Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten des Rekursverfahrens selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger begehrte vom Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes S 1,922.918 sA und die Feststellung der Haftung des Beklagten für sämtliche dem Kläger aus einem Unfall vom 22. 2. 1991 noch erwachsenden Schäden. Der Kläger habe am 22. 2. 1991 den Galopprennstall des Beklagten, der Galopptrainer sei, aufgesucht, um mit einem Pferd - was er dort zuvor schon gelegentlich getan habe - zu reiten. Er habe das für ihn vorgesehene Pferd bereits gesattelt, mit dem Ausreiten aber noch zuwarten müssen. Deshalb habe der Beklagte den Kläger ersucht, er möge ein bestimmtes Pferd, auf dem ein Jockey reiten sollte, aus dem Stall hinausführen. Diesem Ersuchen sei der Kläger nachgekommen. Der Beklagte habe diesen auf die ihm bekannte Gefährlichkeit dieses Pferdes nicht hingewiesen. Das Pferd sei beim Hinausführen aus dem Stall immer unruhiger geworden, zuletzt in die Höhe gestiegen und habe dem Kläger einen Hufschlag auf das rechte Knie versetzt, wodurch er einen Trümmerbruch des Schienbeinkopfes und weitere Verletzungen erlitten habe. Am Zustandekommen dieser Verletzungen sei der Beklagte, der auch als Tierhalter hafte, schuldtragend.
Der Beklagte wendete ein, der Kläger sei als jahrelanger Amateurreiter im Umgang mit Pferden erfahren gewesen. Es sei üblich, daß geübte Amateurreiter den Galopptrainern bei der Morgenarbeit unentgeltlich aushelfen; dies geschehe auf eigene Gefahr. Das vom Kläger aus dem Stall geführte Pferd sei keineswegs gefährlich gewesen. Der Kläger habe den Unfall selbst verschuldet, weil er auf das unruhige Verhalten des Pferdes völlig falsch reagiert habe. Eine Haftung des Beklagten sei auch gemäß den §§ 333 ff ASVG ausgeschlossen, weil der Beklagte dem Kläger gegenüber als "Aufseher im Betrieb" anzusehen und dieser bei Ausübung der Tätigkeit, die zum Unfall geführt habe, in den Betrieb des Beklagten eingegliedert gewesen sei.
Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, daß die Ansprüche des Klägers aus dem Unfall vom 22. 2. 1991 dem Grunde nach zu 4/5 zu Recht und zu 1/5 nicht zu Recht bestünden und stellte mit Teilurteil fest, daß der Beklagte für sämtliche dem Kläger aus dem Unfall vom 22. 2. 1991 noch erwachsenden Schäden zu 4/5 hafte.
Es stellte fest, das am Unfall beteiligte Pferd sei beim Beklagten als Galopptrainer eingestellt gewesen. Das Pferd habe die für einen zweijährigen Vollbluthengst typischen Eigenschaften (Lebhaftigkeit und Übermütigkeit) gezeigt. Dieses Tier wie auch die anderen beim Beklagten eingestellten Pferde seien für den Rennsport vorgesehen gewesen. Diese Tiere müßten ständig bewegt und geritten werden, was vom Beklagten selbst, weiteren bezahlten Reitern und (Hobby-)Reitern wie dem Kläger besorgt worden sei. (Hobby-)Reiter wie der Kläger würden zu ihrem Vergnügen reiten, weshalb sie für ihre nützliche Tätigkeit auch nicht bezahlt würden. Der Kläger sei bei verschiedenen Trainern immer wieder mit Rennpferden geritten und im Umfang mit solchen versiert. Mit sehr jungen, gerade angerittenen Pferden - wie dem zweijährigen Hengst - habe er nie zu tun gehabt und über keinerlei Erfahrung mit solchen Tieren verfügt. Am Unfallstag habe sich der Kläger dem Beklagten zum Ausritt angeboten. Er habe das für ihn vorgesehene Pferd zum Ausritt fertiggemacht, doch habe ihn der Beklagte sinngemäß beauftragt, das letztlich am Unfall beteiligte Pferd mit dem zum