European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E123375
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Das eheliche Wohnhaus wurde während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft von der Antragsgegnerin allein angemietet und ist gemäß § 81 Abs 2 EheG Gegenstand der Aufteilung. Auf die Kriterien für eine Einbeziehung der Ehewohnung nach § 82 Abs 2 EheG kommt es entgegen ihrer Ansicht daher nicht an. Ihre Behauptung, dass das Mietverhältnis „ursprünglich von Todes wegen herrührt“, geht nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, wonach sie ab Juli 1992 das im Eigentum eines Dritten stehende Haus anmietete. Weichen aber die Ausführungen zum Revisionsrekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung von den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen ab, können sie insoweit nicht weiter behandelt werden (vgl RIS‑Justiz RS0043312 [T12]). Die Rechtsrüge ist dann nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl RIS‑Justiz RS0043312 [T14]).
2.1. Wird die Ehewohnung nicht aufgrund des Eigentums oder eines anderen dinglichen Rechts benützt (hier: Mietrecht), kann das Gericht ohne Rücksicht auf eine Regelung durch Vertrag oder Satzung anordnen, dass ein Ehegatte anstelle des anderen in das der Benützung der Ehewohnung zugrunde liegende Rechtsverhältnis eintritt oder das bisher gemeinsame Rechtsverhältnis allein fortsetzt (§ 87 Abs 2 EheG). Dabei sind entsprechend dem Gebot der Bedachtnahme auf die Billigkeit auch die Möglichkeiten zu berücksichtigen, die jedem Ehegatten zur Befriedigung seines Wohnbedürfnisses zur Verfügung stehen (RIS‑Justiz RS0057952). Wenn die Beiträge der Ehegatten im Sinn des § 83 EheG gleichgewichtig sind, ist die Ehewohnung demjenigen Ehegatten zu überlassen, der darauf mehr angewiesen ist (RIS‑Justiz RS0057733) bzw demjenigen in dessen Haushalt die Kinder verbleiben (RIS‑Justiz RS0057621), sofern im Übrigen eine billige Aufteilung erfolgen oder ein Ungleichgewicht durch eine Ausgleichszahlung beseitigt werden kann.
2.2. Nach diesen Kriterien liegt keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung der von den Umständen des Einzelfalls abhängigen (vgl RIS‑Justiz RS0057621 [T3]; RS0113732) Frage vor, welchem der Ehegatten das alleinige Mietrecht an der Ehewohnung zustehen solle. Die Beurteilung der Vorinstanzen, die den Eintritt des Antragstellers in das Bestandverhältnis an der Ehewohnung verfügten, weil die im maßgeblichen Zeitpunkt des Beschlusses erster Instanz minderjährige jüngste Tochter im Haushalt des Vaters in einer renovierungsbedürftigen Mietwohnung versorgt wurde und wie er in die Ehewohnung zurückkehren möchte und der Antragsteller als einziger in der Lage ist, sowohl die Kreditrückzahlungen aber auch die laufenden Wohn‑ und Erhaltungskosten zu tragen, ist nicht zu beanstanden. Zwar bezieht die Antragsgegnerin Mindestsicherung und muss sich nunmehr eine andere Wohnmöglichkeit suchen, jedoch ist sie „schuldenfrei“, weil der Antragsteller sämtliche Schulden, die mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen und Lebensaufwand im Zusammenhang standen, allein trägt. Die Leistung einer dem letztgenannten Umstand angemessenen Ausgleichszahlung ist ihr nach den getroffenen Feststellungen nicht möglich; solches behauptet sie auch weiterhin nicht. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalls ist die Übertragung der Mietrechte am Haus an den Antragsteller, bei dem die gemeinsame Tochter wohnt, und der auch sämtliche „eheliche Schulden“ allein trägt, unbedenklich.
3. Bei der Aufteilung sind Schulden, die mit dem ehelichen Gebrauchsvermögen und den ehelichen Ersparnissen in einem inneren Zusammenhang stehen, in Anschlag zu bringen (§ 81 Abs 1 EheG). Weiters ist auf Schulden, die mit dem ehelichen Lebensaufwand zusammenhängen, Bedacht zu nehmen (§ 83 Abs 1 EheG).
Nach den Feststellungen erfolgte die finanzielle Gebarung der Parteien im Wesentlichen einverständlich. Der Antragsteller leistete allein die Rückzahlungen auf die – auch von beiden Parteien – während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft aufgenommenen Kredite. Im Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft veranlasste er eine Umschuldung der offenen Verbindlichkeiten von 61.000 EUR, sodass er nunmehr allein Kreditschuldner ist und die Antragsgegnerin nicht weiter haftet. Für die – weitwendig und mit höchst unangebrachten Vorwürfen gegen die Vorinstanzen vorgetragene – Behauptung der Revisionsrekurswerberin, der Antragsteller hätte ihr gegenüber auf die Berücksichtigung der „ehelichen“ Schulden verzichtet, finden sich nicht die geringsten Anhaltspunkte. Auch sonst liegen keine Umstände vor, aus denen sich ergeben könnte, dass diese Verbindlichkeiten bei der Vermögensaufteilung nicht zu berücksichtigen wären. Die Rechtsansicht des Rekursgerichts, dass die Übertragung des Mietrechts am ehelichen Wohnhaus und des Eigentums an den Einrichtungsgegenständen sowie die Zuweisung weiteren Gebrauchsvermögens an den Antragsteller im Hinblick auf die damit in Verbindung stehenden Schulden, die er allein trägt, nicht unbillig sei, ist nicht korrekturbedürftig.
4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG), zumal sich die Rechtsmittelausführungen über weite Strecken einer sachlichen Behandlung entziehen.
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