European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0010OB00245.12D.1121.000
Spruch:
1. Der Revisionsrekurs der B***** Gesellschaft mbH wird zurückgewiesen.
2. Den übrigen Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.
3. Die Anträge der Witwe M***** B*****, *****, vertreten durch Graff Nestl & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, auf Ersatz der Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortungen werden abgewiesen.
Begründung:
Der im Jahr 2009 verstorbene Erblasser hinterließ unter anderem einen Gesellschaftsanteil an der B***** GmbH, der einem Anteil von 75 % des Stammkapitals entsprach. Im Umfang von jeweils 37 % am Stammkapital wurden Teile dieses Gesellschaftsanteils bereits rechtswirksam seinen beiden Söhnen übertragen, denen er entsprechende Vermächtnisse ausgesetzt hatte. Seiner Witwe, die bereits einen Anteil von 25 % hält, sollte nach der letztwilligen Verfügung des Erblassers der danach verbleibende Anteil (1 % am Stammkapital) zukommen. Auf Antrag der Söhne wurde ihnen die Nachlassseparation bewilligt. Der schon vorher bestellte Verlassenschaftskurator hatte damit auch als Separationskurator tätig zu sein (§ 175 Satz 3 AußStrG), womit er auch zur Verwaltung des weiter im Nachlass verbliebenen Geschäftsanteils von 1 % des Stammkapitals berufen war. Mit Schriftsatz vom 2. 2. 2011 beantragte der Kurator die verlassenschaftsgerichtliche Genehmigung seiner beabsichtigten Stimmrechtsausübung in der Generalversammlung der GmbH vom 9. 2. 2011. Für diese Generalversammlung war unter anderem der Beschluss über eine Satzungsänderung vorgesehen, die der antragstellende Kurator als „sinnvoll und nützlich“ bezeichnete. Gegenstand der Generalversammlung war dann tatsächlich (unter anderem) ein Antrag eines der beiden Söhne auf eine Änderung des Gesellschaftsvertrags, mit der unter anderem (vom dispositiven Gesetzesrecht abweichende) Bestimmungen über den Aufsichtsrat getroffen werden sollten. Diese hätten insbesondere zur Folge gehabt, dass bestimmte Agenden, für die bisher eine Dreiviertel‑Mehrheit an Geschäftsanteilen erforderlich war, nun vom Aufsichtsrat mit einfacher Mehrheit beschlossen werden könnten. Der Antragsteller begründete die angestrebte Änderung des Gesellschaftsvertrags im Wesentlichen damit, es stelle geradezu eine Überlebensbedingung für die Gesellschaft dar, dass die weitere Entwicklung auch in Zukunft nicht von der Zustimmung der Witwe als Minderheitsgesellschafterin abhängig zu machen sei, die sich durch ihre Vorgangsweise als feindselige Gesellschafterin erwiesen habe, deren Verhalten von irrationalen Elementen einer „Bestrafung“ ihrer Söhne, der Mitgesellschafter, geleitet sei und die auf die Zerstörung der Gesellschaft abziele. Die Witwe sprach sich gegen die beantragte Änderung aus und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Verankerung des Aufsichtsrats im Gesellschaftsvertrag nicht erforderlich sei, weil dessen Befugnisse im GmbHG ausreichend geregelt seien. Es würde auch einer Enteignung gleichkommen, Zuständigkeiten der Generalversammlung für Beschlussgegenstände, die einer Sperrminorität der Witwe unterlägen, auf den Aufsichtsrat zu übertragen, der mit einfacher Mehrheit der beiden Söhne bestellt werde. Dies bedeute gleichzeitig eine gezielte dauerhafte Entwertung des Geschäftsanteils der Witwe. Die Mehrheit von 74 % gepaart mit einer missbräuchlichen Stimmrechtsausübung des zeitlich befristet eingesetzten Kurators (1 %) sei nicht berechtigt, ein Minderheitsrecht eines Gesellschafters (Sperrminorität von 26 % für bestimmte Beschlussgegenstände) durch Satzungsänderung dauerhaft auszuhebeln, indem die Zustimmungsbefugnis auf einen Aufsichtsrat übertragen wird, der von der Mehrheit unter Ausschluss der Minderheit kontrolliert werde. Nach eingehender Diskussion und (geringfügiger) Abänderung der beantragten Änderungen des Gesellschaftsvertrags, stimmten die beiden Söhne und der Kurator für und die Witwe gegen den Antrag, womit die notwendige Dreiviertel‑Mehrheit für eine Gesellschaftsvertragsänderung erreicht wurde.
