OGH 1Ob124/11h

OGH1Ob124/11h24.11.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, Wien 6, Linke Wienzeile 18, vertreten durch Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Christof Pöchhacker, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert: 30.500 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert: 5.500 EUR), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21. März 2011, GZ 30 R 58/10k-11, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 4. Oktober 2010, GZ 22 Cg 8/10k-7, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Das Revisionsverfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über den vom Obersten Gerichtshof am 8. November 2011 in der Rechtssache 10 Ob 31/11y gestellten Antrag auf Vorabentscheidung unterbrochen.

Nach Einlangen der Vorabentscheidung wird das Revisionsverfahren von Amts wegen fortgesetzt werden.

Text

Begründung

Thema dieses Verbandsprozesses nach dem KSchG ist die Zulässigkeit einer Klausel, die den beklagten Anbieter von Mobiltelefondienstleistungen berechtigt, seinen Kunden (Verbrauchern) Entgelte für die Durchführung von Zahlungen mit bestimmten Zahlungsarten, wie insbesondere für Kundenüberweisungen mit Zahlschein zu verrechnen.

Das Erstgericht gab den auf Unterlassung der Verwendung dieser Klausel und Urteilsveröffentlichung gerichteten Klagebegehren statt. § 27 Abs 6 zweiter Satz Zahlungsdienstegesetz (ZaDiG) verbiete die Erhebung von Entgelten durch den Zahlungsempfänger im Fall der Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments. Die Zahlung mittels Zahlschein bzw Onlinebanking sei als Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments zu qualifizieren.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge und ließ die Revision zu.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Entscheidung erhob die beklagte Partei Revision mit dem Abänderungsantrag, die Klagebegehren abzuweisen.

In diesem Verfahren sind insbesondere die Fragen des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. 11. 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt (im Folgenden RL) und des ZaDiG im Verhältnis zwischen der beklagten Partei und ihren Kunden, die Qualifikation eines Zahlscheins sowie des Verfahrens zur Überweisung durch Onlinebanking als „Zahlungsinstrument“ im Sinn des Art 4 Z 23 der RL bzw des § 3 Z 21 ZaDiG und die Vereinbarkeit des § 27 Abs 6 zweiter Satz ZaDiG mit Art 52 Abs 3 der RL zu klären.

Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom 8. 11. 2011 (10 Ob 31/11y) in einer vergleichbaren Verbandsstreitigkeit dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art 267 AEUV derartige Fragen im Zusammenhang mit der Auslegung der RL zur Vorabentscheidung vorgelegt. Die Vorlagefragen sind somit auch für den hier zu beurteilenden Fall maßgeblich, weshalb es zweckmäßig und geboten ist, mit der Entscheidung über die Revision bis zur Vorabentscheidung des EuGH zuzuwarten und das Revisionsverfahren zu unterbrechen. Dies ist prozessökonomisch sinnvoll, weil der Oberste Gerichtshof in allen Rechtssachen von der allgemeinen Wirkung der Vorabentscheidung des EuGH auszugehen und diese daher auch auf andere Fälle als den unmittelbaren Anlassfall anzuwenden hat (vgl RIS-Justiz RS0110583).

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