OGH 1Ob224/07h

OGH1Ob224/07h29.1.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ.-Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers Franz H***** vertreten durch Dr. Peter Spörk, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, gegen die Antragsgegnerin Ingeborg H*****, vertreten durch Dr. Ingrid Stöger und Dr. Roger Reyman, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Abgeltung der Mitwirkung im Erwerb (Streitwert 70.000 EUR) sA, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin (Revisionsrekursinteresse 52.827,10 EUR) gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 12. September 2007, GZ 21 R 258/07y-29, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Neumarkt bei Salzburg vom 2. April 2007, GZ 1 C 73/05g-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die verfahrensbeteiligten Ehegatten haben gemeinsam mit ihrem Sohn ein „Familienunternehmen" (KG) viele Jahre lang in der Form betrieben, dass alle drei Familienmitglieder im Unternehmen arbeiteten, wobei der Antragsteller die Funktion des gewerberechtlichen Geschäftsführers ausübte und entscheidenden Anteil am Erwerb und am (weiteren) Aufbau des Unternehmens hatte. Die Antragsgegnerin war und ist zu 75 %, der Sohn zu 25 % an der KG beteiligt; die Geschäftsführung wurde und wird durch eine GmbH mit denselben Beteiligungsverhältnissen geführt. Der Antragsteller war bis Ende Juli 1999 als Angestellter der KG mit einem monatlichen Nettoeinkommen von (umgerechnet) rund 2.180 EUR tätig. Nach seiner Pensionierung arbeitete er von August 1999 bis (zumindest) Ende Dezember 2003 im Betrieb im Umfang einer Vollbeschäftigung weiter. Auf Grund einer Vereinbarung mit seinem Sohn als Geschäftsführer erhielt er monatlich einen Betrag von (umgerechnet) 181,68 EUR. Die Lebenshaltungskosten der Ehegatten wurden in dieser Zeit überwiegend aus dem Pensionseinkommen des Antragstellers bestritten; die Antragsgegnerin trug dazu mit einem Betrag von monatlich 300 EUR bei, den sie als Privatentnahme aus den ihr zugewiesenen Gewinnanteilen der KG in Anspruch nahm. Ein großer Teil der angefallenen Gewinne wurde dem Kommanditistenkonto der Antragsgegnerin zugeschrieben, wobei sich deren Guthabenstand sowohl im Jahr 1998 als auch Ende 1999 auf 7.460,55 EUR belief. Zum Ende des Geschäftsjahrs 2002 betrug dieser Stand 141.918,15 EUR. Eine Notwendigkeit, die Gewinnanteile auf dem Kommanditistenkonto stehen zu lassen, bestand nicht, zumal für unerwartete Zahlungen entsprechende Rückstellungen gebildet wurden. Nach einer Prognose für das Geschäftsjahr 2003 war ein Betrag von 122.744,89 EUR auf dem Kommanditistenkonto der Antragsgegnerin zu erwarten.

Der Antragsteller begehrte unter Berufung auf § 98 ABGB 70.000 EUR, da er in der Zeit von August 1999 bis Dezember 2003 durch seine Tätigkeit am Erwerb der Antragsgegnerin mitgewirkt habe. Da das Entnahmerecht der Antragsgegnerin als Kommanditistin keinen Beschränkungen unterläge, sei es unerheblich, ob sie die ihr zugewiesenen Gewinnanteile entnommen oder aber im Gesellschaftsvermögen belassen habe. Der gesamte Gewinn wie auch die positive Ertragslage bzw die Ertragssteigerung seien ausschließlich auf die Leistung des Antragstellers zurückzuführen, der das Unternehmen nicht nur aufgebaut, sondern auch viele Jahre hindurch unter Einsatz all seiner körperlichen und finanziellen Mittel unterstützt habe. In der Zeit nach seiner Pensionierung habe er erhebliche Leistungen erbracht, die einen enormen Aufschwung in wirtschaftlicher Hinsicht bewirkt hätten. Ihm stehe daher eine Abgeltung in Höhe von 50 % der der Antragsgegnerin in diesem Zeitraum entstandenen Gewinnanteile zu. Der mit seinem Sohn als Geschäftsführer vereinbarte Betrag von 2.500 S monatlich habe zur Abdeckung der mit den zahlreichen Außendiensttätigkeiten verbundenen Aufwendungen gedient, diese aber nicht einmal zur Gänze abgedeckt.

