European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:0010OB00011.930.0420.000
Spruch:
Der außerordentlichen Revision wird teilweise Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird teilweise bestätigt und teilweise dahin abgeändert, dass die Entscheidung insgesamt lautet:
1.) Die beklagten Parteien sind schuldig, die Vornahme von Eingriffshandlungen in das Miteigentum der Klägerin an der EZ *****, unter Verletzung des Anhörungs- bzw Stimmrechtes der Klägerin, wie etwa die Erweiterung des Hafenbeckens, die Errichtung von Bootsanlegestellen, von Spund- und Pfahlwänden, von Tümpeln, sowie die Vornahme von Dammschüttungen und Ausbaggerungen, soweit sich solche Maßnahmen auf die Grundstücke ***** der EZ ***** beziehen, zu unterlassen.
Das darüber hinausgehende Unterlassungsmehrbegehren der klagenden Partei wird abgewiesen.
2.) Das weitere Klagebegehren, die beklagten Parteien seien schuldig, den ursprünglichen rechtmäßigen Zustand durch Beseitigung der durch Ausbaggerung erfolgten Erweiterung des Hafenbeckens über die sich aus dem Plan vom März 1967, welcher integrierender Bestandteil dieses Urteiles ist, ergebende Ufer-Wasser-Linie hinaus, sämtlicher angebrachter Spund- und Pfahlwände an der West-und Ostseite des bestehenden Hafenbeckens, der Anlegestellen an der Süd-und Westseite des bestehenden Hafenbeckens, des Tümpels auf dem Grundstück ***** KG *****, sowie des ost- und westseitig des Hafenbeckens aufgeschütteten Dammes, jeweils soweit sich diese Ausbaggerungen und Anlagen auf den Grundstücken ***** in der EZ ***** befinden, auf Kosten der beklagten Parteien wiederherzustellen, wird abgewiesen.
3.) Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei an anteiligen Barauslagen des gesamten Verfahrens einen Betrag von S 3.270 binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist zu 2/6tel-Anteilen, der Erstbeklagte zu 1/6tel-Anteil und der Zweitbeklagte zu 3/6tel‑Anteilen Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** mit den Grundstücken *****. Der Erstbeklagte ist ferner Alleineigentümer der EZ ***** mit den Grundstücken ***** und *****. Diese Grundstücke befinden sich am südlichen Ufer des Bodensees im Bereich der Katastralgemeinde *****. Die Grundstücke *****, südlich davon ***** und südlich davon ***** grenzen aneinander und werden von den weiteren im Miteigentum stehenden Grundstücken *****, nördlich davon ***** und nördlich davon ***** durch die im Alleineigentum des Erstbeklagten stehenden Grundstücke ***** und nördlich davon ***** räumlich getrennt. Vor der Rheinregulierung entwässerte der Rhein auf Grund seines alten Wasserlaufes bei Hochwasser durch ein Rinnsal. Durch Regulierungsmaßnahmen trocknete das Rinnsal größtenteils aus. Im Bereich des Bodensees blieben aber ein schmaler Kanal und eine Hafenanlage mit mehreren Anlegestellen-das sogenannte „Rinnsal-Loch“-bestehen. Vom Westen her wuchs das Rinnsal-Loch durch Schilf laufend zu. In Richtung Osten war die Einfahrt tiefer. Auf Grund der Versandung musste immer wieder eine Fahrrinne ausgebaggert werden. An diesem Kanal befanden sich mehrere Fischerhütten, unter anderem auch die des Erstbeklagten. Im Jahr 1956 wurde mit der Errichtung des Polder-Dammes begonnen, der das Rhein-Delta vor Hochwasser schützen sollte. Dieser Damm hätte im Bereich des Rinnsals-Loches ursprünglich weiter südlich (landeinwärts) errichtet werden sollen, wurde aber tatsächlich um 40bis 50m nördlicher (seewärts) als nach den Plänen gebaut. Welche Grundstücke das Rinnsal-Loch vor der Dammerrichtung umfasste, lässt sich heute nicht mehr genau feststellen. Sicher ist nur, dass es hauptsächlich auf den Grundstücken ***** und ***** sowie ***** lag und zumindest an die Grundstücke ***** und ***** angrenzte, wenn es nicht diese auch noch teilweise mitumfasste. Bei Hochwasserstand des Bodensees war das gesamte Gebiet überflutet. Auf Grund der Polder-Damm-Errichtung wurde das Rinnsal-Loch durchtrennt, wobei der südlich gelegene Teil austrocknete. Dies hatte zur Folge, dass die Hütte des Erstbeklagten nun nicht mehr am Ufer des Rinnsal-Loches lag. Der Erstbeklagte hatte allerdings noch Zugang zum Rinnsal-Loch über den Grundstücksstreifen der Grundstücke ***** und *****, den er auf Grund eines Schenkungsvertrages im Jahr 1954 erhalten hatte, um ihm den Zugang zum See zu sichern. Der zum Bau des Polder-Dammes verwendete Lehm wurde zum Teil aus dem Rinnsal-Loch ausgebaggert. Die Errichtung eines Hafens als Gegenleistung für die Lehmgewinnung wurde aber nicht zugestanden. Auch noch nach der Polder-Damm-Herstellung in den 60er-Jahren wurde die Fahrrinne des Rinnsal-Loches mehrmals ausgebaggert. Diese Ausbaggerungen erfolgten immer über Auftrag des Zweitbeklagten. Auch das Ansuchen für die Erlassung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 7.7.1963 betreffend die Ausnahmegenehmigung für Baggerarbeiten wurde vom Zweitbeklagten gestellt. In den 60er-Jahren wurden Baggerarbeiten in der Hafeneinfahrt des Rinnsal-Loches durchgeführt. Das gewonnene Material wurde beidseits der Hafenrinne zur Errichtung von Dämmen aufgeschüttet. Der westliche Damm wurde durch die Errichtung einer Spundwand befestigt. Diese Arbeiten wurden auf den gemeinsamen Liegenschaften der Streitteile vorgenommen. Für die Spundwanderstellung und Aufschüttung eines Dammes westlich des Hafens hat die Klägerin nie etwas bezahlt. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 8.7.1969, ZlI-1506/67, wurde dem Zweitbeklagten die Errichtung einer Spundwand ua auf dem Grundstück ***** zur Sicherung des östlich angrenzenden Privathafens seeuferschutzrechtlich genehmigt. In dieses Genehmigungsverfahren war die Klägerin nicht eingebunden. Auch vom wasserrechtlichen Verfahren, welches mit einer Bewilligung des Ansuchens im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 23.10.1969, ZlII‑3039/1967, endete, wurde die Klägerin nicht verständigt. Nach dem Tode des Karl B*****, welcher der Vertreter der Eigentümergemeinschaft während der Polder‑Damm‑Errichtung war, übernahm der Zweitbeklagte die Abrechnungen für das Miteigentum. Vom Jahr 1964 bis 1971 wurden diese Abrechnungen der Klägerin regelmäßig zugeschickt. Weil darnach keine Einnahmen aus einem Streueverkauf erzielt werden konnten, erfolgten ab 1972 keine Abrechnungen mehr. Die Klägerin wusste, dass der Zweitbeklagte als Verwalter tätig war, weil sie zumindest teilweise über dessen Verwaltungstätigkeit informiert wurde. Eine lückenlose Information der Klägerin über sämtliche Verwaltungstätigkeiten des Zweitbeklagten erfolgte aber nicht.
Die Klägerin war nur alle paar Jahre am Rinnsal‑Loch und kümmerte sich um die Liegenschaft nicht, weil sie an einem Hafen nicht interessiert war. Da der Erstbeklagte zudem immer wieder von seinem Hafen sprach, glaubte sie, dass der Hafen auf dem im Alleineigentum des Erstbeklagten befindlichen Grund gebaut worden war. Seit 1980 war die Klägerin überhaupt nicht mehr am See, da sie ihre Mutter pflegen musste. Erst der Sohn der Klägerin bemerkte, dass der Hafen nicht nur auf dem Grundstück des Erstbeklagten gebaut worden sein konnte. Tatsächlich befindet sich derzeit lediglich der östliche Teil des Hafens auf den im Alleineigentum des Erstbeklagten stehenden Grundstücken, während die Spundwand und der westseitige Damm auf den Grundstücken ***** und ***** errichtet wurden. Auch der durch die Errichtung des Dammes entstandene Tümpel befindet sich auf den gemeinschaftlichen Grundstücken.
