OGH 1Ob170/97z

OGH1Ob170/97z27.1.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr.Franz Gütlbauer und Dr.Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, wider die beklagte Partei Frans M***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Greiter, Pegger, Kofler & Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 230.040 S sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgerichts vom 26.März 1997, GZ 3 R 40/97s-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Wels vom 27.Dezember 1996, GZ 2 Cg 125/96a-9, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es - in teilweiser Wiederherstellung des Ersturteils und unter Einschluß der im angefochtenen Urteil bestätigten und unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Abweisung eines Teils des Zinsenbegehrens - insgesamt wie folgt zu lauten hat:

„Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 230.040 S samt 9 % Zinsen seit 30.November 1994 binnen 14 Tagen zu bezahlen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 80.609,60 S (darin 11.111,60 S Umsatzsteuer und 13.940 S Barauslagen) bestimmten Kosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu bezahlen.“

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei bestellte im März 1994 bei einem deutschen Unternehmen mit Sitz in Iserlohn einen kleinen und drei große „Einphasen-Trocken-Transformatoren ... ab Werk zum fakturierten Gesamtpreis von 48.939,04 DM“. Als diese am 30.Mai 1994 am Sitz der klagenden Partei in Gmunden einlangten, waren die drei großen Transformatoren schwer beschädigt. Die klagende Partei lehnte deren Übernahme ab, worauf sie zum Lieferanten zurücktransportiert, bei diesem repariert und sodann wieder an die klagende Partei ausgeliefert wurden. Der Lieferant verrechnete dieser 32.400 DM an Reparaturkosten, deren Bezahlung die klagende Partei ablehnte. Sie wurde daraufhin von ihrem Vertragspartner im August 1994 in der Bundesrepublik Deutschland geklagt. Mit Urteil vom 11.September 1995 wurden der dort klagenden Partei die geltend gemachten Reparaturkosten rechtskräftig zuerkannt.

Die klagende Partei zahlte der beklagten Partei 8.604,60 S (zuzüglich Taxe, Verzollung, Einfuhrabgaben, SVS- und SKR-Versicherungsprämien sowie Barvorlageprovision) für jenen Transport, bei dem die Transformatoren beschädigt worden waren. Noch am selben Tag, an dem versucht worden war, das Transportgut an die klagende Partei als Empfängerin auszuliefern, verwies diese die beklagte Partei mittels Telefax darauf, „daß alle anfallenden Kosten zwischen Ihnen und der ... deutschen Lieferantin ... geklärt werden müssen“. Darauf erwiderte die beklagte Partei mit Telefax vom 8.Juni 1994, die Transformatoren weder umgeladen noch in deren Transportsicherung eingegriffen zu haben. Mit Schreiben vom 18.November 1994 übersandte die klagende Partei der beklagten Partei die Reparaturkostenrechnung des Lieferanten über 32.400 DM und ersuchte, „die Schadensmeldung zur Bearbeitung an Ihre Versicherung ... weiterzuleiten“; zugleich verkündete die klagende Partei der beklagten Partei in dem in der Bundesrepublik Deutschland wegen der Reparaturkosten anhängigen Verfahrens den Streit. Mit prozessualem Schriftsatz vom 8.Dezember 1994 wiederholte die klagende Partei die Streitverkündung. Dieser Schriftsatz wurde der beklagten Partei am 31.Jänner 1995 zugestellt und mit Schriftsatz vom 22.August 1995 dahin beantwortet, daß die beklagte Partei dem dortigen Rechtsstreit nicht beitreten werde.

Die klagende Partei, die mit ihrem deutschen Vertragspartner Lieferung „ab Werk“ vereinbart hatte, traf selbst keine Maßnahmen, um den Transport der Transformatoren nach Gmunden in die Wege zu leiten. Sie ersuchte vielmehr ihren Vertragspartner, „den Transport zu organisieren und ihr die Rechnung dafür zukommen zu lassen“. Diese erteilte den Transportauftrag einem deutschen Speditionsunternehmen. Dessen näherer Inhalt ist nicht feststellbar. Ungeklärt ist daher auch, wer Vertragspartner des Speditionsunternehmens war und ob eine Spedition zu festen Kosten vereinbart wurde. Das Speditionsunternehmen gab „die Angelegenheit“ an eine „Schwestergesellschaft“ der beklagten Partei mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland weiter. Diese veranlaßte, daß eine im Eigentum der beklagten Partei stehende LKW-Wechselbrücke - das ist eine abnehmbare Ladefläche mit Planenaufbau - zum Absendeort gebracht wurde. Die Transformatoren wurden in der Folge auf diese Wechselbrücke verladen und mit Drähten befestigt. Daraufhin veranlaßte die „Schwestergesellschaft“ der beklagten Partei den Transport der beladenen Wechselbrücke nach Würzburg und beauftragte „mit dem weiteren Versand“ die beklagte Partei. In deren Auftrag beförderte ein anderer Frachtführer die beladene Wechselbrücke von Würzburg nach Suben in Österreich. Schließlich beauftragte die beklagte Partei, die selbst über kein Transportmittel verfügte, einen weiteren Frachtführer, die beladene Wechselbrücke von Suben nach Gmunden zu befördern. Auf dieser Teilstrecke kippten die Transformatoren auf der Ladefläche um, was deren Beschädigung verursachte. Die klagende Partei hatte erst aufgrund einer telefonischen Ankündigung der bevorstehenden Ablieferung der Transformatoren erfahren, daß die beklagte Partei „etwas mit deren Transport zu tun“ hat. Als Ablieferungstag wurde der 30.Mai 1994 (Montag) vereinbart.

Das Frachtgut bestand - abgesehen von den Transformatoren für die klagende Partei - aus einem weiteren Transformator, der in St.Pölten abzuliefern war. Über den Transport wurde lediglich ein „internationaler (Sammelgut-)Frachtbrief“ vom 25.Mai 1994 ausgestellt. Darin ist die „Schwestergesellschaft“ der beklagten Partei als Absender und die beklagte Partei als Empfänger bezeichnet. Als Frachtführer werden jene Unternehmer genannt, die den Transport auf den beiden deutschen Teilstrecken durchführten.

Die „Schwestergesellschaft“ der beklagten Partei hatte am 25.Mai 1994 noch ein Bordereau „für die vier Transformatoren“ ausgestellt. Es bezeichnet den deutschen Lieferanten als Absender und die klagende Partei als Empfänger. Im übrigen ist darin „ein Umladeverbot“ festgehalten. Am 26.Mai 1994 stellte die beklagte Partei ein weiteres derartiges Bordereau aus, in dem jedoch das Umladeverbot nicht mehr erwähnt ist. Tatsächlich wurden die Transformatoren bis zum Einlangen am Zielort niemals umgeladen, sondern befanden sich „durchgehend und unverändert“ auf der Wechselbrücke, auf die sie der Lieferant verladen hatte. Ein Zu- bzw Beladeverbot bestand nicht. Nicht feststellbar ist, daß ein Bediensteter der beklagten Partei die Drahtbestigung der Transformatoren auf der Wechselbrücke verändert oder gar gekappt hätte.

Die klagende Partei begehrte den Zuspruch von 230.040 S sA als Aufwandersatz für die Transformatorenreparatur und brachte vor, die beklagte Partei habe den Transport gegen eine fixe Frachtpauschale übernommen. Der Lieferant habe den Frachtvertrag namens der klagenden Partei geschlossen. Die beklagte Partei hafte für Transportschäden aber jedenfalls „nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter“. Die Allgemeinen Österreichischen Spediteurbedingungen seien in das Vertragsverhältnis nicht einbezogen worden. Die beklagte Partei oder einer ihrer Erfüllungsgehilfen habe das Frachtgut nicht ordnungsgemäß befördert. Das Umladeverbot sei verletzt und die Drahtbefestigung des Frachtguts gekappt worden. Die beklagte Partei habe auch eine Beiladung veranlaßt. Ihr sei im übrigen ein schuldhafter Fahrfehler des LKW-Lenkers zuzurechnen. Ein Verladefehler liege nicht vor, vielmehr sei von einem groben Verschulden der beklagten Partei und deren Leute auszugehen. Die beklagte Partei habe für den Transportschaden nach CMR-Bestimmungen einzustehen. Der Klageanspruch sei nicht verjährt, weil die hier klagende Partei der beklagten Partei im Rechtsstreit vor einem deutschen Gericht mit Schriftsatz vom 8.Dezember 1994 den Streit verkündet habe. Das habe eine Unterbrechung der Verjährung bewirkt. Außerdem seien die Streitteile zumindest schlüssig übereingekommen, das Ergebnis dieses Prozesses abzuwarten. Die Verjährungseinrede widerstreite somit auch den guten Sitten. Der Schaden sei im Verhältnis zur beklagten Partei mit Schreiben vom 18.November 1994 reklamiert worden. Es sei keine Schadensliquidierung durch einen Versicherer erfolgt.

Die beklagte Partei wendete ein, keine Vertragsbeziehungen zur klagenden Partei zu haben. Sie habe den Transportauftrag von ihrer „Tochtergesellschaft“ erhalten, keine Speditionspflichten verletzt, einen gewerblich befugten Frachtführer beigezogen und eine SVS-Versicherung eingedeckt. Deshalb sei sie auch nach den Allgemeinen Österreichischen Spediteurbedingungen haftungsfrei. Allfällige Ansprüche der klagenden Partei seien verjährt. Die Streitverkündung im Rahmen eines Zivilprozesses vor einem deutschen Gericht sei wirkungslos. Mangels einer Vertragsbeziehung der Streitteile habe die klagende Partei auch nicht gültig reklamiert. Den Transportschaden habe der Absender durch eine unzureichende Verladung und mangelhafte Sicherung des Frachtguts verursacht. Dafür habe die beklagte Partei nicht zu haften. Ansprüche der klagenden Partei könnten allenfalls gegen den Hauptfrachtführer, aber jedenfalls nicht gegen den Unter- oder einen Folgefrachtführer bestehen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach seiner Ansicht lassen die Feststellungen lediglich den Schluß zu, daß die beklagte Partei als Spediteur im Sinne des § 407 HGB tätig geworden sei. Dafür spreche vor allem die Tatsache, daß die beklagte Partei über keine Transportmittel verfüge. Diese sei jedoch nicht derjenige Spediteur gewesen, mit dem der Absender „(im eigenen Namen oder in dem der Klägerin) in eine Vertragsbeziehung (unbekannter Art) getreten“ sei. Die beklagte Partei könne daher allenfalls bloß „Zwischen-, Unter- oder Empfangsspediteur“ gewesen sein. Ein derartiger Spediteur werde weder Vertragspartner des Versenders noch des Empfängers. Mangels einer Vertragsbeziehung der Streitteile scheide eine vertragliche Haftung der beklagten Partei aus. Denkbar sei lediglich deren deliktische Haftung für ein „schadenskausales, rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten“ ihrer Bediensteten. Ein solches sei jedoch nicht erwiesen. Es könnte auch ein anderer die Befestigung des Frachtguts verändert haben. Eine Umladung habe nicht stattgefunden. Die Zu- oder Beiladung anderen Frachtguts sei nicht untersagt gewesen. Ein allfälliger Fahrfehler des LKW-Lenkers sei nicht der beklagten Partei, sondern dem letzten Frachtführer zuzurechnen. Ein Auswahlverschulden habe die klagende Partei nicht behauptet.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil teilweise ab, sprach der klagenden Partei 230.040 S samt 5 % Zinsen seit 25.Mai 1996 zu und bestätigte die Klageabweisung zum Zinsenmehrbegehren. Es sprach im übrigen aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. In rechtlicher Hinsicht erwog es, bewiesen sei nur die schon in der Klagebeantwortung zugestandene Tatsache, daß dem Klageanspruch ein Sammeltransport zugrundeliege. Darauf sei gemäß § 413 Abs 2 HGB Frachtrecht anzuwenden. Infolge eines grenzüberschreitenden Transports seien die Bestimmungen des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) maßgeblich. Der nähere Inhalt des Frachtbriefs sei - entgegen der Ansicht der beklagten Partei - unerheblich, habe dieser doch gemäß Art 4 CMR nur deklarative Bedeutung. Der Empfänger sei nach Art 13 CMR berechtigt, die Rechte aus dem Beförderungsvertrag im Falle einer Beschädigung des Frachtguts gegen den Frachtführer im eigenen Namen geltend zu machen. Gemäß Art 36 CMR richteten sich derartige Ersatzansprüche gegen den ersten, den letzten oder denjenigen Frachtführer, der den Teil der Beförderung besorgt habe, in dessen Verlauf die Schadensursache eingetreten sei. Daraus folge, daß die klagende Partei aktiv und die beklagte Partei passiv legitimiert sei. Der Frachtführer hafte gemäß Art 17 Abs 1 CMR für eine Beschädigung des Frachtguts von seiner Übernahme bis zu seiner Ablieferung. Er sei von dieser Haftung gemäß Art 17 Abs 4 lit c CMR dann befreit, wenn die Beschädigung infolge des Verladens bzw Verstauens durch den Absender, den Empfänger oder Dritte, die für den Absender oder Empfänger gehandelt hätten, verursacht worden sei. Die beklagte Partei habe derartiges zwar behauptet, jedoch nicht bewiesen. Die Vermutung des Art 18 Abs 2 CMR gelte nur für die Kausalität, befreie jedoch den Frachtführer nicht vom Beweis einer der in Art 17 Abs 4 CMR aufgezählten Umstände. Die beklagte Partei hafte daher für die Beschädigung des Frachtguts. Es sei auch kein Sachverhalt erwiesen, an den Art 41 AÖSp eine Haftungsbefreiung knüpfe. Demnach erübrige es sich zu prüfen, ob diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen überhaupt anzuwenden seien.

Gemäß Art 32 Abs 1 lit a CMR seien Ansprüche infolge Beschädigung des Frachtguts nach einem Jahr ab dem Tag seiner Ablieferung verjährt. Gemäß Art 32 Abs 3 CMR gelte für die Hemmung und Unterbrechung der Verjährung das Recht des angerufenen Gerichts. Anders als nach deutschem Recht werde die Verjährung nach österreichischem Recht durch eine Streitverkündung nicht unterbrochen. Sie sei jedoch aufgrund einer schriftlichen Reklamation gemäß Art 32 Abs 2 CMR bis zu dem Tag gehemmt, an dem der Frachtführer die Reklamation schriftlich zurückweise und die beigefügten Belege zurücksende. Das Schreiben der klagenden Partei vom 18.November 1994 sei als Reklamation zu qualifizieren. Deren Zurückweisung habe die beklagte Partei nicht einmal behauptet. Die Verjährung sei daher „zum Zeitpunkt der Klagseinbringung“ gehemmt gewesen. Der Klageanspruch sei somit nicht verjährt. Die beklagte Partei hätte für den Transportschaden selbst dann einzustehen, wenn die Transformatoren nicht umgeladen und die Befestigungsdrähte nicht gekappt worden wären. Gegen die Höhe des Klageanspruchs habe die beklagte Partei „nichts Konkretes vorgebracht“. Der beklagte Partei könne jedoch nicht der Zahlungsverzug der klagenden Partei im Verhältnis zum Lieferanten angelastet werden. Die Voraussetzungen für einen den gesetzlichen Zinsfuß übersteigenden Zinsenzuspruch habe die klagende Partei „ebensowenig bewiesen wie eine Fälligstellung der Klagsforderung vor Klagseinbringung“. Deshalb seien der klagenden Partei nur gesetzliche Zinsen ab dem der Klagezustellung folgenden Tag (24.Mai 1996) zuzusprechen, das Zinsenmehrbegehren dagegen abzuweisen gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist, wie sich aus den folgenden Erörterungen ergeben wird, zulässig und berechtigt.

Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß auf den Transport der hier zu beurteilenden Sammelladung gemäß § 413 Abs 2 HGB Frachtrecht anzuwenden ist. Diese Ansicht teilen auch die Streitteile. Den an diese Prämisse anknüpfenden rechtlichen Schlußfolgerungen des Berufungsgerichts ist allerdings nicht zu folgen.

Die klagende Partei hält ihre Rechtsansicht, selbst Partei des Frachtvertrags gewesen zu sein, in der Revisionsbeantwortung offenkundig nicht mehr aufrecht, versucht sie doch ihre Aktivlegitimation nur mehr aus ihrer Position als Empfängerin des Frachtguts zu begründen. Sie wäre jedoch als Empfängerin beschädigten Frachtguts gemäß Art 13 CMR nur unter bestimmten - hier nicht erfüllten - Voraussetzungen berechtigt, die Rechte aus dem Beförderungsvertrag gegen den Frachtführer im eigenen Namen geltend zu machen und etwa gemäß Art 17 Abs 1 CMR Ersatz für die Beschädigung des Frachtguts zu begehren.

Nur jener Empfänger, der die Ablieferung des (beschädigten) Transportguts verlangt und damit die Verfügungsbefugnis über das Gut erlangt hat, ist gemäß Art 13 CMR aktiv legitimiert. Diese Verfügungsbefugnis ist nach herrschender Ansicht notwendige Voraussetzung der Ersatzberechtigung (HS 14.492/30; HS 14.420/18; SZ 55/20; Csoklich, Zur Anspruchsberechtigung im Straßengüterverkehr, RdW 1997, 188 [193 f]; Koller, Transportrecht3 Rz 3 und 7 zu Art 13 CMR mwN; Schütz in Straube, HGB I2 Rz 1 zu Art 13 CMR je mwN). Dem zur Entgegennahme bereiten Empfänger muß daher die Einwirkungsmöglichkeit auf das (beschädigte) Frachtgut eingeräumt worden sein (VersR 1990, 1180). Gerade daran fehlt es aber hier, hat doch die klagende Partei die Ablieferung des beschädigten Frachtguts nicht verlangt, sondern im Gegenteil, dessen Annahme von vornherein verweigert. Sie erlangte daher über das Frachtgut keine Verfügungsbefugnis. Dem vermag die klagende Partei nichts Stichhältiges entgegenzusetzen. Die Berechtigung des Klageanspruchs wäre im übrigen auch dann zu verneinen, wenn das für die Aktivlegitimation maßgebliche Beurteilungskriterium, wie Koller (aaO Rz 7 zu Art 13 CMR) in Kritik an der herrschenden Ansicht zu begründen versucht, nicht der Erwerb der Verfügungsbefugnis durch den Empfänger, sondern deren Erlöschen auf Seiten des Absenders wäre. Das Verfügungsrecht des Absenders über das Frachtgut wäre hier gemäß Art 12 Abs 2 CMR jedenfalls noch nicht erloschen gewesen, weil die klagende Partei durch ihre Weigerung im Sinne des Art 15 Abs 1 CMR, das beschädigte Frachtgut zu übernehmen, dessen Ablieferung verhinderte.

Bei (grenzüberschreitender) Güterbeförderung mit aufeinanderfolgenden Frachtführern - wie hier - ist das gesamte Kapitel VI CMR nur aufgrund eines Frachtvertrags mit durchgehendem Frachtbrief anzuwenden (4 Ob 2336/96z = RdW 1997, 275 [hier maßgeblicher Teil unveröffentlicht]; 6 Ob 2120/96z; WBl 1996, 410 = ZfRV 1996, 197; SZ 63/211; SZ 61/272; SZ 58/122; SZ 58/6; SZ 57/75; Schütz in Straube aaO Rz 2 und Rz 3 zu Art 34 CMR). Im vorliegenden Fall fehlt es an einem solchen Frachtbrief als Merkmal eines einheitlichen Frachtvertrags. Es besteht vielmehr nur eine Vertragskette. Ein Bordereau ist bloß eine den Frachtbrief begleitende Ladeliste für den Empfangsspediteur und gilt als Indiz für den Abschluß eines Speditionsvertrags (Helm in Staub, HGB4 Rz 138 zu §§ 407 bis 409 und Rz 66 zu §§ 412, 413). Art 36 CMR kann daher der Bejahung einer Passivlegitimation der beklagten Partei - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht als Grundlage dienen. Diese wurde aber auch gar nicht als erster oder letzter Frachtführer tätig. Sie war auch nicht jener Unterfrachtführer, auf dessen Beförderungsstrecke das schädigende Ereignis eintrat. Für den Prozeßstandpunkt der klagenden Partei wäre aber auch dann nichts gewonnen, wenn Stimmen im Schrifttum (Koller aaO Rz 5 zu Art 13 CMR mwN; Schütz in Straube aaO Rz 1 zu § 432; aM etwa Csoklich, RdW 1997, 194 f) und der Ansicht des 6.Senats (SZ 55/20) zu folgen wäre, wonach selbst ein Unterfrachtführer, der kein aufeinanderfolgender Frachtführer im Sinne der Art 34 ff CMR ist, dem im Unterfrachtvertrag benannten Empfänger nach Maßgabe des Art 13 CMR haftet, fehlt es doch hier - wie einleitend dargelegt - an der Begründung einer Verfügungsbefugnis über das Frachtgut als grundlegende Voraussetzung eines vertraglichen Ersatzanspruchs der klagenden Partei im Sinne des Art 13 CMR. Es stellte sich daher, selbst wenn der Entscheidung die zuletzt referierte Ansicht zugrundezulegen wäre, nicht die Frage, gegen welchen der Unterfrachtführer die klagende Partei als begünstigte Dritte aus Unterfrachtverträgen einen Ersatzanspruch als Empfänger überhaupt nur geltend machen könnte.

Soweit sich die klagende Partei zur Begründung ihres Begehrens auch auf vertragliche Schutzwirkungen zugunsten Dritter beruft, könnte ein Ersatzanspruch gemäß Art 17 Abs 1 allenfalls gegen jenen Unterfrachtführer bestehen, in dessen Ingerenz sich das Frachtgut im Zeitpunkt seiner Beschädigung befand (idS WBl 1996, 410 = ZfRV 1996, 197 mwN; aM Csoklich, RdW 1997, 195 [Vertrag zwischen Geschäftsherrn und Gehilfen entfaltet keine Schutzwirkungen zugunsten des Gläubigers]). Die beklagte Partei war aber jedenfalls nicht dieser Unterfrachtführer. Der klagenden Partei steht daher im Verhältnis zur beklagten Partei, wie zusammenfassend festzuhalten ist, kein vertraglicher Ersatzanspruch zu.

Für ein der beklagten Partei zurechenbares rein deliktisches Verhalten als Schadensursache bieten die festgestellten Tatsachen keinen Anhaltspunkt. Ein Auswahlverschulden der beklagten Partei wurde nicht behauptet.

Der Revision der beklagten Partei ist daher Folge zu geben. Die Frage einer allfälligen Anspruchsverjährung bedarf keiner Erörterung mehr.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41 und 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte