Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit S 5.072,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
In einem vor dem Landesgericht Ried im Innkreis zu AZ 9 E Vr 591/94 abgeführten Medienverfahren wurde die hier klagende Partei als Antragsgegnerin mit Urteil vom 24.8.1995 unter anderem schuldig erkannt, dem Antragsteller wegen Verletzung der Bestimmungen der §§ 7b Abs 1 und 6 Abs 1 MedG gemäß § 8 Abs 1 MedG für die erlittene Kränkung einen Entschädigungsbetrag von S 100.000 zu bezahlen. Der von der klagenden Partei gegen diese Entscheidung erhobenen Berufung gab das Oberlandesgericht Linz mit Urteil vom 18.12.1995, AZ 10 Bs 297, 298/95, nicht Folge: Im Medienverfahren seien die Grundsätze der Strafprozeßordnung, und zwar insbesondere die Bestimmungen über das Privatanklageverfahren (dem Sinne nach) anzuwenden. Lediglich für die Verfahrenshilfe seien gemäß § 8a Abs 3 MedG auf die Bestimmungen der ZPO maßgeblich. Die Abtretung des Entschädigungsanspruchs durch den Antragsteller an den von diesem bevollmächtigten Rechtsanwalt habe auf das nach der Strafprozeßordnung zu führende strafgerichtliche Verfahren keinen Einfluß, die von der (hier) klagenden Partei vorgebrachten Prozeßeinreden nach den Vorschriften des zivilgerichtlichen Verfahrens seien ohne unmittelbare Bedeutung für den Verfahrensausgang in einem nach der Strafprozeßordnung durchzuführenden Entschädigungsverfahren.
Die klagende Partei begehrte im Wege der Amtshaftung den Ersatz des von ihr bezahlten Entschädigungsbetrags von S 100.000. Sie brachte vor, sowohl das Landesgericht Ried im Innkreis wie auch das Oberlandesgericht Linz hätten in unvertretbarer Anwendung der Gesetze auf die Abtretungserklärung des Antragstellers vom 25.1.1995 nicht Bedacht genommen. Der Antrag auf Zuspruch einer Entschädigung hätte abgewiesen werden müssen, weil der Antragsteller infolge rechtswirksamer Abtretung seines Entschädigungsanspruchs im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz nicht klagslegitimiert gewesen sei.
Die beklagte Partei wendete ein, die Ansprüche nach §§ 6 ff MedG stellten höchstpersönliche und nicht abtretbare Ansprüche dar. Dies habe das Oberlandesgericht Linz im Medienverfahren zum Ausdruck gebracht und sich mit den aufgeworfenen Rechtsfragen ausführlich befaßt; daraus folge, daß die Entscheidung jedenfalls nicht unvertretbar sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es stellte über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus fest, der Rechtsanwalt des Antragstellers habe in der am 24.8.1995 durchgeführten Hauptverhandlung im Medienverfahren bekanntgegeben, daß der Antragsteller seine Forderungen aus dem Medienverfahren an die ihn vertretenden Rechtsanwälte abgetreten habe. Die im Medienakt vorgelegte schriftliche Abtretungsvereinbarung stamme vom 25.1.1995.
In rechtlicher Hinsicht verneinte es den von der klagenden Partei geltend gemachten Amtshaftungsanspruch, weil nicht schon jede (allenfalls) unrichtige Gesetzesauslegung zu einer Amtshaftung führe; die Entscheidung des Berufungsgerichts im Medienverfahren sei aber nicht unvertretbar.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Der Entschädigungsanspruch sei zivilrechtlicher Natur, wenngleich über ihn ein Strafgericht nach den Bestimmungen der StPO entscheide. Er sei aber ein eigenständiger Anspruch, der weder von einer Verurteilung noch von einem Urteil im objektiven Verfahren abhängig sei. Der Anspruchsberechtigte könne sein Entschädigungsbegehren gemäß §§ 8 f MedG in einem strafgerichtlichen Verfahren durchsetzen. § 8a Abs 1 MedG ordne für das Verfahren über den selbständigen Antrag die sinngemäße Anwendung der Bestimmungen für das strafgerichtliche Verfahren aufgrund einer Privatanklage an. Dem Antragsteller werde somit eine dem Privatankläger vergleichbare Stellung in dem nach der StPO zu führenden Entschädigungsverfahren eingeräumt. Sein Durchsetzungsanspruch sei demnach ein höchstpersönliches Recht, das gemäß § 1393 ABGB von der Zession ausgeschlossen sei. Das Oberlandesgericht Linz habe demnach richtigerweise auf die Abtretung des Entschädigungsbetrags nicht Bedacht genommen; die Entscheidung sei nicht rechtswidrig.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der klagenden Partei ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Nicht jede Rechtsansicht, die von einer höheren Instanz allenfalls nicht gebilligt wird, begründet schon Rechtswidrigkeit und Schuldhaftigkeit des Verhaltens von Organen des Rechtsträgers. Die Rechtsanwendung soll "lebendig" erhalten und der Rechtsauslegung sollen nicht allzu strenge Fesseln angelegt werden. Sind Gesetzesbestimmungen nicht vollkommen eindeutig, enthalten sie Unklarheiten über die Tragweite ihres Wortlauts und steht zudem keine höchstrichterliche Rechtsprechung als Entscheidungshilfe zur Verfügung, kommt es allein darauf an, ob bei pflichtgemäßer Überlegung die getroffene Entscheidung als vertretbar bezeichnet werden kann. Nur die Abweichung von einer klaren Gesetzeslage oder ständiger Rechtsprechung des zuständigen Höchstgerichts, die nicht erkennen läßt, daß sie auf einer sorgfältigen und bei geforderter Schriftlichkeit auch begründeten Überlegung beruht, ist als schuldhaft zu beurteilen (Schragel, AHG2 Rz 147). Im Sinne dieser Ausführungen ist zu prüfen, ob die von dem im Medienverfahren zur Entscheidung berufenen Gericht zweiter Instanz vertretene Rechtsansicht, die Entschädigungsansprüche nach den §§ 6 ff MedG seien einer Abtretung nicht zugänglich, vertretbar ist. Hiezu ist auszuführen:
Der medienrechtliche Persönlichkeitsschutz wird vorrangig durch einen zivilrechtlichen Entschädigungsanspruch gegen den Medieninhaber gewährleistet. An der zivilrechtlichen Natur dieses Anspruchs ändert auch nicht, daß über ihn ein Strafgericht nach den Bestimmungen der StPO entscheidet. Der Entschädigungsanspruch ist ein Anspruch sui generis, auf den nicht schlechthin die allgemeinen Grundsätze des Schadenersatzrechts anwendbar sind. Er kann auch nicht gemeinsam mit sonstigen Schadenersatzansprüchen nach § 1330 ABGB vor den Zivilgerichten geltend gemacht werden (14 Os 75/97; Hartmann/Rieder, Kommentar zum Mediengesetz 63; Hanusch, Kommentar zum Mediengesetz 48; Hager/Walenta, Persönlichkeitsschutz im Straf- und Medienrecht3 40). Anspruchsberechtigt und zur Antragstellung legitimiert ist der durch den ehrenrührigen Angriff persönlich Betroffene. Gegen eine die Persönlichkeit verletzende Berichterstattung in der Presse kann nur der unmittelbar Verletzte und selbst nicht einmal ein Familienangehöriger vorgehen. Zwar ist die Ehre eines Verstorbenen strafrechtlich geschützt und können Ehegatten und Verwandte die strafrechtliche Verfolgung gemäß § 117 Abs 5 StGB verlangen, doch hat weder die Verlassenschaft noch die Ehegattin oder ein Verwandter Ansprüche nach den §§ 6 ff MedG; dies ist im Hinblick darauf, daß es um eine "Entschädigung" geht, durchaus verständlich (Hartmann/Rieder aaO 66 f; Hanusch aaO 67, 69; Hager/Walenta aaO 41). Im selbständigen Entschädigungsverfahren gemäß § 8a MedG gelten - mit Ausnahme der Bestimmungen über die Verfahrenshilfe, die sich nach der ZPO richten - die Bestimmungen für das strafgerichtliche Verfahren aufgrund einer Privatanklage dem Sinne nach (Hartmann/Rieder aaO 79; Hanusch aaO 126; Hager/Walenta aaO 59). Unbestrittenermaßen ist die Privatanklage ein höchstpersönliches, nicht übertragbares Recht, und das Klagerecht erlischt an sich mit dem Tod des Privatanklägers (Foregger/Kodek, StPO6 97; H.Roeder, Der Einfluß des Todes der Prozeßsubjekte auf das Strafverfahren, in JBl 1970, 497 [504]). Sind aber dem Sinne nach auf das Verfahren nach § 8a MedG die strafprozeßrechtlichen Bestimmungen über das Privatanklageverfahren anzuwenden, so liegt es nahe, das Recht, eine Entschädigung wegen erlittener Kränkung nach dem Mediengesetz zu begehren, dem Privatanklagerecht bei Verletzung der Ehre einer Person gleichzustellen. Ein Privatankläger, der einen Angriff auf seine Ehre verfolgt, macht ohne jeden Zweifel ein höchstpersönliches Recht geltend (EvBl 1950/111; SSt 24/45; SSt 16/38, aus jüngerer Zeit OLG Wien in MR 1984/9). Dann aber ist es durchaus vertretbar, den - wenngleich zivilrechtlichen - Anspruch auf Entschädigung für erlittene Kränkung nach dem Mediengesetz als höchstpersönlichen (immateriellen Schadenersatz-)Anspruch zu beurteilen, wie das im übrigen schon das Oberlandesgericht Wien in der in MR 1994, 64 veröffentlichten Entscheidung formuliert hat. Der Oberste Gerichtshof hat zudem auch darauf hingewiesen, daß die Ansprüche der §§ 6 ff MedG historisch in anderen Rechtsvorstellungen wurzeln als Schadenersatzansprüche (14 Os 75/97). Daß nach nunmehr ständiger Rechtsprechung im Schmerzengeldanspruch grundsätzlich kein Recht mit höchstpersönlichem Charakter zu erblicken, dieser also auch vererblich und übertragbar ist (JBl 1997, 40), läßt für sich allein noch keinen verläßlichen Schluß darauf zu, daß auch der Entschädigungsanspruch wegen erlittener Kränkung nach den §§ 6 ff MedG kein höchstpersönlicher Anspruch sei, ist dieser Anspruch doch - wie schon ausgeführt - ein zivilrechtlicher Schadenersatzanspruch sui generis für die Abgeltung ideeller Schäden, dessen Verfolgbarkeit sich nach den Bestimmungen der Strafprozeßordnung, insbesondere des Privatanklageverfahrens richtet. Höchstpersönliche Ansprüche sind aber nicht abtretbar (Ertl in Rummel, ABGB2 Rz 2 zu § 1393; Koziol/Welser I10 290).
Im Sinne dieser Ausführungen ist festzuhalten, daß die Gerichte im Medienverfahren weder von einer klaren Gesetzeslage noch von einer ständigen Rechtsprechung des zuständigen Höchstgerichts abgewichen sind und daß die Ansicht, bei den eigenständigen Entschädigungsansprüchen wegen erlittener Kränkung nach dem Mediengesetz handle es sich um - ausnahmsweise - höchstpersönliche zivilrechtliche Schadenersatzansprüche, eine durchaus begründbare und vom Berufungsgericht im Medienverfahren bzw von den Vorinstanzen auch schlüssig begründete Rechtsansicht darstellt. Damit liegt aber zumindest eine vertretbare Rechtsansicht jenes Gerichts vor, dem die klagende Partei ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten im Sinne des § 1 Abs 1 AHG anlastet.
Der Revision der klagenden Partei ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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