OGH 1Ob15/79

OGH1Ob15/792.5.1979

SZ 52/69

Normen

Außerstreitgesetz §2
Unterhalts-Vorschußgesetz §15
Unterhalts- Vorschußgesetz §19
Unterhalts-Vorschußgesetz §22 Unterhalts-Vorschußgesetz §23
Außerstreitgesetz §2
Unterhalts-Vorschußgesetz §15
Unterhalts- Vorschußgesetz §19
Unterhalts-Vorschußgesetz §22 Unterhalts-Vorschußgesetz §23

 

Spruch:

Der Antrag des Präsidenten des Oberlandesgerichtes auf Ersatz zu Unrecht gewährter Unterhaltsvorschüsse ist mit dem Hinweis auf die rückwirkende Einstellung eines Unterhaltsvorschusses, das Entstehen eines Übergenusses, der auf künftig fällig werdende Zahlungen nicht angerechnet werden kann, und auf die §§ 22 und 23 UVG ausreichend begrundet

Die Haftung des gesetzlichen Vertreters für zu Unrecht gewährte Unterhaltsvorschüsse ist nur eine subsidiäre; er hat erst nach dem Kind zu haften

OGH 2. Mai 1979, 1 Ob 15/79 (LG Klagenfurt 2 R 469/78; BG Villach P 208/78)

Text

Das Bezirksgericht Spittal an der Drau gewährte mit Beschluß vom 30. November 1976 über Antrag des Jugendamtes der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau gemäß §§ 3, 4 Z. 1 UVG an das Jugendamt zu zahlende Unterhaltsvorschüsse für den minderjährigen Christian P in der Höhe von monatlich 800 S für den Zeitraum vom 1. November 1976 bis 31. Oktober 1979. Dieser Beschluß wurde am 21. Jänner 1977 dahin abgeändert, daß die Vorschüsse direkt an die Mutter Roberta Z auf deren Bankkonto anzuweisen waren. Das Bezirksgericht Spittal an der Drau übertrug mit Beschluß vom 13. Mai 1977 seine Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache gemäß § 111 JN an das Bezirksgericht Millstatt. Dieses enthob mit Beschluß vom 10. April 1978 die Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau-Jugendamt als Sondersachwalter zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche und bestellte zufolge des ständigen Wohnsitzes der Mutter des Minderjährigen das Stadtjugendamt Villach zum neuen Sondersachwalter. Mit Beschluß vom 3. Mai 1978 erhöhte das Bezirksgericht Millstatt die Unterhaltsvorschüsse mit Wirkung vom 1. Feber 1978 auf monatlich 1000 S. Mit Beschluß vom 16. Mai 1978 übertrug das Bezirksgericht Millstatt seine Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Villach.

Der Magistrat Villach-Jugendamt berichtete am 15. Juni 1978 dem Erstgericht, es habe sich bei der Überprüfung des Handaktes des Bezirksjugendamtes Spittal an der Drau herausgestellt, daß der Minderjährige zufolge Bescheides des Sozialamtes der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau vom 25. Oktober 1977 im Caritas-Jugendheim Steyr/Gleink untergebracht worden sei. Gemäß § 48 Abs. 2 des Kärntner Sozialhilfegesetzes seien die dadurch entstandenen Verpflegungskosten übernommen worden.

Das Erstgericht verfügte hierauf mit Beschluß vom 16. Juni 1978, ON 95, die Einstellung der Unterhaltsvorschüsse von monatlich 1000 S rückwirkend mit Ablauf des 31. Oktober 1977.

Der Präsident des Oberlandesgerichtes Graz teilte am 14. Juli 1978 dem Erstgericht mit, nach den vorliegenden Abrechnungsunterlagen sei durch die rückwirkende Einstellung des Unterhaltsvorschusses ein Übergenuß im Betrage von 7400 S entstanden, welcher auf künftig fällig werdende Zahlungen nicht angerechnet werden könne. Es werde daher der Antrag gestellt, im Sinne der §§ 22, 23 UVG hierüber zu entscheiden.

Die im Rechtshilfeweg vernommene Leiterin des Jugendamtes der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau gab an, sie bearbeite rund 200 Unterhaltsvorschußakten und habe übersehen, daß der Minderjährige im Rahmen einer freiwilligen Erziehungsmaßnahme in Steyr/Gleink untergebracht worden sei.

