Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung - einschließlich der bereits in Rechtskraft erwachsenen Teilabweisung - insgesamt zu lauten hat:
"Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei EUR 8.258,98 samt 5 % Zinsen seit 1. 6. 1997 zu zahlen, wird abgewiesen."
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 4.665,60 (darin EUR 533,44 an USt und EUR 1.464,95 an Barauslagen) bestimmten Prozesskosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Partei übernahm am 19. 12. 1996 von der in Wien ansässigen G. E***** KG den Auftrag, als Frachtführer im Rahmen eines Sammelguttransports Güter verschiedener Absender aus dem deutschen Ruhrgebiet nach Wien zu transportieren. Darunter befanden sich auch 20 Carbomatic-Tanks mit einem Rohgewicht von 2600 kg, die von der F***** GmbH aus Solingen zum *****F***** & Söhne nach Wien gebracht werden sollten. Die genannte deutsche Gesellschaft hatte die (deutsche) Spedition J. D*****& Co mit dem Transport beauftragt. Diese hatte den Auftrag an die (deutsche) H***** GmbH weitergegeben, welche ihrerseits die G. E***** KG mit dem Transport beauftragt hatte. Der die Tanks betreffende Frachtbrief vom 20. 12. 1996 weist als Absenderin die H***** GmbH und als Empfängerin das *****. F***** & Söhne aus; er enthält eine Klausel, die das Umladen der Tanks untersagt.
Vor Verladung der 20 Tanks lud der LKW-Lenker der beklagten Partei zunächst sechs Paletten mit Granulat bei einem anderen Unternehmen, wobei dieses Frachtgut unmittelbar an die Stirnseite des Sattelaufliegers gestellt wurde. Im Anschluss daran wurden bei der F***** GmbH von deren Mitarbeitern die 20 Carbomatic-Tanks auf den LKW geladen. Sie wurden lose unmittelbar hinter den Granulatpaletten auf den LKW gestellt, sodass sie nach vorne nicht wegrutschen konnten. Nach hinten wurden sie vom Fahrer der beklagten Partei mit einer Spannlatte und einem Spanngurt gesichert. Im Anschluss daran wurde bei der H***** GmbH (weiteres) Sammelgut auf den LKW geladen. In Wien wurde vorerst das Sammelgut einschließlich der Granulatpaletten bei der G. E***** KG durch deren Mitarbeiter entladen. Die Tanks verblieben etwa in der Mitte der Ladefläche; sie wurden vom Fahrer nach vorne mit einer Spannlatte und nach hinten mit einem Spanngurt gesichert. Auf der Fahrt zur Empfängerin rutschten vier Tanks nach hinten weg, weil sich der Spanngurt gelockert hatte; der Grund für die Lockerung konnte nicht festgestellt werden. Durch die Beschädigung wurden die vier umgefallenen Tanks völlig unbrauchbar; die Herstellungskosten betrugen insgesamt DM 14.640.
Die klagende Partei zahlte als Speditionsversicherer der Spedition J. D***** & Co als ihrer Versicherungsnehmerin (abzüglich eines Selbstbehalts) einen Betrag von DM 13.630,80. Die G. E***** KG trat alle Rechte aus dem Frachtvertrag mit der beklagten Partei an die klagende Partei ab.
Die klagende Partei begehrte von der beklagten Partei die Zahlung von S 113.646 samt Zinsen. Die beklagte Partei habe entgegen der ausdrücklichen Weisung die Tanks nicht ausreichend gegen Umfallen gesichert bzw die ursprünglich angebrachte Sicherung entfernt. Die vom LKW-Lenker nach der Teilentladung in Wien vorgenommenen Sicherungsmaßnahmen seien offensichtlich unzureichend gewesen; der Lenker habe dadurch in den Beladevorgang eingegriffen, wobei die Absenderin keinen Einfluss mehr auf die Art der Verladung gehabt habe. Der Frachtführer werde auch von seiner Haftung nicht befreit, wenn er nach einer Teilentladung nicht für die richtige Stauung sorge. Durch die Zahlung im Rahmen der Speditionsversicherung sei die Schadenersatzforderung gegen die beklagte Partei im Wege einer Legalzession auf die klagende Partei übergegangen. Die Passivlegitimation der beklagten Partei ergebe sich aber auch daraus, dass deren direkte Vertragspartnerin, die G. E***** KG, sämtliche Ansprüche aus dem Schadensfall an die klagende Partei abgetreten habe. Die beklagte Partei habe auch zusammen mit dem Transportgut einen durchgehenden Frachtbrief angenommen, sodass sie auch nach Art 34 CMR hafte.
