Normen
ABGB §383 Abs1
ABGB §1295 Abs1
JN §1 Abs1
Wasserrechtsgesetz §111 Abs1
Wasserrechtsgesetz §117
ABGB §383 Abs1
ABGB §1295 Abs1
JN §1 Abs1
Wasserrechtsgesetz §111 Abs1
Wasserrechtsgesetz §117
Spruch:
Schadenersatzansprüche des Fischereiberechtigten, die auf schuldhaftes Verhalten des beklagten Wasserberechtigten gestützt werden, sind auch dann, wenn im Bewilligungsverfahren vor der Wasserrechtsbehörde über die Bezahlung eines Entschädigungsbetrages ein beurkundetes Übereinkommen getroffen wurde, stets im Rechtswege geltend zu machen
OGH 15. Dezember 1978, 1 Ob 21/78 (OLG Linz 3 R 52/78; LG Linz 7 Cg 135/76)
Text
Der Kläger ist Besitzer und Fischereiberechtigter eines Reviers im Kremsfluß. Mit rechtskräftigem Beschluß der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 20. Juli 1963 wurde die vom Amt der oö. Landesregierung, Staatliche Bauleitung für die Kremsregulierung, namens der beklagten Gemeinden beantragte Regulierung des Kremsflusses in ihren Gemeindegebieten auf einer Länge von rund 3600 m bewilligt. Bei der Bewilligung wurde die Auflage erteilt, daß das neue H-Wehr gemäß dem Übereinkommen zwischen den Wasserberechtigten für das H-Wehr, der T-Handelsanstalt und den beklagten Gemeinden in Kilometer 9.4 der Regulierungstrasse zu errichten ist. Die beklagten Gemeinden waren hinsichtlich dieser Regulierungsarbeiten mit einem Interessentenbeitrag von 20% der Gesamtkosten beteiligt, wobei dieser Interessentenbeitrag vor allem zur Abdeckung der den Eigentümern der Liegenschaften entstehenden Schäden dienen sollte.
Im Punkt VI des genannten Bescheides wurde die Leistung einer angemessenen Entschädigung für die durch die Regulierung des Kremsflusses infolge Verkürzung der Gewässerstrecke und Wertverminderung der regulierten Kremsstrecke geschädigten Fischereiberechtigten festgehalten.
Mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 15. Feber 1966 wurde folgendes zwischen Heinrich K, dem Großvater des Klägers, und den drei beklagten Gemeinden als sogenannten Regulierungsunternehmen geschlossene Übereinkommen beurkundet:
Die im Gutachten des Fischereisachverständigen Dr. Heinz B vom 17. November 1965 festgestellten Schädigungen der Fischerei durch die Regulierungsmaßnahmen und die sich daraus ergebenden Schadenshöhe bzw. errechneten Entschädigungsbeträge werden anerkannt.
Diese betragen für den Fischereiberechtigten Heinrich K S 118 800,zuzüglich der Kosten für die notwendige elektrische Abfischung in der vereinbarten Höhe von S 6200,-. Der zu leistende Entschädigungsbetrag beträgt demnach S 125 000,-.
Mit der Bezahlung des obigen Entschädigungsbetrages von insgesamt S 125 000,- an Heinrich K sind sämtliche Ansprüche desselben gegen das Regulierungsunternehmen aus dem Titel der Schädigung der Fischerei durch die Regulierungsmaßnahmen abgegolten.
Im Zuge des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens wurde zwischen beklagten Gemeinden und der T-Handelsanstalt V als Inhaberin eines Wasserrechtes betreffend die Wasserkraftanlage der H-Mühle ein Übereinkommen getroffen, in welchem die Bedingungen der Verlegung des Wehrs zu dieser Anlage näher geregelt wurden.
Am 29. August 1973 fanden die Stauarbeiten zum Aufstau des neuen H-Wehrs statt, welches damit in Betrieb genommen werden sollte.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger (Rechtsnachfolger nach seinem Großvater Heinrich K) den Zuspruch eines Betrages von 40 000 S samt Anhang mit der Begründung, anläßlich dieser am 29. August 1973 vorgenommenen Stauarbeiten, welche schuldhaft unsachgemäß durchgeführt worden seien, seien Fische in seinem Fischwasser umgekommen. Hiedurch sei ihm ein Gesamtschaden in der Höhe des Klagsbetrages entstanden.
Die beklagten Parteien wendeten Unzulässigkeit des Rechtsweges mit der Begründung ein, die Geltendmachung derartiger Schäden, wie sie nunmehr der Kläger behaupte, falle in die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde. Das Klagebegehren sei aber auch materiell nicht begrundet, weil mit dem Übereinkommen vom 15. Feber 1966 alle in der Vergangenheit und Zukunft liegenden Schäden der Fischereiberechtigten ein für allemal abgegolten worden seien. Darüber hinaus seien die Endstauarbeiten durch Techniker der Firma W durchgeführt worden. Da zwischen den Streitteilen keine vertraglichen Beziehungen bestunden, komme eine Haftung für allfällige von diesem Unternehmen verschuldete Schäden gemäß § 1313a ABGB nicht in Betracht. Auch die Voraussetzungen für eine Haftung nach § 1315 ABGB lägen nicht vor. Der Schaden werde auch der Höhe nach bestritten.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Das Berufungsgericht hob aus Anlaß der Berufung der beklagten Parteien das angefochtene Urteil und das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Es führte aus, gegenständlich sei von Bedeutung die unbekämpfte Feststellung des Erstgerichtes, derzufolge zwischen den Beklagten als Inhaber einer Wasserbenutzungsbewilligung zur Regulierung des Kremsflusses einerseits und dem Rechtsvorgänger des Klägers als Fischereiberechtigten andererseits am 1. Feber 1966 ein Übereinkommen dahin geschlossen wurde, daß dem Fischereiberechtigten eine Entschädigung von 125 000 S zu leisten sei und daß mit der Bezahlung dieses Betrages sämtliche Ansprüche des Fischereiberechtigten gegen das Regulierungsunternehmen aus dem Titel der Schädigung der Fischerei durch die Regulierungsmaßnahmen abgegolten seien, welches Übereinkommen im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 15. Feber 1966 beurkundet wurde. Dieses Übereinkominen betreffe die Leistung einer Entschädigung im Sinne des 15 Abs. 1 WRG; es ersetze die im § 117 WRG angeordnete Festsetzung der Entschädigung durch die Wasserrechtsbehörde. Die beklagten Parteien legen in dieses Übereinkommens dahin aus, daß mit der Leistung der Entschädigungssumme von 125 000 S alle vergangenen und zukünftigen Schäden abgegolten sein sollten. Die gegenständlichen Stauarbeiten, die zur Schädigung des Klägers führten, seien zweifellos ein Teil der Regulierungsarbeiten, zu denen eben auch die Verlegung des H-Wehrs gehört. Fraglich erscheine sicherlich, ob die Vertragspartner und die Wasserrechtsbehörde bei Vereinbarung der Entschädigung mit einem Schadenseintritt bei Verlegung des Wehrs, die Stauarbeiten notwendig machten und damit jedenfalls eine Gefährdung des Fischbestandes befürchten ließen, rechneten. Die von den Beklagten behauptete Auslegung der Vereinbarung, wonach der Fischereiberechtigte auf jeden künftigen Schaden verzichtete, worunter unter Umständen auch ein Schaden durch unsachgemäßes Handeln im Zuge der Verlegung des Wehrs verstanden werden könnte, sei jedenfalls denkmöglich. Es erscheine daher die Auslegung des Vertrages unter Berücksichtigung der im § 914 ABGB angeführten Grundsätze und bei Bedachtnahme auf die Interessen beider Teile erforderlich. Zufolge § 111 Abs. 3 WRG sei aber für die Auslegung und die Rechtswirkungen eines Übereinkommens, welches Rechtsverhältnisse zum Gegenstand habe, zu deren Entscheidung in Ermangelung des Übereinkommens die Wasserrechtsbehörde zu entscheiden habe, nicht das Gericht, sondern die Wasserrechtsbehörde zuständig. Ohne das vorliegende Übereinkommen wäre nämlich zufolge § 117 in Verbindung mit § 26 Abs. 2 WRG die Wasserrechtsbehörde berufen, über die einem Fischereiberechtigten zustehenden vorhersehbaren Ersatzansprüche zu entscheiden. Es habe daher die Wasserrechtsbehörde das vorliegende Übereinkommen auszulegen und hieraus entstehende Streitigkeiten zu entscheiden, insbesondere auch in der Richtung, welche Schäden nun mit dem vereinbarten Entschädigungsbetrag abgegolten werden sollten. Es könnte erst dann, wenn durch die Wasserrechtsbehörde klargestellt sei, daß der vorliegende Schadensfall von der Generalklausel des Übereinkommens nicht umfaßt werde, beurteilt werden, ob der dem Kläger entstandene Schaden nach § 26 Abs. 1 oder § 26 Abs. 2 WRG zu behandeln und damit im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen sei. Da bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsweges nicht allein der Wortlaut des Klagebegehrens und der Klagssachverhalt maßgebend sei, sondern es entscheidend auf das Wesen des geltend gemachten Anspruches ankomme, sei der Rechtsweg für den geltend gemachten Anspruch unzulässig.
Über Rekurs des Klägers hob der Oberste Gerichtshof den Beschluß des Berufungsgerichtes auf und trug diesem die neuerliche Entscheidung über die Berufung der beklagten Parteien auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Für die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges sind nach ständiger Rechtsprechung ausschließlich die Klagsbehauptungen maßgeblich (SZ 19/199; SZ 23/81; SZ 36/79; SZ 44/65 und 165; 1 OB 722/77). Entscheidend ist die Natur des geltend gemachten Anspruches, wie sie sich aus dem Klagebegehren und dem vorgetragenen anspruchsbegrundenden Sachverhalt ergibt (vgl. SZ 44/40 und 165; SZ 45/177 und 139 u. a.).
Im vorliegenden Fall begehrte der Kläger Schadenersatz mit der Begründung, er sei in seinen Fischereirechten im Zuge der von den beklagten Parteien vorgenommenen Regulierung des Kremsflusses durch schuldhaft unsachgemäß vorgenommene Stauarbeiten geschädigt worden; die Stauarbeiten hätten eine zu starke Verringerung des Wasserspiegels des Kremsflusses bewirkt, wodurch zahlreiche Fische verendet seien. Der Kläger berief sich weiters darauf, daß durch das im Bescheid vom 15. Feber 1966 der Wasserrechtsbehörde beurkundete Übereinkommen, womit ein Entschädigungsbetrag festgesetzt wurde, die hier in Rede stehenden Schäden mit deren Eintritt nicht habe gerechnet werden können, nicht abgegolten worden seien.
Nun ging das Berufungsgericht zutreffend davon aus, daß gemäß § 111 Abs. 3 WRG über die Auslegung und Rechtswirkungen eines im Zuge eines wasserrechtlichen Verfahrens getroffenen und von der Wasserrechtsbehörde beurkundeten Übereinkommens im Streitfall die Wasserrechtsbehörde zu entscheiden hat, freilich nur dann, sofern den Gegenstand des Übereinkommens Rechtsverhältnisse bilden, zu deren Regelung im Entscheidungswege die Wasserrechtsbehörde in Ermangelung eines Übereinkommens zuständig gewesen wäre. Es trifft auch zu, daß die Wasserrechtsbehörde gemäß § 117 WRG über Entschädigungsansprüche, d. h. über die Abgeltung jener vermögensrechtlichen Nachteile zu entscheiden hat, die nach fachmännischer Voraussicht durch eine beabsichtigte Wassernutzung an einem wasserrechtlich geschützten Recht in Zukunft eintreten werden oder für die das Wasserrechtsgesetz ausdrücklich einen Entschädigungstitel einräumt (Grabmayr - Roßmann, das Österreichische Wasserrecht[2], 121). Im besonderen ordnet § 15 Abs. 1 WRG die Festsetzung von Entschädigungsleistungen zu Gunsten von Fischereiberechtigten an, wenn ihren im Wasserrechtsverfahren erhobenen Einwendungen der im Gesetz näher bezeichneten Art nicht Rechnung getragen wird. Aus § 26 Abs. 1 WRG ergibt sich aber andererseits, daß die Grundlage für den Ersatz von Schäden, die durch schuldhaftes Verhalten verursacht wurden, nicht das Wasserrechtsgesetz, sondern des ABGB darstellt. Daraus leiten Grabmayr - Rossmann a. a. O., 558 mit Recht ab, daß die Wasserrechtsbehörde nicht zuständig ist, derartige Ersätze nach § 117 WRG vorzuschreiben. Nach den Behauptungen des Klägers, von denen bei der Prüfung der Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges auszugehen ist, handelt es sich aber bei den eingetretenen Schäden um solche, die durch ein schuldhaftes, der beklagten Partei zuzurechnendes Verhalten, nämlich einen unsachgemäß vorgenommenen Stauvorgang zurückzuführen sind. Zur Entscheidung über derartige Ansprüche wäre die Wasserrechtsbehörde aber in Ermangelung eines Übereinkommens nicht berufen gewesen, so daß ihr auch nicht die Beurteilung der Frage vorbehalten bleibt, ob diese Schäden mit dem getroffenen Übereinkommen abgegolten wurden. Die Entscheidung EvBl. 1978/54 steht der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen. Dort handelte es sich um Schäden, die einem Fischereiberechtigten daraus entstanden sind, daß beim Betrieb eines Elektrizitätswerkes zuweilen die gesamte Wassermenge eines Baches in Anspruch genommen werden mußte, was elektrische Abfischungen des Fischereiberechtigten notwendig machte. Dem vorgetragenen Sachverhalt war nicht zu entnehmen, daß die Inanspruchnahme das Bachwassers rechtswidrig und schuldhaft erfolgte. Damals war daher die Wasserrechtsbehörde berufen zu beurteilen, ob mit dem gemäß § 111 Abs. 3 WRG getroffenem Übereinkommen auch derartige Schäden abgegolten werden sollten. Der vorliegende Fall ist aber - wie dargestellt - anders gelagert.
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