OGH 1Ob1/94

OGH1Ob1/9416.2.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Gemeinde Sch*****, vertreten durch Dr. Michael Kaufmann, Rechtsanwalt in Dornbirn, wider die Antragsgegnerinnen 1. Wilma N*****, und 2. Brigitte N*****, beide vertreten durch Dr. Julius Brändle und Dr. Karl Schelling, Rechtsanwälte in Dornbirn, wegen Entschädigung infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerinnen gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgerichtes vom 11.Oktober 1993, GZ 1 b R 217/93-66, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Bregenz vom 23.Juli 1993, GZ 1 Nc 847/91-56, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Antragsgegner sind je zur Hälfte Eigentümer eines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks im Ausmaß von 12.988 m2. Auf der Liegenschaft, deren Gutsbestand dieses Grundstück bildet, ist zugunsten einer der antragstellenden Gemeinde zugeschriebenen Liegenschaft die Dienstbarkeit des Trink- und Nutzwasserbezugs einverleibt.

Mit Bescheid vom 23.6.1988 legte die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde gemäß § 34 Abs.1 WRG 1959 zum Schutz eines näher bezeichneten Grundwasserpumpwerks die Schutzgebiete I (Fassungszone), II (engere Schutzzone) und III (weitere Schutzzone) fest und traf außerdem besondere Anordnungen über die Bewirtschaftung oder sonstige Benutzung der in diesen Zonen liegenden Grundstücke. Mit Bescheid vom 11.6.1991 verpflichtete die Bezirksverwaltungsbehörde die Antragstellerin zur Leistung einer einmaligen Entschädigung von insgesamt S 468.438,-- an die beiden Antragsgegnerinnen.

Mit Antrag vom 8.8.1991 erhoben die beiden Antragsgegnerinnen das Begehren, die Entschädigung insgesamt mit S 18,434.320,-- festzusetzen; das über diesen Antrag eingeleitete Verfahren ist beim Erstgericht anhängig.

Am 12.8.1991 begehrte die Antragstellerin die Neufestsetzung der Entschädigungsleistung in angemessener Höhe, änderte das Begehren im Zuge des Verfahrens jedoch in den Antrag auf Feststellung um, sie sei zu Entschädigungsleistungen an die Antragsgegnerinnen nicht verpflichtet. Die Antragstellerin brachte hiezu vor, maßgebend sei nicht der Verkehrswert, sondern lediglich der Ertragswert. Die betroffene Liegenschaft liege im Freihaltegebiet. Spekulative Überlegungen einer späteren Umwidmung müßten außer Betracht bleiben. Die Antragsgegnerinnen hätten schon aufgrund der Dienstbarkeit des Trink- und Nutzwasserbezugs jene Maßnahmen zu dulden, die auch Gegenstand des Bescheids der Bezirksverwaltungsbehörde vom 23.6.1988 seien. Sie könnten ihr Grundstück trotz des Bescheids auf die Art und in dem Umfang nutzen, wie es ihnen aufgrund bestehender Rechte zustünde.

Die Antragsgegnerinnen traten dem Antrag vor allem mit dem Einwand entgegen, es sei jede Wertminderung zu entschädigen, sodaß auf den Verkehrswert abzustellen sei. Die Widmung ihres Grundstücks als Freihaltegebiet sei unwirksam; diese sei ausschließlich zum Schutz des Wassergebiets erfolgt. Die Antragsgegnerinnen hätten sich schon mit der Absicht getragen, auf dem Grundstück intensiv Obstbau zu betreiben, was ihnen durch den Bescheid vom 23.6.1988 aber unmöglich gemacht worden sei. Ihnen entgehe ein jährlicher Ertrag von S 139.228,10. Bei einem Kapitalisierungsfaktor von 25 ergebe sich daraus ein Nutzungsentgang von S 3,412.027,50.

Das Erstgericht sprach aus, daß die Antragstellerin den Antragsgegnerinnen eine Entschädigung von S 440.640,-- zu leisten habe.