Bereiten vorgesehenen Jockey aus der Box des Reitstalls zum Reitring zu führen. Der Kläger habe dieser Aufforderung nachkommen wollen. Er habe dem Jockey auf das Pferd geholfen und dieses mit dem aufgesessenen Reiter aus der Box geführt. Mit der rechten Hand habe er den rechten Zügel des Pferdes gehalten, aber keinen Führzügel und auch keine Steigeisen benützt, was bei diesem Pferd geboten gewesen wäre. Die Unruhe des Pferdes habe sich im Zuge des Hinausführens gesteigert, weshalb es der Kläger fester am Zügel gehalten habe. Letztlich sei das unruhige Pferd mit den Vorderbeinen aufgestiegen; der Kläger habe es weiterhin am Zügel festgehalten und sei dabei vom linken Vorderhuf des Pferdes im Bereich des rechten Knies getroffen worden. Hiedurch habe er dort schwere Verletzungen erlitten.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Beklagte sei als Tierhalter anzusehen, was seine Haftung begründe. Er habe nicht für die nötige Verwahrung bzw Beaufsichtigung des Tieres gesorgt. Er habe nämlich den Kläger veranlaßt, dieses Pferd aus dem Stall zu führen, ihn dabei aber überfordert. Der Beklagte hafte aber auch vertraglich, weil er dem Kläger eine gefährliche Sache fahrlässig anvertraut habe. Das Haftungsprivileg des § 333 Abs 4 ASVG komme nicht zum Tragen, weil der Beklagte nicht bewiesen habe, daß der Kläger als Dienstnehmer im Reitstall beschäftigt gewesen sei oder daß Beiträge zur Unfallversicherung für ihn bezahlt worden seien. Dem Kläger selbst sei vorzuwerfen, daß er trotz mangelnder Sachkunde der Aufforderung des Beklagten nachgekommen sei und auf das Verhalten des Pferdes falsch reagiert habe. Dies rechtfertige eine Verschuldensteilung im Verhältnis 4 : 1 zugunsten des Klägers. Dieser habe auch im Hinblick auf nicht absehbare weitere gesundheitliche Schäden bzw zukünftige Verdienstentgangsansprüche ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung.
Das Berufungsgericht hob das Teil- und Zwischenurteil des Erstgerichts in dessen stattgebenden Teilen auf (der abweisliche Teil blieb unangefochten) und trug diesem die neuerliche Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung auf; es sprach aus, daß der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß zulässig sei. Das Teilurteil über das Feststellungsbegehren entbehre jeglicher Grundlage, weil sowohl über den vom Kläger behaupteten Dauerschaden wie auch den nach seiner Behauptung zu erwartenden Verdienstentgang keinerlei Feststellungen getroffen worden seien. Die Rechtssache sei aber insgesamt noch nicht zur Entscheidung reif. Der Beklagte habe unter anderem vorgebracht, seine Haftung sei zufolge der §§ 333 ff ASVG ausgeschlossen. Zu den konkreten Vorbringen, warum dieser Haftungsausschluß gegeben sei, seien keine Feststellungen getroffen worden. Das Erstgericht habe sich damit begnügt, auszuführen, es sei nicht unter Beweis gestellt worden, daß der Kläger im Reitstall als Dienstnehmer beschäftigt gewesen sei oder für ihn von Arbeitgeberseite Beiträge zur Unfallversicherung bezahlt worden seien. Es mangle an jeglichen Feststellungen über die Art des Betriebs des Beklagten, obwohl dieser ausführlich dazu ausgesagt habe, wie der von ihm betriebene Stall organisiert sei. Ob eine betriebliche Tätigkeit im Sinne des § 176 Abs 1 Z 6 ASVG vorliege, könne erst aufgrund entsprechender Feststellungen - über die Art und Organisation des Betriebs des Beklagten - beurteilt werden.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs des Klägers ist unzulässig.
In der Tat ermangelt das Teilurteil des Erstgerichts über das Feststellungsbegehren jeglicher Feststellung, ob bzw inwieweit der Kläger von dem von ihm behaupteten Dauerschaden und Verdienstentgang betroffen ist. Lediglich im Rahmen der rechtlichen Beurteilung weist das Erstgericht darauf hin, daß der Kläger ein rechtliches Interesse "im Hinblick auf nicht absehbare weitere gesundheitliche Schäden bzw zukünftige Verdienstentgangsansprüche" habe. Solche Ausführungen vermögen konkrete Feststellungen zu den relevanten Beweisthemen jedoch nicht zu ersetzen. Der Rekurs des Klägers läßt auch jedes Argument vermissen, warum das Teilurteil über das Feststellungsbegehren trotz mangelnder Feststellungen hätte erlassen werden dürfen; es wird auch nicht behauptet, daß ausreichende Feststellungen getroffen worden wären. Der berufungsgerichtliche Aufhebungsbeschluß wird, soweit er das Teilurteil betrifft, der Sache nach somit gar nicht bekämpft.
Zutreffend zeigt das Gericht zweiter Instanz auf, daß es auch, soweit es um die Frage geht, ob dem Beklagten der Haftungsausschluß nach § 333 ASVG zugutekommt, an den erforderlichen Feststellungen mangelt. Das Erstgericht hat Feststellungen über den Unfallshergang, über die beim Beklagten tätigen Reiter und schließlich auch über die Qualifikation des Klägers für den Umgang mit (jungen) Rennpferden getroffen. Es fehlen aber Feststellungen über die Art und die Organisation des Betriebs des Beklagten, sodaß in der Tat nicht abschließend beurteilt werden kann, ob in Ansehung des Klägers ein Arbeitsunfall im Sinne des § 176 Abs 1 Z 6 ASVG vorliegt und ob dem Beklagten daher das Haftungsprivileg nach § 333 Abs 1 und 4 ASVG zukommt. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang die von der Judikatur entwickelten Grundsätze zur Frage, wann eine betriebliche Tätigkeit im Sinne des § 176 Abs 1 Z 6 ASVG vorliegt, zutreffend dargestellt (siehe hiezu SZ 70/236; 10 ObS 42/97t; 9 Ob 2160/96d; SZ 68/138; SZ 65/148; SSV-NF 7/21; SZ 50/156). Zu den Ausführungen im Rekurs, das Hinausführen des Pferdes durch den Kläger sei keineswegs "erforderlich und geboten" gewesen, der Kläger habe diese Tätigkeit lediglich "tatsächlich geleistet", die zur Verletzung führende Handlung habe auch nicht zum "eigentlichen betrieblichen Aufgabenbereich des Verletzten" gehört, er habe nicht mit dem Einverständnis des Beklagten gehandelt und sei daher auch nicht als in den Betrieb eingegliedert anzusehen, eine dem Unternehmen des Beklagten dienliche planmäßige Tätigkeit sei nicht vorgelegen und er habe seine Tätigkeit nur aufgrund "mitgliedschaftlicher oder ähnlicher Verpflichtungen" ausgeübt, genügt es, auf die Darlegungen des Gerichts zweiter Instanz sowie die Rechtsausführungen in der zuvor angeführten Judikatur zu verweisen. Hält das Berufungsgericht, das von einer richtigen, durch oberstgerichtliche Judikatur gedeckten Rechtsansicht ausgeht, das erstinstanzliche Verfahren für ergänzungsbedürftig, so kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, den vom Gericht zweiter Instanz erteilten Aufträgen zur näheren Aufklärung bzw Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts nicht entgegentreten (vgl 1 Ob 646, 647/94).
Da der Kläger in seinem Rekurs erhebliche Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht aufzeigte, ist sein Rechtsmittel zurückzuweisen. An den Ausspruch des Berufungsgerichts, der Rekurs sei wegen Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zulässig, ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden (§ 526 Abs 2 ZPO).
Der Beklagte hat die Kosten des Rekursverfahrens selbst zu tragen, weil er in seiner Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rekurses nicht hingewiesen hat.
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