Die Klägerin begehrt die Verurteilung der Beklagten, die Vornahme eigenmächtiger Eingriffshandlungen (ohne ihre Zustimmung) in die im Miteigentum der Streitteile stehende Liegenschaft EZ ***** zu unterlassen und den aus dem Spruch ersichtlichen vormaligen Zustand wiederherzustellen. Dazu brachte sie im Wesentlichen vor: Der auf den im Alleineigentum des Erstbeklagten stehenden Grundstücken bestehende kleine Hafen sei von den Beklagten ohne ihr Wissen und ihre Zustimmung und ohne Vorliegen einer Benützungsvereinbarung auf die im Miteigentum der Streitteile stehenden Grundstücke ***** und ***** der EZ ***** ausgedehnt worden; ferner seien die früher kleine Fahrrinne um ein Vielfaches vergrößert, ein großer Damm aufgeschüttet, Spund- und Pfahlwände sowie Anlegestellen errichtet und die Hafenanlage seewärts verlegt worden. Der Hafen bestehe ohne erforderliche Bewilligungen, da die Beklagten wohl im Jahr 1963 die Ausbaggerung des Rinnsal‑Loches und im Jahr 1967 die Bewilligung für die Errichtung einer Spundwand sowie im Jahr 1986 eine erneute Ausbaggerung und die Schüttung eines Dammes mit Aushubmaterial beantragt hätten, nicht jedoch die Erweiterung des Hafens. Die Beklagten hätten bei den Verfahren der Wasserrechts-und Landschaftsschutzbehörden dafür gesorgt, dass die Klägerin keine Parteistellung erlangt habe. Die Vergrößerung des Hafenbeckens auf den gemeinsamen Grundstücken stelle eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung dar und sei ein massiver Eingriff in das Miteigentumsrecht der Klägerin. Selbst bei Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung hätte die Klägerin als Minderheitseigentümerin gehört werden müssen. Der Zweitbeklagte sei von der Klägerin nicht als Verwalter eingesetzt worden, er habe lediglich Abrechnungen für das Miteigentum gemacht. Die Beklagten hätten auch auf den im gemeinsamen Eigentum stehenden Liegenschaften künstlich einen Tümpel errichtet, ohne dass die Klägerin in das wasserrechtliche Bewilligungsverfahren einbezogen worden sei. Die von den Beklagten getroffenen Maßnahmen seien nicht etwa zum Schutz des Polder‑Dammes, sondern zur besseren Benützung des Hafens bzw zur Verhinderung der Versandung getroffen worden. Der Hafen liege auch heute nicht mehr, wie ursprünglich, im Bereich des Rinnsal‑Loches. Zu Unrecht verweigerten die Beklagten die Beseitigung des von ihnen herbeigeführten rechtswidrigen Zustandes. Dieses Begehren bedeute keinen Rechtsmissbrauch und keine schikanöse Rechtsausübung, da die Klägerin kein Bedürfnis nach einem Hafen auf gemeinsamem Grund habe, ein Hafen Kosten verursache und überdies Haftungen gegenüber Dritten mit sich bringe, und die Klägerin darüberhinaus eine möglichst unberührte Erhaltung dieses Naturschutzgebietes anstrebe.
Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und trugen folgende Einwendungen vor: Vor der großen Rheinregulierung habe der Rhein bei Hochwasserständen durch das sogenannte „Rinnsal“ entwässert. Dieses sei nach der Rheinregulierung größtenteils ausgetrocknet, im Bereich der Einmündung in den Bodensee hätte sich aber nach wie vor ein Kanal und eine Hafenanlage befunden. Die Errichtung des Polder-Dammes zum Schutz des Rheindeltas bei hohen Wasserständen des Bodensees habe die bestehende Hafenanlage vom Bodensee abgeschnitten. Eine Verlegung seewärts (auf die im Miteigentum der Streitteile stehenden Liegenschaften) sei vereinbart worden, und zwar mit der Großmutter der Streitteile, die seinerzeit Alleineigentümerin der betreffenden Grundstücke gewesen sei. An diese Vereinbarung sei die Klägerin als (Teil-)Rechtsnachfolgerin gebunden. Die Verlandung des Hafens mache alle fünf bis zehn Jahre Ausbaggerungen notwendig, die erstmals 1963 durchgeführt worden seien. Im Jahr 1967 sei nach behördlicher Genehmigung eine Spundwand auf dem Grundstück ***** (öffentliches Gut) sowie auf den im Miteigentum stehenden Grundstücken ***** und ***** zur Vermeidung einer weiteren Verlandung der Hafenrinne hergestellt worden. Seither seien nur mehr Erhaltungsmaßnahmen im Rahmen der ordentlichen Verwaltung erfolgt. Die vorgenommenen Arbeiten und Maßnahmen hätten eine Wertsteigerung mit sich gebracht, für welche die Klägerin keinerlei Zahlungen geleistet habe. Der Tümpel und der Damm seien nicht künstlich errichtet worden, sondern hätten sich auf Grund der bescheidmäßigen Ablagerungen des ausgebaggerten Aushubmaterials ergeben. Das Beseitigungsbegehren der Klägerin stelle eine rechtsmissbräuchliche und schikanöse Rechtsausübung dar, weil die Klägerin durch die Hafenanlage keinerlei Nachteile habe und deren Beseitigung ihr auch keine Vorteile bringe.
Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren der Klägerin statt, wies jedoch das Beseitigungsbegehren als schikanös ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es im Wesentlichen aus: Gemäß § 833 ABGB komme Besitz und Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache allen Teilhabern insgesamt zu. Bei der Bestellung eines Verwalters müsse über die grundsätzliche Frage, ob ein Verwalter bestellt werde, Einhelligkeit vorliegen, während über die Person des Verwalters nach § 836 ABGB die Stimmenmehrheit entscheide. Stimmenmehrheit reiche auch bei einem Wechsel der Person des Verwalters aus. Im vorliegenden Fall sei während der Polder-Damm-Errichtung Ende der 50er-Jahre Karl B***** als Verwalter eingesetzt worden. Ihm sei sodann der Zweitbeklagte nachgefolgt. Somit sei für die Bestellung des Zweitbeklagten als Verwalter nur Stimmenmehrheit notwendig gewesen, welche durch die Zustimmung des Erstbeklagten mit zwei Dritteln gegeben gewesen sei. Die Befugnisse eines Verwalters erstrecken sich nur auf Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung. Zu diesen gehörten ständig wiederkehrende Ausbesserungen und notwendige Instandsetzungsarbeiten, einschließlich baulicher Veränderungen kleineren Umfanges, die nicht über den bloßen Erhaltungszweck hinausgingen, im Wesentlichen den Interessen aller Miteigentümer dienten und keine besonderen Kosten verursachten. Die vom Zweitbeklagten in Auftrag gegebene Ausbaggerungen der Fahrrinne, die lediglich zur ungehinderten Benützung des Hafens dienten, seien sohin Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung, die von der Stimmenmehrheit getragen würden. Der Minderheit müsse aber wenigstens Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden. Die Klägerin sei über diese Maßnahmen allerdings nie informiert worden. Die Herstellung einer Spundwand und die Aufschüttung des westlich an den Hafen angrenzenden Damms seien der außerordentlichen Verwaltung zuzurechnen, weil diese bauliche Veränderungen des Hafens dargestellt hätten, die nicht mehr nur allein dessen Erhaltung gedient hätten. Bei diesen wichtigen Veränderungen, die der besseren Benützung des Hauptstammes dienten, habe die Minderheit nach § 834 ABGB die Möglichkeit, Sicherstellung für künftigen Schaden oder, wenn dies verweigert werde, den Austritt aus der Gemeinschaft zu verlangen. Seien bereits Maßnahmen gesetzt worden, könne ihre Beseitigung im streitigen Verfahren verlangt werden. Im vorliegenden Fall habe die Klägerin daher grundsätzlich die Möglichkeit, die Beseitigung von Maßnahmen, die auf den gemeinsamen Grundstücken vorgenommen worden seien, und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes zu verlangen, soweit die Ausübung ihres Rechtes nicht offenbar den Zweck habe, die anderen Teilhaber zu schädigen. Diese Absicht der Klägerin sei jedoch hier zu bejahen. In ihrer Aussage habe diese ein völliges Desinteresse am gemeinsamen Grundstück, insbesondere an einer Hafenanlage, gezeigt. Das Rinnsal-Loch sei aber bereits vor den Ausbaumaßnahmen der Beklagten als Hafen benützt worden, in einem Zeitpunkt, als die Klägerin die Schenkung dieser Liegenschaft angenommen habe. Mit der Annahme der Schenkung habe sie aber auch die mit einem Hafen verbundene Haftung auf sich genommen. Für die Klägerin spreche auch nicht das Kostenargument, weil sie auch bisher zu diesen Kosten nicht beigetragen habe. Ihr behauptetes Naturschutzinteresse sei ebenfalls nicht ausschlaggebend, weil die Natur, die sich heute am sogenannten Rinnsal-Loch darstelle, sich im ökologischen Gleichgewicht befinde. Eine Abtragung bereits wieder bewachsener Dämme wäre ein wesentlich stärkerer Eingriff in die Natur als die Belassung des derzeitigen Zustandes.
Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der Klägerin nicht, hingegen jener der Beklagten Folge und wies das gesamte Klagebegehren ab. Es bewertete den Gegenstand seiner Entscheidung über S 50.000 und erklärte die Revision für nicht zulässig.
Selbst wenn man davon ausginge, dass sämtliche im Unterlassungs- und Beseitigungsbegehren genannten Maßnahmen der Beklagten solche der außerordentlichen Verwaltung gewesen wären und diese Maßnahmen als wichtige Veränderungen ohne Anhörung der Klägerin und, was im Fall ihres Widerspruchs geboten gewesen wäre, ohne Einholung der Entscheidung des Außerstreitrichters von den Beklagten als Mehrheitseigentümern getroffen worden wären, sodass die Beseitigung dieser Maßnahmen im ordentlichen Rechtsweg der Klägerin zutreffend angestrebt werde, sei der Rechtsauffassung des Erstgerichtes beizutreten, dass der Anspruch der Klägerin in schikanöser Rechtsausübung geltend gemacht werde. Es könne dahinstehen, ob das Vorbringen der Beklagten und die Feststellungen der ersten Instanz ausreichten, der Klägerin zu unterstellen, die Ansprüche nur in Schädigungsabsicht erhoben zu haben. Nach neuerer Rechtsprechung sei für die Beurteilung missbräuchlicher Rechtsausübung zu erwägen, ob zwischen den vom Rechtsausübenden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des anderen ein krasses Missverhältnis bestehe. Lege man diese Kriterien auf den hier festgestellten Sachverhalt an, müsse ein krasses Missverhältnis dieser Interessen zu Lasten der Klägerin bejaht werden, das die Ausübung des Beseitigungsanspruches als schikanös erscheinen lasse. Die Klägerin müsse gegen sich gelten lassen, dass die bestehende Hafenanlage nicht völlig neu errichtet, sondern im Vergleich zur ursprünglich bestehenden Anlage nur etwas erweitert und modernisiert wurde. An dieser Tatsachenlage scheitere aber die Berechtigung ihres Interesses an der Beseitigung des Hafens mit der Begründung, sie wolle keinen Hafen. Auch der Kosten-und Haftungsfaktor könne die Interessenlage der Klägerin nicht stützen. Hier stehe fest, dass die Klägerin bisher keinerlei Zahlungen leisten habe müssen, von ihr sei auch gar nicht behauptet worden, dass sie künftig zu derartigen Leistungen herangezogen würde. Dafür, wie auch für die weitere Behauptung der Klägerin, dass der Hafen entgeltlich oder unentgeltlich auch fremden Schiffsbesitzern geöffnet oder sonstwie von Dritten genutzt werde, fehlten jegliche Anhaltspunkte. Die Interessenlage der Klägerin verbessere aber auch nicht das Argument des Naturschutzes. Nach der ganzen Sachlage (insbesondere auch den vorliegenden Lichtbildern vom derzeitigen Zustand der Anlage) könne nicht gesagt werden, dass es sich um störende oder grobe Eingriffe in die Natur handle, vielmehr stelle sich der Hafen als ein den natürlichen Gegebenheiten angepasster und diese berücksichtigender Naturhafen dar. Berücksichtige man die Interessenlage der Beklagten, nämlich die sinnvolle Gestaltung oder Verwendung der ansonsten für andere Zwecke unverwendbaren Liegenschaftsteile, ferner die zur Erhaltung der ursprünglich schon gegebenen Hafenanlage zweifellos aufgewendeten hohen Kosten sowie das Fehlen eines auch nur annähernd überzeugenden und nachvollziehbaren Grundes, anstelle dieses Naturhafens eine allmählich verlandende und versandende und solcherart nicht nutzbare Fläche zu schaffen, so erweise sich die Ausübung des Beseitigungsanspruches durch die Klägerin bei Abwägung der beiderseitigen Interessenlagen als schikanös.
Auch das Unterlassungsbegehren der Klägerin sei verfehlt. Sofern es sich bei den zu unterlassenden Maßnahmen um Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung handle, könne sich die Klägerin als Minderheitseigentümerin dagegen nicht zur Wehr setzen, wenn solche von der Mehrheit angeordnet worden seien. Bei wichtigen Veränderungen hingegen könne im Falle des Widerspruches des Minderheitseigentümers die mangelnde Einigkeit nur durch eine Entscheidung des Außerstreitrichters ersetzt werden. Ohne eine solche könne jeder Miteigentümer im Rechtsweg die Beseitigung eigenmächtiger Eingriffe in sein Anteilsrecht und die Wiederherstellung des früheren Zustandes begehren. Diese Rechtslage dadurch zu umgehen, dass grundsätzlich und unbeschadet, ob Maßnahmen der Eigentümermehrheit die ordentliche Verwaltung betreffen oder wichtige Veränderungen der gemeinsamen Liegenschaft darstellen, die Zustimmung der Klägerin vorliegen müsse, und ohne diese Zustimmung den Beklagten jegliche Maßnahme verboten werde, finde in der aufgezeigten Rechtslage keine Deckung und bedeute zudem einen schweren Eingriff in die Rechte der Miteigentümer der Klägerin (= der Beklagten).
