Spruch:
I. Die Parteibezeichnung der klagenden Partei wird von "Ö***** Aktiengesellschaft" auf "V***** AG" berichtigt.
II. Beide Revisionen werden zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 14.316,21 S (darin 2.386,03 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Begründung
Das Erstgericht wies das Klagebegehren von 1 Mio S sA ab.
Das Berufungsgericht erkannte der klagenden Partei 890.080 S sA zu und bestätigte die Abweisung von 109.920 S sA. Die Zulässigkeit der ordentlichen Revision sprach es deshalb aus, "weil eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu einem gleich gelagerten Problem nicht vorgefunden" worden sei.
I.
Die klagende Partei beantragte die Berichtigung ihrer Parteibezeichnung unter Vorlage eines Auszugs aus dem Firmenbuch über die Änderung ihrer Firma. Dieser Auszug belegt die Richtigkeit ihres Vorbringens. Somit ist dem Antrag gemäß § 235 Abs 5 ZPO stattzugeben.
II. Beide Revisionen sind unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
1. Zum Rechtsmittel der klagenden Partei:
1. 1. Die Revisionswerberin wendet sich gegen die Abweisung eines Teils ihres Klagebegehrens wegen Verjährung. Sie führt ins Treffen, der Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen für Schlammbaggerungen beruhe weder auf einem Geschäft des täglichen Lebens noch auf einer "Geschäftsbesorgung im Rahmen des klägerischen Geschäftsbetriebes", werde doch nur der "Ersatz für einen stromerzeugungsfremden, im Auftrag der beklagten Partei gemachten Aufwand" geltend gemacht. Somit sei aber § 1486 Z 1 ABGB unanwendbar, woraus folge, dass der Klageanspruch erst in dreißig Jahren verjähre.
Die kurze Verjährungszeit gemäß § 1486 Z 1 ABGB wurde durch die III. Teilnovelle in Anlehnung an § 196 BGB für Forderungen aus Geschäften des täglichen Lebens eingeführt. Maßgebend war das Bedürfnis nach Rechtssicherheit, weil bei solchen Geschäften nach längerer Zeit Beweisschwierigkeiten auftreten. Die Bezeichnung als "Geschäfte des täglichen Lebens" in der Regierungsvorlage weist nur auf den Beweggrund für die Einführung der kurzen Verjährung für gewisse Forderungen hin. Für die Lösung der Verjährungsfrage ist jedoch nur die Aufzählung der Forderungen im Gesetz bedeutsam. Somit fallen auch Forderungen, bei denen die zugrunde liegenden Geschäfte nicht mehr als solche des täglichen Lebens beurteilt werden können, also auch Forderungen über große Beträge, aber auch solche aus selten vorkommenden Geschäften, unter § 1486 Z 1 ABGB, sofern sie nur zu einer der in dieser Gesetzesstelle aufgezählten Gruppen gehören.
Die den Forderungen nach § 1486 Z 1 ABGB zugrunde liegenden Lieferungen und Leistungen müssen in einem "Geschäftsbetrieb" erbracht worden sein, ohne dass aber eine den Bestimmungen der Gewerbeordnung entsprechende Berechtigung Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Gesetzesstelle wäre. Die Abgrenzung dieses Begriffs ist so vorzunehmen, dass darunter nicht auch Forderungen für Leistungen fallen, die etwa aus Gefälligkeit erbracht wurden oder nur einem Gelegenheitserwerb entspringen. Es ist auch nicht erforderlich, dass die Leistungen dem Unternehmensgegenstand entsprechen. Es genügt vielmehr ein organisatorischer Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb (vgl. dazu 2 Ob 501/95; HS 25.717 je mwN aus der Rsp). Die Fassung des § 1486 Z 1 ABGB soll also nach dem Willen des Gesetzgebers "so ziemlich den gesamten geschäftlichen Verkehr" umfassen (2 Ob 501/95; JBl 1996, 518 = EvBl 1996/10).
Auf dem Boden dieser Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kann es nicht zweifelhaft sein, dass die - zufolge öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen der klagenden Partei - erforderlichen Schlammbaggerungen im Bereich der Schleusenvorhäfen der Kraftwerke zwecks Aufrechterhaltung der Schifffahrt zu deren Geschäftsbetrieb gehören und dem Klagebegehren daher Forderungen zugrunde liegen, auf die als Verjährungsnorm § 1486 Z 1 ABGB anzuwenden ist.
