European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E129025
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
1. Die Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.
2. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 501,91 EUR (darin 83,65 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 501,91 EUR (darin 83,65 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Der Kläger begehrt die Feststellung der Haftung der Beklagten für sämtliche zukünftige Schäden, die ihm aus der rechtswidrigen Abgasmanipulation an seinem näher genannten Fahrzeug entstünden. Er habe das von der Beklagten hergestellte Kraftfahrzeug 2016 von einem Händler in P* erworben. Für den Fall, dass sich das Erstgericht für unzuständig erkläre, beantragte er die Überweisung der Klage an das nicht offenbar unzuständige Bezirksgericht Mödling.
Die Beklagte mit Sitz in der Tschechischen Republik erhob die Einrede der internationalen und örtlichen Unzuständigkeit.
Das Erstgericht verwarf die Einrede der internationalen Unzuständigkeit (1.), sprach seine örtliche Unzuständigkeit aus (2.) und überwies die Rechtssache – dem Eventualantrag des Klägers entsprechend – an das Bezirksgericht Mödling (3.).
Das Rekursgericht gab den Rekursen des Klägers, der sich gegen den Ausspruch der örtlichen Unzuständigkeit des Erstgerichts richtete, und der Beklagten, die sich erkennbar gegen die Verwerfung ihrer Einrede der internationalen Unzuständigkeit eines – wenn auch vom Erstgericht verschiedenen – Bezirksgerichts wendete, nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteige, und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil bislang keine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Anwendung des Art 7 Nr 2 EuGVVO 2012 bei Auslieferung manipulierter Fahrzeuge existiere und verwies auf vom Obersten Gerichtshof gefasste „Unterbrechungsbeschlüsse […] im Hinblick auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über den vom Landesgericht Klagenfurt gestellten Antrag auf Vorabentscheidung“.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobenen Revisionsrekurse des Klägers und der Beklagten sind – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts – unzulässig:
1. Der Kläger strebt in seinem Revisionsrekurs (inhaltlich) die örtliche Zuständigkeit des Erstgerichts an. Er hatte aber einen (wirksamen) Überweisungsantrag gestellt. In diesem Fall stand ihm nicht nur gegen die Überweisung als solche, sondern auch gegen die erstinstanzliche (Un‑)Zuständigkeitsentscheidung gemäß § 261 Abs 6 ZPO kein Rechtsmittel offen, sodass sein Rekurs vom Rekursgericht richtigerweise als unzulässig zurückzuweisen gewesen wäre (RIS‑Justiz RS0039925; 7 Ob 4/12g mwN; G. Kodek in Fasching/Konecny 3 III/1 § 261 ZPO Rz 167; Musger in Fasching/Konecny 3 IV/1 § 528 ZPO Rz 55). Dass das Rekursgericht über seinen Rekurs inhaltlich entschied, diesem nicht Folge gab und eine bloß unrichtige, seinen Antrag aber jedenfalls nicht stattgebende Entscheidung wählte, kann den Kläger aber nicht beschweren (siehe dazu 6 Ob 240/10b, 6 Ob 241/10z).
Nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der angefochtene erstrichterliche Beschluss zur Gänze bestätigt wurde, es sei denn, dass die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen wurde. Durch die inhaltliche Entscheidung des Rekursgerichts über den Rekurs des Klägers liegt eine solche konforme Entscheidung vor. Der Ausnahmefall (Zurückweisung der Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen) wäre nur dann gegeben, wenn derprozessuale Rechtsschutzanspruch des Klägers, eine Sachentscheidung über das Klagebegehren zu erlangen, endgültig verneint wird (RS0044487 [T5, T15, T16]; RS0044536 [T8]). Von einer definitiven Verweigerung des Zugangs zu Gericht kann hier aber keine Rede sein. Das Erstgericht verneinte zwar seine örtliche Zuständigkeit, jedoch ist die Überweisung wegen örtlicher Unzuständigkeit nach § 261 Abs 6 ZPO einer Klagezurückweisung nicht gleichzuhalten (vgl 9 ObA 85/05y [zum insofern vergleichbaren § 38 Abs 2 ASGG] = RS0044536 [T3]; 9 ObA 133/06h).
2. Die Beklagte begehrt in ihrem Revisionsrekurs die Zurückweisung der Klage „bereits mangels internationaler und örtlicher Zuständigkeit des Erstgerichts“.
Hat das Rekursgericht den angefochtenen erstgerichtlichen Beschluss zur Gänze bestätigt, ist der Revisionsrekurs – wie zu 1. dargelegt – nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls (absolut) unzulässig, es sei denn, dass die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen worden ist.
Haben beide Vorinstanzen – wie hier – die internationale Zuständigkeit des Bezirksgerichts Mödling übereinstimmend bejaht, ist der Revisionsrekurs der Beklagten gegen die bestätigende Entscheidung des Rekursgerichts jedenfalls unzulässig (RS0044487 [T19]; RS0044536 [T6]). Im Übrigen sprach bereits das Erstgericht die im primären Abänderungsantrag der Beklagten angestrebte Unzuständigkeit aus.
3. Die jedenfalls unzulässigen Revisionsrekurse des Klägers und der Beklagten sind daher gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 ZPO. Beide Parteien haben in ihren Revisionsrekursbeantwortungen auf die (absolute) Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen. Ihre Rechtsmittelbeantwortungen dienten daher der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.
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