Spruch:
Keiner der Revisionen wird Folge gegeben.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 2. 7. 1998 verkaufte der Kläger die ihm gehörigen 2/8-Anteile an einer Liegenschaft an den Beklagten zum Kaufpreis von S 5,700.000. Die Zahlung des Kaufpreises erfolgte noch am selben Tag vereinbarungsgemäß an einen zum Treuhänder bestellten Rechtsanwalt. Dieser war von beiden Vertragsparteien damit beauftragt, den erlegten Kaufpreis samt Erlagszinsen nach beidseitiger grundbuchsfähiger Unterfertigung der Kaufvertragsurkunde, nach Hinterlegung sämtlicher Löschungs- und Freilassungserklärungen und nach Vormerkung des geldlastenfreien Eigentumsrechts zu Gunsten des Käufers dem Verkäufer auszuzahlen.
Der Kaufvertrag wurde am 2. 7. 1998 in den Kanzleiräumlichkeiten des Treuhänders unterfertigt. Unmittelbar danach übergab der Beklagte dem Treuhänder einen Barscheck über S 5,700.000. Der Scheck wurde noch am selben Tag eingelöst, aber nicht auf ein Konto der Kanzlei des Treuhänders eingezahlt, sondern auf Konten in England überwiesen, die der "Durchführung hochspekulativer Währungs- und Börsenindexgeschäfte" dienten. Ende August/Anfang September 1998 befand sich auf diesen Konten in London Geld in einer S 5,700.000 übersteigenden Größenordnung. Durch ein Währungsgeschäft Ende September/Anfang Oktober 1998 verlor der Treuhänder 100 Mio S.
Am 26. 1. 1999 wurde über das Vermögen des Treuhänders der Konkurs eröffnet; Forderungen von 650 Mio S wurden angemeldet, etwa 480 Mio S wurden als berechtigt anerkannt. Der Treuhänder verfügt über ein Liegenschaftsvermögen von etwa 50 bis 60 Mio S. Ab dem Jahre 1998 veruntreute der Treuhänder wiederholt Geldbeträge und verwendete Treuhanderläge widmungswidrig. Es wäre ihm zu Lasten anderer Treugeber bis Mitte/Ende September 1998 möglich gewesen, unter Berücksichtigung der auf einzelnen Konten eingeräumten Überziehungskonditionen sowie überwiesener Kaufpreise und sonstiger Treuhanderläge einen Betrag von S 5,700.000 an den Kläger auszuzahlen.
Mit Beschluss vom 27. 8. 1998 bewilligte das Grundbuchsgericht die Vormerkung des Eigentumsrechts des Beklagten, die Einverleibung der Löschung der Pfandrechte und einer Löschungsverpflichtung. Dieser Beschluss wurde dem Kläger am 14. 9. 1998 zugestellt. Erstmals Ende November 1998 erkundigte er sich bei seinem damaligen Rechtsvertreter über die Auszahlung des Kaufpreises. Die daraufhin erfolgte Kontaktaufnahme mit dem Treuhänder - Anfang Dezember 1998 - blieb fruchtlos.
Der Kläger begehrte die Zahlung von S 5,700.000 sA, also die Berichtigung des Kaufpreises durch den Beklagten. Der Treuhänder verfüge über kein Vermögen, das die Einbringlichmachung des Kaufpreises erwarten ließe. Der Beklagte hafte für das Fehlverhalten des Treuhänders, weil dieser ausschließlich auf Verlangen des Beklagten mit der Errichtung des Kaufvertrags betraut und als Treuhänder vorgeschlagen worden sei. Der Beklagte hafte auch deshalb, weil er es durch die Begleichung des Kaufpreises mittels Barschecks dem Treuhänder ermöglicht habe, die Kaufsumme bar zu lukrieren und für seine Spekulationsgeschäfte zu verwenden.
Der Beklagte wendete ein, dass die Bestellung des Treuhänders einvernehmlich erfolgt sei. Er habe alle Leistungen erbracht, zu welchen er nach dem Kaufvertrag verpflichtet gewesen sei. Nach Fassung des Beschlusses des Grundbuchsgerichts am 27. 8. 1998 seien sämtliche Voraussetzungen für die Auszahlung des Kaufpreises an den Kläger als Verkäufer erfüllt gewesen. Ende August/Anfang September wäre der Treuhänder wirtschaftlich auch noch in der Lage gewesen, den Kaufpreis auszuzahlen. Der Kläger habe sich aber trotz Auszahlungsreife nicht um die Auszahlung des treuhändig erlegten Geldbetrags gekümmert. Das ungerechtfertigte Zuwarten sei dem Kläger als (Mit-)Verschulden zuzurechnen.
Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, dem Kläger S 2,850.000 sA zu zahlen und wies das Mehrbegehren im gleichen Betrag ab. Die Kaufvertragsparteien hätten einen Rechtsanwalt einvernehmlich zum Treuhänder bestimmt, sodass eine zweiseitige Treuhandschaft vorliege. Der Treuhänder sei verpflichtet gewesen, die aus dem Treuhandverhältnis erfließenden Rechte beider Parteien zu wahren. Er habe das ihm anvertraute Geld bereits am Tag der Unterfertigung des Kaufvertrags - am 2. 7. 1998 - veruntreut, weil er es zwecks Finanzierung hochspekulativer Geschäfte widmungswidrig auf Londoner Konten transferiert habe. Für den Umstand der Veruntreuung sei es nicht wesentlich, ob es dem Treuhänder - allenfalls zu Lasten anderer Treugeber - danach möglich gewesen wäre, den treuhändig erlegten Betrag an den Kläger auszuzahlen. Der Beklagte habe durch die Zahlung des Kaufpreises seine Verpflichtungen erfüllt, der Kläger habe aber im Zeitpunkt der Veruntreuung durch den Treuhänder noch keinen Anspruch auf Ausfolgung der erlegten Summe gehabt. Demnach träfen mangels Zuordenbarkeit des durch den Verlust des Treuguts aufgetretenen Schadens die Risken der Veruntreuung beide Treugeber zu gleichen Teilen. Der Kläger habe keinen Einwand gegen die vom Beklagten benannte Person des Treuhänders gehabt; dessen Integrität sei also nicht in Zweifel gestanden. Der Umstand der Namhaftmachung allein bewirke nicht, dass nur der Beklagte das Risiko der Veruntreuung zu tragen habe.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Die Beziehungen des Treuhänders zu den Kaufvertragsparteien stellten eine "mehrseitige Treuhand" dar. Der Umstand, dass der Treuhänder vom Beklagten vorgeschlagen worden sei, könne die Zuweisung des (alleinigen) Risikos an den Beklagten nicht rechtfertigen. Der Kläger habe nämlich dem Vorschlag des Beklagten ohne weitere Erörterung zugestimmt und damit selbst auch eine Treuhandschaft begründet. Der Beklagte habe die ihm obliegende Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises bereits am 2. 7. 1998 erfüllt. Am Tag der Veruntreuung der erlegten Kaufpreissumme - auch noch am 2. 7. 1998 - habe der Kläger noch keinen Anspruch auf Ausfolgung des Treuguts gehabt. Dies führe nach der (jüngeren) Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur gleichteiligen Tragung des Veruntreuungsrisikos durch die Kaufvertragsparteien. Die Zahlung mittels Barschecks könne kein Mitverschulden des Käufers begründen, denn Art 38 des Scheckgesetzes diene nur dem Schutz des Scheckinhabers vor missbräuchlicher Verwendung durch einen Dritten, beschränke ihn aber nicht in seiner Verfügung über die Schecksumme. Auch ein Verrechnungsscheck hätte den Treuhänder nicht daran hindern können, die Gelder unverzüglich auf Konten im Ausland zu transferieren. Dass der Kläger erst im November 1998 auf Auszahlung des Kaufpreises gedrängt habe, begründe kein Mitverschulden. Es habe keine Veranlassung bestanden, möglichst rasch auf die Ausfolgung des Treuguts zu dringen. Im Übrigen wäre dem Treuhänder die Auszahlung des treuhändig erlegten Betrags auch Mitte/Ende September 1998 nur zu Lasten anderer Treugeber möglich gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Beide Revisionen sind zwar zulässig, keiner von ihnen kommt aber Berechtigung zu.
1. Zur Revision des Klägers:
Die Vorinstanzen beurteilten die Rechtsbeziehungen des Treuhänders zu den Kaufvertragsparteien zutreffend als mehrseitige Treuhand. Eine solche liegt vor, wenn der Treuhänder mehrere Interessen zu wahren hat, hier einerseits das Interesse des Käufers an der (lastenfreien) Verbücherung seines Eigentumsrechts und andererseits das Interesse des Verkäufers an der Lastenfreistellung und der Auszahlung des Kaufpreises (vgl EvBl 1999/205 uva). Der die Treuhandschaft regelnde Punkt II des Kaufvertrags (Beilage 1) stellt die Treuhandbeziehungen eindeutig dar; es bedarf deshalb keiner darüber hinausgehenden Feststellungen. Weshalb die "Gesamtumstände der Vertragserrichtung eine wirtschaftliche Zuordnung des Treuguts" zum Beklagten bewirken sollten, lässt sich nicht nachvollziehen. Der Kläger hat nach dem Inhalt des Kaufvertrags nicht nur die Bestellung des Treuhänders "genehmigt", sondern - ebenso wie der Beklagte - einen Treuhandauftrag erteilt (arg: "Der Treuhänder wird von beiden Vertragsparteien einseitig unwiderruflich beauftragt, ..."; "Der Kaufpreis ist ... bei dem von beiden Parteien einvernehmlich bestellten Treuhänder ... zu erlegen"). Eine vom Inhalt des Kaufvertrags abweichende Vereinbarung über die Treuhandschaft wurde nicht erwiesen. Dass die Person des Treuhänders vom Beklagten benannt wurde, ist irrelevant, zumal dessen Integrität nicht in Zweifel stand (EvBl 1999/205). Ebensowenig kommt dem Umstand, dass der Beklagte schon vor Abschluss des Kaufvertrags Kontakte zum Treuhänder unterhalten hatte, Bedeutung zu. Es ist nicht recht verständlich, warum der Treuhänder den Kaufpreis ausschließlich für den Beklagten (= Käufer) verwahrt haben sollte, war er doch damit beauftragt, diesen Betrag dem Verkäufer (= Kläger) auszuzahlen, sodass dessen Interesse am Erhalt des Kaufpreises wohl nicht zu leugnen ist. Gewiss hat der Verkäufer vor Erfüllung der Treuhandbedingungen noch keinen Auszahlungsanspruch, doch kann deswegen nicht die Ansicht vertreten werden, der Käufer stünde "dem Treugut noch näher als der Verkäufer".