1. 2. Zur Frage, ob der Ablauf der Verjährungsfrist durch Vergleichsverhandlungen gehemmt war, führte das Berufungsgericht bloß aus, "substantielle Verhandlungen über die Höhe des zu zahlenden Entgeltes" hätten "nicht unter Beweis gestellt werden" können, "weil letztlich auf die Einvernahme aller Zeugen verzichtet" worden sei (ON 13 S. 17 f). Wenngleich sich die klagende Partei zum Nachweis des behaupteten Hemmungstatbestands nur auf die "beiliegende Korrespondenz (ON 3 S. 10), auf "Rechnungen, Verträge und Korrespondenz wie bisher" (ON 6 S. 4) sowie auf die Durchführung der "PV" (ON 3 S. 10) als Beweismittel berief, bezog sich deren in der Verhandlungstagsatzung vom 12. 7. 1999 (ON 8 S. 2) erklärter Verzicht "auf die Einvernahme sämtlicher Zeugen" offenkundig auf die beantragte "PV". Gegenteiliges wird in der Revision nicht behauptet. Demnach kann aber der soeben referierte Teil der Entscheidungsgründe des Berufungsgerichts nur so verstanden werden, dass sich allein aufgrund der im Verfahren erster Instanz verlesenen Urkunden (ON 4 S. 1), auf die die Revisionsausführungen gestützt wurden, noch keine "substantiellen Verhandlungen" als Tatsachengrundlage für die Verwirklichung eines Hemmungstatbestands feststellen ließen. Darin ist ein der Nachprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogener Akt der Beweiswürdigung zu erblicken. Überdies unterließ es die klagende Partei, im Berufungsverfahren Feststellungsmängel zur Verjährungsfrage zu rügen (ON 10). Soweit kann aber die im Verfahren zweiter Instanz unterbliebene Rechtsrüge im Revisionsverfahren nicht mehr nachgeholt werden (Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 5 zu § 503 mN aus der Rsp).
1. 3. Zur Ansicht der klagenden Partei, der für den Fall einer wirksamen Vertragskündigung hilfsweise geltend gemachte Bereicherungsanspruch verjähre erst nach dreißig Jahren, ist auf die nachstehenden Ausführungen zu verweisen.
2. Zum Rechtsmittel der beklagten Partei:
2. 1. Die Rechtsmittelwerberin erkennt, dass die Begründung des Gerichts zweiter Instanz für die Zulässigkeit der ordentlichen Revision nicht hinreicht, wird sich doch fast nie eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs "zu einem gleich gelagerten Problem" finden. Wären die vom Berufungsgericht ins Treffen geführten Erwägungen für die Zulässigkeit einer ordentlichen Revision stichhältig, so wäre der Oberste Gerichtshof stets zur letztinstanzlichen Sachentscheidung berufen, wenn eine Vorentscheidung über einen nach den entscheidungsrelevanten Elementen gleichen Sachverhalt nicht aufzufinden ist. Daher erblickt die beklagte Partei die Zulässigkeit der ordentlichen Revision darin, dass das Gericht zweiter Instanz "von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes betreffend die Kündbarkeit von Dauerschuldverhältnissen eindeutig" abgewichen sei. Das ist indes, wie noch näher zu begründen sein wird, unzutreffend.
2. 2. Das Berufungsgericht legte das Dauerschuldverhältnis zwischen den Streitteilen im streitentscheidenden Punkt dahin aus, dass das vertragliche Recht der klagenden Partei, einen Teil ihrer Aufwendungen für die Schlammbaggerungen im Bereich der Vorhäfen der Schleusen auf die beklagte Partei zu überwälzen, "vor Beendigung des Schleusenbetriebes bei den Kraftwerken" keiner ordentlichen Kündigung unterliege, weil die Schleusen nicht nur der Stromerzeugung, "sondern auch der Verbesserung der Schifffahrt" dienten. Wäre die Kündigung der beklagten Partei als ordentliche wirksam, so hätte sie sich ihrer Vertragspflicht, die für die Aufrechterhaltung der Schifffahrt - nach einem völkerrechtlichen Vertrag und nach innerstaatlichem Recht - erforderlichen Maßnahmen mitzufinanzieren, zu Lasten der klagenden Partei gänzlich entledigt.
Soweit die beklagte Partei dagegen ins Treffen führt, das entspreche einer zeitlich unbeschränkten "Knebelung" und sei deshalb sittenwidrig, ist bloß zu erwidern, dass in dieser Vertragsauslegung zumindest kein gravierender Entscheidungsfehler zu erblicken ist, dessen Korrektur durch den Obersten Gerichtshof im Interesse der Wahrung der Rechtssicherheit erforderlich wäre.
2. 3. Die feststehenden Tatsachen, dass
- der Rechnungshof eine präzise begleitende Kontrolle der Abrechnungen für die Scheusenbetriebskosten, wozu auch die Rechnungen der klagenden Partei über Schlammbaggerungen gehören, verlangte,
- einem solchen Verlangen nur durch einen vielfach vermehrten Verwaltungsaufwand entsprochen werden könnte,
- dem Amt für Schifffahrt privatwirtschaftliche Aufgaben zu übertragen wären, zu deren Erledigung es weder befugt noch fähig sei,
- die gesamten Abrechnungsmodalitäten so unüberschaubar würden, dass die Verträge "nicht mehr vollziehbar" wären und
- sich schließlich die Schleusenbetriebskosten in den letzten Jahren drastisch erhöhten,
können nach der bekämpften Ansicht des Berufungsgerichts aber auch keine wirksame außerordentliche Kündigung aus wichtigen Gründen tragen.
Befristete Dauerschuldverhältnisse - im Anlassfall bezieht sich die Befristung nach der zumindest vor dem Hintergrund des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu beanstandenden Auslegung durch das Gericht zweiter Instanz auf den Zeitraum des Schleusenbetriebs - können mit Wirkung ex nunc jederzeit aus einem wichtigen Grund vorzeitig aufgelöst werden. Als Auflösungsgründe kommen etwa Vertragsverletzungen und der dadurch bedingte Verlust des Vertrauens zum Vertragspartner oder erhebliche Änderungen der Verhältnisse in Betracht, die eine weitere Aufrechterhaltung der vertraglichen Bindungen unzumutbar erscheinen lassen. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass auf Dauer angelegte Rechtsverhältnisse in besonderem Maß dem Einfluß von Veränderungen der im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses maßgeblichen Verhältnisse unterliegen, weil auch sorgfältigste Parteien im Vertrag nicht für alle zukünftigen Wechselfälle Vorsorge treffen können. Gründe, mit denen schon bei Abschluss des Dauerrechtsverhältnisses gerechnet werden musste, oder Veränderungen, die von den Vertragsparteien offensichtlich in Kauf genommen wurden, rechtfertigen dessen vorzeitige Auflösung jedenfalls nicht. Wichtige Gründe für eine solche Vertragsaufhebung hat derjenige zu behaupten und zu beweisen, der die Auflösung erklärt. Deren Eignung die Aufhebung des Vertrags herbeizuführen, hängt vom Ausmaß der Vorhersehbarkeit der gegen die Vertragsbindung geltend gemachten Umstände und ihrer Zugehörigkeit zur Sphäre eines der Vertragspartner ab. Je eher solche Umstände im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorhersehbar waren und je mehr sie in die Sphäre des nun auflösungswilligen Vertragspartners fallen, desto größerer Stellenwert ist der Stabilität der Vertragsbindung beizumessen und desto höhere Anforderungen sind an die Gewichtigkeit der behaupteten Auflösungsgründe zu stellen (SZ 71/141 mwN).
2. 4. Das Rechnungswesen hätte nach dem Parteiwillen von vornherein so gestaltet werden können, dass die Abrechnungen über die Schlammbaggerungen einwandfrei überprüft werden könnten. Abhilfe gegen allfällige nicht sachgerechte Anforderungen des Rechnungshofs an eine nachvollziehbare Abrechnung könnte im Organisationsbereich der beklagten Partei geschaffen werden. Abgesehen von den gestiegenen Kosten der Schlammbaggerungen fallen auch alle weiteren Umstände, die in Beantwortung der Frage nach der Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung zu würdigen sind, gänzlich in die Sphäre der beklagten Partei.
Selbst die ins Treffen geführten Kostensteigerungen ("Gesichtspunkt der explodierenden Kosten") könnten durch Steuer- und Gebührenerhöhungen sowie durch die bei Arbeitsdurchführung einzuhaltenden besonderen Regelungen im Ingerenzbereich der beklagten Partei (Gesetzgebung und Vollziehung) mitverursacht worden sein. Die Inanspruchnahme gestiegener Kosten als Kündigungsgrund liefe überdies auf das Ergebnis hinaus, dass die beklagte Partei könne (auch) ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung zur Erhaltung der Schifffahrtsrinne nicht mehr entsprechen könne, weil sie sich die Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtung, die durch die Schlammbaggerungen der klagenden Partei entstehenden Kosten mitzutragen, nicht mehr leisten kann. Dass ein solches Ergebnis nicht annehmbar ist, bedarf wohl keiner weiteren Erörterung.
Bei allen ausschließlich in die Sphäre der beklagten Partei fallenden, als Stütze für das Kündigungsrecht herangezogenen Gründen könnte durch Änderungen deren Organisationsrechts Abhilfe geschaffen werden. Solche Maßnahmen sind der beklagten Partei auch zumutbar.
Im Lichte der unter 2. 3. dargestellten ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den Grundsätzen der außerordentlichen Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses liegt in der von der beklagten Partei in Zweifel gezogenen Ansicht des Gerichts zweiter Instanz zumindest keine grobe Fehlbeurteilung. Eine solche wäre jedoch nach § 502 Abs 1 ZPO die Voraussetzung für die Zulässigkeit der ordentlichen Revision.
3. Der Obersten Gerichtshof ist gemäß § 508a Abs 1 ZPO bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an einen Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden. Beide mangels Erfüllung der Voraussetzungen nach § 502 Abs 1 ZPO unzulässigen Revisionen sind somit zurückzuweisen, wobei sich der Oberste Gerichtshof gemäß § 510 Abs 3 ZPO auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken kann.
4. Beide Parteien wiesen in ihren Revisionsbeantwortungen auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels des Prozessgegners hin. Diese Schriftsätze dienten daher der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw Rechtsverteidigung. Jede der Parteien hat somit gemäß § 41 und § 50 Abs 1 ZPO Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Revisionsbeantwortung. Als Saldo der wechselseitigen Kostenersatzansprüche (1 Ob 2050/96v = SZ 69/70 [Kostenentscheidung dort nicht veröffentlicht]; SZ 67/143) ergab sich zugunsten der klagenden Partei der im Spruch ausgeworfene Betrag.
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