Normen
ABGB §1090
Kündigungsschutz-Ausführungsverordnung vom 5. September 1939. DRGBl. I S. 1671 §7
Mietengesetz §23
ABGB §1090
Kündigungsschutz-Ausführungsverordnung vom 5. September 1939. DRGBl. I S. 1671 §7
Mietengesetz §23
Spruch:
§ 7 der Verordnung vom 5. September 1939, DRGBl. I S. 1671, findet auf die Buffetpacht in einem Theater keine Anwendung.
Entscheidung vom 30. März 1949, 1 Ob 124/49.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Am 31. Mai 1947 traf der Kläger mit dem Beklagten nachstehende Vereinbarung:
Der Beklagte übernahm den Betrieb des Buffets der "W. K.spiele" für die Zeit vom 1. September 1947 bis 31. August 1948. Er hatte eine Monatspacht in der Höhe von 250 S allmonatlich im voraus zu bezahlen. An Tagen, an denen das Theater aus Verschulden des Betriebes geschlossen war, entfiel die Verpflichtung zur Zahlung der Pacht, bzw. konnte eine bereits geleistete Vorauszahlung für den nächsten Monat verrechnet werden. Vereinbarungsgemäß war der Beklagte verpflichtet, das Buffet für jede Vorstellung in Betrieb zu nehmen und es nach Möglichkeit reichhaltig zu gestalten; dabei hatte er die amtlichen Preisvorschriften einzuhalten. Unter einem erklärte sich der Kläger bereit, mit dem Beklagten eine Verlängerung dieses Vertrages abzuschließen, wenn seine Konzession verlängert werde und sich das beiderseitige Vertragsverhältnis unbeanständet abwickle.
Der Kläger behauptet, den Beklagten unmittelbar nach Ablauf der Vertragsdauer davon verständigt zu haben, daß er das Vertragsverhältnis über den vereinbarten Endtermin hinaus nicht fortsetze, und begehrt mit seiner Klage die Räumung der Buffeträume durch den Beklagten.
Die unteren Instanzen wiesen das Klagebegehren ab, weil der gegenständliche Vertrag als Raumpacht im Sinne des § 7 der Verordnung vom 5. September 1939, DRGBl. I S. 1671, zu qualifizieren sei und daher die stillschweigende Erneuerung über die Vertragsdauer hinaus gemäß § 23 MietG. nur durch gerichtliche Kündigung hätte gehindert werden können.
Der Oberste Gerichtshof gab in Abänderung der unterinstanzlichen Entscheidungen der Klage Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die klagende Partei hat der beklagten Partei einen Buffetbetrieb in ihren Theaterräumen gestattet und ihr zu diesem Zweck entsprechende Räume und die vorhandene bewegliche Buffeteinrichtung überlassen; insofern enthält der Vertrag zweifellos Elemente des Bestandvertrages. Darüber hinaus enthält aber der Vertrag weitere Elemente, die ihn von einem Bestandvertrag unterscheiden: Der Beklagte durfte sein Geschäft nur in den Theaterstunden betreten, anderseits mußte er es auch zu dieser Zeit in Betrieb halten. Er war aber nicht nur verpflichtet, es in Betrieb zu halten, sondern er mußte das Buffet auch möglichst reichhaltig gestalten; der Vertrag enthielt also Vorschriften über die Art des Betriebes seines Gewerbes, die bei einem gewöhnlichen Pachtvertrag nicht vorkommen, jedenfalls nicht bei einem Vertrag, bei dem nur der Raum für den Betrieb eines Gewerbes zur Verfügung gestellt wird. Anderseits ergibt sich aus dem Vertrag, daß auch die Verpflichtungen des Klägers sich nicht darauf beschränkten, dem Beklagten einen Raum für seinen Betrieb mit entsprechender Einrichtung zur Verfügung zu stellen; denn der Beklagte konnte überhaupt nur dann sein Geschäft betreiben, wenn Theater gespielt wurde, da sich vertragsmäßig seine Kundschaft aus den Theaterbesuchern rekrutieren sollte. Der Betriebspflicht des Beklagten entspricht daher eine Betriebspflicht des Klägers, die vertragsmäßig dahingehend gesichert wurde, daß an Tagen, an denen das Theater aus Verschulden des Theaters geschlossen war, kein Pachtzins zu entrichten war.
Bei dieser Gestaltung des Vertrages muß gesagt werden, daß die Raumüberlassung nicht das Entscheidende war. Der Vertrag muß daher als gemischter Vertrag charakterisiert werden, der neben den Elementen eines Raumpachtvertrages auch Elemente einer Betriebspacht und eines Werkvertrages an sich trägt. Es ist rechtlich verfehlt, wenn die Unterinstanzen das Schwergewicht auf die Raumüberlassung gelegt und daneben die bedeutsamen Abweichungen von dem Normaltypus der Raumbestandnahme vernachlässigt habe.
§ 7 der Verordnung vom 5. September 1939, DRGBl. I S. 1671, hat nur die Raumpacht im Auge; diese Verordnung will bei Verträgen, bei denen die Raummiete (Raumpacht) die Hauptsache ist und der Bestandnehmer im übrigen allein für die Prosperität des Unternehmens verantwortlich ist, den Unternehmer dagegen schützen, daß er aus dem von ihm aufgebauten Unternehmen einfach entfernt wird. Ein Theaterbuffet bleibt immer ein Nebenbetrieb. Seine Prosperität hängt in erster Linie vom Theaterbetrieb ab und erst in zweiter Linie von der eigenen Tüchtigkeit des Unternehmers. Niemand geht ins Theater, weil das Buffet vorzüglich ist; ähnlich liegen übrigens die Verhältnisse auch in allen Fällen, in denen ein Unternehmen seinen Betrieb dadurch ergänzt, daß es einem anderen Gewerbsmann in seinen Räumen die Ausübung eines anderen Gewerbes gestattet. Hier muß dem Inhaber des Hauptbetriebes die Vereinbarung der freien Lösbarkeit des Verhältnisses gestattet werden, wenn anders er nicht Gefahr laufen soll, seinen eigenen Betrieb zu gefährden, wenn der Nebenbetrieb nicht entsprechend geführt wird. Für Kündigungsbeschränkungen ist hier kein Raum.
§ 7 der zitierten Verordnung kann daher auf solche Verhältnisse nicht angewendet werden; damit entfällt aber auch das Erfordernis der gerichtlichen Kündigung zur Vermeidung der Fortdauer des Vertragsverhältnisses auf unbestimmte Zeit.
Da nicht behauptet wird, daß das Vertragsverhältnis einverständlich verlängert worden sei, und die Schlußklausel des Vertrages die Verlängerung in das Belieben des Klägers gestellt hat, mußte dem Klagebegehren stattgegeben werden.
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