OGH 1Ob2221/96s

OGH1Ob2221/96s26.7.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Adelheid S*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Rumpl, Rechtsanwalt in Mödling, wider die beklagte Partei Emilie A*****, vertreten durch Dr.Michael Stögerer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ungültigkeit eines Testaments (Streitwert S 132.757,65) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgerichts vom 8.Mai 1996, GZ 16 R 71/96-61, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Für die Beurteilung, ob die als schriftliches Testament formungültige letztwillige Verfügung des Erblassers als mündliches Testament aufrechterhalten werden kann, sind vor allem folgende Feststellungen wesentlich:

Am Nachmittag des 17.November 1991 erklärte der Erblasser in Anwesenheit der Beklagten vor Friedrich und Lucia W***** sowie Robert und Stefanie P***** sinngemäß, „jetzt, wo sie alle beieinander seien, mache er das Testament“. Danach übergab der Erblasser seine von der Beklagten geschriebene letztwillige Verfügung Robert P***** „zum durchlesen und unterschreiben“. Dieser war sich seiner Stellung als Testamentszeuge bewußt. Er las „das Schriftstück auch durch“ und unterschrieb es am „linken Rand des Papiers“ (Ersturteil S. 6 f). Es wird nicht festgestellt, daß der Erblasser oder Stefanie P***** gewollt hätten, daß diese Testamentszeugin sein soll. Friedrich W***** wußte bei seiner Vernehmung im Erbrechtsprozeß am 5.Mai 1994 nicht, „was in der von der Beklagten niedergeschriebenen letztwilligen Verfügung“ des Erblassers „drinnen steht“, weil er, als der Erblasser diese Anordnung am 17.November 1991 noch in Abwesenheit des Robert und der Stefanie P***** vorgelesen hatte (Ersturteil S. 5 f), deren Inhalt - mangels Interesses - gar nicht registrierte (auffaßte). Friedrich W***** wußte nicht einmal, ob nur der Erblasser oder etwa auch die Beklagte selbst letztwillig verfügt hatte (Ersturteil S. 10 f).

Rechtliche Beurteilung

Es ist also davon auszugehen, daß der Erblasser, als Robert und Stefanie P***** sowie Friedrich und Lucia W***** gleichzeitig anwesend waren, seine letztwillige Anordnung nicht mündlich erklärte, Friedrich W***** über den Inhalt des vorher von der Beklagten geschriebenen, schließlich auch vom Erblasser unterfertigten Aufsatzes nicht Bescheid wußte und Stefanie P***** nicht Testamentszeugin sein sollte. Allein deshalb fehlt es bereits an einem formgültigen mündlichen Testament. Von den als Zeugen in Frage kommenden vier Personen sollte eine (Stefanie P*****) nicht Testamentszeugin sein, eine andere (Friedrich W*****) wollte gar nicht wissen, wie der Erblasser verfügte, und hatte daher auch keine Kenntnis des Inhalts der vorher unterschriebenen schriftlichen Anordnung. Ein mündliches Testament ist aber nur dann formgerecht, wenn die Aussagen der drei erforderlichen fähigen Zeugen in den wesentlichen Punkten übereinstimmen (Welser in Rummel, ABGB2 Rz 6 zu §§ 584 bis 586 mN aus der Rsp). Hier bleiben aber nur zwei Zeugen übrig, die den Inhalt der letztwilligen Anordnung des Erblassers als Testamentszeugen darlegen konnten. Anders als beim fremdhändigen schriftlichen Testament gemäß § 579 ABGB müssen also die Zeugen als Voraussetzung der Gültigkeit eines mündlichen Testaments seinen wesentlichen Inhalt kennen. Würde man die Aussage Friedrich W***** dafür genügen lassen, um ein formungültiges schriftliches Testament als mündliches aufrecht zu erhalten, wäre das nur aufgrund einer unzulässigen Vermengung der Formerfordernisse der einen und der anderen Testamentsart möglich. Für die Frage der Testamentsgültigkeit bedarf es daher gar keiner weiteren Erörterung mehr, daß der Erblasser den Inhalt des über seinen letzten Willen verfaßten schriftlichen Aufsatzes nicht mündlich vorgetragen hatte, als auch Robert und Stefanie P***** anwesend waren. Auch die eidliche Bekräftigung des mündlichen Testamentsinhalts ist als Formbestandteil eine Wirksamkeitsvoraussetzung (Welser in Rummel aaO Rz 8 zu §§ 584 bis 586 mN aus der Rsp). Diese erfolgte aber erst im Erbrechtsprozeß. Die Revisionswerberin vertritt daher schon deshalb unzutreffend den Standpunkt, es genüge, daß der Zeuge Friedrich W***** den Inhalt der letztwilligen Verfügung im Verlassenschaftsverfahren ausdrücklich wiedergegeben habe.

Soweit die Revisionswerberin ausführt, sie habe im Berufungsverfahren - mangels Beschwer - nicht die Feststellung bekämpfen können, daß Stefanie P***** nicht Testamentszeugin sein sollte, ist ihr nicht zu folgen. Sie hätte nämlich in der Berufungsbeantwortung eine Beweisrüge gegen diese für ihren Prozeßstandpunkt nachteilige Feststellung ausführen können. Wenn es aber die im Verfahren erster Instanz siegreiche Partei - wie hier - unterläßt, für ihren Prozeßstandpunkt nachteilige Feststellungen im Berufungsverfahren konkret zu bekämpfen, kann das in einer außerordentlichen Revision nicht mehr nachgeholt werden (JBl 1986, 121; EvBl 1985/113; Kodek in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 5 zu § 469).

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