Die Antragsgegnerin wandte dagegen im Wesentlichen ein, der Antragsteller sei seinem Sohn, der nach ihm die Geschäftsführung übernommen habe, als seinem Nachfolger zur Hand gegangen und sei von diesem auch entlohnt worden. Diese Entlohnungsvereinbarung mache einen Abgeltungsanspruch nach § 98 ABGB jedenfalls obsolet. Es sei auch ein Durchgriff auf die Antragsgegnerin als Gesellschafterin nicht zulässig; ihr seien keine höheren Privatentnahmen als 300 EUR monatlich möglich gewesen. Ein Anspruch bestehe daher schon mangels Gewinnerzielung durch die Antragsgegnerin nicht. Der Antragsteller habe auch nicht die Beklagte, sondern seinen Sohn bei der Übernahme des Unternehmens unterstützt.

Das Erstgericht erkannte die Antragsgegnerin schuldig, dem Antragsteller 52.827,10 EUR zu zahlen, wobei eine formelle Abweisung des darüber hinausgehenden Begehrens nicht erfolgte. Es führte - über die eingangs dieser Entscheidung dargelegten Feststellungen hinaus - in tatsächlicher Hinsicht aus, der Antragsteller habe alle im Rahmen der Geschäftsführung anfallenden Arbeiten verrichtet und auch Entwicklungsarbeiten im Betrieb durchgeführt. Er habe nach seiner Pensionierung „normal" weitergearbeitet. Der Antragsteller habe den mit seinem Sohn als monatliche Abgeltung vereinbarten Betrag von (umgerechnet) 181,68 EUR monatlich als Abfindung der ihm im Zuge seiner Mitarbeit entstehenden Spesen verstanden. Das Zustandekommen des Gewinns sei nicht ausschließlich auf die Arbeitskraft der Ehegatten, sondern auch auf das von der Antragsgegnerin eingesetzte Kapital zurückzuführen. In rechtlicher Hinsicht erachtete das Erstgericht den geltend gemachten Anspruch dem Grunde nach als berechtigt. Die Abgeltung für die Mitwirkung eines Ehegatten im Erwerb des anderen stelle eine Art Gewinnbeteiligung dar, sodass sie nicht nach dem Einsatz, sondern nach dem Erfolg zu bemessen sei. Der Abgeltungsanspruch sei vom wirtschaftlichen Erfolg des „Familienbetriebs" abhängig zu machen. Als Bemessungsgrundlage sei der prognostizierte Stand des Kommanditistenkontos Ende 2003 abzüglich des Standes des Kontos zum Zeitpunkt des Pensionsantritts des Antragstellers heranzuziehen. Von dem sich so ergebenden Betrag von 115.284,24 EUR seien die an den Antragsteller erfolgten Zahlungen abzuziehen, sodass sich letztlich eine Bemessungsgrundlage von 105.654,14 EUR ergäbe. Es sei zwar naheliegend, den dem Antragsteller monatlich zugekommenen Betrag als Abgeltung der ihm im Rahmen der Mitwirkung entstehenden Kosten zu interpretieren, doch stelle § 98 ABGB nicht auf den erbrachten Einsatz ab, sondern auf den im antragsgegenständlichen Zeitraum erwirtschafteten Gewinn. In Gesamtbetrachtung der maßgeblichen Faktoren erscheine ein Anspruch des Antragstellers von 50 % der der Antragsgegnerin zugekommenen Gewinnanteile gerechtfertigt.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig. Unter „Mitwirkung im Erwerb" im Sinne des § 98 ABGB sei jede unterstützende Beteiligung an der Erwerbstätigkeit des anderen Ehegatten zu verstehen, sodass grundsätzlich auch eine (bloß) mittelbare Unterstützung ausreiche, etwa indem der unterstützende Ehegatte für das Unternehmen tätig wird, an dem der andere Ehegatte mehrheitlich beteiligt ist. Die Antragsgegnerin sei im vorliegenden Fall (allein) erwerbstätig gewesen und in ihrer Funktion als Gesellschafterin mit einer Beteiligung von 75 % als Unternehmerin zu qualifizieren. Der Antragsteller habe somit im Erwerb seiner Ehegattin mitgewirkt. Die Vereinbarung zwischen dem Antragsteller und seinem Sohn über eine monatliche Zahlung stünde dem geltend gemachten Anspruch nicht entgegen, da die Regelung des § 100 ABGB nur Verträge zwischen den Ehegatten betreffe. Nach den Feststellungen des Erstgerichts sei eine Vereinbarung zwischen dem Antragsteller und seinem Sohn getroffen worden, welche das Erstgericht als Spesen- bzw Kostenersatz qualifiziert habe. Es sei außer Streit gestellt worden, dass der vereinbarte Betrag an den Antragsteller aus dem Gehalt des Sohnes gezahlt wurde. Eine Vereinbarung zwischen den Ehegatten sei weder behauptet worden noch im Verfahren hervorgekommen. Unberechtigt sei auch der Einwand der Antragsgegnerin, der Antragsteller könne keinen Anteil an nicht ausgeschütteten Gewinnen verlangen. Nach den Feststellungen des Erstgerichts hätte der sich auf dem Kommanditistenkonto der Antragsgegnerin befindliche Betrag jederzeit als Gewinn aus dem Unternehmen entnommen werden können. Auf die Motivation der Antragsgegnerin, ihren Gewinn nicht zu entnehmen, komme es nicht an. Das Rekursvorbringen, der vom Erstgericht zuerkannte Anteil von 50 % der Gewinne sei nicht angemessen, weil (allein) die Antragsgegnerin Kapitalbeträge in das Unternehmen eingebracht habe und neben dem Antragsteller und ihr auch der Sohn im Unternehmen tätig gewesen sei, der als Geschäftsführer die Hauptverantwortung getragen habe, sei als unzulässige Neuerung unbeachtlich. Im Übrigen bestünden keine Bedenken dagegen, dass bei einem arbeitsintensiven Betrieb - außer bei sehr hohem Kapitaleinsatz - der Arbeitseinsatz höher bewertet wird.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist zulässig und mit seinem Aufhebungsantrag berechtigt.

Vorweg ist festzuhalten, dass die Revisionsrekurswerberin auf ihre im Verfahren erster Instanz erhobene Einwendung, der Antragsteller habe nicht sie, sondern ausschließlich ihren Sohn unterstützen wollen, in ihrem Rechtsmittel nicht mehr zurückkommt, sondern nur mehr davon spricht, dass primär der Sohn unterstützt worden sei. Angesichts der vorliegenden Umstände kann auch ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller zumindest auch den Erwerb der Antragsgegnerin fördern wollte, indem er - ohne detaillierte Abreden - Arbeitsleistungen für das „Familienunternehmen" erbrachte, an dem die Antragsgegnerin zu 75 % beteiligt ist. Auch der Einwand, der Antragsteller sei „ausdrücklich" für die Gesellschaft und nicht für die Antragsgegnerin tätig gewesen, geht insoweit ins Leere, als sich die günstige wirtschaftliche Entwicklung einer Personengesellschaft eben gerade auf jene Gewinne auswirkt, die von den Gesellschaftern - als Abgeltung ihres Arbeits- und Kapitaleinsatzes - entnommen werden können. Es liegt somit zweifellos eine auf den Erwerb der Gesellschafter abzielende Tätigkeit vor, bei der der Antragsteller auch die Antragsgegnerin unterstützt hat.

