Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 499,39 EUR (darin 83,23 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu zahlen.
Text
Begründung
Das Erstgericht gab dem auf Amtshaftung gestützten Klagebegehren auf Zahlung von 7.061,13 EUR sA an vorprozessualen Kosten statt. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und ließ die ordentliche Revision zunächst nicht zu. Mit Beschluss vom 3. 4. 2006 sprach es aus, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei. Eine der im Rechtsmittel der beklagten Partei aufgeworfenen Fragen habe der Oberste Gerichtshof zwar bereits mit der Entscheidung 1 Ob 184/74 (= SZ 47/150) gelöst, dieses - einzige veröffentlichte - Judikat sei jedoch älteren Datums und noch vor der Änderung des § 8 AHG durch die WGN 1989 BGBl 343 ergangen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig.
1. Der erkennende Senat erörterte in der Entscheidung 1 Ob 184/74 einen Anspruch auf Ersatz der Kosten einer vorprozessualen Korrespondenz mit einem Bundesministerium, die im Zuge von - letztlich erfolgreichen - Vergleichsverhandlungen über einen Amtshaftungsanspruch geführt wurde. Dabei wurde ausgesprochen:
Die geltend gemachten Kosten seien nach außergerichtlicher Erledigung des Hauptanspruchs nicht mehr akzessorisch. Deshalb könne die Voraussetzung für eine Kostenentscheidung gemäß § 41 ZPO - die Einklagung eines Hauptanspruchs - nicht eintreten. Die Ersatzfähigkeit der eingeklagten Kosten richte sich daher nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts, somit im Wesentlichen nach Schadenersatzrecht oder - im Fall einer Parteienvereinbarung - nach Vertragsrecht. Den Entscheidungsgegenstand bildeten demzufolge nicht „Kosten" im Sinn des § 54 Abs 2 JN, § 41 und § 528 Abs 1 ZPO. Obgleich der Geschädigte den Bund gemäß § 8 AHG iVm § 1 der Verordnung der Bundesregierung vom 1. 12. 1949, BGBl 45, mit einem Schreiben an die Finanzprokuratur zur Ersatzleistung auffordern müsse, folge daraus nicht, dass die Korrespondenz mit dem Bundesministerium nicht einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung gedient habe. Das Ministerium habe auf Grund dieser Korrespondenz ATS
43.600 als Ersatzleistung anerkannt und an den Kläger überwiesen. Angesichts dessen habe der Kläger im Grundsätzlichen Anspruch auf Ersatz der Korrespondenzkosten. Demnach seien im fortgesetzten Verfahren Feststellungen zu treffen, die eine Beurteilung deren Angemessenheit erlaubten.
Als diese Entscheidung erging, war das Aufforderungsverfahren gemäß § 8 AHG obligatorisch. Ohne die Durchführung eines solchen Verfahrens war der Rechtsweg unzulässig (RIS-Justiz RS0045600). Auf Grund der geltenden Rechtslage kann die Unterlassung eines Aufforderungsverfahrens - nach Erfüllung der in § 8 Abs 2 AHG normierten Voraussetzung - nur mehr Anlass für einen Kostenzuspruch an den klageweise in Anspruch genommenen Rechtsträger sein.
2. In der Revision wird ausdrücklich zugestanden, dass die Finanzprokuratur nach Geltendmachung eines Amtshaftungsanspruchs gegen den Bund im vorprozessualen Bereich kein „Verhandlungsmonopol" hat. Infolgedessen dürfe der Geschädigte über den Anspruch Vergleichsverhandlungen „mit dem zuständigen Bundesministerium" führen. Hier steht ferner fest, dass die den eingeklagten Kostenersatzanspruch tragenden vorprozessualen Vergleichsverhandlungen insoweit erfolgreich waren, als die Finanzprokuratur namens des Bundes letztlich einen Anspruch von
51.600 EUR an Kapital, 3.583,30 EUR an Zinsen, und 2.040,54 EUR an Kosten anerkannte und die Geschädigte den Kapital- und den Zinsenbetrag als Befriedigung ihres Anspruchs in der Hauptsache akzeptierte. Die Revisionswerberin wendet sich auch nicht gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, die Finanzprokuratur sei „von Anfang an in die Verhandlungen der klagenden Partei mit der Finanzlandesdirektion für Kärnten zur Regulierung des Schadens eingebunden" gewesen. Nach diesem Sachverhalt ist nicht zu erkennen, dass zur Lösung dieses Falls ein Abgehen von den Leitlinien der Entscheidung 1 Ob 184/74 oder deren Weiterentwicklung geboten wäre. Die dort erläuterten Grundsätze gelten vor dem Hintergrund des - nach der aktuellen Rechtslage - fakultativen Aufforderungsverfahrens umso mehr.
3. Die Revisionswerberin wirft der klagenden Partei eine Verletzung der Schadenminderungspflicht im Kostenpunkt vor, weil sie sich im Interesse einer außergerichtlichen Bereinigung des Amtshaftungsanspruchs nicht auf die Verfassung und Absendung eines Aufforderungsschreibens gemäß § 8 Abs 1 AHG beschränkte, sondern bereits vor Einleitung des Aufforderungsverfahrens Vergleichsverhandlungen mit Organen einer Finanzlandesdirektion, in die die Finanzprokuratur - wie bereits erwähnt - eingebunden war, geführt hatte. Wie indes jemand, der mit dem Ersatzpflichtigen letztlich erfolgreich über einen außergerichtlichen Vergleich verhandelte, im Grundsätzlichen gerade dadurch gegen seine Schadenminderungspflicht verstoßen haben kann, vermag die beklagte Partei nicht schlüssig zu begründen. Dem von ihr ins Treffen geführten Zweck des Aufforderungsverfahrens gemäß § 8 AHG, „rasch, ohne unnötigen Aufwand und kostengünstig die Berechtigung eines Amtshaftungsanspruches" zu prüfen, käme im erörterten Kontext allenfalls dann Bedeutung zu, wenn namens des Bundes nur die Finanzprokuratur über die außergerichtliche Bereinigung des geltend gemachten Amtshaftungsanspruchs verhandeln hätte dürfen. Das ist jedoch nach den Revisionsausführungen nicht der Fall. Es wird ferner nicht behauptet, dass bestimmte Maßnahmen im Zuge der Vergleichsverhandlungen, deren Kosten die Geschädigte ersetzt haben will, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung - entgegen der Ansicht der Vorinstanzen - nicht notwendig gewesen seien.
4. Die beklagte Partei meint im Übrigen, das Berufungsgericht sei mit seinen Erwägungen zu § 23 Abs 4 letzter Satz RATG „zu wenig" auf die im Rechtsmittel aufgezeigte Rechtsfrage eingegangen. Evident ist allerdings, dass eine Nebenleistungen entsprechende Hauptleistung im Sinn des § 23 Abs 1 und 4 RATG infolge des in der Hauptsache erzielten außergerichtlichen Vergleichs nicht mehr erbracht werden konnte. Dann sind aber die anwaltlichen Leistungen im Verlauf der Vergleichsverhandlungen nach der auf sie jeweils anzuwendenden Tarifpost zu honorieren. Die aus den Revisionsgründen ableitbare Ansicht der beklagten Partei, sie habe mit der Honorierung des Aufforderungsschreibens nach TP 3A RATG zuzüglich 50 % Einheitssatz den Zahlungsanspruch für eine Hauptleistung nach dem Rechtsanwaltstarifgesetz befriedigt, ist unrichtig, weil Hauptleistungen gemäß § 23 Abs 4 letzter Satz RATG zufolge § 23 Abs 1 RATG - nach dem klaren, bereits vom Berufungsgericht erörterten Gesetzeswortlaut - nur anwaltliche Leistungen sein können, die in einem gerichtlichen Verfahren erbracht wurden und nach den Tarifposten 1 bis 4 RATG zu honorieren sind. An solchen Leistungen mangelt es hier.
Die beklagte Partei verficht nicht den Standpunkt, dass der
Honoraranspruch für ein Aufforderungsschreiben nach Einbringung einer
Amtshaftungsklage über die Hauptsache nicht unter den tariflichen
Einheitssatz fallen könne, sondern immer gemäß TP 3A RATG als weitere
Hauptleistung im zuvor erörterten Sinn zu honorieren sei. Eine solche
Sicht der Rechtslage ist auch der Rechtsprechung der Instanzgerichte
nicht zu entnehmen. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Wien fällt
das Aufforderungsschreiben gemäß § 8 AHG idF WGN 1989 BGBl 343 im
Fall eines Amtshaftungsprozesses über die Hauptsache als anwaltliche
Nebenleistung unter den tariflichen Einheitssatz (14 R 70/99p =
RIS-Justiz RW0000318; 14 R 122/95 = RIS-Justiz RW0000044). Dem ist
beizutreten.
5. Gemäß § 508a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof bei Prüfung der Zulässigkeit der Revision nicht an einen Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO gebunden. Nach allen voranstehenden Erwägungen hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO ab. Das bloße Alter einer einschlägigen Vorentscheidung des Obersten Gerichtshofs ist für das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nicht maßgebend, von Bedeutung ist vielmehr nur deren - auch im Fall einer Änderung des rechtlichen Umfelds andauernde - Überzeugungskraft in der Sache (Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 502 ZPO Rz 26 mN aus der Rsp). Eine erhebliche Rechtsfrage wird auch nicht aufgeworfen, wenn - bei eindeutigem Gesetzeswortlaut - nur die im angefochtenen Urteil vorgenommene Auslegung einer gesetzlichen Bestimmung ernsthaft in Betracht zu ziehen ist (Zechner aaO § 502 ZPO Rz 47 mN aus der Rsp). Die Revision ist somit zurückzuweisen, wobei sich der Oberste Gerichtshof nach § 510 Abs 3 ZPO auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken kann.
6. Die klagende Partei wies auf die Unzulässigkeit der Revision hin. Ihr sind daher die Kosten der Revisionsbeantwortung als solche einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung gemäß § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO zuzuerkennen.
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