OGH 1Ob2296/96w

OGH1Ob2296/96w25.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Jürgen Z*****, wegen Übertragung der Obsorge infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Mutter Ingrid Z*****, vertreten durch Dr.Monika Urban-Rettenbacher, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichts vom 3.Juli 1996, GZ 45 R 502/96-34, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Leben die verehelichten Eltern eines Kindes nicht bloß vorübergehend getrennt, hat das Gericht gemäß § 177 Abs 2 ABGB auf Antrag eines Elternteils zu entscheiden, wem die Obsorge für das Kind künftig allein zukommt. Wie das Rekursgericht zutreffend erkannte, setzt zwar eine solche Entscheidung den Antrag eines Elternteils voraus, das Gericht kann jedoch die alleinige Obsorge für das Kind auch dem anderen Elternteil übertragen. Nur wenn dieser Elternteil erklärt, die alleinige Obsorge für das Kind nicht anzustreben und eine dem widersprechende Maßnahme auch nicht im Interesse des Wohls des Kindes geboten erscheint, hat sich die gerichtliche Entscheidung auf den Ausspruch der Antragsabweisung zu beschränken (ÖA 1986, 46). Diese Rechtslage findet ihre Rechtfertigung darin, daß die Zuteilung der Obsorge für das Kind dessen Wohl zu fördern hat (ÖA 1992, 153; EFSlg 48.420; EFSlg 43.364 uva). Dagegen haben die Interessen der Eltern zurückzutreten (EFSlg 59.804). Entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerberin ist daher nicht allein der verfahrensrechtliche Aspekt, wer den Antrag gemäß § 177 Abs 2 ABGB stellte, für die durch das Gericht zu fällende Obsorgeentscheidung maßgebend.

Unzutreffend rügt die Rechtsmittelwerberin, ihr Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs sei deshalb verletzt worden, weil sie keine Gelegenheit gehabt habe, sich zur Eignung des Vaters für die Zuteilung der alleinigen Kindesobsorge zu äußern. Sie läßt nämlich unbeachtet, daß sie im Rekursverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme hatte und von dieser Möglichkeit auch Gebrauch machte. Ihre Ausführungen waren jedoch schon deshalb ungeeignet, die Entscheidung des Erstgerichts (Zuteilung der alleinigen Kindesobsorge an den Vater) in Frage zu stellen, weil keine Tatsachen behauptet wurden, die ernsthaft an einer Eignung des Vaters zweifeln ließen, die Obsorge für das Kind künftig allein auszuüben. Derartige Fakten sind aber auch sonst nicht aktenkundig. Die Mutter nahm in ihrem Rekurs vor allem nicht zur Kenntnis, daß ihr im Zeitpunkt seiner letzten Anhörung am 26.Februar 1996 schon fast 17-jähriger Sohn darlegte, "derzeit relativ viel Kontakt" mit dem Vater zu haben. Deren Beziehung sei gut. Er halte die Zuteilung der alleinigen Obsorge an den Vater für besser, weil er mit der Mutter "keinerlei Gesprächsbasis" habe (ON 27). Einem mündigen Kind soll aber die Obsorge durch einen bestimmten Elternteil nicht gegen seinen Willen aufgezwungen werden, es sei denn, es könnte den wahren und richtig verstandenen Interessen des Kindes und damit seinem Wohl nur durch eine derartige Maßnahme entsprochen werden (EFSlg 66.108; EFSlg 52.784). Welchem Elternteil aber bei Gegenüberstellung aller für diese Ermessensentscheidung maßgebenden Tatumstände die Obsorge für das Kind übertragen werden soll, ist immer eine solche des Einzelfalls, der keine erhebliche Bedeutung im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG zukommt (ÖA 1992, 22), solange sie das Kindeswohl nicht verletzt (EFSlg 76.497; EFSlg 73.550). Nach den Tatsachenfeststellungen ist jedoch eine Gefährdung des Kindeswohls durch die Entscheidung der Vorinstanzen nicht gegeben. Die Rechtsmittelwerberin vermag auch in ihrem Revisionsrekurs keine Gründe anzuführen, die den Vater ungeeignet erscheinen ließen, die Obsorge für das Kind künftig allein auszuüben.

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