Das Erstgericht wies ‑ soweit dies im Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung ist ‑ den Antrag des Kurators, die Ausübung des Stimmrechts in der Generalversammlung betreffend die in die Satzung aufzunehmenden Bestimmungen über den Aufsichtsrat zu genehmigen, ab. Der Verlassenschafts‑ und Separationskurator sei zu den gewöhnlichen Verwaltungsmaßnahmen berechtigt. Gehörten zu einer Verlassenschaft auch Gesellschaftsanteile, so zähle die Ausübung des Stimmrechts in der Regel zu den gewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen. Nur Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung seien genehmigungspflichtig. Dies gelte insbesondere für Änderungen des Gesellschaftsvertrags, etwa durch Aufnahme von bestimmten Regelungen über den Aufsichtsrat. Für eine Gesellschaft dieser Größenordnung sei kraft Gesetzes ein Aufsichtsrat zu bestellen, was im gegenständlichen Fall bereits erfolgt sei. Grundsätzlich seien die Bestimmungen über den Aufsichtsrat und dessen Befugnisse im Gesetz ausreichend geregelt. Die Beschlussfassung über den Wunsch eines Teils der Gesellschafter, die gesetzlichen Aufgaben des Aufsichtsrats zu modifizieren, sei eine genehmigungsbedürftige außerordentliche Verwaltungsmaßnahme. Der Aufgabenbereich des Verlassenschaftskurators bestehe in der Verwaltung und Vertretung des Vermögens des Erblassers und sei im Hinblick auf satzungsändernde Vorhaben restriktiv auszulegen. Schon aufgrund seiner zeitlich begrenzten, für künftige andere Gesellschafter geführten Verwaltung des Nachlasses solle nicht ihm, sondern grundsätzlich den Erben die Beteiligung an der Gesellschaft in der [bisherigen] rechtlichen Gestaltung zustehen und sollten sie selbst den künftigen Inhalt der gesellschaftsvertraglichen Regelung bestimmen. Es sei nicht Regelungsinhalt der Verlassenschaftskuratel, mit Hilfe des Kurators Inhalte durchzusetzen, die bei „wahrer Stimmverteilung“ ‑ also nach Ablauf seiner „Amtszeit“ ‑ unter Umständen nicht durchgesetzt werden könnten. Für die Genehmigung des Stimmverhaltens eines Verlassenschaftskurators im Hinblick auf Satzungsänderungen bedürfe es daher schon grundsätzlich, aber im vorliegenden Fall besonders, einer gewichtigen Rechtfertigung. Möge die Aufnahme der vom Verlassenschaftskurator ins Auge gefassten Bestimmungen für die Gesellschaft auch sinnvoll sein, bestehe doch keine dringende Notwendigkeit einer derartigen Satzungsänderung, die eine verlassenschaftsgerichtliche Genehmigung rechtfertigen würde.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte den Revisionsrekurs für zulässig. Grundsätzlich sei die Rechtsansicht des Erstgerichts zu billigen, wonach schon aufgrund der zeitlich begrenzten, für künftige andere Gesellschafter geführten Verwaltung des Nachlasses nicht dem Kurator, sondern grundsätzlich den Erben die Beteiligung an der Gesellschaft in der rechtlichen Gestaltung zustehe und sie selbst den künftigen Inhalt der gesellschaftsvertraglichen Regelungen bestimmen sollten. Bei dem in Frage stehenden Abstimmungsverhalten des Kurators handle es sich letztlich um einen Eingriff in die operative Tätigkeit der Gesellschaft, die weder bedingt erfolgen noch rückabgewickelt werden könne, ohne die Gesellschaft im Wirtschaftsleben laufend massiv zu schädigen. Das Rekursgericht gehe daher davon aus, dass der Stimmrechtsausübung durch den Kurator die Genehmigung zu versagen sei, weil diese für die Verlassenschaft bzw die von ihm vertretenen Anteile nachteilig wäre; die Frage der Rechtsfolgen dieser Ergebnisse sei im Rekursverfahren nicht zu beurteilen. Nach Ansicht des Rekursgerichts fehlten auch keine Feststellungen zu dem Thema der „offenbaren Nachteiligkeit“ der Satzungsänderung. Auch der Vorwurf einer unvollständigen Erledigung der Sachanträge sei unberechtigt, habe das Erstgericht doch inhaltlich über das gesamte Genehmigungsbegehren des Verlassenschaftskurators entschieden. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, da Rechtsprechung des Höchstgerichts zur Auslegung des § 810 Abs 2 ABGB idF FamErbRÄG 2004 fehle.
Rechtliche Beurteilung
1. Der dagegen von der B***** GesmbH erhobene Revisionsrekurs erweist sich als unzulässig, weil ihr keine Parteistellung im Verlassenschaftsverfahren und damit auch keine Rechtsmittellegitimation zukommt. Entgegen der Auffassung des Rekursgerichts kann sich die GmbH nicht auf § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG stützen, wonach Partei jede Person ist, soweit ihre rechtlich geschützte Stellung durch die begehrte oder vom Gericht in Aussicht genommene Entscheidung oder durch eine sonstige gerichtliche Tätigkeit unmittelbar beeinflusst würde. Von einer solchen „unmittelbaren“ Beeinflussung der Entscheidung über den Genehmigungsantrag des Kurators kann im vorliegenden Fall schon deshalb keine Rede sein, weil der noch im Nachlass verbliebene (und vom Verlassenschaftskurator verwaltete) Geschäftsanteil an der GmbH (1 % des Stammkapitals) Objekt des Verlassenschaftsverfahrens ist und jede gerichtliche Entscheidung über die Ausübung der mit der Gesellschafterstellung verbundenen Stimmrechte die GmbH als juristische Person nur mittelbar betreffen kann. Parteistellung kommt ihr daher ebensowenig zu wie etwa einem (potentiellen) Vertragspartner des durch den Kurator vertretenen Nachlasses bei einem genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäft (vgl dazu nur RIS‑Justiz RS0006212; RS0006207; RS0006225). Änderungen des Gesellschaftsvertrags können sich auf die (vermögensrechtlichen) Interessen der Gesellschaft stets nur als bloße Reflexwirkungen auswirken, was aber den Tatbestand des § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG nicht erfüllt.
Der Revisionsrekurs ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
2. Die Revisionsrekurse der Söhne sowie des Kurators sind nicht berechtigt.
Wie der Oberste Gerichtshof bereits zu 8 Ob 501/93 ausgesprochen hat (vgl weiters 6 Ob 99/11v), hat der Nachlasskurator den Nachlass zwar bis zur Einantwortung zu vertreten und zu verwalten, wozu auch die Ausübung des Stimmrechts in der Generalversammlung gehört, wenn der Nachlass Geschäftsanteile enthält. In der Regel werde aber mit der zeitlich begrenzten, für künftige andere Gesellschafter geführten Verwaltung des Nachlasses die Fassung satzungsändernder Gesellschafterbeschlüsse nicht vereinbar sein, weil den Erben die Beteiligung an der Gesellschaft grundsätzlich in der rechtlichen Gestaltung erhalten bleiben solle, wie sie der Erblasser besessen hatte, und sie selbst den künftigen Inhalt der gesellschaftsvertraglichen Regelungen bestimmen sollten. Auch wenn es in der zitierten Entscheidung um einen Sachverhalt ging, in dem der Verlassenschaftskurator den Inhalt des Gesellschafterbeschlusses faktisch dadurch allein bestimmen konnte, dass der in den Nachlass fallende Geschäftsanteil 80 % betrug, darf der Grundgedanke nicht übersehen werden, dass der Kurator nur zeitlich begrenzt mit der Verwaltung des zum Nachlass gehörenden Geschäftsanteils betraut und daher nur dazu berufen ist, die während der Zeit seiner Vertretungsbefugnis notwendigen Vertretungshandlungen zu setzen.
Die Argumentation der Revisionsrekurswerber, gemäß § 810 Abs 2 Satz 1 ABGB (idF BGBl I 2004/58) bedürfe ‑ nach der Abgabe von Erbantrittserklärungen zur gesamten Verlassenschaft ‑ ausschließlich die Veräußerung von Gegenständen aus dem Verlassenschaftsvermögen der Genehmigung des Verlassenschaftsgerichts, sofern das Geschäft nicht ohnehin zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehöre, übersieht einerseits, dass die genannte Bestimmung (unmittelbar) nur auf Verwaltungs‑ und Vertretungshandlungen des Erben selbst anzuwenden ist, dem gemäß § 810 Abs 1 ABGB das Recht zukommt, das Verlassenschaftsvermögen zu benützen, zu verwalten und die Verlassenschaft zu vertreten. Hier ist aber allein der Kurator zur Vertretung der Verlassenschaft berufen. Darüber hinaus wurde bereits darauf hingewiesen, dass der Oberste Gerichtshof auch zur neuen Rechtslage (weiterhin) die Auffassung vertritt, die Ausübung des Stimmrechts in der Generalversammlung einer GmbH durch einen (Verlassenschafts‑) Kurator gehöre nur „in der Regel“ zu den gewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen, die keiner gerichtlichen Genehmigung bedürfen. Maßstab für die Frage, ob ein Geschäft zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehört und daher keiner verlassenschaftsgerichtlichen Genehmigung bedarf, sind die mit der Ausübung des Stimmrechts für die Verlassenschaft drohenden Risken sowie die Dauer und der Umfang der für die Verlassenschaft daraus entstehenden Verpflichtungen (6 Ob 99/11v unter Hinweis auf Literaturstimmen). Dies ist besonders bei satzungsändernden Beschlüssen zu prüfen. Schon die dargestellte Vorjudikatur zeigt, dass die Genehmigungsbedürftigkeit über die „Veräußerung von Gegenständen aus dem Verlassenschaftsvermögen“ hinausgeht und auch sonstige Vertretungshandlungen erfasst, die den ordentlichen Wirtschaftsbetrieb überschreiten. Eine weitergehende Überprüfungspflicht durch das Gericht ist vor allem deshalb gerechtfertigt, weil es ja nicht um Vertretungshandlungen des Erben selbst geht, dem im Regelfall unterstellt werden kann, er werde schon im eigenen Interesse kein ungünstiges Geschäft abschließen, und der letztlich die nachteiligen Folgen seiner Vertretungshandlungen als Gesamtrechtsnachfolger selbst zu tragen hat. In diesem Sinn wird daher auch die Auffassung vertreten, dass die Rechte des Verlassenschaftskurators nicht so weit reichen wie die der Erben nach § 810 ABGB; er bedürfe zu außerordentlichen Verwaltungsmaßnahmen grundsätzlich der gerichtlichen Zustimmung (vgl nur Spruzina in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON 1.01 § 810 Rz 12; RIS‑Justiz RS0008108). Für Vertretungshandlungen des Kurators ist daher nicht die ‑ auf die Vertretung durch die Erben (Gesamtrechtsnachfolger) zugeschnittene ‑ Regelung des § 810 Abs 2 ABGB einschlägig, sondern vielmehr § 167 Abs 3 ABGB idF KindNamRÄG 2013 (sinngemäß) anzuwenden, der die Fremdvertretung nicht (ausreichend) Geschäftsfähiger regelt.
Die von den Revisionsrekurswerbern zitierten Entscheidungen (5 Ob 95/08v = SZ 2008/90; 5 Ob 108/08f), betreffen Vertretungshandlungen des Erben selbst und setzen sich daher mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen allenfalls auch andere Vertretungshandlungen eines Kurators als „Veräußerungen“ genehmigungsbedürftig sein können, nicht auseinander. Sie verweisen allerdings allgemein darauf, dass für die Abgrenzung zwischen ordentlichem und außerordentlichem Wirtschaftsbetrieb auch im Zusammenhang des § 810 ABGB die zu § 154 (jetzt: § 167) Abs 3 ABGB entwickelten Kriterien von Bedeutung sind (idS auch Sailer in KBB³ § 810 Rz 5 unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien). Soweit die Revisionsrekurswerber zur letztgenannten Norm darauf hinweisen, dass dort nicht jede Änderung eines Gesellschaftsvertrags, sondern nur „Gründung, Erwerb, Umwandlung, Veräußerung oder Auflösung sowie die Änderung des Gegenstands eines Unternehmens“ erwähnt werden, übersehen sie offenbar, dass es sich dabei lediglich um eine bloß demonstrative Aufzählung („besonders“) handelt, die eine Anwendung auf wesentliche Änderungen des Gesellschaftsvertrags, die in der bisherigen Rechtsprechung bereits vorgenommen wurde, keinesfalls ausschließt.
Dass die Zustimmung des Kurators zum Satzungsänderungsantrag als Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung anzusehen ist, kann im vorliegenden Fall nicht zweifelhaft sein, zumal aktuell ‑ also während der bestehenden Kuratel ‑ der behauptete gesellschaftsinterne Handlungsbedarf gar nicht besteht. Der in den Revisionsrekursen wiederholt enthaltene Hinweis darauf, die Satzungsänderung sei erforderlich, um eine für die Gesellschaft nachteilige Stimmrechtsausübung der Witwe in Bezug auf bestimmte Agenden zu verhindern, die nach dem bisherigen Gesellschaftsvertrag einem 75 %‑Quorum unterliegen, geht schon deshalb ins Leere, weil die Witwe eben derzeit über eine „Sperrminorität“ (von mehr als 25 %) nicht verfügt ‑ und zudem auch nicht mehr Geschäftsführerin ist (vgl 6 Ob 99/11v). Die befürchteten Nachteile aus einer missbräuchlichen Stimmrechtsausübung durch die Witwe sind somit während der Tätigkeit des Kurators als Vertreter des Nachlasses (und gleichzeitig der Separationsmasse) gar nicht denkbar. Vielmehr hat der Kurator in jedem Einzelfall unter genauer Prüfung des Beschlussgegenstands nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob er allfälligen Anträgen der Söhne, die gemeinsam 74 % an der Gesellschaft halten, zustimmen ‑ und so eine Dreiviertel‑Mehrheit herbeiführen ‑ will oder nicht. Damit ist er in ausreichender Weise dazu in der Lage, seinen Verpflichtungen zum Schutz des Nachlassvermögens und der Gläubigerinteressen für die Zeit bis zur Einantwortung (und zur Beendigung der Nachlassseparation) nachzukommen und allenfalls drohende Nachteile durch allenfalls fragwürdiges Stimmverhalten der Witwe im Hinblick auf Angelegenheiten hintanzuhalten, die nach dem (bisherigen) Gesellschaftsvertrag einer Dreiviertel‑Mehrheit unterliegen.
Die in Aussicht genommene Änderung des Gesellschaftsvertrags ist somit derzeit keinesfalls erforderlich, um die befürchteten Nachteile von der Gesellschaft bzw von dem einen Nachlassbestandteil bildenden Geschäftsanteil abzuwenden. Solange der Kurator den Nachlass bzw die Separationsmasse vertritt, kann er im Rahmen der ordentlichen Verwaltung die notwendigen Vertretungsmaßnahmen selbständig setzen; darüber hinausgehende Verwaltungs‑ und Vertretungshandlungen bedürfen iSd § 167 Abs 3 ABGB idF KindNamRÄG 2013 (vorher: § 154 Abs 3 ABGB) ABGB der Genehmigung des (Verlassenschafts‑)Gerichts, die dann zu versagen ist, wenn die Handlung für die Verlassenschaft nicht von Vorteil wäre.
Eine Vorteilhaftigkeit des vom Genehmigungsantrag erfassten Stimmverhaltens des Kurators in der Generalversammlung ist aber ‑ wie bereits unter Hinweis auf 8 Ob 501/93 ausgeführt ‑ nicht zu erkennen, würde damit doch ohne aktuelle Notwendigkeit eine neue Basis für die Willensbildung in der Gesellschaft geschaffen, die sich aber erst (und nur) dann in dem intendierten Sinn auswirkt, wenn der Witwe nach Einantwortung und der damit verbundenen Übertragung des derzeit vom Kurator verwalteten Anteils insgesamt ein Gesellschaftsanteil von 26 % zukommt und darüber hinaus auch die Nachlassabsonderung beendet wird, weil sie erst dann in der Lage sein wird, die mit dem derzeit noch nachlasszugehörigen Geschäftsanteil verbundenen Rechte auszuüben. Es ist aber keineswegs Aufgabe des Verlassenschafts‑ und Separationskurators, bei Verwaltung eines GmbH‑Geschäftsanteils an gesellschaftsrechtlichen Vorgängen mitzuwirken, deren Zweck notwendigerweise erst zu einem Zeitpunkt eintreten kann, zu dem die Kuratel schon beendet ist. Dass dem Nachlass schon zum derzeitigen Zeitpunkt ein Nachteil drohen würde, der nicht durch ein der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht der Söhne und des Kurators entsprechendes Stimmverhalten im jeweiligen konkreten Einzelfall verhindert werden kann, wird in den Revisionsrekursen in keiner Weise dargelegt. Die Verhinderung von Nachteilen, die allenfalls in der Zukunft nach Beendigung der Kuratel herbeigeführt werden könnten, ist nicht Aufgabe des Nachlass‑ und Separationskurators.