Weshalb bei einer mehrseitigen Treuhand wie hier auf Grund des beiderseitigen Interesses der Treugeber an der Abwicklung des Kaufvertrags das Risiko von den Treugebern (gleichteilig) gemeinsam zu tragen ist, wird bei Erledigung der Revision des Beklagten zu erörtern sein.
2. Zur Revision des Beklagten:
Der Beklagte stellt zutreffend dar, dass die Voraussetzungen zur Auszahlung des Kaufpreises an den Kläger durch den Beschluss des Grundbuchsgerichts vom 27. 8. 1998, der dem Kläger am 14. 9. 1998 zugestellt wurde, gegeben waren. Seine Ausführungen, ab dem Zeitpunkt des Grundbuchsbeschlusses habe sich die ursprünglich mehrseitige Treuhand in eine einseitige gewandelt, gehen aber ins Leere, hatte der Treuhänder doch - entgegen der Ansicht des Revisionswerbers - bereits am 2. 7. 1998 die bei ihm erlegte Kaufsumme von 5,7 Mio S veruntreut. Für das "Zueignen eines Guts" im Sinne des § 133 StGB genügt nämlich eine widerrechtliche Verfügung, die die Sicherheit des Berechtigten, je wieder zur Sache zu gelangen, ernsthaft in Frage stellt, sodass also die Möglichkeit des endgültigen Verlusts für den Berechtigten besteht (Leukauf/Steininger, StGB3 Rz 14 zu § 133 mwN). Es kann nicht zweifelhaft sein, dass die von den Vorinstanzen festgestellte Vorgangsweise des Treuhänders (Überweisung der Kaufsumme auf ausländische Konten, um hochspekulative Währungs- und Börsenindexgeschäfte durchzuführen) als "Zueignen der Kaufsumme" im soeben dargestellten Sinn zu beurteilen ist, zumal es hochspekulative Geschäfte so an sich haben, dass der Verlust von angelegtem Vermögen droht. Es bedurfte keiner Vereinbarung, den treuhändig erlegten Kaufpreis "auf eine bestimmte Weise" zu verwahren, denn der Treuhänder war zur Wahrung der Interessen beider Kaufvertragsparteien verpflichtet; die "Verwahrung" in der vom Treuhänder gewählten Form war gewiss nicht rechtmäßig, wurde doch durch diese Vorgangsweise das Tatbild des § 133 StGB erfüllt. Dass für den Treuhänder beim Erlag und noch einige Zeit danach die Möglichkeit bestanden hätte - allerdings nur auf widerrechtliche Weise - den Kaufpreis an den Verkäufer auszuzahlen, ist unbeachtlich, denn die Veruntreuung hatte schon am 2. 7. 1998 stattgefunden.
Die Veruntreuung durch den Treuhänder erfolgte also nach Abschluss der Treuhandvereinbarung und vereinbarungsgemäßer Übermittlung des Kaufpreises an den Treuhänder, aber noch vor Erfüllung der Bedingungen für die Auszahlung an den Verkäufer. Haben die Parteien - wie hier - eine Vereinbarung über die Tragung des von ihnen nicht zu vertretenden, aus ihrer Sicht zufälligen Verlusts der treuhändig erlegten Kaufpreissumme nicht getroffen, so ist angesichts der Verpflichtung des Treuhänders, die Interessen beider Vertragsparteien zu wahren, von einer ausgewogenen gleichmäßigen Risikoverteilung auszugehen, weil es - zumindest bis zum Entstehen eines Ausfolgungsanspruchs - gerade Zweck der Treuhänderbestellung ist, die eindeutige Zuordnung des Vermögens zu einem der Treugeber auszuschließen, um dadurch wirtschaftliche oder kriminelle Risiken zu reduzieren (JBl 2001, 175 mit insoweit zustimmender Besprechung von Bollenberger in ÖBA 2001, 413; EvBl 1999/205; EvBl 1998/176; vgl RdW 1998, 454; Reischauer in Rummel ABGB3 Rz 19a zu § 905; Bollenberger, Das Veruntreuungsrisiko bei treuhändiger Abwicklung des Liegenschaftsverkehrs, in ÖBA 2000, 847 [858]).
Beiden Revisionen ist daher ein Erfolg zu versagen.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 43 Abs 1 und 50 ZPO. Beide Revisionsbeantwortungen waren erfolgreich; auf Grund der gleichen Revisionsstreitwerte ergibt sich eine Kostenaufhebung.
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