Es stellte fest, die Antragsgegnerinnen hätten sich mit der Absicht getragen, soviel wie nur möglich aus dem Grundstück herauszuwirtschaften, und hätten daher eine Intensivobstbaumkultur betreiben wollen. Sie hätten deshalb auch bereits vor Zustellung des Bescheids der Bezirksverwaltungsbehörde vom 23.6.1988 an sie verschiedene Bäume ausgesetzt. Da eine intensive Obstbaumkultur mit Rücksicht auf die verwaltungsbehördlichen Schutzanordnungen nicht mehr möglich sei, hätten die Antragsgegnerinnen die Grundfläche in der Folge wieder verpachtet. Derzeit bezögen sie einen jährlichen Pachtzins von S 2.000,- -. Der Pächter nutze das Grundstück als Grünland. Aufgrund der Schutzanordnung sei es „einschränkender“ zu nutzen. Bestimmte Teilflächen würfen überhaupt keinen Ertrag mehr ab, bei den restlichen Flächen sei eine Ertragsminderung auf die Hälfte anzunehmen. Früher hätte das Grundstück landwirtschaftlich intensiv genutzt werden können, seit etwa drei Jahren dürfe keine Jauche mehr aufgebracht werden. Der Heuertrag der Grundstücke belaufe sich derzeit auf jährlich 5000 kg S 3,- -, sodaß der Heuwert mit jährlich S 15.000,-- anzusetzen sei. Nach Abzug der Kosten für den Maschineneinsatz und den Arbeitsaufwand sei der Ertrag mit S 9.400,-- zu errechnen. Ohne Schutzanordnungen würde der Ertragswert aus der Heunutzung jährlich insgesamt S 18.000,-- betragen. Infolge der wasserrechtsbehördlichen Nutzungsbeschränkungen sei der entgangene Pachtzins kapitalisiert mit S 41.567,-- und die Minderung des Verkehrswerts der Liegenschaft mit S 399.072,-- anzusetzen. Das gelte nur für die Zone II, für die Zone I belaufe sich der Ertragsausfall auf S 3.412,- -. Das Grundstück sei im Flächenwidmungsplan für das Land Vorarlberg seit 1978 als Freifläche-Freihaltegebiet-FF ausgewiesen. Auf dem Grundstück stünden 47 Obstbäume. Der Verkehrswert des Grundstücks betrage bei der derzeitigen Widmung S 1,690.000,- -. Wäre das Grundstück als Baufläche-Mischgebiet-BM gewidmet, würde der Verkehrswert des Grundstücks S 16,250.000,-- betragen. Bei Intensivobstbau hätten die Antragsgegnerinnen einen Rohertrag von jährlich S 107.637,-- erzielen können, hätten sie die Arbeit aber nicht selbst bewältigen können, hätte sich dadurch der Ertrag auf jährlich S 52.277,-- vermindert. Das Grundstück sei „offensichtlich“ auf Drängen durch das Wasserbauamt als Freifläche-Freihaltegebiet-FF gewidmet worden.

Rechtlich meinte das Erstgericht, es sei abzuklären gewesen, welchen Schillingwert die Bewirtschaftungs- und Nutzungsbeschränkungen verkörperten. Dieser Wert belaufe sich nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens auf den festgesetzten Betrag.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluß auf, trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und sprach aus, daß der Revisionsrekurs (richtig der Rekurs an den Obersten Gerichtshof) zulässig sei. Es führte aus, das Erstgericht hätte zumindest eine gemeinsame Entscheidung in den beiden anhängigen Verfahren treffen müssen, was sich aus der „analogen Anwendung“ der Bestimmung des § 117 Abs.4 WRG 1959 ergebe. Diese beziehe sich zwar an sich auf die Einräumung von Zwangsrechten, als die die Schutzanordnungen gemäß § 34 Abs.1 WRG 1959 nicht anzusehen seien, doch regle die genannte Bestimmung grundsätzlich alle Entschädigungen nach dem Wasserrechtsgesetz 1959. Hätte nur die Antragstellerin die gerichtliche Entscheidung beantragt, dürfte das Gericht keine höhere Entschädigung festsetzen als die Verwaltungsbehörde; da jedoch auch die Antragsgegnerinnen einen solchen Antrag gestellt haben, könnte bei gemeinsamer Entscheidung über beide Anträge auch eine höhere Entschädigung festgesetzt werden. Das Erstgericht werde daher beide anhängigen Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden müssen.

