European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00147.15X.0827.000
Spruch:
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Die beklagte Partei zu 1. ist schuldig, der klagenden Partei die mit 336,82 EUR (darin 56,14 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Die beklagten Parteien zu 2. sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 410,83 EUR (darin 68,47 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Nach den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichts schlossen die Streitteile Nutzungsverträge über zwei Wohnungen auf Stiege 2 einer Wohnhausanlage der Klägerin ab, die jeweils am 6. 5. 2008 unterfertigt wurden. Rechnerisch bestehen Zahlungsrückstände in Höhe der jeweiligen Klagebeträge. Dem Abschluss der Nutzungsverträge waren Werbemaßnahmen der Klägerin vorangegangen, die das Gebäude, in welchem die Wohnungen gelegen sind, als „Niedrigenergiehaus“ beworben hatte. Am 19. 5. 2008 wurde ein Energieausweis erstellt, der für das Gebäude einen spezifischen Heizwärmebedarf (HWB‑ref) von 32,7 kWh/m 2 a ausweist und es der Kategorie „B“ zuordnet. In den Jahren 2010 bis 2013 lag der „tatsächliche Heizwärmebedarf“ (gemeint: der tatsächliche Heizwärmeverbrauch) in den beiden Wohnungen zwischen 42,71 und 48,05 kWh/m 2 a. Auf Stiege 2 der Wohnhausanlage befindet sich ‑ anders als auf den anderen Stiegen ‑ kein Aufzug. Für die beiden Wohnungen werden monatlich Liftkosten in Höhe von jeweils 25,56 EUR vorgeschrieben. Vor Einleitung dieses Verfahrens hatten die Beklagten ab 1. 6. 2013 eine Mietzinsminderung geltend gemacht und aus diesem Grund niedrigere Beträge bezahlt als vorgeschrieben. Die Beklagten beriefen sich dabei auf das Fehlen der Eigenschaft eines Niedrigenergiehauses, wodurch sich erhöhte Heizkosten ergeben, sowie auf „unnütze Betriebskosten für den Aufzug“.
Die Klägerin begehrte nun die Zahlung der rechnerisch offenen Mietzinse samt Zinsen sowie die Räumung der Wohnungen, weil sich die Beklagten in grob schuldhaftem Zahlungverzug befänden. Der Energieausweis habe lediglich der Information gedient. Die darin angeführten Werte bezüglich des Heizwärmebedarfs der Wohnungen seien auch maßgeblich vom Lüftungs‑ und Heizverhalten der Nutzer abhängig, worauf die Klägerin keinen Einfluss habe. Die Aufzugskosten seien den Beklagten gesetzmäßig vorgeschrieben worden. Die vorhandenen Aufzüge seien auch für die Beklagten von Nutzen, weil dadurch die Erreichbarkeit der Tiefgarage sowie allgemeiner Räumlichkeiten gegeben sei.
Die Beklagten wandten dagegen im Wesentlichen ein, die Klägerin habe die Wohnungen als solche in einem Niedrigenergiehaus angeboten. Diese Eigenschaft sei den Beklagten, die Heiz‑ und Energiekosten sparen wollten, auch besonders wichtig gewesen. Das Gebäude werde im Energieausweis in der Kategorie B mit einem Heizwärmebedarfswert von 32,7 ausgewiesen. Anhand der Jahresabrechnungen gelange man jedoch zu Heizwärmebedarfswerten zwischen 42,71 und 48,05 in den Jahren 2010 bis 2013. Damit werde der in der ÖNORM 8110 definierte Wert von 36 erheblich überschritten, weshalb es sich um kein Niedrigenergiehaus handle. Die Betriebskosten für den Aufzug würden von der Klägerin zu Unrecht vorgeschrieben, befinde sich doch auf Stiege 2 kein Aufzug. Für die Beteiligung an den Betriebskosten wäre aber eine „nachvollziehbare vernünftige Nutzungsmöglichkeit“ maßgebend.
Das Erstgericht gab den Zahlungsbegehren mit Teilurteil statt. Ein abweichender Aufteilungsschlüssel für Kosten gemeinschaftlicher Anlagen könne gemäß § 16 Abs 6 WGG nur durch eine schriftliche Vereinbarung zwischen der gemeinnützigen Bauvereinigung und allen Mietern nach dem Verhältnis der Nutzungsmöglichkeiten begründet werden. Es komme im Anwendungsbereich des WGG sonst nicht darauf an, ob die Nutzungsberechtigten eine vernünftige faktische Nutzungsmöglichkeit des Aufzugs haben. Ausgehend von den Feststellungen entspreche die Energieeffizienz der Wohnhausanlage auch unter Berücksichtigung des von den Beklagten ermittelten „Heizwärmebedarfs“ jener eines Niedrigenergiehauses. Allein ein höherer Energieverbrauch als im Energieausweis angegeben bedeute für sich allein noch nicht, dass das Gebäude selbst nicht die Energieeffizienz eines Niedrigenergiehauses aufweise. Die Einteilung in die einzelnen Klassen des Energieausweises erfolge entsprechend der Richtlinie 6 des Österreichischen Instituts für Bautechnik. Danach fielen Gebäude mit einem Heizwärmebedarf von weniger als 50 kWh/m 2 a noch in die Kategorie B („Niedrigenergiehaus“). Die Beklagten könnten daher weder aus dem Titel des vermeintlich überhöhten Heizwärmebedarfs noch wegen „Unbenutzbarkeit des Aufzugs“ Mietzinsminderung begehren.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Das Energieausweisvorlagegesetz (EAVG) 2012 sei auf die vorliegenden Vertragsverhältnisse noch nicht anwendbar. Ob das nur auf Gebäude, die aufgrund einer vor dem 1. 1. 2006 erteilten Baubewilligung errichtet wurden, anwendbare EAVG idF BGBl I Nr 137/2006 zur Anwendung komme, sei mangels entsprechender Tatsachenfeststellungen fraglich; es stehe lediglich fest, dass der Spatenstich für die Errichtung der Wohnhausanlage am 19. 6. 2006 stattgefunden habe. Auch im Falle der Anwendbarkeit dieses Gesetzes wäre für die Beklagten nichts zu gewinnen. Eine Zinsminderung gemäß § 1096 ABGB setze entweder einen Mangel des Bestandgegenstands selbst oder ein vom Bestandgeber zu vertretendes Verhalten voraus, durch das die bedungene Benutzung des Bestandgegenstands beeinträchtigt oder gehindert werde. Wie vom Erstgericht zutreffend ausgeführt und von den Berufungswerbern in erster Instanz auch so behauptet, ergebe sich als bedungene und geschuldete Eigenschaft der Wohnung die „Lage in einem Niedrigenergiehaus“. Da aber der vom Erstgericht festgestellte „HWB“ innerhalb der Bandbreite für Niedrigenergiehäuser liege ‑ was auch von den Berufungswerbern nicht mehr in Zweifel gezogen werde ‑ könne von einem Abweichen vom bedungenen Zustand des Bestandobjekts keine Rede sein. Die Anwendung des EAVG in der erwähnten Fassung führte zu keinem anderen Ergebnis als die dargelegten allgemeinen gewährleistungsrechtlichen Erwägungen, enthalte ein Energieausweis doch nur eine Aussage über die energietechnischen Eigenschaften eines Gebäudes, aber keine Garantie für einen bestimmten Energieverbrauch, der wesentlich vom Nutzerverhalten und anderen „unvorhersehbaren“ Umständen abhänge, für die der Verkäufer oder Bestandgeber keinesfalls zu haften habe. Was die anteiligen Betriebskosten für die Aufzugsanlage des Gesamtobjekts betreffe, richte sich die Berechnung des Nutzungsentgelts nach den §§ 14 ff WGG. Nach § 14 Abs 1 Z 7 WGG dürfe bei der Berechnung des Engelts auch ein Betrag zur Deckung der sonstigen Betriebskosten, der Kosten für den Betrieb gemeinschaftlicher Anlagen ... angerechnet werden. Der den Regelungen des MRG entsprechende Nutzflächenschlüssel des § 16 Abs 1 WGG stelle nach dem Gesetzeswortlaut den Regelfall dar. Eine Abweichung davon unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten könne gemäß § 16 Abs 6 WGG durch schriftliche Vereinbarung zwischen der Bauvereinigung und allen Mietern und sonstigen Nutzungsberechtigten erfolgen. Da eine solche abweichende Vereinbarung nicht vorliege, seien die Kosten von Gemeinschaftsanlagen, zu denen auch Aufzugsanlagen gehörten, von den Beklagten anteilig zu tragen.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung im Zusammenhang mit den gewährleistungsrechtlichen Konsequenzen im Energieausweis angegebener Heizwärmebedarfswerte sowie dazu fehle, ob auch im Anwendungsbereich des WGG außerhalb einer schriftlichen Vereinbarung eine anteilige Verteilung der Betriebskosten für Gemeinschaftsanlagen nach objektiver Nutzungsmöglichkeit stattzufinden habe.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobenen Revisionen der Beklagten sind nicht zulässig, weil darin letztlich keine iSd § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfragen erörtert werden.
Wenn sich die Revisionswerber neuerlich auf die im Energieausweis enthaltene Kennzahl von 32,7 kWh/m 2 a berufen ‑ und dieser ihren tatsächlichen Wärmeverbrauch gegenüberstellen ‑ übersehen sie, dass der Energieausweis und dessen Inhalt gar keinen Eingang in die abgeschlossenen Nutzungsverträge gefunden haben kann, wurde er doch erst am 19. 5. 2008, somit einige Zeit nach Vertragsschluss bzw nach Abgabe ihrer Vertragserklärungen, überhaupt erstellt. Dass sie bereits vor Erstellung des Energieausweises über dessen Inhalt informiert worden wären und der darin genannte Wert aufgrund übereinstimmender Willenserklärungen Inhalt der Nutzungsverträge geworden wäre, haben die Beklagten auch im Verfahren erster Instanz nie behauptet.
Zutreffend ist daher das Berufungsgericht von der (unbestrittenen) Zusicherung der Klägerin ausgegangen, die den Beklagten zur Verfügung gestellten Wohnungen befänden sich in einem „Niedrigenergiehaus“ und es würden geringe Heizkosten anfallen. Da die Revisionswerber aber ‑ wie schon im Berufungsverfahren ‑ gar nicht mehr bestreiten, dass das Gesamtobjekt nach den einschlägigen Regelwerken als „Niedrigenergiehaus“ zu qualifizieren ist, liegt schon aus diesem Grund keine Abweichung von den entsprechenden Zusicherungen der Klägerin vor. Selbst der tatsächliche Wärmeverbrauch in den Wohnungen der Beklagten überschreitet den vor den Vorinstanzen für maßgeblich angesehenen Grenzwert von 50 kWh/m 2 a nicht. Darüber hinaus weist die Klägerin in ihrer Revisionsbeantwortung zutreffend darauf hin, dass der bloße tatsächliche Wärmeverbrauch eines Wohnungsnutzers schon deshalb nicht maßgeblich sein kann, weil das Nutzerverhalten ‑ etwa die Wahl der Raumtemperatur oder die Häufigkeit des Lüftens ‑ erheblich von jenen Prämissen abweichen kann, die der Berechnung des Heizwärmebedarfs im Energieausweis zugrunde liegen.
Zu den anteiligen Aufzugskosten haben die Beklagten im Verfahren erster Instanz lediglich vorgebracht, auf ihrer Stiege sei kein Aufzug vorhanden und für die Beteiligung an den Betriebskosten sei eine nachvollziehbare vernünftige Nutzungsmöglichkeit maßgebend. Das Vorbringen der Klägerin, auch für Mieter ohne Lift ‑ also offenbar jene auf Stiege 2 ‑ sei durch die Liftbenutzung die Erreichbarkeit der Tiefgarage sowie allgemeiner Räumlichkeiten gegeben, haben die Beklagten in keiner Weise substantiiert bestritten. Da somit davon auszugehen ist, dass auch die Beklagten die vorhandenen Aufzüge nutzen können, um in die Garage bzw sonstige allgemeine Räumlichkeiten zu gelangen, kann keine Rede davon sein, dass eine vernünftige faktische Nutzungsmöglichkeit fehlen würde. Damit kann dahingestellt bleiben, ob das Fehlen einer derartigen Nutzungsmöglichkeit im Anwendungsbereich des WGG die betroffenen Wohnungsnutzer berechtigen würde, die Zahlung anteiliger Betriebskosten der Aufzugsanlagen zu verweigern. Nur der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die erstmals in der Revision aufgestellte Behauptung, „der“ Aufzug befinde sich nicht einmal im selben Haus bzw Gebäude wie die Wohnungen der Beklagten, als unzulässige Neuerung unbeachtlich bleiben muss. Gleiches gilt für die Behauptung, für die Beklagten bestünde kein Recht, andere Stiegen des Gebäudes zu betreten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 50 Abs 1 iVm § 41 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat in ihren Revisionsbeantwortungen auf die fehlende Zulässigkeit der Revisionen hingewiesen, womit sich ihre Schriftsätze als zweckentsprechende Rechtsverfolgungsmaßnahmen darstellen.
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