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das Urteil der zweiten Instanz erhobene außerordentliche Revision der Klägerin ist teilweise berechtigt:
Die Benützung und die Verwaltung einer gemeinschaftlichen Sache kommt allen Teilhabern insgesamt zu; in Angelegenheiten, welche nur die ordentliche Verwaltung und Benützung des Hauptstammes betreffen, entscheidet die Mehrheit der Stimmen nach dem Verhältnis der Anteile (§ 833 ABGB). Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung sind Maßnahmen, die der Erhaltung und Verwaltung der gemeinsamen Sache dienen, die sich im gewöhnlichen Verlauf der Dinge als notwendig oder zweckmäßig erweisen, im Interesse aller Teilhaber liegen und keine besonderen Kosten verursachen, wie etwa ständig wiederkehrende Ausbesserungen oder Instandsetzungsarbeiten einschließlich baulicher Veränderungen kleineren Umfangs, die nicht über den bloßen Erhaltungszweck hinausgehen (Gamerith in Rummel 2 Rz 4 und 7 zu § 833 mwN). In Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung entscheidet die Stimmenmehrheit. Der Willensbildung in diesen Angelegenheiten soll aber nach herrschender Auffassung eine Beteiligung (Anhörung) aller Teilhaber vorangehen, die Minderheit soll also nicht gleichsam vor vollendete Tatsachen gestellt werden (Gamerith aaO Rz 10 mwN). Ob die Verletzung dieses Anhörungsrechtes (der Minderheit) die Unwirksamkeit der Beschlussfassung (auch im Außenverhältnis) bewirkt (JBl 1987, 650 ua Nachweise bei Gamerith aaO; Thöni in JBl 1992, 7 ff) oder nicht (so JBl 1985, 102, wenn das Ergebnis der Abstimmung bei Einhaltung des Erfordernisses der Anhörung der Teilhaber gleich gewesen wäre), kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, weil hier nur die Verletzung des Anhörungsrechtes rechtserheblich ist. Bei wichtigen Veränderungen (siehe dazu Gamerith aaO Rz 1 zu § 834) der gemeinschaftlichen Sache können die Überstimmten Sicherstellung für künftigen Schaden oder bei deren Verweigerung den Austritt aus der Gemeinschaft verlangen (§ 834 ABGB). Wichtige Veränderungen erfordern jedenfalls die Beiziehung (Anhörung) aller Teilhaber; unter Umgehung der Minderheit durchgeführte wichtige Veränderungen sind jedenfalls ungültig (SZ 59/203 ua; Gamerith aaO Rz 7 zu § 834). Der übergangenen Minderheit steht der im streitigen Verfahren durchzusetzende Anspruch auf Beseitigung eigenmächtig vorgenommener Veränderungen der gemeinschaftlichen Sache und auf Unterlassung künftig drohender derartiger Eingriffe in das Miteigentum zu (Gamerith aaO Rz 13 zu § 835 mwN).