Der Vollständigkeit halber ist noch darauf hinzuweisen, dass das Stimmverhalten des Kurators auch dem Willen des Erblassers widerspricht ‑ dieser wurde etwa in 8 Ob 501/93 als beachtlich angesehen ‑, hatte er doch mit der letztwilligen Verfügung ersichtlich angestrebt, der Witwe die „Sperrminorität“ (26 %) zu verschaffen. Auch wenn in der Rechtsprechung immer wieder formuliert wird, der Geschäftskreis des Verlassenschaftskurators umfasse die Vertretung und Verwaltung des Nachlasses, nicht aber die Wahrung der Interessen erb[antritt]serklärter Erben, weshalb der Kurator nur Vertreter des Nachlasses, nicht aber der Erben sei (RIS‑Justiz RS0007737), wird aber doch auch darauf hingewiesen, dass der Verlassenschaftskurator materiell diejenigen vertritt, die sich als wahre Erben herausstellen werden (RIS‑Justiz RS0007737 [T2]). Es wurde auch formuliert, der Verlassenschaftskurator vertrete in dem Sinn die „Erben in abstracto“, als er ‑ im Ergebnis ‑ durch die Vertretung des Nachlasses materiell für diejenigen handelt, die sich später als die wahren Erben herausstellen (4 Ob 501/92), wobei diese Abstraktion aber nur in den Fällen unklarer oder strittiger erbrechtlicher Positionen von Bedeutung ist. Da im vorliegenden Fall unstrittig ist, dass als Erbin allein die Witwe in Betracht kommt, ist bei der Beurteilung der allfälligen Nachteiligkeit der Vertretungshandlung des Kurators durchaus auch ins Kalkül zu ziehen, ob sich diese auf deren Vermögenssphäre ungünstig auswirken wird. Auch wenn der Kurator gleichzeitig als Separationskurator die Interessen der pflichtteilsberechtigten Söhne zu vertreten hat, die behaupten, ihnen sei mit den ihnen zugekommenen Geschäftsanteilen wertmäßig noch zu wenig aus dem Nachlass überlassen worden, darf nicht übersehen werden, dass der Nachlass aus einer Vielzahl von Vermögensgegenständen besteht und sich die Witwe grundsätzlich aussuchen kann, welche Teile davon sie gegebenenfalls verwerten und zur Befriedigung allenfalls noch offener Pflichtteilsansprüche verwenden will. Angesichts der Umstände des Falls kann mit höchster Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die Witwe letztlich den vom Kurator verwalteten Geschäftsanteil zur freien Verfügung erhalten wird, mit dem sie schließlich über 26 % der Anteile verfügen wird. Auch das Interesse der Witwe, diesen Anteil unverändert zu erhalten, ist vom Verlassenschaftskurator zu berücksichtigen, hat er doch in dieser Funktion mit den Interessen der Verlassenschaft auch jene der zukünftigen (hier bereits feststehenden) Gesamtrechtsnachfolgerin zu wahren (vgl auch RIS‑Justiz RS0048155). Als Separationskurator hat er lediglich dafür Sorge zu tragen, dass eine Vermengung mit dem Vermögen der Erben nicht stattfindet (RIS‑Justiz RS0012295; RS0013100), sodass die Separationsmasse nicht verringert wird und den begünstigten Gläubigern, hier also den pflichtteilsberechtigten Söhnen, weiterhin als Haftungsfonds für ihre behaupteten (restlichen) Pflichtteilsansprüche zur Verfügung steht. Dafür ist es in keiner Weise erforderlich, die Rechts‑ und Vermögenssphäre der Erbin durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrags erheblich zu verschlechtern, die das ihr zu Grunde liegende Ziel überhaupt erst nach Beendigung der Kuratel erreichen könnte. Unbeachtlich für die Frage der Genehmigung der Vertretungshandlungen haben die Interessen der Söhne jedenfalls insoweit zu bleiben, als sie aus der bloßen Gesellschafterstellung abgeleitet werden, da sie nicht anders behandelt werden dürfen, als sonstige Gesellschafter, die weder pflichtteils‑ noch erbberechtigt sind. Dass es für die Wertentwicklung des vom Kurator verwalteten Geschäftsanteils günstig wäre, wenn sein Stimmverhalten genehmigt würde, behauptet er selbst nicht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 185 AußStrG, wonach im Verlassenschaftsverfahren ‑ außer im Verfahren über das Erbrecht ‑ kein Ersatz von Vertretungskosten zu leisten ist. Andere Kostenpositionen hat die Witwe nicht verzeichnet.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)