Im übrigen habe das Erstgericht zwar die Feststellung getroffen, aufgrund des Bescheids der Bezirksverwaltungsbehörde vom 23.6.1988 sei das betroffene Grundstück nur in eingeschränkterem Umfang nutzbar, habe jedoch nicht festgestellt, in welchem Umfang dessen Nutzungsmöglichkeiten dadurch weiter eingeschränkt worden sei. Die Feststellung sei auch nicht begründet worden. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern vor Erlassung des Bescheids eine einschränkende Nutzung als Freihaltefläche notwendig gewesen bzw. tatsächlich erfolgt sei. Die Feststellung werde ebenso nachzutragen sein wie die weitere Feststellung, ob und welche Nutzungseinschränkungen schon die Dienstbarkeit des Trink- und Nutzwasserbezugs mit sich brachte, weil es durchaus denkbar sei, daß die Antragsgegnerinnen bereits deshalb gewisse Nutzungen, wie etwa die organische Düngung außerhalb der Vegetationszeit, hätten unterlassen müssen. Nach § 34 Abs.4 WRG 1959 seien nur jene Nutzungsbeschränkungen zu entschädigen, die ausschließlich auf den Bescheid vom 23.6.1988 zurückzuführen seien. Bei den Schutzanordnungen nach § 34 Abs.1 WRG 1959 handle es sich nicht um die Einräumung von Dienstbarkeiten durch Enteignung im Sinne des § 63 WRG 1959; solche Vorkehrungen hätten lediglich Nutzungseinschränkungen zur Folge, die angemessen zu entschädigen seien. Daraus folge, daß nicht etwa eine Minderung des Verkehrswerts, sondern bloß der durch die eingeschränkte Nutzung entstandene Schaden abzugelten sei. Bei der Bemessung der Entschädigung komme es allerdings nicht auf die Minderung des erzielbaren Pachtzinses an, abzugelten sei vielmehr jener Schaden, der durch die angeordneten Beschränkungen sehr wahrscheinlich entstehen könne; das werde im fortgesetzten Verfahren zu prüfen sein. Da es sich bei den Schutzanordnungen nach § 34 Abs.1 WRG 1959 nicht um Enteignungen handle, könne es auch keine „Enteignungsvorwirkungen“ geben. Die Feststellung des Erstgerichts, die Grundfläche sei im Sinne des Raumplanungsgesetzes „offensichtlich“ auf Drängen des Wasserbauamts als Freihaltegebiet gewidmet worden, sei daher rechtlich unerheblich. Maßgebender Zeitpunkt, auf den bei der Bemessung der Entschädigung abzustellen sei, sei der Zeitpunkt, in dem der Bescheid vom 23.6.1988 in Rechtskraft erwachsen sei, doch sei seit der Novellierung des Wasserrechtsgesetzes 1959 auch der Verlust potentieller Nutzungen zu entschädigen, die bei Vornahme des Eingriffs - im vorliegenden Fall also die beabsichtigte Intensivobstbaumkultur - rechtlich zulässig gewesen sei. Das Erstgericht habe unbekämpft festgestellt, daß die Antragsgegnerinnen zu einem Zeitpunkt, in dem ihnen der Bescheid vom 23.6.1988 noch nicht zugekommen gewesen sei, bereits Bäume auf dem Grundstück ausgesetzt hätten. Bei Bejahung der Zulässigkeit einer Intensivobstbaumkultur wäre dann der dadurch entstandene, vom Erstgericht mit jährlich S 52.277,-- festgestellte Schaden abzugelten und durch dessen Kapitalisierung die darauf entfallende einmalige Entschädigung zu berechnen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von den beiden Antragsgegnerinnen erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Sie wenden sich gegen die Auffassung des Gerichtes zweiter Instanz, die der Antragstellerin schon früher eingeräumte Dienstbarkeit des Trink- und Nutzwasserbezugs habe für die Grundeigentümer keine Nutzungsbeschränkung mit sich gebracht, sodaß dieses Recht bei der Bemessung der Entschädigung außer Betracht zu bleiben habe, und bekämpfen weiters die auf verwaltungsgerichtlicher Judikatur gestützte Ansicht der Rekursinstanz, § 34 Abs.4 WRG 1959 sehe keine Entschädigung für die Wertminderung bzw. für Enteignungsvorwirkungen vor. Dieser Auffassung kann indessen nicht beigepflichtet werden:

Die Bezirksverwaltungsbehörde legte gemäß § 34 Abs.1 WRG 1959 zum Schutz der Wasserversorgungsanlage der antragstellenden Gemeinde auch Grundflächen der Antragsgegnerinnen umfassende Schutzzonen fest und traf gleichzeitig besondere Anordnungen über die Bewirtschaftung oder sonstige Nutzung der in diesen Zonen gelegenen Grundstücke. Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe der den Antragsgegnerinnen dafür gebührenden Entschädigung, deren Rechtsgrundlage § 34 Abs.4 WRG 1959 bildet. Danach ist, wer nach den Bestimmungen des § 34 Abs.1 bis 3 WRG 1959 - u.a. - seine Grundstücke und Anlagen nicht auf die Art oder in dem Umfang nutzen kann, wie es ihm aufgrund bestehender Rechte zusteht, dafür vom Wasserberechtigten angemessen zu entschädigen; im darauf folgenden Klammerausdruck wird auf § 117 WRG 1959 verwiesen. Da § 34 Abs.4 WRG 1959 zufolge nur die durch die wasserrechtsbehördlichen Vorkehrungen verursachten Nutzungseinschränkungen zu entschädigen sind, muß fraglos die schon an die der Antragstellerin bestellte Dienstbarkeit des Trink- und Nutzwasserbezugs geknüpfte Nutzungsbeschränkung bei der Bemessung der Entschädigung außer Betracht bleiben. Nichts anderes kann den Darlegungen in der rekursgerichtlichen Entscheidung entnommen werden: Das Erstgericht hat zwar „festgestellt“, das Grundstück könne angesichts der wasserrechtsbehördlichen Anordnungen nicht mehr im gleichen Umfang wie bisher genutzt werden, nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 34 Abs.4 WRG 1959 ist aber - arg. „aufgrund bestehender Rechte“ - nur die Einschränkung der rechtmäßigen Nutzung zu entschädigen. Nutzungen, mit welchen die Antragsgegnerinnen in das Wasserbezugsrecht der Antragstellerin eingreifen, sind nicht auf bestehende Rechte gegründet; im allgemeinen bleiben dem Eigentümer eines mit der Dienstbarkeit des Trink- und Nutzwasserbezugs belasteten Grundstücks alle die bei Bestellung der Dienstbarkeit bestehende Beschaffenheit des Grundwassers beeinträchtigenden Nutzungen verwehrt, soll der - gerade durch den Trinkwasserbezug - manifestierte Zweck einer solchen Servitut nicht verfehlt werden. Die im Revisionsrekurs behauptete Vereinbarung der Aufhebung jedweder Nutzungsbeschränkung - die dem soeben genannten Zweck einer solchen Dienstbarkeit geradezu diametral zuwiderliefe - werden die Antragsgegnerinnen im fortgesetzten Verfahren unter Beweis zu stellen haben. Wie das Rekursgericht zu Recht ausführte, wird das Erstgericht - tunlichst mit Hilfe eines Sachverständigen - geeignete Feststellungen zu treffen haben, um verläßlich beurteilen zu können, ob und welche Nutzungsbeschränkungen schon an die der Antragstellerin eingeräumte Dienstbarkeit des Trink- und Nutzwasserbezugs geknüpft waren; nur die mit den wasserrechtsbehördlichen Schutzanordnungen verbundenen weiteren Nutzungseinschränkungen wird die Antragstellerin angemessen zu entschädigen haben.

