OGH 1Ob2133/96z

OGH1Ob2133/96z25.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Walter G***** und 2. Helga G*****, vertreten durch Dr.Otmar Simma, Dr.Alfons Simma unnd Dr.Ekkehard Bechtold, Rechtsanwälte in Dornbirn, wider die beklagten Parteien 1. H.***** Gesellschaft mbH, und 2. H.H***** Gesellschaft mbH & Co KG, ***** wegen 115.278,66 S sA infolge Revisionsrekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgerichts vom 26.April 1996, GZ 3 R 88/96-5, womit der Beschluß des Landesgerichts Feldkirch vom 14.März 1996, GZ 8 Cg 59/96-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Kläger sind je zur Hälfte Miteigentümer einer Liegenschaft im Gerichtsbezirk Bregenz. Daran räumten sie der zweitbeklagten Partei ein bis 31.März 2004 befristetes Baurecht ein, wofür eine besondere Grundbuchseinlage eröffnet wurde, in der die zweitbeklagte Partei als Baurechtsberechtigte und die Reallast des Bauzinses von jährlich 1,303.200 S zugunsten der Kläger eingetragen sind.

Die Kläger begehren, die beklagten Parteien - die erstbeklagte Partei ist persönlich haftende Gesellschafterin der zweitbeklagten Partei - zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, ihnen den nach den Klagebehauptungen für Februar 1996 rückständigen Bauzins von 115.278,66 S sA zu bezahlen. Sie beantragten im übrigen „die grundbücherliche Anmerkung dieser Klage ob der in EZl ... einverleibten Reallast des Bauzinses“.

Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung ab, eine Streitanmerkung sei weder im Grundbuchsgesetz noch im Baurechtsgesetz oder in der dazu erlassenen Durchführungsverordnung vorgesehen. Es komme auch keine analoge Anwendung der §§ 60 ff GBG in Betracht.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, eine grundbücherliche Anmerkung der Bauzinsklage scheitere daran, daß weder das Grundbuchsgesetz noch das Baurechtsgesetz eine solche Maßnahme vorsehe. Eine Klageanmerkung setze nämlich eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage voraus. Eine solche müsse auch die Rechtswirkungen einer Streitanmerkung festlegen. Eine analoge Anwendung des § 61 GBG über Löschungsklagen und Streitanmerkungen komme nicht in Betracht, „weil weder das Baurecht noch dessen Einverleibung und auch die erwähnte Reallast (zu erg: des Bauzinses) nicht streitverfangen“ seien. Vergleiche man eine Hypothekarklage mit der hier vorliegenden Bauzinsklage, läge, soweit letztere gegen die zweitbeklagte Partei als Bauberechtigte gerichtet sei, eine analoge Anwendung des § 60 GBG nahe. Die in den Entscheidungen SZ 16/188 und RZ 1936, 96 dargestellten Grundsätze sprächen jedoch gegen einen Analogieschluß. Soweit sich die Klage gegen die erstbeklagte Partei richte, komme eine analoge Anwendung des § 60 GBG jedenfalls nicht in Betracht, weil jene nicht die Rechtstellung einer Baurechtsberechtigten habe.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Über einen Antrag auf Streitanmerkung ist, auch wenn er beim Prozeßgericht gestellt wird, im Grundbuchsverfahren nach den Vorschriften des Grundbuchsgesetzes zu entscheiden (NZ 1995, 31; EvBl 1993/87; EvBl 1971/43 ua). Gemäß § 126 Abs 1 GBG gilt für die Entscheidung des Rekursgerichts § 13 AußStrG. Der Beschluß des Rekursgerichts kann gemäß § 126 Abs 2 GBG nach Maßgabe der §§ 14 und 15 AußStrG angefochten werden. Eine Bewertung des Entscheidungsgegenstands gemäß § 13 Abs 1 Z 1 AußStrG war hier nicht erforderlich, weil sich das Klagebegehren auf einen 50.000 S übersteigenden Geldbetrag bezieht. Gemäß § 14 Abs 2 AußStrG ist, anders als im streitigen Verfahren, die Anfechtung einer den Beschluß des Erstgerichts bestätigenden Rekursentscheidung - wie hier - nicht jedenfalls unzulässig. Die Zulässigkeit des Revisionsrekurses richtet sich also nach den in § 14 Abs 1 AußStrG geregelten Kriterien. Danach hat aber zuletzt das Gericht den Revisionsrekurs zu Recht zugelassen, weil es an einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Möglichkeit der Streitanmerkung einer Bauzinsklage fehlt.

Das Rekursgericht legte zutreffend dar, daß eine Anmerkung der gegen die erstbeklagte Partei als persönlich haftende Gesellschafterin der baurechtsberechtigten zweitbeklagten Partei jedenfalls deshalb ausscheide, weil sich die Reallast des Bauzinses nicht auf die erstbeklagte Partei bezieht. Zwischen einer Kommanditgesellschaft und deren Gesellschaftern besteht nämlich keine Parteiidentität (1 Ob 509/96; WBl 1993, 92 u.a.; Koppensteiner in Straube, HGB I2 Rz 12 zu § 161). Da die Bauzinsklage demnach kein gegen die erstbeklagte Partei bestehendes bücherliches Recht zum Gegenstand hat, erübrigen sich Erörterungen, ob die §§ 60 f GBG als analogiefähige Grundlage für deren Streitanmerkung in Betracht kämen. Die Kläger versuchen in Ansehung der erstbeklagten Partei auch gar nicht erst, Gegenteiliges zu begründen.

Gemäß § 61 Abs 1 GBG setzt eine Streitanmerkung voraus, daß der Kläger behauptet, durch eine Einverleibung in einem dinglichen oder einem solchen kraft besonderer Bestimmungen gleichzuhaltenden Recht verletzt worden zu sein (EvBl 1990/105; NZ 1990/100; SZ 58/71; EvBl 1977/27; SZ 44/38). Hier geht es aber, wie das Gericht zweiter Instanz ebenso richtig erkannte, gar nicht um die Rechtmäßigkeit der bücherlichen Einverleibung des Baurechts oder der Reallast des Bauzinses, Verfahrensgegenstand ist vielmehr nach den Klagebehauptungen nur die Geltendmachung einer unbezahlt gebliebenen Bauzinsrate. In den gesetzlichen Bestimmungen über Löschungsklagen und Streitanmerkungen findet sich daher jedenfalls keine analogiefähige Grundlage für den Standpunkt der Kläger. Deren Rechtsmittelausführungen beziehen sich im einzelnen auch nur auf eine analoge Anwendbarkeit des § 60 GBG. Auch diese gesetzliche Bestimmung trägt aber letztlich nicht das von den Klägern im Prozeßrechtsverhältnis zur zweitbeklagten Partei angestrebte Ergebnis:

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß Klageanmerkungen nur zulässig sind, soweit sie das Grundbuchsgesetz oder ein anderes Gesetz, das auch deren Rechtswirkungen festlegt, vorsieht (NZ 1995, 31; NZ 1990, 100; SZ 16/188; RZ 1936, 96). Das schließt zwar einen Analogieschluß nicht aus, schränkt einen solchen jedoch auf Klagen ein, deren Anspruchsgrund und Wirkung einem Klagetypus entsprechen, der einer Streitanmerkung zugänglich ist (NZ 1995, 31). Voraussetzung jeder Analogiebildung ist aber jedenfalls eine planwidrige Unvollständigkeit der Rechtsordnung, die die Ursache für eine nicht gewollte Gesetzeslücke bildet. Das bloß rechtspolitisch Erwünschte vermag dagegen der ergänzenden Rechtsfindung durch Analogiebildung nicht als ausreichende Grundlage zu dienen (Bydlinski in Rummel, ABGB2 Rz 2 zu § 7 mwN).

Das Baurechtsgesetz vom 26.April 1912 BGBl 86 erfuhr seither zwei Novellen, nämlich durch das Bundesgesetz über die Neuordnung des Kindschaftsrechts vom 30.Juni 1977 BGBl 403 und die Baurechtsgesetznovelle 1990 BGBl 258. § 5 BauRG blieb durch die Novellierungen unberührt. Soweit die Rechtsmittelwerber auf ihre Rekursausführungen verweisen, stützen sich diese offenbar auf Hofmeister (Die Baurechtsnovelle 1990 - erste Schritte in die richtige Richtung, ecolex 1990, 534 [537]), der unter der Überschrift „Regelungsdefizite“ von der Notwendigkeit spricht, „die zentralen Rechte und Pflichten der Parteien des Baurechtsvertrages verbüchern und damit mit Wirkung gegenüber Rechtsnachfolgern ausstatten zu können“. Es handelt sich dabei jedoch nur um rechtspolitische Erwägungen, nicht dagegen um solche, die geeignet wären, eine planwidrige Unvollständigkeit des Baurechtsgesetzes nahezulegen.

Das Baurecht ist als ein in Voraussetzungen und Wirkungen besonders geregeltes dingliches Recht mit dem Eigentumsrecht an Liegenschaften oder Superädifikaten nicht vergleichbar. Auch der Bauzins entbehrt in seiner rechtlichen Konstruktion als Reallast (siehe dazu etwa: Hofmeister, ecolex 1990, 536; Koziol/Welser, Grundriß II10 173) der Rechtsähnlichkeit mit einer hypothekarisch sichergestellten Forderung. So wird jener etwa als eine mit dem Baurecht untrennbar verbundene Reallast angesehen (Hofmeister, ecolex 1990, 536). Das Baurecht ist vom Ersteher im Zwangsversteigerungsverfahren über die Liegenschaft auch immer ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen (Hofmeister, ecolex 1990, 536; Angst/Jakusch/Pimmer, EO13 Anm 2 zu § 150). Die mit dem Baurecht untrennbar verbundene Reallast des Bauzinses genießt im übrigen gemäß § 5 Abs 2 BauRG den besten Rang, weil Pfand- und andere Belastungsrechte, die auf Geldzahlung gerichtet sind oder dem Zweck des Baurechts entgegenstehen, diesem im Rang nicht vorgehen dürfen. Das Baurecht kann gemäß § 4 Abs 1 BauRG im übrigen nicht durch eine auflösende Bedingung beschränkt werden. Dessen Erlöschen wegen Verzugs in der Berichtigung des Bauzinses ist gemäß § 4 Abs 2 BauRG nur für den Fall vereinbar, daß der Bauzins für wenigstens zwei aufeinanderfolgende Jahre rückständig bleibt. Bereits diese Beispiele lassen erhebliche rechtliche Unterschiede zwischen der Reallast des Bauzinses und dem an einer Liegenschaft bestehenden Pfandrecht für irgendeine dadurch gesicherte Forderung erkennen, sodaß auch § 60 GBG keine der Rechtsanssicht der Kläger entsprechende analogiefähige Grundlage böte, wäre von einer echten Lücke im Baurechtsgesetz auszugehen. Eine solche liegt aber gar nicht vor. Das Problem der grundbücherlichen Anmerkung der Bauzinsklage war in der gesamten Reformdiskussion vor der Baurechtsgesetznovelle 1990 nicht von Bedeutung (Bittner, NZ 1989, 295; Dittrich, NZ 1989, 286; Ehn, NZ 1989, 315; Engelhart, NZ 1989, 302; Hofmeister, NZ 1989, 282; Lehner, NZ 1989, 298). Gleiches gilt für das Schrifttum nach dem Inkrafttreten dieser Novelle (Ertl, NZ 1990, 49; Graff, ecolex 1990, 273; Hoyer, WoBl 1990, 85; Koziol/Welser aaO 105 f, 173 f). Dem Baurechtsgesetzgeber der Jahre 1977 (erste Novelle) und 1990 (zweite Novelle) war das Institut der Streitanmerkung gewiß bekannt, sodaß vor allem auch für die inhaltlich wichtigere Baurechtsgesetznovelle 1990 auszuschließen ist, daß die Regelung des Baurechts in der hier erörterten Frage planwidrig unvollständig geblieben und deshalb eine echte Gesetzeslücke als Voraussetzung für eine ergänzende Rechtsfindung anzunehmen wäre. Es ist daher allein dem Gesetzgeber vorbehalten, für die grundbücherliche Anmerkung einer Bauzinsklage und deren Wirkung eine - derzeit noch nicht vorhandene - Rechtsgrundlage zu schaffen. Die von den Klägern für das Erfordernis einer Streitanmerkung ins Treffen geführten Gründe, „dem Liegenschaftseigentümer einen ausreichenden, drittwirksamen Schutz gegen übermäßige Belastungen bzw. auch spekulative Veräußerungen“, und zwar auch für „ein bevorstehendes Exekutions- bzw. Konkursverfahren“ zu ermöglichen, sind daher lediglich als rechtspolitische Zielvorstellungen anzusehen, die, soweit die dargelegte Konstruktion des Baurechts dem Bauzinsberechtigten nicht ohnehin Rechtsschutz gewährt, nach wie vor der Durchführung durch den Gesetzgeber harren.

Das Rekursgericht bestätigte somit ohne Rechtsirrtum die Abweisung des Antrags auf Klageanmerkung, weshalb dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen ist.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte