European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0010OB00151.75.0924.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
1.) Der Rekurs gegen den Beschluß, mit dem die Entscheidung des Erstrichters durch das Berufungsgericht aufgehoben wurde, wird zurückgewiesen.
2.) Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Begründung:
Die Streitteile waren seit 1962 miteinander verheiratet. Im Oktober 1973 kam es zwischen den Ehegatten zum Bruch, einige Zeit darauf wurde die Ehe rechtskräftig geschieden. Die Klägerin begehrte von dem Beklagten ursprünglich die Bezahlung eines Betrages von S 14.850 samt Anhang und brachte zunächst vor: Beide Streitteile seien während des aufrechten Bestandes der Ehe berufstätig gewesen. Nach Auflösung der Ehe habe der Beklagte aus den gemeinsam angeschafften Gegenständen Möbel und Geschirr um S 2.500 verkauft und den Betrag für sich behalten. Auch einen PKW., für den die Klägerin einschließlich Anschaffung und Erhaltung S 22.000 ausgegeben habe, habe der Beklagte veräußert. Sie fordere daher die Hälfte, nämlich S 12.250. Hiezu komme, daß der Beklagte ihr persönlich gehörige Gegenstände wie eine Uhr im Werte von S 300 und einen Pullover im Werte von S 350 verkauft habe. Schließlich habe der Beklagte die Familienbeihilfe für die Monate Oktober und November 1973 kassiert und der Klägerin als Sachwalterin der Kinder nicht abgeführt. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 17. Dezember 1974 änderte die Klägerin ihr Vorbringen dahin, daß von den gemeinsamen Gegenständen ein Erlös von S 22.000 und dem PKW. ein solcher von S 2.500 erzielt wurde, bzw. zu erzielen gewesen wäre, wovon der Klägerin als Miteigentümerin die Hälfte zustehe.
Der Beklagte wendete ein, es sei anläßlich der Verhandlungen zur Ehescheidung im Jahre 1973 zwischen den Streitteilen vereinbart worden, daß er alle Möbel und den gesamten Hausrat gegen Bezahlung eines Betrages von S 6.500 an die Klägerin übernehme. Auf ihren Anspruch hinsichtlich des PKWs, habe die Klägerin verzichtet. Bezüglich der Familienbeihilfe fehle der Klägerin die aktive Klagslegitimation; er habe zudem ab der faktischen Trennung der Ehe die Familienbeihilfe an das Finanzamt zurückbezahlt. Im übrigen habe die Klägerin gegen den Beklagten in Jugoslawien eine bewußt falsche Anzeige erstattet, wonach er ihrem Großvater S 60.000 gestohlen habe. Auf Grund dieser Anzeige sei ihm anläßlich eines Aufenthaltes in Jugoslawien im Jahre 1973 der Paß abgenommen worden. Er habe deshalb durch drei Monate aus Jugoslawien nicht ausreisen können, deshalb seinen Posten bei den V* verloren und seine Werkswohnung aufgeben müssen; für seine jetzige Wohnung müsse er wesentlich höhere Miete bezahlen. Der hiedurch entstandene Schaden werde bis zur Höhe der Klagsforderung compensando eingewendet. In der Tagsatzung vom 27. Jänner 1975 brachte die Klägerin ergänzend vor, daß der in der Klage ausgewiesene Betrag von 12.250 S in Abänderung des Klagevorbringens aufgeschlüsselt werden solle: 6.500 S für eine widerrechtliche Veräußerung von gemeinsamen Haushaltsgegenständen, woher sie sich diesbezüglich auf eine entsprechende Vereinbarung stütze, und 5.750 S für den PKW Marke Simca. Der Beklagte bestritt dieses Vorbringen. Am Ende der Tagsatzung vom 24. Februar 1975 und nach Vernehmung des Zeugen Dr. W* erklärte die Klägerin, nunmehr in Abänderung des Klagsgrundes den Klagsanspruch auf die zwischen den Streitteilen in der Rechtsanwaltskanzlei Dr. W* getroffene Vereinbarung, und zwar hinsichtlich eines Betrages von 6.500 S, zu stützen. Der Beklagte sprach sich gegen diese Klagsänderung aus.
Der Erstrichter verkündete den Beschluß, die Klagsänderung werde zurückgewiesen. Mit Urteil wies er das Klagebegehren ab und stellte fest: Während der Beklagte schon im Mai 1970 als Gastarbeiter nach Österreich gekommen sei, sei die Klägerin im Dezember 1970 nachgekommen. Sie hätten sich ihre Wohnung mit gebrauchten Einrichtungsgegenständen eingerichtet, die sie zum Teil sehr billig gekauft, zum anderen Teil geschenkt erhalten hätten. Einzelne kleinere Sachen seien auch neu angeschafft worden. Im Jahre 1973 habe der Beklagte einen gebrauchten PKW. um S 17.000, gekauft, wozu er einen Kredit von S 7.000 aufgenommen habe. Der Beklagte sei seit 26. Juni 1970 bei den V* mit einem monatlichen Durchschnittsverdienst von S 5.560 zuzüglich Familienbeihilfe für zwei Kinder beschäftigt gewesen. Ab Juli 1971 sei auch die Klägerin bei verschiedenen Arbeitsstellen beschäftigt gewesen und habe im Monat zwischen S 600 und S 2.000, zuletzt auch mehr verdient. Nach langwierigen Verhandlungen hätten sich die Streitteile nach der Scheidung ihrer Ehe in der Kanzlei des Rechtsvertreters der Klägerin Dr. W* dahin geeinigt, daß der Beklagte der Klägerin S 6.500 bezahlen werde, wodurch alle gegenseitigen Forderungen bereinigt und verglichen sein sollten. In Aussicht genommen sei gewesen, daß der Beklagte diesen Betrag aus dem Weihnachtsgeld, das kurz darauf fällig geworden sei, bezahlen werde.
Die Klägerin habe dem Beklagten vorgeworfen, er hätte sich einen größeren Geldbetrag, der aus gemeinsamen Ersparnissen gestammt habe und beim Großvater der Klägerin in Jugoslawien verwahrt gewesen sei, widerrechtlich angeeignet. Deshalb sei ein Verfahren in Jugoslawien gelaufen. Allfällige gegenseitige Ansprüche aus dieser Angelegenheit seien von dem Vergleich ausdrücklich ausgenommen worden. Als der Beklagte kurz nach Abschluß dieses Vergleiches nach Jugoslawien gefahren sei, sei ihm wegen des laufenden Untersuchungsverfahrens der Reisepaß abgenommen worden. Da er nach Ablauf seines Urlaubes deshalb seine Arbeit in Österreich nicht wieder aufnehmen habe können, sei er mit 20. November 1973 entlassen worden. Am 11. Dezember 1973 sei ihm der Reisepaß wieder ausgefolgt worden; seit 11. Juni 1974 sei er wieder bei den V* beschäftigt. Den erwähnten Abfindungsbetrag von S 6.500 habe der Beklagte bis jetzt nicht bezahlt. Nicht erwiesen habe werden können, daß der Beklagte eine der Klägerin gehörige Uhr und einen Pullover verkauft und den Erlös für sich behalten habe. Es fehle auch an ausreichenden Beweisergebnissen dafür, daß sich der Beklagte widerrechtlich einen Geldbetrag vom Vater der Klägerin angeeignet habe oder ob die Klägerin gegen den Beklagten eine wissentlich falsche Anzeige erstattet habe.
Diesen Sachverhalt beurteilte der Erstrichter dahin, daß der in der Kanzlei des Rechtsvertreters der Klägerin abgeschlossene Vergleich einen Neuerungsvertrag darstelle, durch den alle davon betroffenen Verbindlichkeiten erloschen seien; es sei eine neue Verbindlichkeit aus einem neuen Rechtsgrund, nämlich diejenige, aus dem Vergleich, entstanden. Da nach dem Vorbringen in der Klage und der rechtlichen Qualifikation des eingeklagten Anspruches durch die Klägerin mit der Klage eindeutig jene Forderungen geltend gemacht worden seien, die durch den Vergleich erloschen seien, könne aus dem geltend gemachten Rechtsgrund ein Zuspruch nicht erfolgen. Wohl habe die Klägerin noch vor Schluß der Verhandlung in Abänderung des Klagsgrundes den Klagsanspruch hinsichtlich eines Betrages von S 6.500 auf die zwischen den Streitteilen getroffene Vereinbarung gestützt, doch stelle dies eine Klagsänderung dar, gegen deren Zulässigkeit sich der Beklagte ausgesprochen habe. Gemäß § 235 Abs. 3 ZPO könne das Gericht zwar eine solche Änderung nach Eintritt der Streitanhängigkeit gegen den Willen des Beklagten zulassen, wenn aus der Änderung eine erhebliche Erschwerung oder Verzögerung der Verhandlung nicht zu besorgen sei. Ohne die vorgenommene Klagsänderung sei die gegenständliche Rechtssache aber spruchreif gewesen, da über die eingewendete Gegenforderung nicht mehr abzusprechen sei, wenn die Klagsforderung nicht zu Recht bestehe. Im Falle der Zulassung der Klagsänderung würde die Klagsforderung bis zu einem Betrag von S 6.500 samt Anhang zu Recht bestehen, weshalb auch auf die Gegenforderung einzugehen gewesen wäre. Diesbezüglich wären aber wegen der komplizierten Beweismittel erhebliche Verzögerungen zu befürchten gewesen, weshalb die Klagsänderung durch Beschluß zurückzuweisen gewesen sei. Falls der Beklagte tatsächlich die Familienbeihilfe für Oktober und November 1973 bezogen und an die Klägerin nicht abgeführt haben sollte, handle es sich hiebei um einen Anspruch der Kinder, den die Klägerin nicht im eigenen Namen geltend machen könne. Auch die Bestimmung des § 1042 ABGB greife hier nicht Platz, da es sich bei der Familienbeihilfe um Geldbeträge handle, die auf jeden Fall dem Kind zustehen, sodaß die Klägerin auch nicht auf dem Umweg über den § 1042 ABGB auf diese Beträge greifen könne. Im übrigen wäre ein allfälliger Anspruch der Klägerin durch den geschlossenen Vergleich ebenfalls erloschen.
Mit dem angefochtenen Beschluß ließ die zweite Instanz als Rekursgericht in Abänderung des erstrichterlichen Beschlußes die gegenständliche Klagsänderung zu und hob als Berufungsgericht das Urteil des Erstrichters, das hinsichtlich der Abweisung eines S 6.500 übersteigenden Betrages samt 4 % Zinsen seit 12. November 1974 als unangefochten unberührt blieb, ohne Rechtskraftvorbehalt auf. Es trug dem Erstrichter auf, über die geänderte Klage zu entscheiden. Das Gericht II. Instanz vertrat die Ansicht, es hätte im gegenständlichen Fall das Verfahren auch über die geänderte Klage ohne besonderen Aufwand zum Abschluß gebracht werden können. Über die Gegenforderung müßte auch in einem neuen Prozeß entschieden werden, sodaß nicht einzusehen sei, warum dies nicht in diesem Verfahren geschehen sollte. Im übrigen sei es unbeachtlich, ob das Verfahren durch die Prüfung einer Gegenforderung eine Verzögerung oder Erschwerung der Verhandlung bewirke, denn die Bestimmung des § 235 ZPO beziehe sich nur auf das Verfahren über den Klagsanspruch.
Zum Aufhebungsbeschluß führte das Gericht zweiter Instanz aus, selbst wenn das Verfahren über die geänderte Klage als spruchreif anzusehen sei, seien doch die Sachgrundlagen hinsichtlich der Gegenforderung nicht erschöpfend festgestellt. Es sei vor allem nicht geklärt, wie hoch sich der tatsächliche Schaden des Beklagten infolge seiner Entlassung belaufe und inwieweit er den Schaden durch Aufnahme einer anderen Arbeit in Jugoslawien hätte mindern können. Ein Teilurteil über den Klagsanspruch gemäß § 391 Abs. 3 ZPO zu fällen, sei im Hinblick auf die mit der Vollstreckung dieses Teilurteiles verbundenen Probleme nicht zweckmäßig.
Gegen die Beschlüsse des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich das als „Revisionsrekurs“, aber auch als „Revision“ bezeichnete Rechtsmittel des Beklagten mit dem Antrag, den Beschluß des Erstrichters auf Zurückweisung der Klagsänderung wiederherzustellen und der Berufung der Klägerin keine Folge zu geben und das Urteil des Erstrichters zu bestätigen.
Der Beklagte ist zunächst darauf zu verweisen, daß Beschlüsse des Gerichtes zweiter Instanz nur mit Rekurs oder Revisionsrekurs, nicht aber mit Revision angefochten werden können. Im vorliegenden Fall hat der Erstrichter mit in das Urteil aufgenommenem Beschluß die Zulassung einer Klagsänderung verweigert. Diesen Beschluß hat das Gericht zweiter Instanz im Sinne der Zulassung der Klagsänderung mit Beschluß abgeändert. Dagegen kann sich nur das Rechtsmittel des Revisionsrekurses richten, während das Rechtsmittel gegen den Beschluß, mit dem das Urteil des Erstrichters durch das Berufungsgericht aufgehoben wurde, der Rekurs ist. Da ein Vergreifen in der Beziehung des Rechtsmittels nicht dessen sachliche Beurteilung hindert, ist demnach auf dasselbe einzugehen.
Gegenstand des Verfahrens ist nur mehr das Begehren auf Bezahlung eines Betrages von S 6.500 samt Anhang, das die Klägerin in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 27. Jänner 1975 (ON. 7) in Abänderung ihres bisherigen Vorbringens für die widerrechtliche Veräußerung von gemeinsamen Haushaltsgegenständen forderte, und dabei auf eine entsprechende Vereinbarung stützte.
Der Oberste Gerichtshof hatte sich zunächst mit der Frage zu befassen, ob für das gestellte Begehren überhaupt der ordentliche Rechtsweg zulässig ist. Diese Frage ist zu bejahen, da der Außerstreitrichter den Hausrat nur zu verteilen hat (§ 8 Abs. 1 der 6 DVEheG). Gegenstände, die nicht mehr vorhanden sind und gar die Zuerkennung vereinbarter Ersatzansprüche hiefür fallen nicht unter diese Bestimmung. So hat der Oberste Gerichtshof auch ausgesprochen, daß Schadenersatzansprüche eines geschiedenen Ehegatten wegen eigenmächtigen Verkaufes von Hausratsgegenständen durch den anderen im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen sind (SZ 24/27).
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs gegen den Beschluß, mit dem das Gericht zweiter Instanz die Entscheidung des Erstrichter aufgehoben hat, ist unzulässig.
Im Berufungsverfahren ergehende Beschlüsse des Berufungsgerichtes sind lediglich unter den im § 519 ZPO angeführten Voraussetzungen anfechtbar. Mit dem Aufhebungsbeschluß hat das Berufungsgericht die Rechtssache in dem noch strittigen Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an den Erstrichter zurückverwiesen. Ein derartiger Beschluß ist eindeutig unter § 519 Z. 3 ZPO zu subsumieren. Die Anfechtbarkeit eines solchen Aufhebungsbeschlusses hängt in allen Fällen von der Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes ab. Die Meinung der Entscheidung SZ 27/167 und einiger nicht veröffentlichter anderer Entscheidungen sowie Faschings, III 124, daß Aufhebungsbeschlüsse, die nur eine notwendige Folge der Entscheidung über die Klagsänderung sind, auch ohne Rechtskraftvorbehalt anfechtbar seien, vermag der erkennende Senat nicht zu teilen, vor allem aber nicht die Anerkennung der Anfechtbarkeit „analog § 519 Z 2 ZPO“ weil das Berufungsgericht mit dem genannten Beschluß keine einer Klagszurückweisung wegen Nichtigkeit auch nur annähernd entsprechende Entscheidung getroffen hat (so auch schon 3 Ob 68, 69/74). Da der Aufhebungsbeschluß keinen Rechtskraftvorbehalt enthält, ist der dagegen erhobene Rekurs zurückzuweisen.
Dem Revisionsrekurs kommt Berechtigung nicht zu. Die Klägerin änderte den Klagsgrund zum allein noch offenen Betrag von S 6.500 samt Anhang im Gegensatz zur Annahme des Erstgerichtes nicht erst knapp vor Schluß der Verhandlung (24. Februar 1975), sondern schon in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 27. Jänner 1975 (Seite 20 des Aktes). Da der Beklagte gegen die Klagsänderung damals keine Einwendung erhob, sondern nur allgemein das Klagsvorbringen bestritt und damit über die abgeänderte Klage verhandelte, war seine Einwilligung zur Klagsänderung als vorhanden anzusehen (§ 235 Abs. 2 zweiter Halbsatz ZPO), die Klagsänderung also zugelassen, ohne daß es einer Beschlußfassung des Erstgerichtes darüber bedurft hätte. Wenn der Beklagte später, als die Klägerin ihre Klagsänderung nur wiederholte, dagegen Einwendung erhob, war diese verspätet. Wenn dann der angefochtene Beschluß die Klagsänderung auch noch, obwohl dies nicht erforderlich war, formell zuließ, kann sich der Beklagte dadurch nicht beschwert erachten.
Dem Revisionsrekurs ist ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)