OGH 1Ob11/17z

OGH1Ob11/17z29.3.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Mag. Korn als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin Mag. Dr. I***** G*****, vertreten durch die Dr. Andrea Wukovits Rechtsanwältin GmbH, Wien, gegen den Antragsgegner Univ.‑Prof. Dr. H***** G*****, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. Dezember 2016, GZ 43 R 520/16p‑70, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Hietzing vom 1. September 2016, GZ 1 Fam 1/14g‑64, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00011.17Z.0329.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung über den Rekurs des Antragsgegners aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Die im August 1987 zwischen den Parteien geschlossene Ehe wurde am 30. 11. 2012 aus dem überwiegenden Verschulden des Antragsgegners geschieden. Die häusliche Gemeinschaft ist seit 2. 4. 2012 aufgehoben.

Mit Urteil des Erstgerichts vom 27. 11. 2014 wurde der Antragsgegner verpflichtet, der Antragstellerin für die Zeit vom 1. 8. 2007 bis 31. 8. 2014 einen Unterhaltsrückstand von rund 80.000 EUR zu zahlen.

Der Antragsgegner war bereits vor der Eheschließung Eigentümer zweier Eigentumswohnungen in Kärnten, die er im Dezember 1979 und im Juni 1980 gekauft hatte. Eine Wohnung hat er im März 2016 verkauft.

Zum Zeitpunkt der Eheschließung gingen beide Parteien einer Vollzeitbeschäftigung nach. Die Antragstellerin war nach der Geburt der ersten gemeinsamen Tochter im Dezember 1990 eine Zeit lang nicht mehr berufstätig, koordinierte ab 1995 Termine des Antragsgegners für dessen Privatordination, war von 1996 bis 1997 als Lehrerin beschäftigt und begann ab 2001 als Angestellte in Teilzeit in einer Steuerberatungskanzlei zu arbeiten. Daneben übte sie noch eine selbständige Tätigkeit als Steuerberaterin aus. Der Antragsgegner absolvierte ein Medizinstudium, eröffnete neben seiner Tätigkeit in einem Krankenhaus im Jahr 1995 seine Privatordination und erzielte daneben auch Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die Antragstellerin war alleine für den Haushalt und die Erziehung der beiden Kinder verantwortlich. Sie bekam ab Beginn ihrer (erneuten) Berufstätigkeit kein Haushaltsgeld mehr und musste die Ausgaben für das tägliche Leben alleine bestreiten. Der Antragsgegner bezahlte jährlich ca 8.000 EUR für gemeinsame Urlaube und für die Liegenschaft, auf der sich das eheliche Haus befindet, und die weitere Liegenschaft F***** die Wasser‑/Abwasser‑, Bodenwert‑ sowie Grundbesitzabgaben, die Versicherung und den Rauchfangkehrer sowie Telefon‑ und Internetgebühren, ORF‑Gebühren, Strom und Gas. Ab dem Jahr 2009 wurden die Ausgaben, die der Antragsgegner leistete, weniger, insbesondere beteiligte er sich kaum noch an den Lebensmittelkosten und zahlte keine gemeinsamen Urlaube mehr. Zuletzt kam die Antragstellerin mit ihrem Einkommen nicht aus und forderte den Antragsgegner immer wieder auf, ihr Geld für die Lebenskosten zu geben, was dieser ablehnte. Die Antragstellerin musste ihr Konto mit mehreren 1.000 EUR überziehen und borgte sich von ihrer Mutter etwas aus. Die Parteien lebten im Alltag im Verhältnis zu ihren Einkünften bescheiden.

