OGH 1Ob258/06g

OGH1Ob258/06g27.3.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Susanne P*****, vertreten durch Dr. Hans Pernkopf, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei R***** AG, *****, vertreten durch Dr. Wilhelm Schlein Rechtsanwalt GmbH in Wien, wegen EUR 7.111,86 sA, infolge ordentlicher Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 17. Mai 2006, GZ 41 R 133/05-21, womit das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 14. April 2005, GZ 49 C 121/04i-10, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Beide Parteien haben die Kosten ihrer jeweiligen Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist auf Grund eines mit Rechtsvorgängern der beklagten Partei geschlossenen Mietvertrags vom 25. März 1968 Mieterin der Wohnung top Nr 12 im Haus *****. Im Mietvertrag wurde ein monatlicher Hauptmietzins von ATS 183,33 vereinbart und seitens des Vermieters auf jedwede Erhöhung des Mietzinses, insbesondere auch eine gesetzliche Erhöhungsmöglichkeit oder Indexierung, verzichtet. Ab dem Jahr 1982 wurden der Klägerin (dennoch) zusätzlich zum Mietzins Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge (EVB) vorgeschrieben und widerspruchslos bezahlt. Im März 2002 kündigte die Hausverwaltung der Klägerin unter Hinweis auf die Abschaffung des Begriffs „Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag" durch die Mietrechtsnovelle 2001 die Vorschreibung des Hauptmietzinses „unter Zugrundelegung des § 45 MRG" ab 1. April 2002 an. Die Klägerin bezahlte das sodann vorgeschriebene monatliche Bruttoentgelt jeweils pünktlich.

Nun begehrt sie die Rückzahlung der EVB für den Zeitraum vom 1. Jänner 2001 bis 30. Juni 2004 im Gesamtbetrag von 7.111,86 EUR (42 Monate à 169,33 EUR). Die Zahlung der (früheren) EVB bzw deren Nichtrückforderung resultiere daraus, dass sie tatsächlich im Haus zu Gunsten der Mieter verwendet worden seien. Die Erhöhung des Mietzinses sei aber auf Grund der seinerzeitigen Vereinbarung unzulässig und rückforderbar.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Durch die jahrelange unbeanstandete Bezahlung sei es konkludent zu einer Vereinbarung, neben dem Mietzins noch einen Mietzinsbestandteil in Höhe der EVB auf Basis Kategorie B zu bezahlen, gekommen. Diese Vereinbarung unterliege der Präklusionsfrist des § 16 Abs 8 MRG. Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahingehend ab, dass es EUR 4.571,91 sA zusprach und das Mehrbegehren abwies; es sprach aus, dass die Revision zulässig sei. Zutreffend habe das Erstgericht eine schlüssige Vereinbarung zur Bezahlung der EVB angenommen. Es könne der Klägerin aber nicht unterstellt werden, dass sie auch einer Anhebung ihres Hauptmietzinses auf den inklusive EVB geforderten Betrag schlechthin zugestimmt hätte. Die Klägerin fordere daher zu Recht die seit 1. April 2002 bezahlten „Erhöhungsbeträge" zurück. Hinsichtlich des Zeitraums 1. 1. 2001 bis 31. 3. 2002 sei das Rückforderungsbegehren aber unberechtigt, weil die Klägerin die diesbezüglichen Mehrleistungen klar als EVB definiert habe.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionen sind unzulässig.

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO ab, weil es auf die Rechtsnatur der Vorschreibungen nach § 45 MRG vor bzw nach der Mietrechtsnovelle 2001 bei der Beurteilung des hier vorliegenden Falls nicht ankommt.

Grundsätzlich können Vertragsteile eines Mietvertrags durch Verzicht auf jedwede Erhöhung des Mietzinses auch die Einhebung von EVB ausschließen (6 Ob 736/88 = MietSlg 41.433/10; vgl Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 45 MRG Rz 21; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 § 45 MRG Rz 2). Dass im Jahr 1968 anlässlich der Mietvertragserrichtung auf jedwede Erhöhung des Mietzinses verzichtet wurde, ist unbestritten. In der Folge forderten die Vermieter bis 31. 3. 2002 die Zahlung von EVB, welchem Verlangen die Klägerin nachkam. Wenn das Berufungsgericht dieses Verhalten der Klägerin als schlüssige Zustimmung zur Zahlung von EVB - nicht aber eines erhöhten Hauptmietzinses - wertete, ist darin keine Fehlbeurteilung zu erkennen. Die Beurteilung der Schlüssigkeit eines Verhaltens bzw einer konkludenten Vertragsänderung stellt regelmäßig eine Frage der besonderen Umstände des Einzelfalls dar und hat keine darüber hinausgehende Bedeutung (RIS-Justiz RS0043253). Eine gravierende Fehlbeurteilung, die aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigieren wäre, wird nicht aufgezeigt und liegt auch nicht vor.

Gleiches gilt für die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die schlüssige Zustimmung zur Zahlung von EVB sei bis zum 31. 3. 2002 vorgelegen, zumal die Klägerin eine „klar definierte Widmung" vorgenommen habe. Der Umstand, dass vom 1. 3. 1994 bis 31. 12. 2001 eingehobene EVB gemäß § 49d Abs 3 MRG ab 1. 1. 2002 als Teil des Hauptmietzinses „gelten", wurde vom Gericht zweiter Instanz völlig zu Recht als bloße „Verrechnungserleichterung" angesehen. Der Zweck dieser Bestimmung lag darin, dem Vermieter trotz eingehobener EVB nicht auch noch die Anhebung eines „Altmietzinses" zu ermöglichen (Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, aaO § 49d MRG Rz 3). Damit kann aber nicht zum Ausdruck kommen, die Klägerin hätte einen Hauptmietzins bezahlt und auch bezahlen wollen. Für die Ansicht, die in der Zeit vom 1. 1. bis 31. 3. 2002 geleisteten EVB stellten einen Teil des Hauptmietzinses dar, fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage, wurde ein Anhebungsbegehren doch erst ab 1. 4. 2002 gestellt. Die Revision ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 Abs 1 ZPO. Da die Streitteile in ihren Revisionsbeantwortungen jeweils nicht auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Gegenseite hingewiesen haben, dienten die Schriftsätze nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.

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