OGH 1Ob231/03g

OGH1Ob231/03g12.8.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Lucyna R*****, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen EUR 7.903,46 sA und Feststellung (Feststellungsinteresse EUR 1.353,46) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 22. Juli 2003, GZ 14 R 7/03g-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 29. Oktober 2002, GZ 30 Cg 4/02g-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

1. Der Antrag der klagenden Partei auf Anberaumung einer mündlichen Revisionsverhandlung wird abgewiesen.

2. Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 554,72 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 14. 6. 1959 geborene Klägerin war und ist polnische Staatsangehörige. Sie lebt seit dem Jahr 1981 in Österreich und bezog in der Zeit vom 3. 2. 1997 bis 22. 9. 1998 Arbeitslosengeld. Nach Erschöpfung dieses Anspruchs stellte sie beim Arbeitsmarktservice den Antrag auf Gewährung von Notstandshilfe, dem mit Bescheid vom 7. 12. 1998 nicht Folge gegeben wurde. Gemäß § 33 Abs 1 AlVG sei Notstandshilfe nur unter den Voraussetzungen des § 34 AlVG zu gewähren, zu welchen unter anderem zähle, dass die Arbeitslose entweder in Österreich geboren sei oder vor Geltendmachung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld oder Karenzurlaubsgeld oder Karenzgeld zumindest die halbe Lebenszeit den Hauptwohnsitz bzw den ordentlichen Wohnsitz im Sinne der jeweils geltenden Vorschrift in Österreich gehabt habe. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass die Klägerin die angeführten Zugangskriterien nicht erfülle. Der Bescheid enthielt weiters die Rechtsmittelbelehrung, dass binnen zwei Wochen nach Zustellung schriftlich bei der oben angeführten regionalen Geschäftsstelle die Berufung eingebracht werden könne, die zu begründen sei und der keine aufschiebende Wirkung zukomme.

Nach Erhalt dieses Bescheids wandte sich die Klägerin an eine namentlich nicht bekannte Sachbearbeiterin des Arbeitsmarktservices und fragte sie, ob sie berufen solle oder was sie machen könne, sie sei verzweifelt. Sie erhielt die Auskunft, dass nichts zu machen sei, weil sie die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfülle. Es sei sinnlos, zu berufen. Da der Klägerin selbst klar war, dass sie die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, erhob sie keine Berufung. Das Erstgericht "ging davon aus", dass dieses Gespräch unmittelbar nach Erhalt des Bescheids, somit noch innerhalb der Berufungsfrist, geführt wurde. Wäre der Klägerin gesagt worden, sie könne nach Ausschöpfung des Instanzenzugs eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof einbringen, um den "auf Basis der damaligen Gesetzeslage ergangenen Bescheid allenfalls zu beseitigen", so wäre sie zu einem solchen Schritt bereit gewesen.

1998 waren in gleich gelagerten Fällen Beschwerden beim Verfassungsgerichtshof anhängig, in deren Stattgebung der Gerichtshof § 34 Abs 1 AlVG 1977 idF BGBl 1997/78 mit Erkenntnis vom 9. 6. 1999, G-48-55/99, als verfassungswidrig aufhob. Auf vor der Aufhebung verwirklichte Tatbestände blieb das Gesetz jedoch mit Ausnahme der Anlassfälle weiterhin anwendbar, und somit auch im Fall der Klägerin. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, dass die Mitarbeiterin des AMS, mit der die Klägerin die Erfolgsaussichten einer Berufung besprochen hatte, Kenntnis von den beim Verfassungsgerichtshof anhängigen Verfahren hatte oder dass ihr die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 16. 9. 1996, mit der die Bestimmung des § 33 Abs 2 lit a AlVG als menschenrechtswidrig erkannt worden war, bekannt war. Es gab allerdings Mitarbeiter des AMS, denen dieses Urteil des Europäischen Gerichtshofs geläufig war; ob ihnen auch bekannt war, dass die Beschwerden beim Verfassungsgerichtshof anhängig waren, konnte das Erstgericht ebenfalls nicht feststellen.

Die Notstandshilfe für den gesamten hier relevanten Zeitraum vom 23. 9. 1998 bis 12. 8. 1999 hätte insgesamt ATS 108.754 betragen. Allerdings war die Klägerin in dieser Zeit tageweise als Aushilfskraft bei der Betreuung alter Menschen tätig und bezog dafür ein tägliches Entgelt von ATS 100. Für diese Arbeitstage bestand kein Anspruch auf Notstandshilfe. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, an welchen Tagen die Klägerin einer Beschäftigung nachging und in welchem Umfang daher der erwähnte Gesamtbetrag der Notstandshilfe zu kürzen wäre.

Mit ihrer am 5. 3. 2002 beim Erstgericht eingebrachten Amtshaftungsklage begehrte die Klägerin, die Beklagte zur Zahlung von EUR 7.903,46 sA schuldig zu erkennen und ihre Haftung für alle Schäden festzustellen, die der Klägerin aus der Unterlassung der Belehrung über eine notwendige Berufung gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservices Versicherungsdienste vom 7. 12. 1998 künftig entstehen werden. Mit dem genannten Bescheid sei der Antrag der Klägerin, ihr Notstandshilfe zu gewähren, abgewiesen worden, weil sie die Voraussetzungen des § 34 Abs 1 AlVG in der damals gültigen Fassung nicht erfülle. Dieser Bescheid habe zwar der im Zeitpunkt seiner Erlassung geltenden Rechtslage entsprochen, diese sei aber verfassungswidrig gewesen. Schon am 16. 9. 1996 habe der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass die Verweigerung der Gewährung eines Pensionsvorschusses in Form der Notstandshilfe an einen türkischen Staatsangehörigen mangels österreichischer Staatsbürgerschaft, die nach der damals geltenden Rechtslage Voraussetzung für eine positive Bescheiderledigung war, das in Art 14 EMRK in Verbindung mit Art 1 des 1. Zusatzprotokolls gewährleistete Gebot verletze, den Genuss der in der Konvention festgelegten Rechte ohne Benachteiligung insbesondere der nationalen Herkunft wegen zu gewährleisten. Dieses Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte geradezu wider besseres Wissen missachtend, sei § 34 AlVG dahin novelliert worden, dass nunmehr Anspruch auf Notstandshilfe nur dann bestehe, wenn der Arbeitslose in den letzten 10 Jahren arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigungen von 416 Wochen nachweise oder bei Geltendmachung des Anspruchs bzw vor Vollendung des 25. Lebensjahres die Schulpflicht zumindest zur Hälfte im Bundesgebiet erfüllt und auch beendet habe oder in Österreich geboren worden sei oder zumindest die halbe Lebenszeit den Hauptwohnsitz bzw den ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet gehabt habe. Die ursprüngliche, die österreichische Staatsbürgerschaft erfordernde Fassung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes sei mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 11. 3. 1998 als verfassungswidrig aufgehoben worden.