Nach wie vor beharren die Antragsgegnerinnen auf einer Entschädigung für die Minderung des Verkehrswerts ihres Grundstücks infolge der Schutzanordnungen. Bei der Lösung dieser Rechtsfrage kann auf die Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes nicht uneingeschränkt zurückgegriffen werden. Nach der Fassung des § 34 Abs.4 WRG 1959 vor der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990 war vom Wasserberechtigten angemessen zu entschädigen, wer seine Grundstücke und Anlagen - nach den Bestimmungen der Abs.1 bis 3 - nicht weiter auf die Art und in dem Umfang nutzen konnte, wie es ihm aufgrund bestehender Rechte zustand. Daraus schloß der Verwaltungsgerichtshof (vgl. insbesondere seine Entscheidung vom 27.10.1966, Zl. 745/66), eine Behinderung in der „weiteren Nutzung“ eines Grundstücks durch behördliche Vorkehrungen setze begrifflich voraus, daß eine solche Nutzung bereits vorliege. Während § 31 WRG 1934 für den Entschädigungsanspruch keine weiteren Voraussetzungen aufgestellt habe, müßten - nach der oben wiedergegebenen Fassung des § 34 Abs.4 WRG 1959 - für den Entschädigungsanspruch zwei Voraussetzungen gefordert werden: einerseits, daß die behördlichen Maßnahmen eine Einschränkung der bisherigen Nutzung des Grundstücks bewirkten, und andererseits, daß diese Nutzung rechtmäßig sei. Die Einschränkung des Entschädigungsanspruchs auf die Nutzung sei verständlich, weil sich die in den Abs.1 und 2 des § 34 WRG 1959 vorgesehenen Eingriffe in das Eigentum immer nur auf die Bewirtschaftung oder sonstige Nutzung des Grundstücks beziehen könnten; eine Entziehung des Eigentums sei ausgeschlossen. Der im § 34 Abs.4 WRG 1959 vorgesehene Entschädigungsanspruch erstrecke sich daher nur auf den Entzug tatsächlich geübter Nutzungen. In späteren Entscheidungen zog der Verwaltungsgerichtshof daraus den Schluß, daß die Minderung des Verkehrswerts nach § 34 Abs.4 WRG 1959 nicht zu entschädigen sei (vgl. etwa die in ZfV 1985/343 und ÖWWV 1984, 274, teilweise veröffentlichte Entscheidung vom 22.5.1984, Zl. 83/07/0354; vgl. auch die Nachweise in der Entscheidung vom 17.1.1989, Zl. 88/07/0104), dehnte aber die Entschädigungspflicht auch auf zwar noch nicht genutzte, aber dem Betrieb gewidmete Grundstücke einer Ziegelei bzw. eines Schottergewinnungsunternehmens aus (vgl. VwSlg. 8073 A; 8334 A). Dieser Rechtsprechung trat auch der Verfassungsgerichtshof bei, der die Bestimmung des § 34 Abs.4 WRG 1959 wiederholt als verfassungsrechtlich unbedenklich hielt (vgl. VfSlg. 6443/1970; 9190/1982 ua).

Diese Judikatur kann indessen - wie schon erwähnt - mit Rücksicht auf die Änderung der Fassung des § 34 Abs..4 WRG 1959 durch die Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990, durch die neben der Ausdehnung der anspruchsberechtigten Personen auf die Einforstungsberechtigten das Wort „weiter“ - ohne nähere Erläuterung in den Materialien - gestrichen wurde, nicht uneingeschränkt fortgeschrieben werden. Zutreffend bemerkt Roßmann (Wasserrecht2, 156; vgl. auch Raschauer, Wasserrecht, § 34 WRG 1959 Rz 13), daß an diese Gesetzesänderung eine wesentliche inhaltliche Ausdehnung des Entschädigungsanspruchs geknüpft ist: Rechtfertigte die bisherige Fassung (arg. „nicht weiter... nutzen kann“) dessen Anknüpfung an die tatsächlich geübte Nutzung bzw. an die vorhersehbare Weiterentwicklung der bereits bestehenden Nutzung, so kann es nun nicht mehr darauf ankommen, sondern es ist jede mögliche Nutzung zu entschädigen, die dem Anspruchsberechtigten infolge des Eingriffs verwehrt bleibt, soweit sie nur bei dessen Anordnung rechtlich zulässig und durch etwa erforderliche behördliche Bewilligungen gedeckt war. Der durch die Festlegung von Schutzzonen bzw. durch Schutzanordnungen verursachte Entzug dieser Nutzungsmöglichkeiten - aber auch nur dieser Nachteil - ist vom Wasserberechtigten nun gleichfalls angemessen zu entschädigen.

