European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0010OB00232.18A.0305.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die Prüfung der Vertretbarkeit einer Rechtsauffassung als Verschuldenselement ist – ebenso wie die Beurteilung, ob ein offenkundiger Verstoß gegen das Unionsrecht vorliegt – von den Umständen des Einzelfalls abhängig und entzieht sich deshalb regelmäßig einer Beurteilung als erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0110837; 1 Ob 14/18t mit ausführlichen Nachweisen).
2. Das Berufungsgericht erachtete das Klagebegehren schon allein deshalb als nicht berechtigt, weil es die den von der Klägerin zum Anlass ihrer Klagsführung genommenen Entscheidungen zu Grunde liegende Rechtsauffassung als vertretbar ansah. Es führte aus, es hätten die Organe des beklagten Landes bis zur (Jahre nach diesen Bescheiden ergangenen) Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 19. 4. 2018, Ra 2017/15/0075, in vertretbarer Weise davon ausgehen dürfen, dass – entsprechend dessen bis dahin geltenden Rechtsprechung – die Spielereinsätze als „Eintrittsgeld“ im Sinn des vlbg KOAG anzusehen seien und es Sache der Abgabenpflichtigen gewesen wäre, durch entsprechende organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Abgaben von den jeweils Abgabepflichtigen (nämlich den Spielern) auch tatsächlich abgeführt werden.
3. Die Klägerin setzt dem nur entgegen, dass – trotz dieser Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs – ein von ihr genanntes Landesverwaltungsgericht (und zwar nicht in einem Verfahren, an dem sie beteiligt war, und zeitlich viel später) „hinsichtlich Fragen des Glücksspielmonopols“ „dennoch Zweifel an der Unionsrechtswidrigkeit“ gehabt habe und dass diese Zweifel mit Beschluss des EuGH (vom 6. 9. 2018, C‑79/17, Gmalieva, ECLI:EU:C:2018:687) „bestätigt“ worden seien. Sie beruft sich (erneut) darauf, dass die Ansicht, die Einsätze der Spieler seien Eintrittsgelder iSd vlbg KOAG nach dem (aber erst am 21. 3. 2018 [also Jahre nach den hier in Rede stehenden Bescheiden] von einem verstärkten Senat gefällten) Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs zu Ra 2017/13/0076 unrichtig sei. Mit dieser Argumentation vermag die Revisionswerberin den Umstand, dass die Rechtsprechung der Organe des beklagten Landes zum Zeitpunkt der Erlassung der Bescheide den (damaligen) Leitlinien des Verwaltungsgerichtshofs, der bisher auch keine Veranlassung gesehen hatte, den EuGH mit der Auslegungsfrage zu befassen, entsprach, nicht zu entkräften.
Auch ist ihre Behauptung, die Organe des beklagten Landes hätten „in Anbetracht … der bekannten Umstände“ von der Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nicht in vertretbarer Weise „absehen“ können, nicht nachvollziehbar, zumal sie selbst bloß anführt, es seien nicht nur die Höchstgerichte, sondern „alle Gerichte berechtigt“, ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH heranzutragen. Damit erklärt die Klägerin nämlich nicht, weshalb ein Bürgermeister oder die Landesregierung, also keine „Gerichte“ iSd Art 267 AEUV, sondern Verwaltungsbehörden erster und zweiter Instanz, überhaupt zur Vorlage berechtigt gewesen wären.
Die Revisionswerberin kann also schon zur Vertretbarkeit der Rechtsansicht bzw zur Offenkundigkeit eines Verstoßes gegen Unionsrecht keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigen. Damit kommt es auf die anderen von ihr angesprochenen Fragen (wie beispielsweise die vom Berufungsgericht verneinte Bestimmtheit des Klagebegehrens) gar nicht an.
5. Die Revision ist folglich als nicht zulässig zurückzuweisen, was keiner weitergehenden Begründung bedarf (§ 510 Abs 3 ZPO).
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