OGH 1Ob11/94

OGH1Ob11/9429.3.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser, Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Dieter Böhmdorfer, Dr.Wolfram Themmer, Dr.Andreas Peyrer-Heimstätt, Dr.Marcella Prunbauer, Dr.Martin Prunbauer und Dr.Josef Toth, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen S 41.902,61 s.A. und Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 2.Dezember 1993, GZ 12 R 65/93-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 7.Juli 1993, GZ 1 Cg 35/92-16, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß das erstgerichtliche Urteil wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 13.971,84 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 1.328,64 USt und S 6.000,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei gewährte aus einer Rechtschutzversicherung dem Versicherungsnehmer 1982 Deckung für die Kosten eines gegen diesen angestrengten Besitzstörungsverfahrens.

Nachdem der Versicherungsnehmer in diesem Verfahren unterlegen war, wandte er sich in der Absicht, gegen seinen Prozeßgegner eine Unterlassungsklage einzubringen, an einen für die klagende Partei tätigen Versicherungsvertreter. Nach dem mit diesem geführten Gespräch war er der Meinung, die klagende Partei werde ihm auch für dieses Verfahren Versicherungsschutz gewähren, doch lehnte diese die nachträgliche Übernahme der Prozeßkosten mit Schreiben vom 8.4.1987 und 10.8.1987 unter anderem deshalb ab, weil weder der Versicherungsvertreter noch der Versicherungsnehmer eine Schadensmeldung erstattet habe.

Das das abweisliche Urteil im Unterlassungsstreit bestätigende Berufungsurteil wurde dem Versicherungsnehmer am 26.11.1986 zugestellt; damit war dieses Verfahren rechtskräftig beendet. Anläßlich einer Besprechung des Versicherungsnehmers mit dessen Prozeßbevollmächtigten am 3.6.1987 stellte sich heraus, daß eine Schadensmeldung nicht erstattet worden war. Er mußte deshalb seinem Prozeßgegner dessen Verfahrenskosten am 21.8.1987 ersetzen; außerdem hatte er auch die von seinem Rechtsanwalt am 2.6.1987 fällig gestellten Vertretungskosten beglichen.

In dem von der klagenden Partei gegen den Versicherungsnehmer geführten Prozeß wegen rückständiger Versicherungsprämien wendete dieser gegen die Zahlungsverpflichtung ein, die klagende Partei habe ihm zu Unrecht den Versicherungsschutz im Unterlassungsstreit versagt; dem Klagebegehren wurde mit - in Rechtskraft erwachsenem - Urteil vom 12.1.1989 stattgegeben.

Mit Schreiben vom 3.5.1990 ersuchte der Versicherungsnehmer die klagende Partei um Gewährung von Versicherungsschutz für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen den Versicherungsvertreter wegen unterlassener Schadensmeldung. Die klagende Partei lehnte die Deckung mit der Begründung ab, die beabsichtigte Prozeßführung sei aussichtslos.

In der Folge nahm der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertreter dennoch gerichtlich auf Schadenersatz aus der unterlassenen Schadensmeldung in Anspruch. Wenig später erhob er beim selben Bezirksgericht gegen die klagende Partei die Klage auf Gewährung der Deckung auch für das vorher genannte Verfahren. Die klagende Partei wendete dem außer der Aussichtslosigkeit der gegen den Versicherungsvertreter beabsichtigten Rechtsverfolgung wegen offenkundiger Verjährung des Schadenersatzanspruches auch die Verjährung des Deckungsanspruches gemäß § 12 Abs 1 VersVG ein. Mit Urteil vom 12.3.1991 wies das Prozeßgericht das Deckungsbegehren gegen die klagende Partei mangels Erfolgsaussicht des Schadenersatzbegehrens ab, ohne auf den Verjährungseinwand nach § 12 VersVG einzugehen. Auch das Gericht zweiter Instanz (in diesem Verfahren) überging die in der Berufungsbeantwortung erneut dargestellte Verjährungsproblematik nach § 12 VersVG; es gab der Berufung des Versicherungsnehmers mit der Begründung Folge, die klagende Partei habe diesem für die Verfolgung des Schadenersatzanspruches gegen den Versicherungsvertreter Deckung zu gewähren, weil die Klagsführung nicht aussichtslos sei. Die Aussichtslosigkeit sei im Versicherungsrecht weniger streng zu beurteilen als bei der Verfahrenshilfe, die Verfolgung eines verjährten Anspruchs dürfe nicht von vornherein als aussichtslos beurteilt werden, weil die Verjährung nicht von amtswegen, sondern nur über Einwendung des Beklagten wahrzunehmen sei. Die Revision gegen das berufungsgerichtliche Urteil vom 3.7.1991 war mangels eines S 50.000,-- übersteigenden Werts des Entscheidungsgegenstandes jedenfalls unzulässig.

Die klagende Partei begehrte die Verurteilung des beklagten Rechtsträgers im Amtshaftungsweg zum Ersatz ihres mit S 41.902,61 bezifferten Schadens und ferner die Feststellung, die beklagte Partei habe ihr für den künftigen Aufwand aus der Deckungspflicht im Schadenersatzprozeß gegen den Versicherungsvertreter einzustehen. Sie brachte hiezu vor, der Schaden sei ihr infolge der unvertretbaren Rechtsansicht des Berufungsgerichtes im Vorprozeß erwachsen, das in Beachtung der eingewendeten Verjährung nach § 12 VersVG der Berufung nicht hätte Folge geben dürfen. Der Schaden setze sich aus dem Prozeßaufwand im Deckungsprozeß und der Verpflichtung zur Tragung der Kosten im Verfahren gegen den Versicherungsvertreter zusammen; außerdem könnte ihr ein weiterer Aufwand aus dem Anlaßverfahren erwachsen, sobald der Versicherungsnehmer gemäß § 71 ZPO zur Nachzahlung der Kosten des Verfahrenshilfeanwaltes verpflichtet werde.

Die beklagte Partei stellte die Klagsforderung der Höhe nach außer Streit, wendete aber dem Grunde nach ein, das Berufungsgericht habe im Vorprozeß mit Recht davon ausgehen dürfen, daß der Deckungsanspruch noch nicht verjährt sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Es meinte in rechtlicher Hinsicht, die Entscheidung des Berufungsgerichtes im Deckungsprozeß sei insofern unvertretbar gewesen, als es die offenkundige Verjährung des Deckungsanspruches nach § 12 Abs 1 VersVG nicht beachtet habe. Der Versicherungsnehmer habe sich spätestens bei Zugang des Schreibens vom 10.8.1987 im klaren sein müssen, daß der Versicherungsvertreter keine Schadensmeldung erstattet habe, sodaß alle anspruchsbegründenden Tatsachen schon in diesem Zeitpunkt vorhanden und bekannt gewesen seien. Von da an hätte er den Deckungsanspruch gegen die klagende Partei klageweise geltend machen können, sodaß dieser Anspruch gemäß § 12 Abs 1 VersVG mit Ablauf des 31.12.1989 verjährt gewesen sei. Das Berufungsgericht (im Vorprozeß) habe sich in völliger Mißachtung der Verjährungseinrede mit diesem Problem nicht befaßt, sodaß dies der beklagten Partei als schuldhaftes Organhandeln zuzurechnen sei.

Das Gericht zweiter Instanz wies das Klagebegehren ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Es führte aus, durch den Zugang des Schreibens der klagende Partei vom 10.8.1987 sei der Versicherungsnehmer wirksam davon in Kenntnis gesetzt worden, daß der Versicherungsvertreter keine Schadensmeldung erstattet habe. Die Verjährung des Schadenersatzanspruches gegen diesen sei damit in Gang gesetzt worden. Das Argument der beklagten Partei, der Deckungsanspruch könne nicht verjährt sein, weil der durch den Versicherungsvertreter herbeigeführte Schaden erst durch den Prozeßaufwand in dem gegen diesen geführten Verfahren bekannt geworden sei, sei deshalb verfehlt, weil zwischen dem Deckungsanspruch als solchem, der die Voraussetzung für eine mögliche Geldleistung des Versicherers bilde, und den Kostenzahlungen als Folgen dieses Deckungsanspruches zu unterscheiden sei. Auch dieser Anspruch unterliege der Verjährung. Nach höchstgerichtlicher Ansicht beginne diese Verjährung nicht schon mit der Entstehung des Deckungsanspruches, also mit dem Eintritt des Versicherungsfalles (hier demnach mit dem Zugang des Schreibens vom 10.8.1987), sondern gemäß § 12 Abs 1 zweiter Satz VersVG mit Ablauf des Jahres, in dem der Versicherungsnehmer die Leistung verlangen könne, in dem diese also fällig werde. Diese Fälligkeit werde in der Regel mit dem nach Eintritt des Versicherungsfalles vom Versicherungsnehmer gestellten Ansuchen und der darauf folgenden Entscheidung des Versicherers angesetzt. Der Versicherungsnehmer könne die Leistung aber spätestens dann verlangen, wenn sich die Notwendigkeit einer Interessenwahrnehmung für ihn so konkret abzeichne, daß er mit der Entstehung von Verfahrenskosten rechnen müsse, derentwegen er den Rechtschutzversicherer in Anspruch nehmen wolle. Damit schließe sich der Oberste Gerichtshof der Meinung Harbauers (Rechtschutzversicherung4 Rz 3 zu § 18) an, der zwischen Lehrmeinungen, die die Fälligkeit des Deckungsanspruches entweder stets mit dem Eintritt des Versicherungsfalles ansetzten oder allein den Zeitpunkt der Anzeige des Versicherungsfalles als maßgeblich erklärten, weil in der Rechtschutzversicherung keine Obliegenheit zur unverzüglichen Anzeige eines Versicherungsfalles bestehe, eine vermittelnde Position einnehme. Die Frage, wann der Versicherungsnehmer im Einzelfall zu handeln habe und damit der Beginn der Verjährung des Deckungsanspruches anzunehmen sei, sei nicht durch eine einhellige Praxis abgesichert. Angesichts dieses Wissenstandes könne diese Frage nicht nur in dem Sinn vertretbar gelöst werden, daß die Verjährung mit Ablauf des Jahres 1987, in dem der Versicherungsnehmer von der unterlassenen Schadensmeldung erfuhr, begonnen habe. Diese Auslegung ergebe sich zwingend weder aus dem Gesetz noch aus einer gesicherten Rechtsprechung; so wäre etwa auch die Ansicht vertretbar, zur Wahrnehmung seiner Interessen dem Versicherungsvertreter gegenüber sei der Versicherungsnehmer erst zu einem Zeitpunkt genötigt gewesen, als er angesichts des Prämienprozesses nicht mehr damit habe rechnen können, daß ihm die Prozeßkosten im Unterlassungsprozeß doch noch von der klagenden Partei erstattet werden würden. Seien mehrere Rechtsansichten vertretbar, könne die Unvertretbarkeit der berufungsgerichtlichen Entscheidung im Vorprozeß auch nicht aus der fehlenden Auseinandersetzung mit diesem Thema abgeleitet werden. Da im Amtshaftungsverfahren nicht die Richtigkeit der zu beurteilenden Entscheidung geprüft werde, sei nicht nur auf die vom Organ tatsächlich vertretene Rechtsansicht abzustellen, sondern der Amtshaftungsanspruch selbst dann zu verneinen, wenn irgendeine andere vertretbare Rechtsansicht zum selben Ergebnis geführt hätte. Die vom Organ geäußerte Rechtsansicht sei also unter dem Gesichtspunkt des „vertretbaren Alternativverhaltens“ zu behandeln. Da auch die vom Berufungsgericht im Vorprozeß zur Aussichtslosigkeit geäußerte Meinung vertretbar sei, zumal in der Rechtschutzversicherung bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten kein strenger Maßstab anzulegen sei, erweise sich der Amtshaftungsanspruch nicht als berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die von der klagenden Partei dagegen erhobene Revision ist berechtigt.

Die Rechtsmittelwerberin leitet ihre Amtshaftungsansprüche aus dem Urteil des Berufungsgerichtes im Vorprozeß (also im Deckungsprozeß, den der Versicherungsnehmer gegen sie angestrengt hat) ab. Sie wendete dort - als beklagte Partei - unter anderem Verjährung des Klagsanspruches gemäß § 12 Abs 1 VersVG ein, das Prozeßgericht wies das Deckungsbegehren jedoch im Bejahung einer anderen Einwendung ab und ging deshalb auf die Verjährungseinwendung gar nicht erst ein. Obwohl die klagende Partei in ihrer Berufungsbeantwortung auch die Verjährungseinwendung wiederholt hatte, gab das Gericht zweiter Instanz (im Vorprozeß) dem Klagebegehren in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils statt, ohne die Verjährungsfrage auch nur zu erörtern.

Daß diese Vorgangsweise rechtswidrig war und, da die klagende Partei dort selbst in der Berufungsbeantwortung die Verjährungseinwendung aufrecht erhalten und dazu weitere Ausführungen erstattet hatte, auch nicht vertretbar ist, bestreitet selbst die beklagte Partei nicht; sie wendet indessen der Sache nach ein, daß die Verjährungseinwendung unberechtigt gewesen sei, sodaß das Berufungsgericht auch dann, wenn es diese geprüft hätte, zu keinem anderen Ergebnis hätte gelangen können.

Mit diesem Vorbringen beruft sich die beklagte Partei - entgegen der Auffassung in der Revision - auf rechtmäßiges Alternativverhalten, macht also geltend, ihr Organ (das Berufungsgericht im Deckungsprozeß) habe sich zwar insofern rechtswidrig verhalten, als es die Verjährungseinwendung ungeprüft gelassen habe, es hätte den Schaden jedoch auch bei rechtmäßigem Verhalten herbeiführen müssen oder ihn dadurch jedenfalls herbeiführen dürfen (vgl SZ 64/23 mwN).

Ist die Begründung - wie hier - unvertretbar, kann der auf das darin liegende Verschulden gegründete Amshaftungsanspruch nicht dadurch abgewehrt werden, daß nun zwar objektiv unrichtige, immerhin aber vertretbare Ausführungen nachgetragen werden, bezieht sich doch die Einwendung rechtmäßigen Alternativverhaltens nicht auf das Verschulden, sondern auf den Rechtswidrigkeitszusammenhang: Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senates (JBl 1992, 316; 1 Ob 20/92; 1 Ob 17/92; 1 Ob 40/91 ua) muß das ins Treffen geführte Alternativverhalten nicht nur auf vertretbarer, sondern auch - arg. „rechtmäßig“ - auf rechtlich einwandfreier Rechtsansicht beruhen. Völlig verfehlt ist daher die Ansicht des Berufungsgerichts, zur Abwehr des Amtshaftungsanspruchs reiche bereits die Dartuung eines „vertretbaren Alternativverhaltens“ aus. Da die fehlende Erörterung der ausdrücklich eingewendeten Verjährung des Deckungsanspruches jedenfalls nicht vertretbar ist, muß geprüft werden, ob die Entscheidung der zweiten Instanz im Deckungsprozeß in materieller Hinsicht richtig war. Das aber ist zu verneinen:

Wie der Oberste Gerichtshof in seiner in RdW 1986, 110 = ZVR 1986/116 = VersRdSch 1987, 65 unter Berufung auf Harbauer (Rechtsschutzversicherung2 § 18 dARB Rz 3 und 4; jetzt ebenso in der vierten Auflage) veröffentlichten Entscheidung vom 4.7.1985, 7 Ob 30/85, ausgesprochen hat, wird zwar die Verjährung des Anspruchs des Versicherungsnehmers auf Versicherungsschutz nicht schon mit der Entstehung dieses Anspruchs, also bereits mit Eintritt des Versicherungsfalls, durch den sich die latente Gefahrtragung des Versicherers in eine konkrete Leistungspflicht verwandelt, in Gang gesetzt, sie beginnt indessen gemäß § 12 Abs 1 zweiter Satz VersVG mit dem Schluß des Jahres zu laufen, in dem der Versicherungsnehmer die Leistung verlangen kann, in dem diese also fällig wird. Deren Fälligkeit tritt in aller Regel ein, sobald der Versicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalls den Versicherungsschutz begehrt, der Versicherer über sämtliche Umstände vollständig und wahrheitsgemäß unterrichtet wurde und dieser innerhalb der ihm zuzubilligenden angemessenen Prüfungsfrist entscheidet oder bis zu deren Ablauf keine Entscheidung trifft. Der Versicherungsnehmer kann die Leistung spätestens dann verlangen, wenn sich die Notwendigkeit einer Interessenwahrung für ihn derart konkret abzeichnet, daß er mit der Entstehung von Verfahrenskosten rechnen muß, derentwegen er den Rechtschutzversicherer in Anspruch nehmen will. Dabei sind vom genannten Anspruch auf Versicherungsschutz nach Eintritt des Versicherungsfalls die im Laufe und aus Anlaß der Interessenwahrung einzeln entstehenden Ansprüche des Versicherungsnehmers auf Befreiung von einer Kostenschuld oder auf deren Erstattung, sofern der Versicherungsnehmer vom Kostengläubiger bereits in Anspruch genommen wurde, genau zu unterscheiden. Ist der Anspruch auf generellen Versicherungsschutz verjährt, kann der Versicherer auch die Befreiung von Kostenschulden verweigern, die nach Ablauf der Verjährungsfrist entstehen. An dieser Ansicht ist festzuhalten.

Jener Schaden, dessen Ersatz der Versicherungsnehmer schließlich gegen den Versicherungsvertreter einklagte, der Verlust des Rechtsschutzes im Unterlassungsstreit infolge unterlassener Schadensmeldung, und die Person des Schädigers waren dem Kläger spätestens mit Zugang des Schreibens vom 10.8.1987 zur Gewißheit geworden, mit dem die klagende Partei den Versicherungsschutz mangels Versicherungsmeldung (durch den Versicherungsvertreter) bereits zum zweitenmal ablehnte; demgemäß mußte er dem Prozeßgegner auch wenige Tage später dessen Verfahrenskosten ersetzen. Spätestens in diesem Zeitpunkt mußte sich der Versicherungsnehmer im klaren gewesen sein, daß der Verlust des Versicherungschutzes für die Kosten des Unterlassungstreites (zumindest auch) auf die Unterlassung der Schadensmeldung durch den Versicherungsvertreter zurückzuführen war, ihm daher dieser den damit verbundenen Vermögensnachteil zugefügt hat und er ihn somit auch auf dessen Ersatz in Anspruch zu nehmen genötigt sein würde. Von da an hätte er der klagenden Partei den Versicherungsfall melden und damit die Leistung - also die Deckungszusage - verlangen können, weil sich die Notwendigkeit einer Interessenwahrnehmung gegen den Versicherungsvertreter bereits konkret abzeichnete. Das dem - aus besonderen Gründen - nicht so gewesen wäre, hat die beklagte Partei, die - wie das Berufungsgericht zutreffend bemerkt - das Wesen der Verjährung des Anspruchs auf Versicherungsschutz verkannt hat, nicht eingewendet. Die zweijährige versicherungsvertragsrechtliche Verjährungsfrist begann daher schon mit Ablauf des Jahres 1987 zu laufen (§ 12 Abs 1 zweiter Satz VersVG), sodaß sie im Zeitpunkt der Einbringung der Deckungsklage bereits abgelaufen war. Richtigerweise hätte das Berufungsgericht im Vorprozeß daher, wenn es schon die bestrittene Erfolgsaussicht bejahte, das Deckungsbegehren wegen Verjährung abweisen müssen. Die ihm vom Berufungsgericht zugebilligte, auf eine vereinzelte, von der deutschen Rechtsprechung (vgl die Nachweise bei Harbauer aaO Rz 3) indessen nicht geteilte Lehrmeinung gestützte vertretbare Rechtsauffassung kann der beklagten Partei aber aus den weiter oben dargestellten Erwägungen nicht zugute kommen.

Da die geltend gemachten Ansprüche in ihren übrigen Voraussetzungen unbestritten geblieben sind, ist deshalb in Abänderung der berufungsgerichtlichen Entscheidung das Ersturteil wieder herzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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