Die Beklagte wendete im Wesentlichen ein, dass ihre Vereinbarung mit der G. E***** KG nur den Transport, und nicht auch die Beladung und Entladung, umfasst habe. Die Beladung mit den Tanks sei auch tatsächlich von der Absenderin, der F***** GmbH, durchgeführt worden; der LKW-Lenker sei deren Anweisungen betreffend die Ladungssicherungsmaßnahmen nachgekommen. Die offensichtlich ungenügende Ladungssicherung nach der Teilentladung habe nicht die beklagte Partei zu vertreten, weil auch insoweit ihr Lenker im Verantwortungsbereich des Absenders bzw des Entladers tätig geworden sei, der eine neue Ladungssicherung hätte vornehmen müssen. Der beklagten Partei komme somit der Haftungsausschluss nach Art 17 Abs 4 lit c CMR zugute. Die klagende Partei habe sich als Zessionar der G. E***** KG auch deren Verhalten und Verschulden im Verhältnis zur beklagten Partei anrechnen zu lassen.
Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der klagenden Partei S 83.309 samt Zinsen zu zahlen; das Mehrbegehren von S 30.337 samt Zinsen wurde (unangefochten) wegen der betraglichen Haftungsgrenzen der CMR abgewiesen. Gemäß Art 17 CMR hafte der Frachtführer für die Beschädigung des transportierten Guts, sofern diese zwischen dem Zeitpunkt der Übernahme und der Ablieferung eintrete. Auch wenn die Be- und die Entladung der Tanks vom Absender bzw vom Empfänger vorgenommen worden sei, habe der LKW-Lenker der beklagten Partei dadurch in den Beladevorgang eingegriffen, dass er nach der Teilentladung bestimmte (nicht ausreichende) Sicherungsmaßnahmen vorgenommen habe. Die Absenderin habe zu diesem Zeitpunkt gar nicht die Möglichkeit gehabt, darauf Einfluss zu nehmen. In einem solchen Fall liege es sehr wohl im Verantwortungsbereich des ausführenden Frachtführers eines Sammeltransports, dafür zu sorgen, dass geladenes Frachtgut nicht durch Eingriffe anderer Sammelgut-Empfänger Schaden nimmt und dass das nach dem Entladen der Sammelgüter verbleibende Transportgut ausreichend gesichert wird.
Das Berufungsgericht gab der dagegen von der beklagten Partei erhobenen Berufung nicht Folge. Die Klägerin habe ihre Aktivlegitimation auch auf die Abtretung sämtlicher Rechte durch die Auftraggeberin der beklagten Partei gestützt. Dass diese ihrerseits weder einen Schaden erlitten, noch einem anderen einen Schaden ersetzt habe, könne nicht schaden, weil ihr als Unterfrachtführer das Recht zur Drittschadensliquidation zuzugestehen sei. Die beklagte Partei habe auch für die mangelnde Ladungssicherung einzustehen. Der Auffassung, der LKW-Fahrer sei in der Haftungssphäre der G. E***** KG tätig geworden, sodass diese für die mangelhafte Ladungssicherung hafte, sei nicht beizutreten. Bei Schäden am Frachtgut als Folge unsachgemäßer Verladung bzw Verstauung vertrete der Oberste Gerichtshof in nunmehr ständiger Rechtsprechung den Standpunkt, die Haftungsbefreiung nach Art 17 Abs 4 lit c CMR richte sich ausschließlich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Maßgebend sei allein, wer die Operation tatsächlich durchgeführt habe. Sofern Leute des einen und Personal des anderen Teils zusammenwirkten, sei die Operation als von jenem Teil vorgenommen anzusehen, der persönlich oder durch seine Leute die Oberaufsicht innehat. Diese Grundsätze müssten in gleicher Weise für Verladung und Verstauung gelten. Im vorliegenden Fall sei der LKW-Fahrer "Herr des Ladesicherungsvorgangs" gewesen. Es gebe keinen Hinweis auf ein Zusammenwirken mit Leuten der G. E***** KG bei der Ladungssicherung nach der erfolgten Teilentladung. Das Berufungsgericht sprach zuletzt aus, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei; eine unmittelbar anwendbare höchstgerichtliche Judikatur zur Frage der Haftung für die neuerliche Ladungssicherung nach Teilentladung liege nicht vor.
Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der Judikatur des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist. Sie ist auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die klagende Partei beruft sich für ihre Aktivlegitimation einerseits auf einen Forderungsübergang nach § 67 VVG, wodurch sie auf Grund ihrer Ersatzleistung an ihren Versicherungsnehmer, die Spedition J. D***** & Co, Schadenersatzansprüche erworben habe; andererseits seien ihr die Schadenersatzansprüche von der Auftraggeberin der beklagten Partei, der G. E***** KG, abgetreten worden. Zuerst ist daher zu prüfen, ob eine der beiden genannten Gesellschaften berechtigt gewesen wäre, Schadenersatzansprüche gegen die beklagte Partei geltend zu machen.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind im vorliegenden Fall die auch von der österreichischen Judikatur nunmehr anerkannten Grundsätze der Drittschadensliquidation (vgl dazu nur die Nachweise bei Csoklich, Zur Anspruchsberechtigung im Straßengüterverkehr, RdW 1997, 188 ff), die es dem Hauptfrachtführer gestatten, Ersatzansprüche gegen den Unterfrachtführer ohne Rücksicht auf einen eigenen Schaden oder eine bereits vorgenommene Ersatzleistung geltend zu machen, nicht heranzuziehen. Im Verhältnis zwischen der Firma E***** als Hauptfrachtführer und der beklagten Partei als Unterfrachtführer kommen nämlich die Bestimmungen des Kapitels VI der CMR zur Anwendung.
Nach Art 34 CMR haftet bei einer Beförderung, die Gegenstand eines einzigen Vertrags ist und von aufeinanderfolgenden Straßenfrachtführern ausgeführt wird, jeder von ihnen für die Ausführung der gesamten Beförderung; der zweite und jeder folgende Frachtführer werden durch die Annahme des Gutes und des Frachtbriefs nach Maßgabe der Bedingungen des Frachtbriefs Vertragspartei. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Gesetzesstelle (siehe im Einzelnen dazu etwa Basedow in MünchKomm HGB, CMR, Art 34 Rz 8 ff) sind im vorliegenden Fall erfüllt. Alle abgeschlossenen Frachtverträge erfassen die Beförderung der Tanks von Solingen nach Wien. Die beklagte Partei hat das Gut und den Frachtbrief übernommen, der für die gesamte Strecke der Beförderung ausgestellt wurde und demnach als "durchgehender" Frachtbrief zu qualifizieren ist. Nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofs sind "aufeinanderfolgende" Straßenfrachtführer nicht nur solche, die die Beförderung auf einzelnen Teilstrecken - wenn auch auf Grund eines durchgehenden Frachtbriefs - durchführen; auch wenn bloß eine entsprechende Vertragskette vorliegt, ohne dass der Hauptfrachtführer auch nur einen Teil der Beförderung selbst durchgeführt hätte, ist Art 34 CMR - und damit das gesamte Kapitel VI (Art 34 bis 40) - anzuwenden (SZ 57/75, TranspR 1989, 222, VersR 1999, 1132 ua; siehe dazu auch Koller, Transportrecht4, Rz 3 zu Art 34 CMR mit Judikaturnachweisen in FN 13). Art 34 CMR umfasst damit auch jene Fälle, in denen der Hauptfrachtführer den gesamten Auftrag einem Unterfrachtführer weitergibt. Für die Anwendung des Art 34 CMR wird nur vorausgesetzt, dass die grenzüberschreitende Beförderung Gegenstand eines einzigen Vertrags war und auch ein einziger (durchgehender) Frachtbrief ausgestellt wurde, den jeder der gegebenenfalls aufeinanderfolgenden Frachtführer annimmt und weitergibt (TranspR 1989, 222 unter Hinweis auf JBl 1986, 317 ua).
Kommt nun aber für das vorliegende Rechtsverhältnis zwischen der G. E***** KG und der beklagten Partei das Kapitel VI der CMR zur Anwendung, so käme eine Anspruchsberechtigung der Ersteren gemäß Art 37 nur in Betracht, wenn sie bereits eine Entschädigung an einen Dritten geleistet hätte. Da dies nicht der Fall ist, kann die klagende Partei ihre Ansprüche nicht von der G. E***** KG ableiten.
Aber auch die Berufung auf einen Forderungsübergang von der J. D***** & Co an die klagende Partei geht ins Leere. Diese ist nämlich im Rahmen des zu beurteilenden Vertragsverhältnisses nicht als Absender im Sinne der CMR anzusehen, sodass sie auch nicht als solcher Ersatzansprüche gegen jeden Frachtführer in der vertraglichen Frachtführerkette erheben kann. Nach herrschender Auffassung ist die Aktivlegitimation des Absenders in der CMR nicht ausdrücklich geregelt, sondern kann sich nur aus allgemeinen vertragsrechtlichen Grundsätzen, nämlich aus seiner Stellung als Vertragspartner des Beförderers, ergeben (siehe dazu nur Basedow, aaO Rz 20 zu Art 13 CMR). Absender im Sinne der CMR ist der eigentliche Vertragspartner des Beförderers, der den Frachtvertrag im eigenen Namen abgeschlossen hat (Basedow, aaO Rz 22); nur auf den Vertrag zwischen dieser Person und dem Beförderer ist die CMR anzuwenden (Basedow, aaO Rz 22). Der Absender ist (nur) "als Auftraggeber des Frachtführers" berechtigt, gegen diesen Schadenersatzansprüche geltend zu machen (Seltmann in Thume, Kommentar zur CMR, Rz A 7 zu Art 17). Vertragspartnerin der J. D***** & Co ist hier aber die H***** GmbH, die ihrer Auftraggeberin gegenüber auch für das Verhalten ihrer Hilfspersonen, also auch allfälliger Unterfrachtführer, haftet (Art 3 CMR).
Ein Direktanspruch gegenüber dem (letzten) Unterfrachtführer besteht nicht. Die J. D***** & Co ist weder gegenüber der beklagten Partei noch gegenüber der G. E***** KG Absenderin:
Im vorliegenden Fall bezieht sich nämlich der Frachtbrief auf ein Vertragsverhältnis, an dem die J. D***** & Co gar nicht beteiligt ist. Er weist nämlich den Transportauftrag der H***** GmbH - als Absenderin - an die G. E***** KG aus, die sich schließlich der beklagten Partei als Unterfrachtführer bedient hat. Dass in diesem Vertragsverhältnis die J. D***** & Co nicht als Absenderin qualifiziert werden kann, ergibt sich bereits daraus, dass nach Art 12 Abs 1 CMR der Absender gegenüber dem Frachtführer weisungsberechtigt ist; dies kann sich nur auf den "frachtbriefmäßigen" Absender beziehen, weil eine allfällige Berechtigung Dritter für den Frachtführer nicht überprüfbar wäre. Zwischen der J. D***** & Co und der G. E***** KG bzw der beklagten Partei besteht, aber mangels Ausstellung des durchgehenden Frachtbriefs durch die erstgenannte Gesellschaft ersichtlich kein direktes Vertragsverhältnis - von der J. D***** & Co wurde auch kein Frachtbrief ausgestellt -, sodass zwischen diesen Personen auch keine direkten Ersatzansprüche entstehen konnten. Die J. D***** & Co könnte allfällige Ersatzansprüche nur gegen ihren unmittelbaren Vertragspartner, die H***** GmbH richten. Ein direkter Anspruch gegen die beklagte Partei würde eine Forderungsabtretung der H***** GmbH voraussetzen.
Da somit die klagende Partei jedenfalls nicht zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen die beklagte Partei legitimiert ist, kann es dahingestellt bleiben, ob diese die Verantwortlichkeit für den eingetretenen Schaden trifft; jedenfalls der klagenden Partei gegenüber ist sie nicht zum Schadenersatz verpflichtet.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind daher im Sinne einer Klageabweisung abzuändern.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten beruht auf § 41 Abs 1 ZPO, für die Rechtsmittelverfahren iVm § 50 Abs 1 ZPO.
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