Unbedenklich ist auch die Rechtsauffassung des Rekursgerichts, nach der es nicht darauf ankomme, ob dem Gesellschafter zugewiesene Gewinne entnommen oder aber im Unternehmen stehen gelassen werden. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wäre es aus betriebswirtschaftlicher Sicht ohne weiteres gerechtfertigt gewesen, die der Antragsgegnerin zugewiesenen Gesellschaftsgewinne zu entnehmen, sodass grundsätzlich keine Bedenken dagegen bestehen, das im fraglichen Zeitraum in diesem Sinne erwirtschaftete Einkommen der Antragsgegnerin der Bemessung des Anspruchs nach § 98 ABGB zu Grunde zu legen. Dem steht auch nicht die zwischen dem Antragsteller und seinem Sohn getroffene Vereinbarung über eine monatliche Pauschalzahlung entgegen. Schon die Vorinstanzen haben dazu zutreffend ausgeführt, dass der Kläger diese Zuwendung vernünftigerweise nur als Abgeltung seiner insbesondere mit der Reisetätigkeit verbundenen Auslagen verstehen konnte. Selbst wenn damit eine gewisse Unterstützung des Sohnes bei seiner Geschäftsführertätigkeit abgegolten werden sollte, kann dies doch keinen Einfluss auf einen Anspruch nach § 98 ABGB haben, da die Arbeitsleistungen des Antragstellers ja jedenfalls auch darauf gerichtet waren, die an die Antragsgegnerin auszuschüttenden Gewinnanteile zu sichern bzw zu erhöhen.

Zutreffend ist allerdings der von der Revisionsrekurswerberin erhobene Vorwurf, es wäre zu prüfen gewesen, in welchem Ausmaß der Antragsteller Anteil am Unternehmenserfolg der Gesellschaft gehabt hatte; sie meint, die Ausmessung der Abgeltung mit 50 % der Gewinne der Revisionsrekurswerberin sei nicht berechtigt, weil sie - neben ihrer Arbeitsleistung - auch Kapitalbeträge in das Unternehmen eingebracht habe und der gemeinsame Sohn als Geschäftsführer im Unternehmen hauptverantwortlich tätig gewesen sei.

Die Vorinstanzen haben dazu nur festgestellt, dass der Antragsteller im Wesentlichen so weiter gearbeitet hat wie dies früher der Fall war, jedoch keine Feststellungen zur Frage getroffen, inwieweit der aus dem Unternehmenserfolg resultierende Vermögenszuwachs der Antragsgegnerin auch auf deren Beiträge (Kapital und Arbeitskraft) zurückging. Auch wenn das Rekursgericht zutreffend darauf hingewiesen hat, dass bei arbeitsintensiven Betrieben Arbeitseinsatz höher bewertet werden kann als Kapitaleinsatz, rechtfertigt dies doch nicht das Unterlassen einigermaßen konkreter Feststellungen zu den jeweiligen Beiträgen der Ehegatten, die gemeinsam die Erzielung eines bestimmten Gewinns ermöglicht haben. Die von § 98 ABGB angeordnete angemessene Abgeltung für die Mitwirkung zielt zunächst auf eine der tatsächlichen Mitwirkung ihrer Art, ihrer Intensität und ihrem Umfang entsprechenden Quote vom erzielten Gewinn, sodass also das gewinnschöpfende Potenzial der Mitwirkung maßgebend ist (vgl dazu nur Schwimann/Ferrari in Schwimann³, § 98 ABGB Rz 4). Der von der Antragsgegnerin bereits im Rekurs gegebene Hinweis auf das Fehlen derartiger Feststellungen stellt keine unzulässige Neuerung dar, sondern ist vielmehr der rechtlichen Beurteilung zuzuordnen. Infolge der Unvollständigkeit der Tatsachenfeststellungen liegt somit ein „rechtlicher Feststellungsmangel" vor, der im fortzusetzenden Verfahren vom Erstgericht zu beheben sein wird.

Der Kostenvorbehalt beruht darauf, dass noch keine endgültige meritorische Entscheidung gefällt wird, die Grundlage für einen Kostenzuspruch sein könnte.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte