OGH 1Ob185/56

OGH1Ob185/5628.3.1956

SZ 29/29

Normen

ABGB §91
ABGB §1152
ABGB §1175
ABGB §1431
ABGB §91
ABGB §1152
ABGB §1175
ABGB §1431

 

Spruch:

Die von einem Lebensgefährten für den anderen erbrachten Leistungen sind grundsätzlich unentgeltlich, es sei denn, daß ein besonderer Rechtsgrund für die Entgeltlichkeit gegeben ist.

Entscheidung vom 28. März 1956, 1 Ob 185/56.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Das Erstgericht wies das Klagebegehren auf Räumung von zwei Grundstücken ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Die Streitteile lebten vom Jahre 1945 bis 1953 in Lebensgemeinschaft. Dem Kläger wurde vom Magistrat der Stadt W. das Grundstück 2157/20 Katastralgemeinde L., welches öffentliches Gut ist, gegen jederzeitigen Widerruf und gegen eine jährliche Benützungsgebühr von 100 S zur Benützung überlassen. Diese sowie die Steuern und Abgaben zahlte der Kläger. In den Jahren 1946 bis 1947 errichtete der Kläger auf diesem Grundstück ein Haus. Dazu verwendete er hauptsächlich Baumaterial, welches auf Schutthalden und Bauplätzen herumlag. Die geringfügigen geldlichen Auslagen bestritt der Kläger aus seinem Arbeitsverdienst.

Der Kläger ist ferner Unterpächter der Gartenparzelle 173 derselben Katastralgemeinde. Auf diesem Grundstück errichtete der Kläger eine Werkzeughütte aus Holz und Ziegeln.

Die Beklagte half beim Bau des Hauses und der Hütte durch Herbeischaffen der Ziegel von den Schutthalden und durch Reinigen der Ziegel.

Im Zeitpunkt der Bauführungen war das Verhältnis der Streitteile noch leidlich. Der Kläger hatte noch nicht die Absicht, die Lebensgemeinschaft aufzulösen.

In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß der Erwerb von Lebensgefährten in deren gleichteiliges Eigentum übergehe, falls keine anderweitigen Vereinbarungen getroffen würden. Treu und Glauben hätten daher erfordert, daß der Kläger der berechtigten Ansicht der Beklagten, sie erwerbe Miteigentumsrechte, widersprochen hätte.

Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren Folge. Es übernahm die Feststellungen des Ersturteiles mit Ausnahme jener über das noch gute Verhältnis zwischen den Streitteilen während der Bauführungen. Es stellte auf Grund der Wiederholung der Parteienvernehmung fest, daß sich der Kläger im Jahre 1946 oder 1947, lange bevor noch von den gegenständlichen Baulichkeiten die Rede war, zur Beklagten äußerte: "Was wir machen, machen wir gemeinsam". Weiters stellte es fest, daß es schon im Zeitpunkt der Bauführungen zwischen den Streitteilen deshalb zu Differenzen kam, weil sich die Beklagte seit dem Jahre 1945 dem Trunke ergab, zu rauchen begann und den Haushalt vernachlässigte, so daß sie der Kläger schon damals wiederholt aufforderte, sie möge von ihm wegziehen, weil er die Lebensgemeinschaft auflösen wollte.

Außer Streit steht, daß die Beklagte in den Baulichkeiten nicht mehr wohnt, jedoch noch ihre Sachen dort hat.

In rechtlicher Hinsicht vertritt das Berufungsgericht folgenden Standpunkt:

Durch das Eingehen einer Lebensgemeinschaft entstunden keinerlei gegenseitige Rechte und Pflichten. Es sei weder eine ausdrückliche noch eine stillschweigende Vereinbarung dahin getroffen worden, daß beide Parteien gleichteiliges Eigentumsrecht erwerben sollten. Dies könne auch nicht aus der Äußerung des Klägers gefolgert werden, da sie lange Zeit vor der Pachtung bzw. Übernahme der Grundstücke durch den Kläger erfolgt sei, somit in keinem Zusammenhang damit stehe, und der Kläger schon im Zeitpunkte der Bauführungen seine Absicht kundgegeben hätte, die Lebensgemeinschaft aufzulösen. Der Kläger habe den größten Teil des Baumaterials selbst beschafft und die Baulichkeiten selbst errichtet. Er sei daher als ihr Alleineigentümer anzusehen. Die geringfügige Mitarbeit der Beklagten gebe ihr kein Miteigentumsrecht an den Bauwerken. Der Kläger sei gemäß §§ 416, 419 bzw. 417 ABGB. auch Eigentümer dieses fremden Materials geworden, das als Nebensache mit der ihm gehörigen Hauptsache verbunden worden sei. Als Alleineigentümer der Bauwerke und Alleinbenützungs- und Verfügungsberechtigter hinsichtlich der Grundstücke könne der Kläger von der Beklagten, welche weder Eigentums- noch Bestand- oder Benützungsrechte habe, nach Auflösung der Lebensgemeinschaft die Räumung der Grundstücke begehren.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Revisionswerberin meint, aus der festgestellten Äußerung des Klägers, alles gemeinsam zu machen, ergebe sich sein Wille, mit der Beklagten gemeinsames Eigentumsrecht an den Baulichkeiten zu begrunden. Wenn der Kläger dies hätte verhindern wollen, hätte er der Beklagten die Mitarbeit untersagen müssen.

Diesen Ausführungen kann nicht beigepflichtet werden. Die rechtliche Tragweite derartiger Äußerungen darf nicht überschätzt werden. Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß aus diesen gelegentlichen, ganz allgemein gehaltenen, in keinem Zusammenhang mit der konkreten Bauführung stehenden Äußerungen des Klägers eine derart weitgehende rechtliche Schlußfolgerung, wie die Beklagte vermeint, nicht gezogen werden kann, und daß die Verschlechterung des beiderseitigen Verhältnisses seit dem Zeitpunkt dieser Äußerung bis zum Beginn der Bauführungen dies um so weniger zuläßt.

Daß zwischen den Streitteilen eine Erwerbsgesellschaft im Sinne der §§ 1175 ff. ABGB. begrundet wurde, wurde weder behauptet, noch ergibt sich dies aus dem vorliegenden Sachverhalt. In der Eingehung der Lebensgemeinschaft an sich kann noch nicht der Abschluß eines Gesellschaftsvertrages erblickt werden (2 Ob 791/53). Nach ständiger Rechtsprechung (GerH. 1932 S. 190, ZBl. 1935 Nr. 10, SZ. XIX 302, EvBl. 1954 Nr. 372 u. a.), von der abzugehen kein Anlaß besteht, sind die von jedem Lebensgefährten erbrachten Leistungen grundsätzlich unentgeltlich, es sei denn, daß ein besonderer Rechtsgrund für die Entgeltlichkeit gegeben ist. Dies trifft hier nicht zu. Da der Gesellschaftsvertrag ein entgeltliches Rechtsgeschäft ist (SZ. XXIII 8), müßten aber die einzelnen Leistungen der Gesellschafter selbst entgeltlich sein, damit eine Gesellschaft überhaupt zur Entstehung gelangt sein könnte.

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