Diesem Ergebnis tut es keinen Abbruch, daß erst die am 1.1.1991 in Kraft getretene Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990 diese Änderung mit sich brachte, der Bescheid, mit dem die Schutzanordnungen getroffen wurden, aber bereits vorher erlassen worden war. Abgesehen davon, daß der Entschädigungsbescheid der Bezirksverwaltungsbehörde erst am 11.6.1991 und daher erst nach Wirksamwerden dieser Rechtsänderung erlassen wurde, hat die Rechtsmittelinstanz und, da die Rechtslage in dieser Hinsicht dem Rechtsmittelverfahren nicht unähnlich ist, wohl das Gericht, wenn die Zuständigkeit nach entsprechender Antragstellung auf dieses übergegangen ist, jedenfalls bereits auf die Rechtsänderung Bedacht zu nehmen, sofern anderslautendes Übergangsrecht - wie im Falle der Wassserrechtsgesetz-Novelle 1990 (Art IV) - fehlt (Fasching, LB2 Rz 1927; vgl.auch VwSlg 9315 (A) und Walter-Mayer, Bundesverfassungsrecht5 Rz 541). Diese Erwägungen stehen mit der herrschenden Auffassung (vgl die Nachweise in 1 Ob 4/93) über den maßgeblichen Zeitpunkt der Bemessung nicht in Widerspruch: Für die Qualität oder den Zustand, also die wertbestimmenden Verwendungsmöglichkeiten, kann grundsätzlich (vgl. aber die Vorwirkungen) nur der Eingriffszeitpunkt maßgebend sein (vgl. Rummel in Korinek-Pauger-Rummel, Handbuch des Enteignungsrechts (1984), 281), sodaß die Entschädigungsbemessung im Prinzip auf die Widmung (hier: als Freihand-Freihaltefläche) abzustellen hat. Das besagt aber noch keineswegs, daß der Betroffene nicht auch die erst nach dem Eingriff vom Gesetzgeber durch eine Änderung der Bestimmungen über die Gewährung bzw. Bemessung vorgesehene Ausdehnung des Entschädigungsanspruchs für sich geltend machen kann. Das Rekursgericht hat daher zu Recht auf die Änderung des § 34 Abs.4 WRG 1959 Bedacht genommen.

Von der Entschädigungspflicht ausgenommen bleiben jedoch weiterhin - arg. „aufgrund bestehender Rechte“ - alle Nutzungen, die im Zeitpunkt des Eingriffs entweder überhaupt - z.B. durch bestehende Dienstbarkeiten - ausgeschlossen oder doch durch erforderliche Bewilligungen (Widmungen, Baubewilligungen udgl.) nicht gedeckt sind. Soweit die Antragsgegnerinnen daher darauf dringen, ihre von den Schutzanordnungen betroffenen Grundflächen seien als Bauerwartungsland einzustufen, sodaß mit der Entschädigung auch die daran geknüpfte Wertminderung abgegolten werden müsse, lassen sie die soeben dargelegten Grundsätze der Entschädigungsbemessung gemäß § 34 Abs.4 WRG 1959 unberücksichtigt. Ist ihr Grundstück schon seit 1978 unverändert als Freifläche-Freihaltegebiet im Sinne des § 16 Abs.5 des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes (RPG) gewidmet, so können sich die Antragsgegnerinnen nicht auf Nutzungsmöglichkeiten als Bauerwartungsland berufen.

Fraglich könnte es allerdings sein, ob nicht doch die im Flächenwidmungsplan der antragstellenden Gemeinde für das betroffene Grundstück ausgewiesene Widmung angesichts der damals schon in Aussicht genommenen Schutzzonenfestlegung durch die Bezirksverwaltungsbehörde - wie das jedenfalls die Antragsgegnerinnen behaupten - analog den Enteignungsvorwirkungen als Vorwirkung dieser Maßnahme gemäß § 34 WRG 1959 beurteilt und demgemäß die Entschädigung für jene fiktive Nutzungsmöglichkeit festgesetzt werden müßte, die sich für die betroffene Grundfläche im Zeitpunkt des Eingriffs ergeben hätte, wäre die Widmung als Freifläche-Freihaltegebiet nicht erfolgt (vgl. EvBl. 1987/79). Wiewohl gerade mit Rücksicht auf die geänderte Fassung des § 34 Abs.4 WRG 1959 gute Gründe für eine solche Bewertung ins Treffen geführt werden könnten, ist doch für den Standpunkt der Antragsgegnerinnen damit nichts gewonnen: Stellt nämlich die planerische Maßnahme selbst schon eine entschädigungspflichtige Eigentumsbeschränkung dar, wie das im vorliegenden Fall bei der Widmung des betroffenen Grundstücks als Freifläche nach § 25 Vbg.RPG der Fall ist, so sind solche Vermögensnachteile im Rahmen dieser materiellen Enteignung geltend zu machen (Rummel aaO 258). Wenngleich § 25 Abs.1 RPG Entschädigungen für nachteilige Wirkungen des Flächenwidmungsplanes nur bei unbilliger, in den Abs.2 und 3 näher umschriebenen Härte vorsieht, muß darin doch eine abschließende Regelung der Entschädigungsfrage, soweit es um die Wirkung des Flächenwidmungsplans geht, erblickt werden. Andernfalls wären Grundeigentümer, deren Grundflächen von Schutzanordnungen im Sinne des § 34 Abs.1 WRG 1959 betroffen sind, im Ergebnis besser gestellt als die Eigentümer der davon nicht berührten Liegenschaften.

Schon aus diesen Erwägungen bedürfen die im Revisionsrekurs aufgeworfenen Fragen, ob und gegebenenfalls welche Entschädigung für den Entzug der Nutzung als Bauerwartungsland gebührt bzw. in welcher Weise Vorwirkungen eigentumsbeschränkender Maßnahmen gemäß § 34 Abs.1 und 2 WRG 1959 bei der Entschädigungsbemessung zu berücksichtigen sind, keiner abschließenden Erörterung.

Entgegen ihren Ausführungen können sich die Antragsgegnerinnen zur Stützung ihrer Auffassung, ihnen sei auch die Wertminderung des Grundstücks abzugelten, keinesfalls auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 17.1.1989, Zl. 88/07/0104, stützen. Dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt zufolge waren gemäß § 111 Abs.4 WRG 1959 mit der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung an die dortige Beschwerdeführerin die erforderlichen Dienstbarkeiten im Sinne des § 63 lit.b WRG 1959 als eingeräumt anzusehen, sodaß die Entschädigung für die damit verbundene Nutzungseinschränkung nicht nach § 34 Abs.4, sondern nach § 118 Abs.1 WRG 1959 iVm den §§ 4 bis 7 EisbEG festzusetzen war. Daß die Voraussetzungen und der Umfang der Entschädigung nach § 34 Abs.4 WRG 1959 einerseits und jener nach § 118 Abs.1 WRG 1959 andererseits nicht übereinstimmen, wurde schon weiter oben erörtert.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß die schon mit dem Wasserbezugsrecht der Antragstellerin verbundenen Nutzungseinschränkungen bei der Bemessung der an die Antragsgegnerinnen zu leistenden Entschädigung außer Betracht zu bleiben haben, daß aber alle darüber hinausgehenden, durch die Maßnahmen gemäß § 34 Abs.1 WRG 1959 ausgelösten Beschränkungen von auch nur möglichen Nutzungen soweit zu berücksichtigen sind, als sie im Zeitpunkt des Eingriffs rechtlich möglich und durch allenfalls erforderliche behördliche Bewilligungen gedeckt waren. Nicht dagegen ist auf eine Wertminderung Bedacht zu nehmen, die das Grundstück erfahren hätte, wäre es als Bauerwartungsland einzustufen, und ebenso kommt eine Bewertung unter Bedachtnahme auf die Widmung als Vorwirkung der Vorkehrungen nach § 34 WRG 1959 nicht in Betracht.

Das Erstgericht wird daher die erforderlichen Feststellungen im fortgesetzten Verfahren nachzutragen haben; zweckmäßigerweise wird es auch die beiden über Anträge der Parteien eingeleiteten Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung zu verbinden haben.

Dem Rekurs der Antragsgegnerinnen ist deshalb ein Erfolg zu versagen.

Die Revisionsrekursbeantwortung der Antragstellerin ist als verspätet zurückzuweisen, weil sie erst am 28.Tag nach der Zustellung des Revisionsrekurses zur Post gegeben wurde, für eine solche Äußerung hingegen bloß eine Frist von 14 Tagen bestimmt ist (§ 34 Abs.4 und § 117 Abs.6 WRG 1959 iVm § 30 Abs.4 EisbEG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 34 Abs.4 und § 117 Abs.6 WRG 1959 iVm § 44 EisbEG und § 52 Abs.1 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte