OGH 1Ob169/99f

OGH1Ob169/99f29.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Luise W*****, vertreten durch Dr. Klement Hohenberger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Johann B*****, vertreten durch Dr. Markus Tesar, Rechtsanwalt in Baden, wegen Räumung eines Grundstücks (Streitwert 24.000 S) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 10. Februar 1999, GZ 40 R 23/99z-28, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Hernals vom 10. Juli 1998, GZ 17 C 172/97d-21, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1. Der Akt 17 C 172/97d des Bezirksgerichts Hernals wird diesem Gericht als für die beklagte Partei zuständiges Pflegschaftsgericht zur Entscheidung gemäß § 6a ZPO übermittelt.

2. Das Verfahren über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 10. Februar 1999, GZ 40 R 23/99z-28, wird bis zur Mitteilung des Pflegschaftsgerichts über die von diesem gemäß § 6a ZPO getroffene Maßnahme unterbrochen.

Text

Begründung

Das Erstgericht gab dem auf titellose Benützung gestützten Klagebegehren auf Räumung eines Teils eines bestimmten Grundstücks statt.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Der Beklagte - vertreten durch einen während des Verfahrens erster Instanz bestellten Verfahrenshelfer - behauptete nun in seiner außerordentlichen Revision gegen das Berufungsurteil erstmals, bereits "zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens" nicht prozeßfähig gewesen zu sein. Er sei mit Beschluß des Bezirksgerichts Hernals vom 2. Februar 1951 wegen Geistesschwäche beschränkt entmündigt worden. Die Urteile der Vorinstanzen und das diesen vorangegangene Verfahren seien daher mit dem Nichtigkeitsgrund gemäß § 477 Abs 1 Z 5 ZPO behaftet.

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat hat erwogen:

1. Der Oberste Gerichtshof hat einen Nichtigkeitsgrund aus Anlaß eines nach den Verfahrensvorschriften zulässigen Rechtsmittels - also auch im Falle einer außerordentlichen Revision - aufzugreifen (SZ 68/220 uva; Kodek in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 2 zu § 477).

Wird aber der Nichtigkeitsgrund mangelnder Prozeßfähigkeit - wie hier - erst im Revisionsverfahren geltend gemacht, ist es dem Obersten Gerichtshof verwehrt, die Prozeßfähigkeit einer Partei, die der inländischen Pflegschaftsgerichtsbarkeit unterliegt, nach der Aktenlage selbst zu beurteilen. Darin manifestiert sich der Grundsatz, daß es gemäß § 6a ZPO ausschließlich Aufgabe des Pflegschaftsgerichts ist, über die Frage der Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters zur Vertretung einer Prozeßpartei zu entscheiden. An eine solche Entscheidung ist der Oberste Gerichtshof gebunden (3 Ob 213/98i [hier Geltendmachung des Nichtigkeitsgrunds nach § 477 Abs 1 Z 5 ZPO in einem außerordentlichen Revisionsrekurs]), weshalb zur Prüfung der Behauptung des Beklagten, er bedürfe wegen Prozeßunfähigkeit eines Sachwalters, die Aktenübersendung an das Pflegschaftsgericht anzuordnen ist.

2. Das Verfahren über die außerordentliche Revision des Beklagten ist bis zur Mitteilung über die Entscheidung des Pflegschaftsgerichts nach § 6a ZPO zu unterbrechen (4 Ob 329/98f; 3 Ob 2322/96h; 3 Ob 110/94).

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