European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0010OB00223.13W.1219.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Die Antragstellerin ging in ihrem am 5. 12. 2012 beim Erstgericht eingelangten Aufteilungsantrag ausdrücklich, wenn auch unrichtig, davon aus, das Scheidungsurteil sei am 30. 1. 2012 in Rechtskraft erwachsen. Nunmehr zieht sie allerdings (zutreffend) nicht mehr in Zweifel, dass Rechtskraft bereits am 13. 10. 2011, nämlich mit Ablauf der Frist zur Anmeldung einer Berufung gegen das mündlich verkündete Scheidungsurteil (§ 461 Abs 2 ZPO), eingetreten ist.
2. Der im außerordentlichen Revisionsrekurs erhobene Vorwurf, das Rekursgericht habe seiner Entscheidung im Zusammenhang mit der Beurteilung des Ablaufs der Frist des § 95 EheG bestimmte Feststellungen des Erstgerichts zugrunde gelegt und nicht erkannt, dass weitere Feststellungen zu treffen gewesen wären, übersieht, dass das Erstgericht gar keine Feststellungen getroffen, sondern seine rechtlichen Erwägungen allein auf der Grundlage der Verfahrensbehauptungen der Antragstellerin angestellt hat. Dies ist schon deshalb nicht zu beanstanden, weil stets jene Partei, die sich auf eine eingetretene Fristhemmung beruft, insoweit die Behauptungs‑ und Beweislast trägt und selbst zu entscheiden hat, welche Tatsachen sie in diesem Zusammenhang vorbringen will. Aus diesem Grund kann dem Rekursgericht auch weder eine unbegründete „Missachtung sämtlicher Beweisanbote“ noch eine unzutreffende Billigung einer vorgreifenden Beweiswürdigung des Erstgerichts vorgeworfen werden.
In der Judikatur ist anerkannt, dass auch die Präklusivfrist des § 95 EheG durch außergerichtliche Vergleichsgespräche insoweit gehemmt werden kann, als die Frist nicht abläuft, wenn der Aufteilungsantrag nach Beendigung der Vergleichsverhandlungen ohne unnötigen Aufschub eingebracht wird (RIS‑Justiz RS0020748 [T7, T9, T10]). Ob bzw bis zu welchem Zeitpunkt solche ablaufshemmenden Vergleichsgespräche stattgefunden haben, ist stets von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängig, sodass in diesem Zusammenhang regelmäßig eine im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG erhebliche Rechtsfrage nicht zu beantworten ist.
3. Auch im vorliegenden Fall ist dem Rekursgericht keine erhebliche Fehlbeurteilung unterlaufen, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit korrigiert werden müsste. Nach dem Antragsvorbringen habe die Rechtsvertreterin des Antragsgegners dem Rechtsvertreter der Antragstellerin ‑ zu einem nicht näher genannten Zeitpunkt - zugesagt, mit ihrem Mandanten noch einmal eine vergleichsweise Lösung zu erörtern und bis Ende des Sommers 2012 einen weiteren Vorschlag zu unterbreiten, der jedoch nicht gekommen sei. Über Veranlassung ihres Rechtsvertreters sei es (erst) am 22. 11. 2012 zu einem Telefonat gekommen, in dem noch einmal Vergleichsbereitschaft signalisiert worden sei; nachdem die Vertreterin des Antragsgegners am 28. 11. 2012 (erstmals) mitgeteilt habe, dass der Antragsgegner die Führung außergerichtlicher Vergleichsgespräche ablehne, habe sie den Eindruck gewonnen, er sei an ernsthaften Vergleichsgesprächen gar nicht interessiert gewesen und habe ihr eine Bereitschaft dazu nur vorgespielt.
Berücksichtigt man, dass die Jahresfrist des § 95 EheG ausgehend von der Rechtskraft des Scheidungsurteils am 13. 10. 2012 geendet hat, kann die Beurteilung des Rekursgerichts, die Antragstellerin wäre gehalten gewesen, bis zu diesem Termin den Aufteilungsantrag bei Gericht zu erheben, weil sie schon lange davor eine ernsthafte Vergleichsbereitschaft des Antragsgegners nicht mehr habe annehmen können, nicht als erhebliche Fehlbeurteilung qualifiziert werden. Sollte sich die Antragstellerin (bzw ihr Rechtsvertreter) in erster Linie deshalb Zeit mit der Antragstellung gelassen haben, weil sie zu Unrecht der Ansicht war, die Frist würde erst Ende Jänner 2013 enden, könnte dies schon gar nicht zu ihren Gunsten ausschlagen.
