nach über zweijähriger Verfahrensdauer den Ausgleichsbetrag aufzubringen.
[11] Einer weiteren Begründung bedarf es zur Hauptsache nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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