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen haben die Beklagten als Mehrheitseigentümer seit Jahren ohne Verständigung und Beteiligung der Klägerin, der ordentlichen oder auch der außerordentlichen Verwaltung zuzuordnende Maßnahmen im Zusammenhang mit der Erweiterung, Erhaltung und Verwaltung der vorliegenden Hafenanlage und der diese umgebenden Grundstücke durchgeführt, die Gegenstand behördlicher Genehmigungsverfahren (zur Wahrung wasserrechtlicher, seeuferschutzrechtlicher, naturschutzrechtlicher Belange und dergleichen) waren und insgesamt eine nicht unerhebliche Veränderung der gesamten Liegenschaft bewirkten. soweit diese Veränderungen Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung der gemeinschaftlichen Liegenschaft darstellten, haben die Beklagten dadurch jedenfalls das Recht der Klägerin auf Anhörung verletzt, unabhängig davon ob die Maßnahmen dadurch unwirksam wurden oder nicht. Soweit sich aber um Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung (wichtige Veränderungen im Sinne des § 834 ABGB) handelte, sind diese Veränderungen zufolge der Unterlassung der Anhörung und Abstimmungsbeteiligung der Klägerin (und der allenfalls nachfolgenden Einholung der Entscheidung des Außerstreitrichters) dieser gegenüber rechtlich nicht wirksam geworden. Der Klägerin steht daher grundsätzlich der Anspruch auf Beseitigung dieser Maßnahmen (somit auf Wiederherstellung des vorherigen Zustandes) und auf Unterlassung weiterer derartiger eigenmächtiger Eingriffe in ihr Miteigentumsrecht an der betreffenden Liegenschaft zu. Der in der Revisionsbeantwortung von den Beklagten hervorgehobene Umstand, dass die Klägerin bis zum Tod ihrer Mutter (am 6.12.1989), die Fruchtnießerin der Liegenschaftsanteile der Klägerin war, nur nuda propietas hatte und von der Beteiligung an der Liegenschaftsverwaltung ausgeschlossen war, ist jedenfalls für die wichtigen Veränderungen irrelevant, weil der Fruchtgenussberechtigte Veränderungen der Substanz nicht (mit)beschließen hätte dürfen (§§ 509, 513 ABGB). Im Übrigen ist nicht aktenkundig (vielmehr von der Klägerin bestritten), dass die Mutter der Klägerin von den Beklagten den verfahrensgegenständlichen Maßnahmen beigezogen worden wäre.
Jede Rechtsausübung findet aber im Schikaneverbot des § 1295 Abs 2 ABGB ihre Grenze. Mit ihrem Beseitigungsbegehren verstößt die Klägerin nach den maßgeblichen Sachverhaltsgrundlagen gegen dieses Rechtsausübungsverbot, weil sie zwar damit nicht unbedingt allein die Absicht verfolgt, die beiden Beklagten zu schädigen, weil aber die von ihr im Verfahren geltend gemachten Interessen (Naturschutzinteresse, Befürchtung von Haftungen aus dem Betrieb der Hafenanlage, an welcher sie selbst keinerlei Interesse habe) zu den Interessen der beiden Beklagten, die seit Jahren unter Aufwendung erheblicher Mühen und Kosten den vormals bestandenen Naturhafen mit Einholung aller notwendigen behördlichen Bewilligungen modernisierten und ausbauten, ohne dabei die von der Klägerin in den Vordergrund gestellten Interessen (des Naturschutzes oder einer finanziellen Haftung der Klägerin) zu verletzen, in krassem Gegensatz steht. Nach nunmehr herrschender Auffassung liegt Schikane nicht nur oder erst dann vor, wenn die Schädigungsabsicht den einzigen Grund für die Rechtsausübung bildet (was man der Klägerin im vorliegenden Fall keineswegs zusinnen kann), sondern bereits dann, wenn zwischen den vom Rechtsausübenden verfolgten Interessen und den dadurch beeinträchtigten Interessen des (grundsätzlich mit Recht) Verfolgten ein krasses Missverhältnis besteht, wenn das Interesse des Rechtsausübenden an der Wiederherstellung des ehemaligen Zustandes der gemeinschaftlichen Sache also gegenüber den Interessen des Verfolgten auf Belassung des gegenwärtigen Zustandes der Sache völlig in den Hintergrund tritt (SZ 62/169; EvBl 1987/49 ua; Koziol-Welser I9 466 mwN in FN 155). Da die von der Klägerin in den Mittelpunkt ihres Rechtsschutzbegehrens gestellten Interessen des Naturschutzes nach der Sachlage durch die bestehende, im Vergleich zur früheren Hafenanlage nicht beeinträchtigt sind-haben doch die Behörden auch in Wahrung des Natur-, Seeufer- und Wasserschutzes den Veränderungen zugestimmt und die regelmäßige Instandhaltung der Anlage selbst angeordnet-und zumindest vorübergehend durch die von der Klägerin begehrten