OGH 1Ob117/07y

OGH1Ob117/07y11.9.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 31. Mai 2006 verstorbenen Peter K***** über den Revisionsrekurs des erbantrittserklärten Sohnes André K*****, vertreten durch Thiery & Ortenburger Rechtsanwälte GmbH in Wien, und jenen der erbantrittserklärten Tochter Natalie L*****, vertreten durch Mag. Judith Eisenberg-Mirecki, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 14. Februar 2007, GZ 43 R 58/07h-81, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom 8. November 2006, GZ 3 A 133/06f-42, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Die Parteien haben die Kosten des Revisionsrekursverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Erblasser hinterließ zwei leibliche Kinder. In einem dem Gericht vorliegenden fremdhändigen Privattestament wurde Slatkica S***** zur Alleinerbin eingesetzt, der Sohn auf den Pflichtteil beschränkt und die Tochter auf den halben Pflichtteil. Alle drei Genannten haben Erbantrittserklärungen abgegeben. Auf Grund einer behaupteten Formungültigkeit des Testaments beantragte der Sohn, Frau S***** mangels Berufungsgrunds vom weiteren Verfahren auszuschließen. Das Erstgericht wies diesen Antrag ab und übermittelte den Akt der Gerichtskommissärin Dr. M***** zur Vorgangsweise gemäß § 160 AußStrG. Das Rekursgericht gab den Rekursen des Sohnes und der Tochter nicht Folge. Es handle sich hier nicht um eine Entscheidung über das Erbrecht im Sinne der §§ 161 ff AußStrG, weil die Berechtigung der Erbansprecher noch gar nicht Thema des Verfahrens gewesen sei. Der Sohn habe durch seinen Antrag, die Genannte mangels Berufungsgrundes vom weiteren Verfahren auszuschließen, lediglich deren Berechtigung zur Abgabe einer Erbantrittserklärung wegen Formungültigkeit des dieser Erklärung zu Grunde liegenden Testaments in Frage gestellt. Erst durch die Abgabe dieser Erbantrittserklärung lägen jedoch sich widersprechende Erbantrittserklärungen vor, sodass das Gericht in der Folge in dem nach den §§ 160 ff AußStrG durchzuführenden Verfahren das Erbrecht des Berechtigten festzustellen haben werde. Im Übrigen handle es sich um ein formgültiges Testament, weshalb die Testamentserbin zur Abgabe einer Erbantrittserklärung berechtigt und nicht vom Verfahren auszuschließen sei. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage des Erfordernisses der Unterschriften der Testamentszeugen bei einem fremdhändigen Testament nach § 579 ABGB im Falle eines mehrseitigen Aufsatzes bisher keine oberstgerichtliche Judikatur vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse sind ungeachtet des Zulässigkeitsausspruchs des Rekursgerichts unzulässig, weil die vom Rekursgericht angesprochene Rechtsfrage nach der Formgültigkeit des Testaments im derzeitigen Verfahrensstadium noch nicht zu beantworten ist.

Das neue Außerstreitgesetz kennt keine der bisherigen Annahme der Erbserklärungen entsprechende Vorgangsweise mehr. Die Entscheidung, welche Erbantrittserklärung „zugelassen" wird, hat keine selbstständige Bedeutung mehr, weil sich an diese Frage keine Vorfilterfunktion für die Eröffnung des streitigen Rechtswegs mehr knüpft. Weder eine förmliche Beschlussfassung über die Annahme der Erbantrittserklärungen noch eine Verhandlung über die Verteilung der Klägerrolle ist nunmehr vorgesehen. Die Annahme der Erbantrittserklärungen hat keine selbstständige, von der Einantwortung selbst getrennte Funktion mehr (Mayr/Fucik, Das neue Verfahren außer Streitsachen3, Rz 605). Das Verfahren ist zur Feststellung des Erbrechts durch den Außerstreitrichter umgestaltet worden, ohne dass die Verweisung auf den Rechtsweg vorgesehen ist (Maurer/Schrott/Schütz, AußStrG neu [2006], Rz 1 zu § 160). Gemäß § 161 Abs 1 AußStrG hat das Gericht im Rahmen des Vorbringens der Parteien und ihrer Beweisanbote das Erbrecht der Berechtigten festzustellen und die übrigen Erbantrittserklärungen abzuweisen. Darüber kann mit gesondertem Beschluss (§ 36 Abs 2) oder mit dem Einantwortungsbeschluss entschieden werden. Gemäß § 162 AußStrG ist im Verfahren über das Erbrecht mündlich zu verhandeln. Wenn keine Annahme oder Zurückweisung einer Erbantrittserklärung vorgesehen ist, muss auch bei unschlüssigen Erbantrittserklärungen ein Verfahren über die Feststellung des Erbrechts mit mündlicher Verhandlung unter Beteiligung aller Übrigen geführt werden (Maurer/Schrott/Schütz, aaO Rz 3).

Diese verfahrensrechtlichen Grundsätze bedeuten für den vorliegenden Fall, dass das Erstgericht sämtliche Erbantrittserklärungen zum Gegenstand des Verfahrens zur Feststellung des Erbrechts gemäß den §§ 160 ff AußStrG zu machen haben wird. Inhalt dieses Verfahrens wird - unter anderem - auch die Frage der Formgültigkeit des vorgelegten Testaments sein. Die Vorinstanzen haben daher im Ergebnis zu Recht dem Antrag einer Partei, eine andere Partei vom weiteren Verfahren auszuschließen, nicht entsprochen.

Die Rechtsmittelwerber haben keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG aufgezeigt, sodass die Revisionsrekurse zurückzuweisen sind.

Die Kostenentscheidung gründet auf § 185 AußStrG. Ein Verfahren nach den §§ 160 ff AußStrG hat noch nicht stattgefunden.

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