Das Erstgericht sprach mit Beschluß vom 23. Oktober 1978, ON 114, aus, daß gemäß § 22 Abs. 1 UVG das Land Kärnten (Bezirkshauptmannschaft-Jugendamt, Spittal an der Drau) für den Ersatz der zu Unrecht für den Minderjährigen gewährten Unterhaltsvorschüsse im Betrage von 7400 S hafte (Punkt 1) und über die Ersatzpflicht des Minderjährigen und seiner Mutter und gesetzlichen Vertreterin gesondert entschieden werde (Punkt 2). Gemäß § 2 Abs. 2 Z. 2 UVG bestehe kein Anspruch auf Unterhaltsvorschüsse, wenn das Kind auf Grund einer Maßnahme der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in einem Heim oder bei Pflegeeltern untergebracht sei. Mit Ablauf des 31. Oktober 1977 habe daher kein Anspruch mehr auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen für den Minderjährigen bestanden. Die im § 21 UVG festgelegte Pflicht, dem Gericht unverzüglich den Eintritt jeden Gründes für die Herabsetzung oder Einstellung der Vorschüsse mitzuteilen, treffe in erster Linie die Bezirksverwaltungsbehörde, welche im Verfahren wegen Gewährung von Unterhaltsvorschüssen gesetzlicher Vertreter des Kindes sei und der in allen ihr vom Gesetz übertragenen Angelegenheiten Minderjähriger eine besondere Obliegenheitspflicht zukomme. Gemäß § 22 Abs. 1 UVG seien Vorschüsse, welche auf Grund eines im Rechtsmittelverfahren geänderten oder aufgehobenen Beschlusses oder entgegen einer Herabsetzung oder Einstellung der Vorschüsse zu Unrecht gezahlt worden seien, vom Kind zurückzuzahlen, soweit sie nicht nach § 19 Abs. 1 letzter Halbsatz UVG einbehalten oder für den Unterhalt des Kindes verbraucht worden seien. Soweit die zu Unrecht gewährten Vorschüsse vom Kind nicht hereingebracht werden könnten, hafteten der gesetzliche Vertreter des Kindes und diejenigen Personen, in deren Pflege und Erziehung sich das Kind befinde, zur ungeteilten Hand, hilfsweise auch der Unterhaltsschuldner, jedoch nur derjenige, der die Gewährung der Vorschüsse durch unrichtige Angaben in der Erklärung oder durch Verletzung der Mitteilungspflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig veranlaßt habe. Der Umstand, daß das Jugendamt der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau trotz Kenntnis von der Unterbringung des Kindes in einem Jugendheim auf Kosten des Sozialamtes das Gericht hievon nicht verständigt habe, müsse als einegrob fahrlässige Verletzung der Mitteilungspflicht beurteilt werden, weshalb das Land Kärnten für die zu Unrecht ausbezahlten Unterhaltsvorschüsse in der Höhe von 7400 S hafte.

Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es den Antrag des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Graz, gemäß §§ 22, 23 UVG über den Ersatz der zu Unrecht ausbezahlten Vorschüsse im Betrage von 7400 S zu entscheiden, abwies. Dem Antrag könne schon seinem Inhalt nach kein Erfolg beschieden sein, da er sich unter Hinweis auf einen durch die rückwirkende Einstellung des bewilligten Unterhaltsvorschusses entstandenen Übergenuß von 7400 S in dem Begehren erschöpfe, im Sinne der §§ 22, 23 UVG hierüber zu entscheiden. Behauptungen in der Richtung, daß und wodurch die im § 22 Abs. 1 zweiter Satz UVG genannten Personen durch unrichtige Angaben in der Erklärung nach § 11 Abs. 2 UVG oder durch Verletzung der Mitteilungspflicht im Sinne des § 21 UVG die Gewährung oder Auszahlung der Vorschüsse vorsätzlich oder grob fahrlässig veranlaßt hätten, habe der Antragsteller nicht aufgestellt, wenn auch das dennoch vom Erstgericht eingeleitete Verfahren eine gewisse Klärung gebracht habe. Der Antragsteller habe insbesondere nicht angeführt, welche der im § 22 Abs. 1 UVG genannten Personen er in Anspruch nehme. Dies sei deshalb von Bedeutung, weil eine Haftung des im § 22 Abs. 1 zweiter Satz UVG angeführten Personenkreises nur dann gegeben sei, wenn die zu Unrecht gezahlten Vorschüsse nicht vom Kind hereingebracht werden könnten. Eine gleichzeitige Inanspruchnahme des Kindes und der übrigen Haftungspflichtigen sei somit ausgeschlossen. Das Außerstreitverfahren sei zwar von den sich aus § 2 Abs. 2 Z. 5 und 6 AußStrG ergebenden Grundsätzen der Offizial- und Inquisitionsmaxime beherrscht. Dies enthebe jedoch die Parteien dann nicht der Notwendigkeit, ihre nach dem Gesetz unter gewissen Voraussetzungen zulässigen Anträge zu begrunden, wenn das Gesetz das Handeln des Gerichtes von einer bestimmten Antragstellung abhängig mache. In diesen Fällen trete an die Stelle der sonst geltenden Offizial- die sogenannte Dispositionsmaxime. Soweit das Gesetz die im Interesse der Partei erfolgte Antragstellung an gewisse Voraussetzungen binde, müsse es daher, wenn es sich nicht um eine unter dem besonderen Schutz der Gesetze stehende Person handle, der Partei überlassen bleiben, das Vorliegen dieser Voraussetzungen wenigstens zu behaupten, möge dann auch allenfalls infolge des Inquisitionsgrundsatzes dem Gericht die Prüfung der materiellen Richtigkeit dieser Parteienbehauptungen von Amts wegen obliegen. Gemäß § 23 UVG habe über den Ersatz zu Unrecht gezahlter Vorschüsse das Vormundschafts- oder Pflegschaftsgericht auf Antrag des Präsidenten des Oberlandesgerichtes im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden. Es wäre daher Sache des Antragstellers gewesen, diejenigen Personen aus dem im § 22 Abs. 1 UVG genannten Personenkreis anzuführen, welche er in Anspruch nehmen wolle, und die Voraussetzungen einer Haftung nach § 22 Abs. 1 zweiter Satz UVG wenigstens zu behaupten. Fehlten diese Angaben, sei der Antrag abzuweisen. Abgesehen davon bedürften jedoch die durch die vom Erstgericht gewählte Vorgangsweise entstandenen und auch vom Rekurswerber in seinen Ausführungen aufgeworfenen Probleme, die sich bei der Anwendung der Bestimmungen der §§ 22, 23 UVG ergäben, einer näheren Erörterung. Das Erstgericht hätte vor dem Ausspruch, daß das Kind von der Rückzahlung der zu Unrecht empfangenen Unterhaltsvorschüsse befreit sei, keine Entscheidung über die Haftung des Landes Kärnten treffen dürfen. Zur Schaffung eines tauglichen Exekutionstitels wäre die Rückersatzpflicht in die Form eines Leistungsauftrages zu kleiden und mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung in sinngemäßer Anwendung des § 409 Abs. 1 erster Satz ZPO eine Leistungsfrist von 14 Tagen zu bestimmen gewesen. Was die Auslegung des im § 22 Abs. 1 UVG verwendeten Begriffes des gesetzlichen Vertreters anlange, werde nach § 9 Abs. 2 UVG die Bezirksverwaltungsbehörde mit der Zustellung des Beschlusses, mit welchem Vorschüsse gewährt würden, an sie, von Gesetzes wegen besonderer Sachwalter des Kindes zur Durchsetzung der Unterhaftsansprüche. Daß der Gesetzgeber, allerdings durch die Verwendung verschiedener Begriffe, wie "besonderer Sachwalter" und an anderer Stelle "gesetzlicher Vertreter", nicht in der nötigen Klarheit, unter dem Begriff gesetzlicher Vertreter im § 22 Abs. 1 UVG auch die Bezirksverwaltungsbehörde im Sinne des § 9 Abs. 2 UVG habe verstanden wissen wollen, gehe aus anderen Bestimmungen des Unterhaltsvorschußgesetzes einigermaßen deutlich hervor. So sei in dem inzwischen aufgehobenen § 28 UVG die Bezirksverwaltungsbehörde als gesetzlicher Vertreter des Kindes bezeichnet worden. Auch in den §§ 29 Abs. 2 und 30 UVG werde von der gesetzlichen Vertretung der Bezirksverwaltungsbehörde gesprochen. Ernenne der Gesetzgeber die Bezirksverwaltungsbehörde zum Vormund oder gesetzlichen Vertreter, verleihe er ihr damit zur Vollziehung der daraus erfließenden positiven Aufgaben die Rechtssubjektivität, welche dem Einzelvormund kraft natürlicher Beschaffenheit eigne. Dort jedoch, wo für Schäden zu haften sei, könne ein Amt, wie es die Bezirksverwaltungsbehörde darstelle, nicht herangezogen werden, weil es nicht Vermögensträger sei. Eine Klarstellung, ob der Gesetzgeber des Unterhaltsvorschußgesetzes die Bezirksverwaltungsbehörde als gesetzlichen Vertreter im Sinne des § 22 UVG auch habe zum Vermögensträger machen wollen oder ob mit Rücksicht darauf, daß das Amt immer Dienststelle einer bestimmten Gebietskörperschaft bleibe, auf den hinter dem Amt stehenden Rechtsträger wie etwa das Land zurückgegriffen werden solle, lasse das Unterhaltsvorschußgesetz vermissen. Zur Haftung der Bezirksverwaltungsbehörde nach § 22 UVG habe das Bundesministerium für Justiz in seiner Note vom 8. Feber 1977, GZ 4581/34-1, 1/76, die Ansicht vertreten, die Tätigkeit des Amtsvormundes und damit wohl auch die der Bezirksverwaltungsbehörde als Sachwalter nach § 22 JWG und § 198 Abs. 3 ABGB sei in der Regel nicht Hoheitsverwaltung. Für Schäden durch diese Tätigkeit werde daher nicht nach dem Amtshaftungsgesetz, sondern nach den allgemeinen schadenersatzrechtlichen Bestimmungen des ABGB gehaftet. Das Land hafte nach § 1313a ABGB, der Bedienstete der Bezirksverwaltungsbehörde nach den allgemeinen Regeln des § 1295 ABGB. Dies würde auch für die Tätigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde als Sachwalter nach § 9 Abs. 2 UVG gelten, welche der eines Sachwalters nach § 22 JWG oder § 198 Abs. 3 ABGB gleichstehe, doch sei durch die Sonderregelung des § 22 UVG die Haftung in der dort umschriebenen Weise eingeschränkt. Die Anwendbarkeit dieser Rechtsmeinung auf eine Entscheidung im Sinne der §§ 22, 23 UVG müssen aber in Frage gestellt werden, weil der Gesetzgeber des Unterhaltsvorschußgesetzes ausdrücklich nur vom gesetzlichen Vertreter spreche und darunter auch die Bezirksverwaltungsbehörde im Sinne des § 9 Abs. 2 UVG verstehe, aber nirgends zum Ausdruck bringe, daß die Rückzahlungsverpflichtung im Sinne des § 22 UVG dem hinter der Bezirksverwaltungsbehörde stehenden Rechtsträger, etwa dem Land, oder gar dem zuständigen Bediensteten der Bezirksverwaltungsbehörde aufzuerlegen wäre. Andererseits wäre eine entsprechend dem Gesetzeswortlaut des Unterhaltsvorschußgesetzes der Bezirksverwaltungsbehörde auferlegte Rückzahlungsverpflichtung exekutiv nicht durchsetzbar, da die Bezirksverwaltungsbehörde als Amt nicht Rechtsträger sei. Abgesehen davon habe das Erstgericht keine Feststellungen darüber getroffen, welche Umstände im einzelnen dazu geführt hätten, daß durch die Bezirksverwaltungsbehörde die Mitteilung im Sinne des § 21 UVG unterlassen worden sei, so daß noch nicht abschließend beurteilt hätte werden können, ob ein grob fahrlässiges Verhalten des Bediensteten der Bezirksverwaltungsbehörde vorliege oder dessen Versehen noch als leichte Fahrlässigkeit zu beurteilen wäre.

Über den Revisionsrekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Graz hob der Oberste Gerichtshof die Beschlüsse der Vorinstanzen auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Gemäß § 23 UVG hat über den Ersatz zu Unrecht gewährter Vorschüsse nach dem Unterhaltsvorschußgesetz das Pflegschaftsgericht auf Antrag des Präsidenten des Oberlandesgerichtes im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden. Sonderregelungen für dieses Verfahren enthält das Gesetz nicht. Die Anfechtbarkeit von Entscheidungen richtet sich daher nach den §§ 14 und 16 AußStrG. Gegen eine abändernde Entscheidung der zweiten Instanz ist demnach der Revisionsrekurs an den OGH zulässig. Die Beschränkung des Rechtsmittelzuges des § 15 Abs. 2 UVG gilt nur für Beschlüsse, mit denen über die Gewährung von Vorschüssen entschieden wurde (§ 15 Abs. 1 UVG). Die Bestimmungen über den Ersatz zu Unrecht gewährter Vorschüsse betreffen weder die Gewährung von Vorschüssen noch eine Herabsetzung künftig zu erbringender Vorschußleistungen, die noch unter den Begriff "Gewährung", wenn auch in künftig geringerer Höhe, fällt (EvBl. 1978/77), sondern dient der nach den besonderen Vorschriften des § 22 UVG vorzunehmenden Beseitigung von dem Bund durch bereits - wenn auch zu Unrecht - erfolgte Gewährung von Vorschüssen entstandenen Nachteilen.

Dem Revisionsrekurs ist auch darin beizupflichten, daß der Präsident des Oberlandesgerichtes nicht verpflichtet war, mehr als die in seinem Antrag enthaltenen Behauptungen aufzustellen. Dieser verwies immerhin auf die Aktenlage, wonach durch die rückwirkende Einstellung des Unterhaltsvorschusses ein Übergenuß von 7400 S entstanden war, der auf künftig fällig werdende Zahlungen nicht angerechnet werden kann. Es war dann durch den Hinweis auf die §§ 22, 23 UVG in ausreichender Weise klargestellt, daß der Ersatz von zu Unrecht gewährten Vorschüssen in der Höhe von 7400 S unter den Voraussetzungen und in der Reihenfolge, wie es § 22 Abs. 1 UVG vorsieht, beantragt wird. Das Gericht war dann, ohne daß es konkreter weiterer Behauptungen oder Anträge bedurfte, verpflichtet, alle Umstände und Verhältnisse, welche auf die zu treffende richterliche Verfügung Einfluß haben, von Amts wegen zu untersuchen (§ 2 Abs. 2 Z. 5 AußStrG) und auf alle ihm bekannt gewordenen Tatumstände Bedacht zu nehmen (§ 2 Abs. 2 Z. 6 AußStrG). Eine Verpflichtung des Präsidenten des Oberlandesgerichtes, die Umstände, die das Gericht ohnehin von Amts wegen zu erheben hat, bereits vor seiner Antragstellung in einem separaten, von ihm selbst anzuordnenden Justizverwaltungsverfahren ebenfalls zu erheben, um dann ganz konkrete Tatsachenbehauptungen aufstellen und Anträge stellen zu können, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Sie würde nur eine überflüssige Verdoppelung des Arbeitsaufwandes zur Folge haben. Richtig verweist der Revisionsrekurs im übrigen darauf, daß selbst bei tatsächlicher Unvollständigkeit oder Undeutlichkeit des Antrages nach den Grundsätzen des außerstreitigen Verfahrens, wie sie sich aus § 2 Abs. 2 Z. 5 und Abs. 3 Z. 10 AußStrG ergeben, vom Antragsteller eine entsprechende Aufklärung zu verlangen und der Antrag nur dann zurückzuweisen gewesen wäre, wenn auch die Aufklärung zu keinem Ergebnis geführt hätte (EvBl. 1965/348), was aber, wie erwähnt, im vorliegenden Fall nicht erforderlich war.

Der Revisionsrekurs ist auch darin im Recht, daß über eine Ersatzpflicht des gesetzlichen Vertreters des Minderjährigen noch gar nicht zu entscheiden gewesen wäre. Durch die Anordnung des § 22 Abs. 1 UVG, daß der gesetzliche Vertreter des Kindes nur haftet, soweit die zu Unrecht gewährten Vorschüsse vom Kind nicht hereingebracht werden können, ist nämlich unmißverständlich klargestellt, daß die Haftung des gesetzlichen Vertreters nur eine subsidiäre ist. In diesem Sinne heißt es auch in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Unterhaltsvorschußgesetzes, 5 BlgNR, XIV. GP, daß die Rückzahlungspflicht in erster Linie das Kind trifft, wogegen der Vertreter des Kindes erst nach dem Kind zu haften hat. Es wird in diesem Zusammenhang von einer Rangordnung der Ersatzpflichtigen gesprochen (Anfragebeantwortung des BmfJ in ÖAV 1977, Heft 9, S. 10). Der gesetzliche Vertreter des Kindes kann also, wenn überhaupt, nur unter zwei Voraussetzungen in Anspruch genommen werden: 1. bei Bestehen einer Rückzahlungspflicht des Kindes, wenn also die zu Unrecht bezahlten Vorschüsse weder nach § 19 Abs. 1 letzter Halbsatz UVG einbehaften werden können noch für den Unterhalt des Kindes bereits verbraucht worden sind und 2. nach Feststellung der Unmöglichkeit der Hereinbringung der zu Unrecht gewährten Vorschüsse vom Kind. Um die Haftung des gesetzlichen Vertreters in Anspruch nehmen zu können, bedurfte es also sowohl der Feststellung der Zurückzahlungspflicht des Kindes als auch der Unmöglichkeit der Hereinbringung der zurückzuzahlenden Beträge von ihm. Hingegen ist das Gericht nicht, wie es das Erstgericht getan hat, berechtigt, sich die Entscheidung über die Zurückzahlungspflicht des Kindes vorzubehaften und primär die nur subsidiäre Haftungsverpflichtung des gesetzlichen Vertreters in Anspruch zu nehmen oder auch nur - überflüssigerweise und vom Gesetz daher nicht vorgesehen - die Haftungsverpflichtung des gesetzlichen Vertreters festzustellen. Das Erstgericht verletzte das Gesetz, wenn es, ohne daß die Voraussetzungen gegeben gewesen wären, feststellte, daß das Land Kärnten (Bezirkshauptmannschaft-Jugendamt Spittal an der Drau) für den Ersatz der zu Unrecht gewährten Unterhaltsvorschüsse im Betrage von 7400 S hafte, und aussprach, daß über die Ersatzpflicht des Minderjährigen gesondert entschieden werde. Wird vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes ein Antrag nach § 22 UVG gestellt, ist vielmehr zunächst die Zurückzahlungsverpflichtung des Kindes zu klären, wogegen auf den subsidiär Haftungspflichtigen erst gegriffen werden kann, wenn feststeht, daß die zu Unrecht gewährten Vorschüsse vom Kind zurückzubezahlen wären, von ihm aber nicht hereingebracht werden können. Da es ebenso unberechtigt war, den Antrag des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Graz abzuweisen, erweist sich auch die Entscheidung des Rekursgerichtes als verfehlt. Beide Beschlüsse sind daher aufzuheben; dem Erstgericht ist darüber hinaus die Ergänzung des Verfahrens und die neuerliche Entscheidung über den Antrag des Präsidenten des Oberlandesgerichtes aufzutragen.

Auf die Frage, inwieweit eine Haftung der Bezirksverwaltungsbehörde als gesetzlicher Vertreterin des Kindes oder des Landes, in dem sich die Bezirksverwaltungsbehörde befindet, in Betracht kommt, ist, da sie erst aktuell wird, wenn eine Zurückzahlungspflicht des Kindes besteht und die entsprechenden Beträge vom Kind nicht hereingebracht werden können, trotz des in diese Richtung gehenden Wunsches des Revisionsrekurses im derzeitigen Stadium des Verfahrens schon deswegen nicht einzugehen, weil noch nicht abzusehen ist, ob der OGH zur Beurteilung dieser Rechtsfrage im vorliegenden Fall überhaupt oder eventuell nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 AußStrG berufen sein wird.

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