Aufgrund des Kaufvertrags vom 10. 11. 1995 und des Übergabsvertrags vom 21. 12. 1995 wurde das Eigentumsrecht an der Liegenschaft F***** für den Antragsgegner zu zwei Dritteln und für die Antragstellerin zu einem Drittel einverleibt. Es handelt sich um einen unbebauten Baugrund im Ausmaß von 945 m², dessen Kaufpreis samt Nebenkosten umgerechnet 545.000 EUR betrug. Die Parteien machten aus steuerlichen Gründen eine Abgabenerklärung über eine „Zuwendung unter Lebenden“, wonach der Antragsgegner der Antragstellerin 87.000 EUR für den Kauf ihres Drittelanteils an der Liegenschaft „zugewendet“ habe. Diese Zuwendung stammte aus dem während der Ehe angesparten Vermögen. Der Kaufpreis wurde aus bereits vor der Ehe erwirtschafteten Ersparnissen in unbekannter Höhe, von einem Sparbuch mit einem Einlagestand von 27.500 EUR, das die Mutter der Antragstellerin dieser für den Grundstückskauf geschenkt hatte, aus dem während der Ehe angesparten Vermögen in der Höhe von etwa 291.000 EUR, drei Bauspardarlehen über insgesamt rund 33.700 EUR, einem nicht feststellbaren Barbetrag, von dem der Antragsgegner sagte, es sei „von den Wohnungen in Kärnten“, und 30.000 EUR, die vom Vater des Antragsgegners stammten, gezahlt. 1997 waren alle Bauspardarlehen bereits zurückgezahlt. Der derzeitige Verkehrswert dieser Liegenschaft beträgt 939.000 EUR.

Der Antragsgegner kaufte im Jahr 2001 ein Waldgrundstück im Ausmaß von 11.000 m² um 6.177 EUR. Dieses Grundstück grenzt an das Grundstück seines Elternhauses in T***** an. Im Jahr 2002 wurde dieses Waldgrundstück mit dem Grundstück des Elternhauses im Zuge einer Grundbuchsbereinigung zusammengeführt. Das Grundstück seines Elternhauses hatte der Antragsgegner nach dem Tod seines Vaters im Jänner 1998 geerbt. Das Waldgrundstück hat derzeit einen Verkehrswert von ca 30.000 EUR. In diese zusammengeführte Liegenschaft wurden im Jahr 2009 Investitionen in der Höhe von rund 125.000 EUR getätigt. Dafür wurde unter anderem ein Kredit über 10.000 EUR aufgenommen und bis Oktober 2013 zurückgezahlt. Der Großteil der Finanzierung erfolgte aus Mitteln des Antragsgegners. Dieser sprach die Renovierungen (zB Einbau einer Erdwärmeanlage) nicht mit der Antragstellerin ab.

Das Einfamilienhaus mit Garten, das als Ehewohnung diente, wurde vom Antragsgegner am 22. 3. 2005 gekauft und er als Eigentümer einverleibt. Der Kaufpreis betrug 530.000 EUR. Zum damaligen Zeitpunkt hatten die Parteien während der Ehe 400.000 EUR angespart gehabt. Mit den Ersparnissen und einem Kredit einer Bank in der Höhe von 130.000 EUR wurde der Kaufpreis aufgebracht. Im Juni „2007“ war der Kredit zur Gänze zurückgezahlt. Der derzeitige Verkehrswert der Liegenschaft beträgt 695.000 EUR.

Im Jahr 2007 bekam die Antragstellerin vom Antragsgegner Anleihen im Wert von 5.000 EUR als Belohnung für ihre gute steuerliche Beratung. Im selben Jahr kaufte der Antragsgegner Wertpapiere im Wert von rund 10.000 EUR, im Jahr 2008 im Wert von 12.000 EUR, im Jahr 2009 im Wert von 17.000 EUR, im Jahr 2010 im Wert von 18.000 EUR und im Jahr 2011 im Wert von rund 15.000 EUR, insgesamt somit um 72.000 EUR. Diese Wertpapiere wurden aus steuerlichen Gründen gekauft, weil der Antragsgegner damit einen der Höhe nach begrenzten jährlichen Investitionsfreibetrag nützen wollte. Im Zeitraum 2007 bis 2010 waren davon Wertpapiere im Wert von rund 20.000 EUR nicht steuerlich begünstigt. Im April 2012 waren die in diesem Zeitraum gekauften Wertpapiere noch vorhanden, Ende 2012 waren die in den Jahren 2007 und 2008 gekauften Wertpapiere nicht mehr vorhanden. Im Jahr 2013 und 2014 hatte der Antragsgegner Wertpapiere im Wert von 34.218,78 EUR und 41.000 EUR für Kreditrückzahlungen für seine neue Ordination verwendet.

Die Parteien konnten mit dem Einkommen des Antragsgegners zumindest ab 1995 etwa 50.000 EUR bis 60.000 EUR, ab dem Jahr 2009 ca 70.000 EUR im Jahr inklusive aller Sparformen und Anlageformen ersparen. Die Parteien lebten sehr bescheiden und der tägliche Bedarf der gesamten Familie wurde im Wesentlichen vom geringen Einkommen der Antragstellerin gedeckt. Der Antragsgegner konnte bis zum Jahr 2010 eine Lebensversicherung mit einem Wert von 100.000 EUR ansparen. Der Auszahlungsbetrag wurde für den Kauf seiner neuen Ordination verwendet. Ab der Rückzahlung des Kredits für die eheliche Liegenschaft im Juni „2006“ bis zum Auszug des Antragsgegners am 2. 4. 2012 konnten die Parteien etwa 310.000 EUR ansparen.

Der Antragsteller kaufte im Jahr 2010 eine Liegenschaft in W*****, um dort seine Privatordination (anstelle der bisher gemieteten Ordinationsräumlichkeiten) zu betreiben. Der Kaufpreis betrug rund 450.000 EUR; die Ordination wurde im Dezember 2011 in Betrieb genommen. Der Antragsgegner hatte in diesem Jahr Ausgaben für eine Küche, Dunstabzug samt Einbau und einen Waschtrockner im Betrag von 43.268,60 EUR. Die Ordination wurde noch mit Innenjalousien, einer Alarmeinrichtung, einer Klimaanlage, Beleuchtungskörpern, einem Sofa und Regalen ausgestattet. Sie ist so ausgestattet, dass sie ohne größeren Aufwand in eine Wohnung umfunktioniert werden kann. Derzeit betreibt der Antragsgegner dort seine Ordination. Die Finanzierung erfolgte mit einem Höchstbetragskredit einer Sparkasse über 250.000 EUR, mit der angesparten Lebensversicherung von 100.000 EUR und Ersparnissen des Antragsgegners während aufrechter Ehe. Der Kredit war und ist in fünf jährlichen Teilraten von 54.608,85 EUR beginnend mit 1. 12. 2012 zurückzuzahlen. Die Kreditzinsen sind laufend zu bezahlen. Am 22. 11. 2013 wurde für die Abdeckung des Kredits ein Betrag von 34.218,78 EUR und am 20. 11. 2014 ein Betrag von 41.000 EUR vom Wertpapierkonto des Antragsgegners, auf dem sich während der Ehe erworbene Wertpapiere befanden, zurückbezahlt. Die Mutter des Antragsgegners überwies diesem im Dezember 2010 100.000 EUR und im Jänner 2011 70.000 EUR. Dieses Geld stammte jedoch aus Ersparnissen des Antragsgegners während aufrechter Ehe. Für die neue Ordination des Antragsgegners wurden rund 345.000 EUR aus ehelichen Ersparnissen entnommen.

Im Aufteilungsverfahren ist in dritter Instanz allein die Frage strittig, ob und in welcher Höhe der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung vom Antragsgegner zusteht.

Das Erstgericht verpflichtete den Antragsgegner zu einer Ausgleichszahlung von 269.500 EUR in vier jährlichen Raten. Daneben nahm es nicht mehr strittige Zuweisungen von Liegenschaften und Vermögens-gegenständen vor. Es traf über den eingangs dargestellten Sachverhalt hinaus die Feststellung, dass für die Investitionen in die Liegenschaft des Antragsgegners in T***** der „Betrag von 75.000 EUR als rechnerische Größe“ herangezogen wird. Rechtlich führte es aus, dass von einem Aufteilungsschlüssel 1:1 auszugehen sei. Aufzuteilen seien als Vermögensmassen die Liegenschaft F***** mit einem Wert von 939.000 EUR, der Wert des Grundstücks in T***** von 30.000 EUR samt den Investitionen in diese Liegenschaft von 75.000 EUR; die Liegenschaft mit dem ehelichen Haus im Wert von 695.000 EUR samt dem darin befindlichen Inventar von 5.000 EUR sowie Ersparnisse inklusive Wertpapiere von 310.000 EUR, gesamt daher 2.054.000 EUR. Die Antragstellerin habe aus dem Unternehmen des Antragsgegners (Privatordination) Unterhalt bezogen. Mehr als die Hälfte dessen Einkommens entfalle auf Einkünfte aus seiner selbständigen Tätigkeit. Die ehelichen Ersparnisse stammten bereits seit 1995 aus der Ordination des Antragsgegners als Arzt. Diese Kriterien rechtfertigten in Anwendung des § 91 Abs 2 EheG eine Kürzung des Ausgleichsbetrags. Die Aufteilungsmasse sei in zwei Massen aufzusplitten: Eine Masse sei das Vermögen, das nicht einem Unternehmen zugehörig sei, die andere Masse das Vermögen, das der Ordination zuzuordnen sei. Aus den ehelichen Ersparnissen sei ein Betrag von 345.000 EUR in die Ordination investiert worden (Masse 2). Vom Vermögen von 2.054.000 EUR seien 345.000 EUR abzuziehen, sodass sich Masse 1 mit 1.709.000 EUR errechne. Von Masse 1 betrage die Hälfte 854.500 EUR, was jener Betrag sei, zu dem die Parteien jeweils ihren Beitrag geleistet hätten. Von dieser Masse zugewiesen bekomme die Antragstellerin die eheliche Liegenschaft samt Inventar im Gegenwert von 700.000 EUR, sodass ein Fehlbetrag von 154.500 EUR bestehe. Von Masse 2 betrage die Hälfte 172.500 EUR; das seien die jeweiligen Beiträge der Parteien zu diesem Vermögen. Die zweite Masse sei Teil eines Unternehmens. Dessen Gefährdung sei nicht zu befürchten; das Sparpotential beim Antragsgegner sei besonders hoch. Der Antragsgegner könne bei Antritt der Alterspension die Ordination wieder verkaufen oder selbst als Wohnung benützen. Eine Aufteilung zu einem Drittel für die Antragstellerin und zu zwei Drittel für den Antragsgegner sei hinsichtlich der Masse 2 gerechtfertigt, woraus sich ein Betrag von 115.000 EUR errechne. Die Gesamtausgleichszahlung betrage daher 269.500 EUR (154.500 EUR zuzüglich 115.000 EUR).

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners, der sich nur gegen die ihm auferlegte Ausgleichszahlung richtete, nicht Folge. In der rechtlichen Beurteilung hielt es fest, die Wertpapiere seien „insofern zu berücksichtigen (gewesen), als das Erstgericht im Ergebnis ohnedies zwei aufzuteilende Vermögensmassen bildete, deren einer Teil die Ordination umfasst, in die sämtliche Ersparnisse hineinflossen“. Rechtlich irrelevant sei, ob die Wertpapiere immer schon Teil des Unternehmens des Antragsgegners gewesen seien, „weil sie jedenfalls nur in dieser Aufteilungsmasse berücksichtigt wurden“. Unterhaltsleistungen seien nach dem laufenden Einkommen zu bemessen, sie könnten daher nicht in das Aufteilungsverfahren einbezogen werden. Die Ersparnisse seien „infolge der Bildung zweier Aufteilungsmassen jedenfalls nicht zu Lasten des Antragsgegners in die Aufteilung einberechnet“ worden.

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig.

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, dass die ihm auferlegte Ausgleichszahlung zur Gänze entfällt; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragstellerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsrekursbeantwortung die Zurückweisung des Rechtsmittels des Antragsgegners, hilfsweise diesem nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist im Hinblick auf einen aufzugreifenden Verfahrensmangel und zur Klarstellung der Rechtslage zulässig und im Sinn des Aufhebungsantrags auch berechtigt.

1.1. Der Antragsgegner hat im Rekurs – wenn auch teilweise unzutreffend als Verfahrensmangel, inhaltlich aber als Beweisrüge – die erstinstanzliche Feststellung bekämpft, dass neben (während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft erwirtschafteten) Ersparnissen von 310.000 EUR von ihm zusätzlich Investitionen in seine Liegenschaft in T***** getätigt worden seien, die einen Wert von 75.000 EUR repräsentierten. Zwar begründete das Rekursgericht das Vorliegen von Ersparnissen im Zeitraum 2007 bis einschließlich 2010 von rund 300.000 EUR, ging aber in der Behandlung der Beweisrüge auf die ebenfalls bekämpften 75.000 EUR nicht ein. Insofern liegt eine Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens im Sinn des § 66 Abs 1 Z 2 AußStrG vor. Das Rekursgericht hat im fortzusetzenden Verfahren die Beweisrüge des Antragsgegners im Rekurs vollständig zu behandeln.

1.2. Im Übrigen ist die vom Antragsgegner im Revisionsrekurs monierte Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens im Zusammenhang mit der Anwendung von § 34 AußStrG durch das Erstgericht nicht relevant, begründete doch das Rekursgericht eigenständig das Vorliegen von Ersparnissen von jedenfalls 300.000 EUR.

1.3. Im Übrigen ist der Oberste Gerichtshof auch im Verfahren außer Streitsachen nicht Tatsacheninstanz (RIS‑Justiz RS0007236 [T2]), weshalb die im Rechtsmittel erörterten Fragen der Beweiswürdigung nicht revisibel sind (RIS‑Justiz RS0007236 [T4]).

2. Für das weitere Verfahren wird zu berücksichtigen sein, dass nach den erstinstanzlichen Feststellungen der Antragsgegner für die Zeit vom 1. 8. 2007 bis 31. 8. 2014 zur Zahlung eines Unterhaltsrückstands an die Antragstellerin in der Höhe von rund 80.000 EUR verpflichtet wurde. Die eheliche Lebensgemeinschaft wurde am 2. 4. 2012 aufgehoben. Der Antragsgegner brachte dazu vor, dass er der Antragstellerin für den Zeitraum 1. 8. 2007 bis 31. 3. 2012 aus den Ersparnissen einen Betrag von 50.000 EUR an Unterhaltszahlungen geleistet habe.

Die Rechtsausführungen des Rekursgerichts, dass Unterhaltsleistungen nach dem laufenden Einkommen bemessen würden und daher nicht in das Aufteilungsverfahren einzubeziehen seien, gehen am Thema vorbei. Wird rückständiger Unterhalt für den Zeitraum bis zur Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft danach beglichen, verringert diese Nachzahlung die aufzuteilenden ehelichen Ersparnisse, wenn sie aus deswegen ersparten (zurückbehaltenen) Mitteln angesammelt wurden (1 Ob 188/16b = EF‑Z 2017/34, 80 [insofern zustimmend Tews]). Von den festgestellten Ersparnissen sind daher noch festzustellende (spätere) Unterhaltszahlungen des Antragsgegners an die Antragstellerin für den Zeitraum 1. 8. 2007 bis 31. 3. 2012 abzuziehen. Insofern verringern sich die ehelichen Ersparnisse, wurden diese doch von den Vorinstanzen nicht so berechnet, dass darin bereits die Unterhaltsleistungen des Antragsgegners Berücksichtigung fanden.

Entgegen der Meinung des Antragsgegners sind allfällige Unterhaltsleistungen für den Zeitraum bis zur Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft aber nicht der Antragstellerin als eheliche Ersparnisse zuzurechnen. Diese Mittel dienen ja zweckgewidmet dem Unterhalt – und gerade nicht der Vermögensbildung – und kamen der Antragstellerin erst nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft zu, (1 Ob 188/16b). Der insofern von Tews (in EF‑Z 2017, 83) geäußerten Kritik, der die vom Antragsgegner bezahlten Unterhaltsrückstände als Ersparnis der Antragstellerin gewertet wissen will, kommt hier schon deshalb keine Berechtigung zu, weil die Antragstellerin infolge der Unterhaltsverletzung des Antragsgegners gezwungen war, Schulden aufzunehmen. Sie musste ihr Konto um mehrere 1.000 EUR überziehen und war auf Unterstützungsleistungen ihrer Mutter angewiesen. Zudem soll der unterhaltsverletzende Antragsgegner für sein rechtswidriges Verhalten, das die Antragstellerin zu einer den Lebensverhältnissen nicht angemessenen äußerst bescheidenen Lebensführung nötigte, nicht dadurch belohnt werden, dass er – wie Tews meint – die Hälfte des geleisteten Unterhaltsrückstands im Zuge der Aufteilungsrechnung wieder zurückbekommt.

3. Nach den erstinstanzlichen Feststellungen sind eheliche Ersparnisse von 345.000 EUR in die neue Ordination des Antragsgegners geflossen, wenngleich das Erstgericht festhielt, dass die Parteien von Mitte 2006 bis zur Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft am 2. 4. 2012 (nur) rund 310.000 EUR ansparen konnten.

Von der Aufteilung sind alle Sachen auszuscheiden, die zu einem Unternehmen gehören (§ 82 Abs 1 Z 3 EheG; RIS‑Justiz RS0057528). Kredite, die der Finanzierung zu Unternehmen gehörigen Sachen dienten, sind mit von der Aufteilung ausgenommen (1 Ob 73/12k mwN = iFamZ 2012/228, 306 [zustimmend Deixler‑Hübner]). Auch eine Arztpraxis ist ein Unternehmen im Sinn des § 82 Abs 1 Z 3 EheG (RIS‑Justiz RS0057772; zuletzt 1 Ob 73/12k).

Im Hinblick auf die Entnahme ehelicher Ersparnisse zur Finanzierung der Ordination des Antragsgegners ist auf § 91 Abs 2 EheG Bedacht zu nehmen. Was das Rekursgericht meint, wenn es argumentiert, die Ersparnisse würden infolge der Bildung zweier Aufteilungsmassen jedenfalls nicht zu Lasten des Antragsgegners in die Aufteilung einberechnet, bleibt unklar. Investitionen eines Ehegatten in ein Unternehmen des anderen sind nach § 91 Abs 2 EheG wertmäßig mit der Folge in die Aufteilung einzubeziehen, dass Ersterem (hier der Antragstellerin) ein größerer Anteil an dem der Aufteilung unterliegenden Vermögenswerten, allenfalls in Form einer Ausgleichszahlung zuzuerkennen ist (RIS‑Justiz RS0058268 [T1]). Der Wertung des Gesetzes entsprechend kann nichts anderes gelten, wenn der Beitrag eines Ehegatten zur Tilgung von Unternehmensschulden letztlich ausschließlich dem anderen – wie hier – zum Vorteil gereicht (1 Ob 187/14b). Insofern wäre der Antragstellerin – der Vorgangsweise des Erstgerichts folgend – durchaus von den von ihr aus den ehelichen Ersparnissen in die Ordination getätigten Zahlungen ein entsprechender Ausgleichsbetrag zuzuerkennen.

4. Abhängig von der vollständigen Erledigung der Beweisrüge des Antragsgegners und von den weiteren Verfahrensergebnissen wird erneut zu entscheiden sein, ob und in welcher Höhe der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung zusteht.

Dem Revisionsrekurs des Antragsgegners ist daher im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags Folge zu geben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung über dessen Rekurs aufzutragen.

5. Da mit diesem Aufhebungsbeschluss die Rechtssache nicht im Sinn des § 78 Abs 1 Satz 2 AußStrG erledigt wird, kommt der Ausspruch einer Kostenersatzpflicht nicht in Betracht, sondern ist ein Kostenvorbehalt auszusprechen (vgl RIS‑Justiz RS0123011 [T5]).

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