OGH 1Ob191/23d

OGH1Ob191/23d20.12.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely‑Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T*, vertreten durch Mag. Mario Tupy, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei E* Limited, *, Malta, vertreten durch Mag. Marcus Marakovics, Rechtsanwalt in Wien, wegen 40.872,32 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 23. Oktober 2023, GZ 2 R 162/23z‑16, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0010OB00191.23D.1220.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Beklagte bietet von ihrem Sitz in Malta aus über die von ihr betriebene Website Dienstleistungen im Bereich des Glücksspiels an. Sie verfügt jedoch über keine Konzession nach dem österreichischen Glücksspielrecht.

[2] Der Kläger nahm vom 15. 6. 2021 bis 9. 6. 2022 an von der Beklagten veranstalteten Online‑Glücksspielen teil. Er zahlte in diesem Zeitraum 45.492,50 EUR ein und erhielt 4.620,18 EUR ausbezahlt.

[3] Die Vorinstanzen verpflichteten die Beklagte zur Rückzahlung des Verlustes.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die dagegen gerichtete außerordentliche Revision der Beklagten zeigt keine Rechtsfrage der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf.

[5] 1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft, sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

[6] 2. Nach ständiger Rechtsprechung steht § 1174 Abs 1 Satz 1 ABGB einem (bereicherungsrechtlichen) Rückforderungsanspruch hinsichtlich der Spieleinsätze für ein (verbotenes) Online‑Glücksspiel nicht entgegen, weil die entsprechenden Einsätze nicht gegeben werden, um das verbotene Spiel zu bewirken, sondern um am Spiel teilzunehmen (RS0016325 [T16]). Damit ist § 1174 Abs 1 Satz 1 ABGB schon seinem Wortlaut nach nicht anwendbar. Darauf, ob der Spieler durch die Teilnahme am verbotenen Spiel (selbst) einen Verwaltungsstraftatbestand (konkret § 52 Abs 5 GSpG) erfüllt, kommt es daher nicht an. Gegenteiliges kann auch aus der Entscheidung 5 Ob 506/96 nicht abgeleitet werden (jüngst etwa 5 Ob 174/23h mwN).

[7] 3. Der Oberste Gerichtshof geht – im Einklang mit der Rechtsprechung der beiden anderen österreichischen Höchstgerichte – in ständiger Judikatur davon aus, dass das österreichische System der Glücksspiel‑Konzessionen bei gesamthafter Würdigung sämtlicher damit verbundener Auswirkungen auf dem Glücksspielmarkt allen vom EuGH aufgezeigten Vorgaben des Unionsrechts entspricht (RS0130636 [T7]) und daher nicht gegen Unionsrecht verstößt (1 Ob 111/23i mwN). Die Beurteilung des Berufungsgerichts entspricht dieser Rechtsprechung.

[8] 4. Zur unionsrechtlichen Zulässigkeit eines Glückspielmonopols sowie der dadurch bewirkten Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit liegt umfangreiche Rechtsprechung des EuGH vor (vgl die Hinweise in 5 Ob 30/21d). Aus der Entscheidung des EuGH C‑920/19 , Fluctus, ergibt sich bloß, dass eine gegen Art 56 AEUV verstoßende Bestimmung des nationalen Rechts auch dann nicht angewendet werden dürfe, wenn ein „höheres“ nationales Gericht diese als mit dem Unionsrecht vereinbar ansah, dessen Erwägungen aber offensichtlich nicht dem Unionsrecht entsprachen. Dass und bei welcher nationalen Norm dies hier der Fall gewesen wäre, zeigt die Revisionswerberin nicht auf, sodass kein Anlass besteht, ein Vorabentscheidungsersuchen zu stellen (vgl 1 Ob 111/23i mwN).

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