Gegen die auch für die Abweisung des Antrags der Klägerin maßgebliche geänderte Gesetzeslage seien bereits im Juli 1998 die ersten Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof wegen der für jedermann evidenten Verfassungs- und Konventionswidrigkeit der gesetzlichen Regelung herangetragen worden. Das Arbeitsmarktservice Wien, Landesgeschäftsstelle, das Berufungsinstanz gegenüber dem Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste ist, sei über diese Verfahren spätestens seit Anfang August 1998 durch Zustellung dieser Beschwerden informiert gewesen, ebenso das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales als damals oberste Verwaltungsbehörde. Trotz der klaren Verfassungswidrigkeit der Rechtslage finde sich im Bescheid vom 7. 12. 1998 keinerlei Belehrung darüber, dass dagegen Berufung einzubringen sei, um in weiterer Folge beim Verfassungsgerichtshof ein Gesetzesprüfungsverfahren anzustrengen, um so in den Genuss der "Anlassfallwirkung" zu kommen. Vielmehr sei der Klägerin, nachdem sie sich nach Zustellung des Bescheids vom 7. 12. 1998 an ihre Betreuerin beim Arbeitsmarktservice gewandt habe, mitgeteilt worden, eine Berufung gegen diesen Bescheid sei sinnlos. Aus diesem Grund habe die Klägerin auch tatsächlich keine Berufung eingebracht. Tatsächlich wäre nach Ausschöpfung des Instanzenzugs primär Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, allenfalls auch an den Verwaltungsgerichtshof, damit dieser einen Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof stelle, zu erheben gewesen. Die Berufungsbehörde hätte innerhalb von zwei bis drei Wochen einen Berufungsbescheid erlassen, wie dies auch in anderen Fällen geschehen sei. Es wäre dann die Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts bereits im März 1999 eingebracht worden, sodass der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 9. 6. 1999 die Anlassfallwirkung auch auf die Klägerin erstreckt hätte. Dieser Rechtswohltat sei die Klägerin durch die falsche Beratung beraubt worden. Soweit einem Betreuer beim Arbeitsmarktservice erster Instanz eine richtige Rechtsmittelbelehrung nicht zugesonnen werden könne, sei der Beklagten ein Organisationsverschulden zur Last zu legen, das darin bestehe, dass die vorgesetzten Dienstbehörden die Behörde erster Instanz nicht über die indizierte Verfassungwidrigkeit der gesetzlichen Regelung und die daran anknüpfenden erforderlichen Belehrungen aufgeklärt habe.

Die Konventionswidrigkeit der zum Nachteil der Klägerin ausschlagenden gesetzlichen Regelungen sei in der gesamten Arbeitsmarktverwaltung bekannt gewesen. Insbesondere hätten die für die Legistik zuständigen Beamten im Bundesministerium für Arbeit und Soziales die damalige Bundesministerin auf die Verfassungswidrigkeit der geplanten Novellierung, die schließlich wieder als verfassungswidrig aufgehoben worden sei, hingewiesen. Dennoch habe die damalige Bundesministerin aus politischen Gründen die Weisung erteilt, dem Gesetzgeber die nach Ansicht ihrer eigenen Experten verfassungswidrige Bestimmung zur Beschlussfassung zu unterbreiten. Es sei daher von der Bundesministerin wider besseres Wissen verfassungwidriges Recht dem Nationalrat zur Beschlussfassung vorgelegt worden.

Der Schadenersatzanspruch werde vorsichtshalber und subsidiär auch auf Art 50 EMRK gestützt, weil die Regelungen des österreichischen Bundesverfassungsgesetzes über die Anlassfallwirkung eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes ihrerseits menschenrechtswidrig seien. Damit werde jenen Personen, die ihre Beschwerde nicht rechtzeitig vor Eröffnung der mündlichen Verhandlung über eine Gesetzesprüfung beim Verfassungsgerichtshof anhängig gemacht haben, die Möglichkeit eines innerstaatlichen Rechtsbehelfs im Sinn des Art 13 EMRK genommen.

Die Beklagte wendete ein, der schriftliche Bescheid habe die gesetzlich vorgesehene Rechtsmittelbelehrung erhalten. Eine unrichtige Belehrung durch eine Mitarbeiterin des Arbeitsmarktservices habe nicht stattgefunden. Auch liege kein Organisationsverschulden der Beklagten vor, weil es gesetzlich nicht vorgesehen sei, dass Behörden dem Bescheidadressaten besondere Belehrungen über anhängige Gesetzesprüfungsverfahren erteilen. Die Klägerin habe die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der Notstandshilfe nach der damaligen Gesetzeslage nicht erfüllt. Sie habe die Berufungsfrist gegen den Bescheid vom 7. 12. 1998 ungenützt verstreichen lassen, sodass gemäß § 2 Abs 2 AHG das Bestehen eines Ersatzanspruches jedenfalls zu verneinen sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es führte aus, für Akte der Gesetzgebung oder für gesetzestreue Anwendung verfassungswidriger Gesetze sei nach § 1 AHG nicht zu haften. Aus diesem Grund scheide auch die Haftung für die von der Klägerin ebenfalls als verfassungswidrig eingestufte Regelung des Art 140 Abs 7 B-VG über die "Anlassfallwirkung" aus. Zum Vorbringen einer unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung sei festzuhalten, dass eine Berufung gegen den Bescheid vom 7. 12. 1998 auf der Basis der damaligen Rechtslage keinen Erfolg gehabt hätte. Gemäß § 61 Abs 1 AVG habe eine Rechtsmittelbelehrung anzugeben, ob der Bescheid noch einem weiteren Rechtszug unterliege und bejahendenfalls, innerhalb welcher Frist und bei welcher Behörde das Rechtsmittel einzubringen sei. § 61a Z 1 AVG sehe vor, dass in Bescheiden, die in letzter Instanz erlassen werden, auf die Möglichkeit einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof hinzuweisen sei. Daraus ergebe sich der Umkehrschluss, dass bei nicht letztinstanzlichen Bescheiden eine derartige Hinweispflicht nicht bestehe. Die Rechtsmittelbelehrung im strittigen Bescheid sei daher gesetzeskonform gewesen. Auch die mündliche Erklärung der Mitarbeiterin des Arbeitsmarktservices über die Aussichtslosigkeit einer Berufung könne keine Haftung begründen. Zu einer Belehrung über die Möglichkeit einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof sei die Mitarbeiterin in sinngemäßer Auslegung der §§ 61, 61a AVG nicht verpflichtet gewesen. Auch sei ihre Äußerung über die Zwecklosigkeit einer Berufung nicht unrichtig gewesen, weil die Klägerin tatsächlich die damals geltenden gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Notstandshilfe nicht erfüllt habe. Der Mitarbeiterin des Arbeitmarktservices vorzuwerfen, sie habe nicht darauf verwiesen, dass das Gesetz möglicherweise verfassungswidrig sei, hieße ihre Sorgfaltspflichten überspannen. Es könne auch der Beklagten nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie die Mitarbeiter des Arbeitsmarktservices über derartige Umstände nicht aufgeklärt habe, weil derartige Belehrungen eben nicht zu den diese treffenden Verpflichtungen gehörten.

Das Gericht zweiter Instanz gab der dagegen erhobenen Berufung nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 20.000 übersteige und dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Aus der Einbringung der Regierungsvorlage in den Nationalrat könne schon deshalb kein Schadenersatzanspruch nach § 1 AHG abgeleitet werden, weil es sich dabei nicht um einen Akt der Vollziehung, sondern um die Einleitung eines Gesetzgebungsverfahrens im Sinn des Art 41 Abs 1 B-VG handle. § 1 Abs 1 AHG beschränke Amtshaftungsansprüche aber auf Schäden, die "in Vollziehung der Gesetze" zugefügt wurden.

Eine Haftung für das Fehlverhalten des Gesetzgebers sehe in jüngerer Zeit die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vor. Diese "Staatshaftung" erfasse aber nur Schäden, die durch mangelhafte Umsetzung bzw Verletzung von EU-Richtlinien durch den nationalen Gesetzgeber verursacht werden. Auch wenn die im vorliegenden Fall angewendete Fassung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes gegen einschlägige Richtlinien verstoßen haben sollte, könne die Klägerin daraus deshalb keinen Staatshaftungsanspruch ableiten, weil dies voraussetzen würde, dass ihr durch die verletzte Richtlinie Rechte verliehen werden sollten. Einen solchen Zweck verfolgten die einschlägigen arbeits- und sozialrechtlichen Normen der EU jedoch nur für Unionsbürger und allenfalls gleichgestellte Staatsangehörige. Als polnische Staatsangehörige sei die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum jedoch nicht vom persönlichen Anwendungsbereich einschlägiger europäischer Richtlinien erfasst gewesen.

Die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen aufgrund des Bescheids vom 7. 12. 1998 sei zwar nicht aus dem Grund des § 2 Abs 2 AHG ausgeschlossen, weil der Klägerin nicht vorzuwerfen sei, dass sie der Belehrung durch eine Mitarbeiterin des Arbeitsmarktservices vertraut habe. Allerdings habe der Bescheid der damaligen einfach-gesetzlichen Rechtslage voll entsprochen. Aus der richtigen Anwendung eines Gesetzes könnten aber keine Amtshaftungsansprüche abgeleitet werden, weil gesetzmäßiges Verhalten selbst dann, wenn sich das Gesetz als verfassungswidrig herausstellen sollte, nicht rechtswidrig und schon gar nicht schuldhaft sein könne. Aus Art 50 EMRK sei für die Klägerin nichts zu gewinnen, weil diese Bestimmung nur den Zuspruch einer Entschädigung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte regle und daher die Anrufung dieses Gerichtshofes voraussetze.

Die der Klägerin erteilte Auskunft der Mitarbeiterin des Arbeitsmarktservices habe der gesetzlichen Rechtslage entsprochen. Selbst wenn man von der Rechtswidrigkeit der unvollständigen, nicht auf das verfassungsgerichtliche Gesetzesprüfungsverfahren verweisenden Auskunft ausgehen wollte, könnte kein Verschulden der handelnden Organe des Arbeitsmarktservices angenommen werden. Die früheren Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des VfGH hätten sich auf eine andere Rechtslage bezogen. Soweit der Gesetzgeber als Reaktion auf diese Entscheidungen das Gesetz geändert habe, sei es aus der Sicht der Mitarbeiter des Arbeitsmarktservices zumindest vertretbar gewesen, davon auszugehen, dass die geänderte Rechtslage nunmehr der Verfassung und der EMRK entspreche. Die gegenteilige Ansicht würde die im § 1 Abs 1 AHG genannten Rechtsträger dazu verhalten, sich ständig über die bei den Höchstgerichten anhängigen Rechtsmittel auf dem Laufenden zu halten, womit ihre Sorgfaltspflichten bei weitem überspannt würden.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision der Klägerin ist zulässig; es kommt ihr jedoch keine Berechtigung zu.

Die Anberaumung einer mündlichen Revisionsverhandlung liegt gemäß § 509 Abs 2 ZPO im Ermessen des Obersten Gerichtshofs (1 Ob 153/98a; SZ 67/215; Kodek in Rechberger ZPO2 § 509 Rz 1). Mangels eines entsprechenden gesetzlichen Revisionsgrunds kann eine Revisionsverhandlung niemals der Erörterung der Tatfrage dienen. Zur Abklärung der in den Rechtsmittelschriftsätzen dargelegten Rechtsfragen bedarf es aber keiner mündlichen Verhandlung (1 Ob 80/99t ua).

§ 33 Abs 2 lit a Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) ordnete in seiner Stammfassung (BGBl 609/1977) als eine der Voraussetzungen für die Gewährung der Notstandshilfe an, dass der Arbeitslose die österreichische Staatsbürgerschaft besitze. Mit Urteil vom 16. 9. 1996, Nr 39/1995/545/631 (Gaygusuz gegen Österreich), entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass die Verweigerung der Gewährung eines Pensionsvorschusses in Form der Notstandshilfe an einen türkischen Staatsangehörigen mangels österreichischer Staatsbürgerschaft das in Art 14 EMRK in Verbindung mit Art 1 deren 1. Zusatzprotokolls gewährleistete Gebot verletze, den Genuss der in der Konvention festgelegten Rechte ohne Benachteiligung insbesondere der nationalen Herkunft wegen zu gewährleisten. Das Recht auf diese Sozialleistung sei an die Zahlung von Beiträgen an den Arbeitslosenversicherungs-Fonds geknüpft und es fehle an einer objektiven und vernünftigen Rechtfertigung für eine unterschiedliche Behandlung ausschließlich aufgrund der Staatsangehörigkeit.

Mit Bundesgesetz I 78/1997 wurden hierauf unter anderem die §§ 33 Abs 2 und 34 AlVG geändert. Gemäß § 34 Abs 1 AlVG nF hatte nunmehr Anspruch auf Notstandshilfe der Arbeitslose, der in den letzten 10 Jahren vor Geltendmachung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld oder Karenzurlaubsgeld bzw Karenzgeld arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigungen von 416 Wochen nachweist (Z 1) oder bei Geltendmachung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld oder Karenzurlaubsgeld bzw Karenzgeld vor Vollendung des 25. Lebensjahres die Schulpflicht zumindest zur Hälfte im Bundesgebiet erfüllt und auch beendet hat (Z 2) oder in Österreich geboren wurde (Z 3) oder vor Geltendmachung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld oder Karenzurlaubsgeld bzw Karenzgeld zumindest die halbe Lebenszeit den Hauptwohnsitz bzw den ordentlichen Wohnsitz im Sinne der jeweils geltenden Vorschriften in Österreich gehabt hat (Z 4). Die Übergangsbestimmungen dieser Novelle 1997 (§ 79 Abs 40 AlVG) verfügten jedoch, dass die Bestimmungen der §§ 33 Abs 2 und 34 in der Neufassung erst mit 1. Jänner 2000 in Kraft treten und für Fälle gelten sollten, deren Arbeitslosengeld- oder Karenz-(urlaubs)geldanspruch frühestens mit Ablauf des 31. 12. 1999 erschöpft sein würde.

Vor Inkrafttreten der Novelle 1997 hob der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 11. 3. 1998, G 363-365/97 (VfSlg 15.129) § 33 Abs 2 lit a AlVG in der Stammfassung sowie den damit in untrennbarem Zusammenhang stehenden § 34 Abs 3 und Abs 4 AlVG idF BGBl 416/1992 als verfassungswidrig auf und führte aus, er schließe sich - in Abkehr von seiner bisherigen Judikatur - der vom EGMR vorgenommenen Qualifikation des Anspruchs auf Notstandshilfe als vermögenswertes Recht im Sinn des Art 1 1. Zusatzprotokoll zur EMRK an. Ausschlaggebend dafür sei, dass es sich bei der Notstandshilfe um eine Sozialversicherungsleistung handle, der eine (vorher zu erbringende) Gegenleistung des Anspruchsberechtigten gegenüberstehe. Es könne kein Zweifel daran bestehen, dass die Leistungen der Arbeitslosenversicherung jedenfalls im Großen und Ganzen aus den Beiträgen der Versicherten bestritten werden. Den im Gesetzesprüfungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofs geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken ob der unterschiedlichen Behandlung von ausländischen Arbeitslosen mit Befreiungsschein einerseits und österreichischen und diesen umfassend gleichgestellten ausländischen Arbeitslosen andererseits sei die Bundesregierung nicht entgegengetreten und sei auch sonst im Verfahren nichts hervorgekommen, was die unterschiedliche Behandlung der beiden Gruppen von Normadressaten rechtfertigen könnte. Die eine bestimmte Gruppe von ausländischen Arbeitslosen diskriminierenden Vorschriften des AlVG widersprächen Art 14 EMRK iVm Art 1 des 1. ZP EMRK und seien daher als verfassungswidrig aufzuheben.

Mit Novelle zum AlVG wurde daraufhin im § 79 Abs 40 der Ausdruck 1. 1. 2000 durch den Ausdruck 1. 4. 1998 und der Ausdruck 31. 12. 1999 durch den Ausdruck 31. 3. 1998 ersetzt, sodass die mit der Novelle 1997 geänderten Bestimmungen der §§ 33, 34 AlVG nun mit 1. 4. 1998 in Kraft traten.

Mit Erkenntnis vom 9. 6. 1999, G 48/99-55/99 (VfSlg 15.506), hob der Verfassungsgerichtshof § 34 Abs 1 AlVG idF der Novelle BGBl 78/1997 als verfassungswidrig auf und sprach aus, dass die aufgehobene Bestimmung nicht mehr anzuwenden sei und dass frühere Vorschriften nicht wieder in Wirksamkeit treten. Zwar habe die Entscheidung des EGMR (Fall Gaygusuz) und im Gefolge jene des Verfassungsgerichtshofs nur die unterschiedliche Behandlung von Österreichern und Nichtösterreichern in Bezug auf die Notstandshilfe als konventionswidrig befunden, doch sei für beide Gerichtshöfe nicht etwa ausschlaggebend gewesen, dass die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit als solche verpönt wäre, sondern dass diese Unterscheidung in einem durch Beiträge der Versicherten gespeisten System keine sachliche Rechtfertigung finde. Bei Prüfung der novellierten Gesetzesbestimmung bedürfe es keiner statistischen Erhebungen, um zu erkennen, dass die Notstandshilfe nicht etwa regelmäßig erst nach längerer Wartefrist und nur ausnahmsweise schon früher gewährt werde, sondern jeder in Österreich Geborene und daher nahezu sämtliche Österreicher erhielten die Notstandshilfe nach Erschöpfen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld, alle anderen Personen hingegen nur ausnahmsweise. Eine solche Regelung sei auch im Verein mit den alternativen Voraussetzungen um nichts sachlicher als die alte, nach der Staatsbürgerschaft unterscheidende gewesen sei.

Nach dieser Darstellung des verfassungsrechtlichen Schicksals der Bestimmungen der §§ 33 und 34 AlVG im hier relevanten Zeitraum ist vorerst auf das Argument der Klägerin einzugehen, Art 140 Abs 7 B-VG, nach dem als verfassungswidrig erkannte Gesetze auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalls weiterhin anzuwenden seien, sofern der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis nichts anderes ausspricht, widerstreite Art 13 EMRK. Nach dieser Bestimmung hat der in seinen durch die Konvention festgelegten Rechten und Freiheiten Verletzte das Recht, eine wirksame Beschwerde bei einer nationalen Instanz einzulegen, selbst wenn die Verletzung von Personen begangen worden ist, die in amtlicher Eigenschaft gehandelt haben. Dieses Recht wird durch den Umstand, dass Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs nicht grundsätzlich zurückwirken, in keiner Weise berührt, wäre doch auch der Klägerin, was von ihr auch gar nicht bestritten wird, die Ausschöpfung des Instanzenzugs und die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof offen gestanden. In ihren Revisionsausführungen unternimmt die Klägerin darüber hinaus auch den Versuch, die "Verfassungswidrigkeit" des Art 23 Abs 1 B-VG zu begründen, und widerspricht somit unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 11. 10. 2001, G 12/00 (VfSlg 16.327), der Ansicht des Berufungsgerichts, diese Verfassungsbestimmung sei gegen eine Anfechtung beim Verfassungsgerichtshof immunisiert. Mit ihren Ausführungen verkennt die Klägerin aber das Wesen und den Inhalt dieses Erkenntnisses, das sich nur den Schutz des qualifizierten Verfassungsrechts vor dessen Aushöhlung durch den einfachen Verfassungsgesetzgeber (in Gestalt der Immunisierung unterverfassungsgesetzlichen Rechts) angelegen sein lässt. Die Möglichkeit der generellen Anfechtung von Bundesverfassungsrecht vor dem Verfassungsgerichtshof ist diesem Erkenntnis nicht zu entnehmen, wodurch auch wohl die dem Verfassungsgerichtshof eingeräumte Prüfkompetenz bei weitem überschritten wurde, zumal die von der Klägerin beanstandete Verfassungsnorm im Grundkonzept bereits auf die Stammfassung des Bundes-Verfassungsgesetzes zurückgeht.

Die Klägerin stützt ihr Begehren weiters auf Art 50 EMRK und will auch in dieser Bestimmung die Grundlage für Staatshaftungsansprüche wegen legistischen Unrechts sehen. Diesem Argument ist vorerst zu erwidern, dass Art 50 EMRK nach seinem klaren Wortlaut keine generelle Anspruchsgrundlage darstellt, sondern lediglich die Befugnis des Gerichtshofs begründet, bei Feststellung der Konventionswidrigkeit behördlichen Handelns, in der Entscheidung der verletzten Partei gegebenenfalls eine gerechte Entschädigung zuzubilligen, wenn innerstaatliche Gesetze nur eine unvollkommene Wiedergutmachung gestatten. Außerhalb eines vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geführten Verfahrens kann diese Norm daher nicht mit Erfolg als Grundlage für Schadenersatzansprüche wegen konventionswidriger Gesetzgebung herangezogen werden.

Den Vorinstanzen ist darin zuzustimmen, dass der bis dahin der österreichischen Rechtsordnung unbekannte (1 Ob 80/99t, 1 Ob 80/00x; siehe auch Öhlinger in Aicher, Die Haftung für staatliche Fehlleistungen im Wirtschaftsleben, 139; Rebhahn, Staatshaftung wegen mangelnder Gefahrenabwehr, 44) Begriff der Staatshaftung vom Europäischen Gerichtshof aus dem Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union als allgemeiner Rechtsgrundsatz, der als solcher zum primären Gemeinschaftsrecht gehört, entwickelt wurde. Seit dem grundlegenden Urteil des EuGH vom 19. 11. 1991, C 6, 9/90 - Francovich (Slg 1991, 5357), dem eine Reihe weiterer Entscheidungen folgten, zählt die Staatshaftung der Mitgliedstaaten bei Verletzung des Gemeinschaftsrechts zu dessen fixem Bestand. Eine der wesentlichen Neuerungen ist die Haftung für legislatives Unrecht, somit für gemeinschaftsrechtswidrige Handlungen der Legislative, die bei Vorliegen der übrigen vom Europäischen Gerichtshof entwickelten Voraussetzungen einen Schadenersatzanspruch des einzelnen Unionsbürgers begründen können (1 Ob 80/00x; Obwexer, Die Grundsätze der Staatshaftung nach Gemeinschaftsrecht, WBl 1996, 183; Stix-Hackl, Weitreichende Entwicklungen bei der "Staatshaftung", AnwBl 1996, 229; Koziol, Der Rechtsweg bei Staatshaftungsansprüchen, ZfV 2001/1563). Mit seinem auch von der Revisionswerberin zitierten Erkenntnis vom 5. 3. 1996, C 46, 48/93 - Brasserie du pecheur (Slg 1996, 1029) fällte der Europäische Gerichtshof eine weitere Grundsatzentscheidung zur Staatshaftung, mit der er klarstellte, dass diese Haftung nach Gemeinschaftsrecht unabhängig davon bestehe, welches mitgliedstaatliche Organ durch sein Handeln oder Unterlassen den Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht begangen hat. Auch in diesem Erkenntnis stellte er ebenso wie in seinem Urteil vom 30. 9. 2003, C 224/01 - Köbler, klar, dass der Grundsatz der Haftung eines Mitgliedstaats für Schäden, die dem Einzelnen durch dem Staat zuzurechnende Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, aus dem Wesen des EG-Vertrags folge und dass die Entschädigung die nachteiligen Folgen beseitigen solle, die sich für die von der Richtlinie begünstigten Personen aus deren Nichtumsetzung oder Nichtbeachtung durch einen Mitgliedstaat ergeben. Diesen Grundsätzen folgte auch der Verfassungsgerichtshof, der in seinem Erkenntnis vom 10. 10. 2003, A 36/00 (JBl 2004, 303), unter anderem aussprach, der im Gemeinschaftsrecht wurzelnde Staatshaftungsanspruch entspringe einer Norm des primären Gemeinschaftsrechts und dessen Weiterentwicklung durch den EuGH, die die Mitgliedstaaten zur Entschädigung bzw Staatshaftung verpflichteten, sodass damit eine ohne Zweifel nicht privatrechtliche Norm vorliege.

Es ist im Verfahren völlig unstrittig, dass die Klägerin im relevanten Beurteilungszeitraum nicht EU-Bürgerin war und ihr daher der gemeinschaftsrechtliche Schutz im dargestellten Sinn nicht zukam. Außerhalb des Gemeinschaftsrechts fehlt es aber für die Gewährung von Schadenersatzansprüchen aus legistischem Unrecht an jedweder Haftungsgrundlage (siehe auch Rebhahn, aaO). Art 23 B-VG und diesem folgend § 1 Abs 1 AHG bilden dafür schon deshalb keine solche Grundlage, weil sie die Haftung der öffentlichen Hand nur für jene Schäden, die die als ihre Organe handelnden Personen in Vollziehung der Gesetze durch ein rechtswidriges Verhalten wem immer schuldhaft zugefügt haben, anordnen.

Selbst Klecatsky räumt in seinem kritischen Aufsatz "Notwendige Entwicklungen des österreichischen Amtshaftungsrechts" (JBl 1981, 113, 114) ein, es sei zuzugeben, dass der Ausdruck "in Vollziehung der Gesetze" sowie der im § 1 Abs 2 AHG hinzugefügte Klammerausdruck "Gerichtsbarkeit oder Verwaltung" mit dem in Österreich auch sonst üblichen formalorganisatorischen Verständnis behaftet seien, also Gesetzgebungsorgane, aber auch gesetzgeberische Hilfsdienste leistende Verwaltungsorgane von der Haftung ausnähmen.

Walter/Mayer (Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts9 Rz 167) führen - wenngleich aus rein verfassungsrechtlicher Sicht - aus, Unterlassungen des Gesetzgebers seien im bestehenden Rechtsschutzsystem ebensowenig bekämpfbar wie die Erzeugung belastender Gesetze.

Fetzer ("Die Haftung des Staates für legislatives Unrecht; zugleich ein Beitrag zum Staatshaftungsrecht der Europäischen Gemeinschaften, der EG-Mitgliedstaaten, der Schweiz und Österreichs", 203) legt unter Hinweis auf die bereits zitierten Wortgruppen des Art 23 B-VG und des § 1 AHG ohne erkennbare Kritik dar, Staatshaftung für Schäden, die unmittelbar durch verfassungswidrige Gesetze hervorgerufen werden, komme in Österreich nicht in Betracht. Der Amtshaftungstatbestand sei nicht auf die Tätigkeit der Legislative anwendbar. Die den Hauptgegenstand der Monographie bildende Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland fasst die Autorin dahin zusammen, dass das geltende Recht keine besondere Haftungsregelung für Schäden, die durch legislatives Unrecht hervorgerufen werden, kenne. Zwar finde die Haftung des Staates für rechtswidrige Parlamentsgesetzgebung eine positive Grundlage im Amtshaftungstatbestand, doch vertrete der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, die den Parlamentsabgeordneten - ob beim Tätigwerden oder beim Untätigbleiben - obliegenden Amtspflichten entfalteten keine Drittwirkung gegenüber den gesetzesunterworfenen Bürgern, weil der Gesetzgeber abstrakt-generelle Regelungen treffe und insofern ausschließlich Aufgaben der Allgemeinheit und nicht ihm bestimmten Personen oder Personengruppen gegenüber obliegende Pflichten wahrnehme. Nur bei sogenannten Maßnahme- oder Einzelfallgesetzen könnten Belange einzelner Personen berührt werden, mit der Folge, dass diesen Personen gegenüber drittgerichtete Amtspflichten der Gesetzgebungsorgane bestehen (aaO 212 ff).

Unter Hinweis auf diese von der Autorin dargestellte gesicherte Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof etwa in seinem Urteil vom 7. 7. 1988, III ZR 198/87 (NJW 1989, 101) ausgesprochen, die Bundesrepublik Deutschland hafte weder aus Amtspflichtverletzung noch aus enteignungsgleichem Eingriff für schädigende Auswirkungen eines für verfassungswidrig erklärten Gesetzes. Ein Fall besonderer individueller Betroffenheit liege nicht vor. Zwischen der Aufgabe des Parlamentsgesetzgebers und den vom Gesetz Betroffenen (dort Arbeitgeber) habe keine so enge Beziehung bestanden, dass sie als "Dritte" im Sinn des § 839 Abs 1 BGB angesehen werden könnten. Wenn im Einzelfall ein Bedürfnis bestehe, die für den Bürger nachteiligen Folgen legislativen Unrechts auszugleichen, möge der Gesetzgeber tätig werden. Diese Regelungsaufgabe müsse dem Gesetzgeber auch deshalb vorbehalten bleiben, weil hier verschiedene nicht unerheblich voneinander abweichende Lösungsmöglichkeiten gegeben seien.

Für den österreichischen Rechtsbereich verbietet es neben dem in der BRD zentralen Gedanken des Schutzbereichs der gesetzgeberischen Tätigkeit (siehe auch Palandt, BGB63, § 839 Rz 19) die § 839 BGB iVm Art 34 GG gegenüber unterschiedliche Formulierung des Art 23 B-VG und des ihm folgenden § 1 AHG geradezu, die Beklagte außerhalb des Anwendungsbereichs des europäischen Gemeinschaftsrechts unmittelbar für fehlerhafte Gesetzgebung oder gesetzgeberischen Unterlassungen haften zu lassen (vgl auch Kucsko-Stadlmayer in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art 23 B-VG Rz 22).

Führt somit der von der Klägerin geltend gemachte Anspruchsgrund der Staatshaftung nicht zum Erfolg, so ist die von ihr des Weiteren herangezogene Rechtsgrundlage des Amtshaftungsgesetzes zu prüfen. Dabei ist vorerst zu beachten, dass die Klägerin nach den Feststellungen gegen den sie belastenden Bescheid kein Rechtsmittel erhoben und sich so auch die Möglichkeit, in weiterer Folge den Verfassungsgerichtshof zu befassen, genommen hat. Gemäß § 2 Abs 2 AHG besteht kein Ersatzanspruch gegen einen Rechtsträger, wenn der Geschädigte seinen Schaden durch Rechtsmittel oder Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof hätte abwenden können. Diese Bestimmung ist dahin zu verstehen, dass der Rechtsträger nur für nicht sanierbare Akte der Vollziehung Ersatz zu leisten hat. Das Gesetz überlässt es also zunächst dem Betroffenen selbst, seine Interessen zu wahren, und gewährt ihm Amtshaftungsansprüche nur dort, wo er innerhalb des betreffenden Verfahrens alle in Betracht kommenden verfahrensrechtlichen Behelfe vergeblich ausgeschöpft hat. Es wird allerdings nicht bezweifelt, dass - obwohl es das Gesetz nicht ausspricht - die Unterlassung der Erhebung eines Rechtsmittels schuldhaft erfolgt sein muss (RIS-Justiz RS0027200). Die Unterlassung, ein Rechtsmittel einzulegen, kann auch darauf zurückzuführen sein, dass der Betroffene ohne eigenes Verschulden die Rechtswidrigkeit behördlichen Handelns nicht erkannte oder nicht wissen konnte, dass ein Schaden entstehen wird. Ein Rechtsunkundiger darf sich grundsätzlich auf richtige Rechtsanwendung durch Verwaltungsbehörden verlassen. Er ist nur verpflichtet, über ihm unverständliche Akte der Vollziehung Rat einzuholen, sodass die rechtliche Unerfahrenheit nicht ohne Weiteres entschuldigt (SZ 68/156; SZ 72/29; 1 Ob 287/03t ua).

Ein derartiges, den Amtshaftungsanspruch ausschließendes Verschulden der Klägerin an der unterlassenen Rechtsmittelerhebung ist nach dem festgestellten Sachverhalt zu verneinen. Die Klägerin hat sich bei einer Mitarbeiterin des Arbeitsmarktservices nach ihrer Rechtsmittelmöglichkeit erkundigt und erhielt die durchaus plausible und nachvollziehbare Auskunft, dass eine Bekämpfung des Bescheids deshalb sinnlos sei, weil die Klägerin die gesetzlich normierten Voraussetzungen nicht erfülle. Weitere Überlegungen in Richtung der allfälligen Verfassungswidrigkeit des Gesetzes anzustellen, war der Klägerin nicht zuzumuten, weshalb die Tatsache, dass sie gegen den Bescheid keine Berufung erhoben hat, mangels Verschuldens nicht zu ihrem Nachteil ausschlagen kann. Es erübrigt sich daher, auf die von Schragel (AHG3, Rz 188) bejahte Frage einzugehen, ob der Geschädigte verpflichtet sei, den Verwaltungsgerichtshof anzurufen, wenn dieser zwar für sich die rechtswidrige Organhandlung nicht beseitigen könnte, dies aber im Wege der Anfechtung eines als verfassungswidrig angesehenen Gesetzes oder eines auf Grund einer gesetzwidrigen Verordnung erlassenen Bescheids beim Verfassungsgerichtshof veranlassen könnte (vgl dazu auch SZ 55/190).

Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats kommen Amtshaftungsansprüche nur bei rechtswidriger Vollziehung der Gesetze in Betracht, nicht aber bei gesetzmäßiger Vollziehung eines verfassungswidrigen Gesetzes (RIS-Justiz RS0049949; zuletzt: 1 Ob 287/03t). Diesen Rechtssatz zieht die Klägerin nicht in Zweifel, sie meint jedoch, Amtshaftung habe einzugreifen deshalb, weil die damalige Bundesministerin aus politischen Gründen die Weisung erteilt habe, dem Gesetzgeber die nach Ansicht ihrer eigenen Experten verfassungswidrige Bestimmung zur Beschlussfassung zu unterbreiten. Sie greift damit einen Gedanken Klecatskys (aaO 114) auf, dass die der Amtshaftung grundsätzlich unterliegenden Regierungsorgane, soweit sie eine Gesetzgebungsinitiative vorbereiten, nicht als "gesetzgebendes Organ", sondern nur als ein dem Bereich Verwaltung zuzuzählendes Organ tätig werden. Eine "Regierungsvorlage könne frühestens mit ihrem Einlangen beim Parlamentspräsidium dem Gang der Gesetzgebung zugerechnet werden".

Dieser Lehre folgend vertreten Vrba/Zechner (Kommentar zum Amtshaftungsrecht, 48 f) die Auffassung lediglich formelle Gesetzgebungsakte seien von der Amtshaftung ausgeschlossen. Dem Gesetz sei keine Einschränkung nach funktionellen Gesichtspunkten dahin zu entnehmen, dass Akte der Vollziehung, die die Gesetzgebung vorbereiten, nicht den Bestimmungen des Amtshaftungsrechts unterlägen. Ebensowenig lasse das Gesetz darauf schließen, dass ein Gesetzgebungsorgan, das an der Vollziehung teilnimmt, legislativ tätig wäre. Aus den die Gesetzgebung vorbereitenden Akten könne aber dann kein Amtshaftungsanspruch abgeleitet werden, "wenn ein Gesetzgebungsakt im Sinne des vorbereitenden Verwaltungshandelns erfolgte, da es andernfalls mittelbar dazu käme, dass auch für Gesetzgebungsakte die Haftung nach dem AHG einträte". Demgegenüber vertrat Schragel in der 2. Auflage des Handkommentars zum AHG (Rz 57) die Ansicht, das B-VG unterscheide schon in seinem äußeren Aufbau zwischen Gesetzgebung und Vollziehung, trage doch das 2. Hauptstück die Überschrift "Gesetzgebung des Bundes", das 3. Hauptstück aber die Überschrift "Vollziehung des Bundes". Die Rechtsträger hafteten daher weder für verfassungswidrige Gesetze noch für Säumnis in der Erlassung von Gesetzen. Ein nicht erlassenes Gesetz könne nicht vollzogen werden. Da es in die Verantwortung des Gesetzgebers falle, Gesetze in richtiger Weise zu beschließen, seien auch Hilfsdienste für den Gesetzgeber leistende Verwaltungsorgane von der Amtshaftung ausgenommen. Dies gelte auch für allfällige Unterlassungen von Verwaltungsorganen bei der Vorbereitung von gesetzgeberischen Akten.

Diese Ansicht Schragels lehnte der erkennende Senat in seiner von der Revisionswerberin zur Unterstützung ihres Rechtsstandpunktes zitierten Entscheidung 1 Ob 116/97h ab. In einem Verfahren, in dem es um die behauptete Verzögerung der Einbringung einer Regierungsvorlage ging, pflichtete er der Ansicht von Vrba/Zechner bei, dass lediglich formelle Gesetzgebungsakte seien von der Amtshaftung ausgeschlossen, Akte der Vollziehung, die die Gesetzgebung vorbereiten, unterlägen dagegen den Bestimmungen des Amtshaftungsrechts. Gemäß § 2 Abs 2 des Bundesministeriengesetzes 1986 (BMG) hätten die Bundesministerien gemäß den Weisungen und unter der Verantwortung des mit ihrer Leitung betrauten Bundesministers im Rahmen ihres Wirkungsbereichs aufgrund der Gesetze die ihnen durch bundesverfassungsgesetzliche Vorschriften übertragenen Geschäfte der Obersten Bundesverwaltung in zweckmäßiger wirtschaftlicher und sparsamer Weise zu besorgen. Sie hätten gemäß § 3 Z 2 BMG die Bundesregierung bei der Besorgung ihrer Aufgaben zu unterstützen, insbesondere Vorlagen der Bundesregierung an den Nationalrat vorzubereiten. Schon allein durch diese Bestimmung des BMG sei klargestellt, dass die Bundesministerien lediglich Geschäfte der (obersten) Bundesverwaltung weisungsgebunden besorgen und die Bundesregierung, die kein Gesetzgebungsorgan ist, bei der Besorgung ihrer Aufgaben zu unterstützen haben. Bei der Vorbereitung von Gesetzgebungsinitiativen werde demnach weder die Regierung noch das sie unterstützende Bundesministerium als "gesetzgebendes Organ" tätig; diese Organe handelten vielmehr bei der Vorbereitung von Gesetzesvorschlägen in Vollziehung der Gesetze.

Diese Entscheidung kritisierte Schragel in der 3. Auflage seines Werks (Rz 56): Natürlich sei die Gesetzesinitiativen vorbereitende Tätigkeit der Bundesministerien an sich hoheitliche Verwaltungstätigkeit. Sie erfüllten damit die gesetzliche Verpflichtung, die Bundesregierung bei der Besorgung ihrer Aufgaben zu unterstützen und insbesondere Vorlagen der Bundesregierung an den Nationalrat vorzubereiten (§ 3 Z 2 BMG). Mangels bestehender Gesetze hätten sie dabei aber nicht Gesetze zu vollziehen, sondern sie nur vorzubereiten. Sie träten hiebei mit der Außenwelt in keinerlei Berührung; es handle sich also um rein verwaltungsinterne Vorgänge, die grundsätzlich nur dann Amtshaftung zur Folge haben könnten, wenn die Unterlassung konkrete Rechtsansprüche Dritter verletze. Grundsätzlich habe jedoch niemand einen Rechtsanspruch auf die Erlassung bestimmter Gesetze. Zudem sei stets ungewiss, zu welchem Handeln des Gesetzgebers die Vorbereitung einer Gesetzesvorlage führen könne: Der Beweis, ein später tatsächlich beschlossenes Gesetz wäre bei Initiative des zuständigen Bundesministeriums bereits früher so beschlossen worden, sei bei der Unwägbarkeit gesetzgeberischen Handelns nicht zu erbringen. Gesetzesvorschläge könnten nicht nur als Vorlagen der Bundesregierung, sondern auch als Anträge seiner Mitglieder an den Nationalrat gelangen, sodass Unterlassungen der Verwaltung den Gesetzgeber nicht hinderten, dennoch tätig zu werden. Die Absicht, für gleichartige Unterlassungen einerseits haften und andererseits als der Gesetzgebung zugeordnet nicht haften zu lassen, sei dem Gesetzgeber nicht zu unterstellen.

Aufgrund dieser gewichtigen Argumente sieht sich der erkennende Senat veranlasst, seinen in der Entscheidung 1 Ob 116/97h eingenommenen Rechtsstandpunkt zu überprüfen, und er kommt aus nachstehenden Erwägungen zum Ergebnis, dass dieser nicht mehr aufrecht erhalten werden kann: Art 41 Abs 1 B-VG normiert unter der Überschrift "Der Weg der Bundesgesetzgebung", dass Gesetzesvorschläge an den Nationalrat gelangen, als Anträge seiner Mitglieder, des Bundesrates oder eines Drittels der Mitglieder des Bundesrates sowie als Vorlagen der Bundesregierung. Die zitierte Bestimmung findet sich im 2. mit "Gesetzgebung des Bundes" übertitelten Hauptstück des B-VG, auf das sodann das 3. Hauptstück mit der Überschrift "Vollziehung des Bundes" folgt. Diese klare Gliederung spricht dafür, dass der Verfassungsgesetzgeber bereits die Regierungsvorlage als solche gleich etwa den Anträgen der Mitglieder des Nationalrats auch vor der Behandlung durch diesen der Gesetzgebung zuordnen wollte. Dass bei anderer Sicht der Dinge zumindest dann, wenn ein Gesetzgebungsakt im Sinne des vorbereitenden Verwaltungshandelns erfolgte, in Wahrheit die vom Bundes-Verfassungsgesetz vorgegebene Ausnehmung der Gesetzgebung von der Amtshaftung umgangen würde, haben bereits Vrba/Zechner (aaO 49) erkannt. Ihre Differenzierung zwischen der Unterlassung einer Regierungsvorlage, die Amtshaftung begründen soll, und positivem Regierungshandeln, das zum Gesetzgebungsakt führt, ist aber dogmatisch nicht begründbar und zudem kaum praktikabel. Ein Rechtsanspruch des Einzelnen auf Erlassung bestimmter Gesetze ist außerhalb des Bereichs des Gemeinschaftsrechts weder dem Bundes-Verfassungsgesetz noch einfachen Gesetzen, wie insbesondere dem Bundesministeriengesetz, zu entnehmen. Auch die EMRK normiert in ihrem Art 50 - wie bereits erörtert - einen derartigen Rechtsanspruch nicht. Ein solcher ergibt sich auch nicht aus deren Art 53, nach dem die "Hohen Vertragschließenden Teile" die Verpflichtung übernehmen, in allen Fällen, an denen sie beteiligt sind, sich nach der Entscheidung des Gerichtshofs zu richten, räumt doch der Gerichtshof dem Staat die Wahlfreiheit, was die anzuwendenden Mittel anlangt, ein (ÖJZ 1992/24, 516). Auch besteht insoweit eine dem Gemeinschaftsrecht vergleichbare Rechtsgrundlage nicht. Es kann daher auf für den österreichischen Rechtsbereich die bereits erwähnte Rechtsprechung des BGH zurückgegriffen werden, der Gesetzgeber nehme, gleichgültig, ob er tätig wird oder untätig bleibt, in der Regel ausschließlich Aufgaben gegenüber der Allgemeinheit wahr, denen die Richtung auf bestimmte Personen oder Personenkreise fehlt.

Abgesehen vom mangelnden Rechtswidrigkeitszusammenhang - dessen eingrenzende Wirkung von der österreichischen Rechtsprechung allerdings nur bei bloßen Vermögensschäden anerkannt wird (SZ 65/94; SZ 61/189 mwH) - ist aber jedenfalls davon auszugehen, dass die vorbereitende legistische Tätigkeit in ihrer Gesamtheit der Gesetzgebung zuzurechnen ist, wie dies offenkundig von überwiegenden Teilen der Lehre vertreten wird:

Bereits Kelsen (Allgemeine Staatslehre, 247) begreift die Vorbereitung eines Gesetzesentwurfs nur als Stadium des Gesetzgebungsverfahrens, also als Gesetzgebungs- und nicht als Verwaltungsfunktion des Staates. Dass dieser Vorbereitungsakt in den modernen Demokratien in der Regel - keineswegs ausnahmslos - von Verwaltungsbeamten, den Hilfsorganen der Regierung, besorgt werde, bedeute nicht, dass dieser Akt dadurch zu einem Verwaltungsakt werde, sondern nur dass diese Verwaltungsbeamten zu Gesetzgebungsorganen werden. Auch Öhlinger (aaO 139) vertritt die Ansicht, selbst wenn die Rechtswidrigkeit (Verfassungswidrigkeit) eines Gesetzes bereits in der Regierungsvorlage enthalten gewesen sei, komme ein auf dieses Verhalten eines Vollziehungsorgans gestützter Amtshaftungsanspruch nicht in Betracht, weil der Inhalt des Gesetzes, auch wenn das Parlament eine Regierungsvorlage unbesehen übernimmt, diesem Organ zuzuordnen sei. Schließlich lehrt auch Rebhahn (aaO 45), die Bejahung der Haftung für die auf eine Regierungsvorlage zurückgehenden verfassungswidrigen Eingriffe vernachlässige die Verantwortung des Parlaments und umginge die Regel von der fehlenden Haftung für legislatives Unrecht. Fällt auch letzteres, bereits von Vrba/Zechner (aaO 49) gebrauchte, Argument nicht so stark ins Gewicht, überzeugt doch die von der bereits dargestellten systematischen Einordnung in der Verfassung gestützte Ansicht, es werde hier keine nach außen in Erscheinung tretende Tätigkeit der Verwaltung entfaltet wie das sonst in Vollziehung der Gesetze im Allgemeinen der Fall ist, sondern es lägen, je nach den bestehenden politischen Kräfteverhältnissen in ihrem legistischen Ergebnis nicht klar vorhersehbare, Vorbereitungshandlungen vor, die insgesamt dem allein verantwortlichen, gesetzgebenden Organ, dem Parlament, zuzurechnen seien. Dies gilt auch für die Unterlassung gesetzgeberischer Initiativen, ist doch die Verantwortlichkeit auch in diesem Fall nicht teilbar.

Schließlich hat sich die Klägerin auch noch darauf berufen, sie sei von einer Mitarbeiterin des Arbeitsmarktservices auf die bereits beschriebene Art unrichtig belehrt worden. Gemäß § 13a AVG hat die Behörde Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen in der Regel mündlich zu geben und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren. Die Unterlassung, der Rechtspflicht zur Manuduktion zu entsprechen, ist somit rechtswidrig. Deshalb kann ein Amtshaftungsanspruch auch auf die unterlassene, aber auch auf eine unrichtige Belehrung gestützt werden, wenn der Schadenseintritt durch pflichtgemäßes Handeln unterblieben wäre (vgl 1 Ob 9/03k mwH). Allerdings darf diese Pflicht nicht überspannt werden, weil eine allgemeine umfassende Belehrungspflicht die Behörde vor nicht zu bewältigende Aufgaben stellen würde. Die Belehrungspflicht ist deshalb ausdrücklich auf verfahrensrechtliche Belange eingeschränkt und bezieht sich somit nicht auch auf die Belehrung in der Sache selbst (SZ 71/182). Dies ergibt sich nicht zuletzt aus der Formulierung des § 13a AVG, nach dem die Parteien nur über unmittelbar mit Verfahrenshandlungen oder Unterlassungen verbundene Rechtsfolgen zu belehren sind. Dass die Mitarbeiterin des Arbeitsmarktservices die Klägerin richtig dahin belehrt hat, dass die Erhebung einer Berufung sinnlos sei, weil es an den gesetzlichen Voraussetzungen mangle, ist unstrittig. Die darüber hinaus begehrte Belehrung, dass die Klägerin die - wenngleich nicht erfolgversprechende - Berufung dennoch erheben sollte, um sich so den Weg zum Verfassungsgerichtshof zu wahren, sprengte den Rahmen des § 13a AVG. Eine derartige Belehrung würde nämlich vom jeweiligen Mitarbeiter nicht nur die Kenntnis von den beim Verfassungsgerichtshof jeweils behängenden Beschwerdeverfahren verlangen, sondern darüber hinaus - soll die Belehrung keine unnötigen Kosten verursachen - auch die Einschätzung der Erfolgsaussichten einer solchen Vorgangsweise. Damit würden aber die Behördenpflichten bei weitem überspannt werden; die Partei kann eine derart diffizile, über die Rechtsmittelbelehrung gemäß § 61 AVG weit hinausgehende Beratung auch gar nicht erwarten. Da somit die Beratungspflicht in dem von der Klägerin gewünschten Umfang schon nach den gesetzlichen Vorgaben nicht bestand, kann auch ein Organisationsverschulden der Behörde nicht vorliegen. Auch ihr kann nicht zugemutet werden, sämtliche Beschwerdefälle in Evidenz zu halten und dafür Sorge zu tragen, dass den Parteien die jeweils nach den Gegebenheiten des Falles erforderliche weitergehende Rechtsberatung zuteil werde. Auf die zufällige Kenntnis einzelner Mitarbeiter von der Anrufung des EGMR oder des Verfassungsgerichtshofs kommt es nicht an.

Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

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