baulichen Rückführungsarbeiten beeinträchtigt werden könnten, kann diesem Interesse der Klägerin keine besondere Bedeutung beigemessen werden. Dazu kommt noch, dass die von der Klägerin begehrten Rückführungsmaßnahmen „auf die äußeren Umstände im Jahr 1967“ kaum bestimmbar und von verschiedenen behördlichen Bewilligungen abhängig wären, welche möglicherweise von den Beklagten gar nicht zu erlangen wären. Vollends gegen die Interessenlage der Klägerin spricht aber der Umstand, dass sie sich jahrelang um die streitverfangenen Grundstücke am Bodenseeufer nicht kümmerte, diese jahrelang nicht aufsuchte und am Bestand eines (vordem bereits vorhandenen, nunmehr vergrößerten und modernisierten) Hafens auf diesen Grundstücken keinerlei Interesse hat. Die Vorinstanz hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die Beklagten jemals eine finanzielle Beteiligung der Klägerin an den Kosten der betreffenden Verwaltungsmaßnahmen bezüglich der gemeinsamen Liegenschaft forderten oder solches in Zukunft tun werden. Wenn die Beklagten sich im vorliegenden Verfahren auch nicht rechtswirksam gegenüber der Klägerin zur Tragung der Kosten und der Haftungen für die von ihnen vorgenommenen Veränderungen der gemeinsamen Liegenschaft verpflichtet haben, erwiese sich ein von ihnen dennoch gegen die Klägerin erhobenes derartiges Begehren spiegelbildlich als Verstoß gegen die guten Sitten, weil doch die Klägerin ihr (Beseitigungs-)Recht nur wegen des Schikaneverbotes nicht durchsetzen konnte. Zieht man überdies in Betracht, dass die Klägerin die Belassung einer natürlichen Hafenrinne, wie sie vor 1967 bestanden hat, jedenfalls zu dulden hätte, muss das Interesse der Beklagten an der Erhaltung und Nutzung des mit ihren Mitteln vergrößerten Hafens-wobei nach der ganzen Sachlage nicht gesagt werden kann, dass diese Veränderungen im Falle der Beiziehung und ablehnenden Haltung der Klägerin vom Außerstreitrichter nicht unter den Kautelen der Haftungsbefreiung der Klägerin genehmigt worden wären-und an der Vermeidung insoweit unnötiger Kosten gegenüber dem Interesse der Klägerin an der Wiederherstellung eines „wilden ursprünglichen Zustandes“ der sonst nicht weiter nutzbaren Grundstücke überwiegen. Das im Grunde sonst gerechtfertigte Beseitigungsbegehren der Klägerin verfällt also wegen des Schikaneverbotes der Abweisung.
Wie bereits dargestellt erweist sich aber das Unterlassungsbegehren der Klägerin schon deshalb als gerechtfertigt, weil nach dem maßgeblichen Sachverhalt alle - der ordentlichen oder außerordentlichen Verwaltung zuzurechnenden - Maßnahmen von der Mehrheit der Eigentümer ohne Beiziehung der Klägerin durchgeführt wurden. Die Beklagten bzw der Zweitbeklagte als Verwalter sind dabei im Sinne der dargelegten Rechtsausführungen im Verhältnis zu ihrer Miteigentümerin, der Klägerin, rechtswidrig vorgegangen. In Wahrung ihrer rechtlichen Interessen ist die Klägerin daher berechtigt, von den Beklagten die Unterlassung künftiger Eingriffe in ihr Miteigentumsrecht zu verlangen. Nicht beizupflichten ist der Vorinstanz, dass das zu weit gehende Unterlassungsbegehren, wonach alle betreffenden Maßnahmen an die Zustimmung der Klägerin gebunden wären, sogleich die Abweisung des gesamten Klagebegehrens erfordere. Vielmehr ist im Sinne der Revisionsbeantwortung ihrem Unterlassungsbegehren im eingeschränkten Umfang stattzugeben, wonach die Beklagten in Zukunft verhalten werden, Eingriffe in das Miteigentumsrecht der Klägerin, die eine Verletzung des Anhörungs- und Abstimmungs‑(Zustimmungs-)rechtes darstellen, künftighin zu unterlassen. Diese Erwägungen führen in teilweiser Stattgebung der Revision der Klägerin zur spruchgemäßen Entscheidung.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 43 Abs 1 und §§ 50, 43 Abs 1 ZPO. Mangels exakter Bestimmbarkeit des Prozesserfolges oder -verlustes ist davon auszugehen, dass die Klägerin zur Hälfte obsiegt hat und zur Hälfte unterlegen ist. Dies hat gemäß § 43 Abs 1 erster Satz ZPO die gegenseitige Aufhebung der Kosten des gesamten Verfahrens und gemäß § 43 Abs 1 letzter Satz ZPO den Zuspruch der dem Ausmaß ihres Obsiegens entsprechenden Barauslagen (= die Hälfte des Überhangs der von der Klägerin entrichteten Barauslagen gegenüber jenen, die von den Beklagten entrichtet wurden) zur Folge.
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