Wie das Rekursgericht zutreffend dargelegt hat, sind Vergleichsverhandlungen dann als abgebrochen anzusehen, wenn bei objektiver Beurteilung des Verhaltens des Gegners zu erkennen ist, dass weitere Versuche aussichtslos sind; die Verhandlungen enden, wenn (nach Treu und Glauben) der nächste Schritt zu erwarten wäre, aber unterbleibt (vgl nur 3 Ob 223/06z = RIS‑Justiz RS0034501 [T7]). Im vorliegenden Fall hat der Rechtsvertreter der Antragstellerin nach ihrem (erstinstanzlichen) Vorbringen die Vertreterin der Gegenseite dazu aufgefordert, bis Ende des Sommers 2012 einen (weiteren) Vergleichsvorschlag zu unterbreiten, der jedoch nicht gekommen sei. Wenn er sich in der Folge ‑ trotz des zu erwartenden Ablaufs der Frist des § 95 EheG am 13. 10. 2012 ‑ sogar über diesen Zeitpunkt hinaus passiv verhalten und erst am 22. 11. 2012 die Initiative zu einer Nachfrage übernommen hat, kann mit gutem Grund vertreten werden, dass allfällige Vergleichsverhandlungen bereits geraume Zeit vorher beendet waren, hat doch der Antragsgegner bereits durch das Unterlassen einer bis Ende des Sommers 2012 zugesagten Stellungnahme zu erkennen gegeben, dass er sich an (allenfalls weiteren) Vergleichsgesprächen nicht beteiligen will.
Waren allfällige Vergleichsgespräche aber schon beendet und der Aufteilungsanspruch Mitte Oktober 2012 mangels gerichtlicher Antragstellung erloschen, ist es ‑ entgegen der Auffassung der Revisionsrekurs-werberin ‑ auch nicht von Bedeutung, dass die Rechtsvertreterin des Antragsgegners allenfalls am 22. 11. 2012 noch grundsätzliche Vergleichsbereitschaft signalisiert habe. Der Versuch der Revisionsrekurswerberin durch das Vorbringen weiterer Sachverhaltsdetails im Rechtsmittelverfahren ihr langes Zuwarten nachträglich zu erklären, muss schon wegen der sehr beschränkten Neuerungszulässigkeit (§ 49 Abs 2 AußStrG) unbeachtlich bleiben.
4. Auch aus dem von der Revisionsrekurswerberin erwähnten Schreiben vom 6. 9. 2012, das sie mit ihrem Aufteilungsantrag vorgelegt hatte, geht nur hervor, dass sie um einen (ernst zu nehmenden) Aufteilungsvorschlag ersuchte, der allerdings nie erstattet wurde. Gab es demnach einen „ernst zu nehmenden“, also als Basis für eine Einigung in Erwägung zu ziehenden, Vergleichsvorschlag bis zu diesem Zeitpunkt nicht, ist nicht zu sehen, inwieweit überhaupt Vergleichsverhandlungen geführt worden sein sollten, die notwendigerweise die erkennbare Verhandlungsbereitschaft beider Seiten voraussetzen.
Hat nun die Antragstellerin im Verfahren erster Instanz kein Vorbringen dazu erstattet, wann der Antragsgegner (letztmalig) eine Erklärung abgegeben hat, aus der seine (ernsthafte) Vergleichsbereitschaft abgeleitet werden könnte, ist auch ihre Berufung darauf fraglich, sie habe frühestens Ende des Sommers 2012 sein mangelndes Interesse an ernsthaften Verhandlungen erkennen müssen und dann ihren Aufteilungsantrag noch in der „von der Rechtsprechung tolerierten Frist“ eingebracht. Wie die Revisionsrekurswerberin im Übrigen selbst vorbringt, habe sie (tatsächlich) erst am 28. 11. 2012 erkannt, dass eine außergerichtliche Erledigung ausscheidet. Wenn sie unter diesen Umständen bereits am 4. 12. 2012 den Aufteilungsantrag einbrachte, ist nicht zu erkennen, warum es ihr nicht möglich gewesen sein sollte, die Antragstellung bis zum 13. 10. 2011 vorzunehmen, wenn man davon ausginge, dass das Scheitern von Vergleichsbemühungen (spätestens) Ende des Sommers 2012 objektiv erkennbar war.
5. Unverständlich sind die Ausführungen der Revisionsrekurswerberin zu ihrem Antrag gemäß Art XLII EGZPO, der vollkommen losgelöst von einer vermeintlichen Verfristung des Aufteilungsantrags zu beurteilen gewesen wäre. Ihre Argumentation, das Verfahren sei bereits mangels Entscheidung über diesen Antrag ergänzungsbedürftig und daher die angefochtene Entscheidung aufzuheben, übersieht offenbar, dass lediglich die Entscheidung über den Aufteilungsantrag Gegenstand dieses Rechtsmittelverfahrens ist ‑ die vermeintliche (formelle) Unvollständigkeit der Entscheidung wurde im Rekurs auch gar nicht releviert ‑ und es bei einer Abweisung wegen Verfristung ohne Bedeutung ist, ob über einen anderen gleichzeitig gestellten ‑ davon „völlig losgelösten“ ‑ Antrag abgesprochen wurde oder nicht. Im Übrigen wurde bereits ausgesprochen, dass ein Manifestationsbegehren im Sinne des Art XLII EGZPO grundsätzlich auf dem streitigen Klageweg zu erheben ist (5 Ob 30/01z = SZ 74/164 mit Literaturnachweisen). Die Frage einer analogen Anwendung im Aufteilungsverfahren (vgl dazu 8 Ob 255/99d = SZ 73/45) stellt sich nicht, wenn der Aufteilungsantrag ohnehin schon dem Grunde nach abzuweisen ist.
Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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