OGH 1Nc19/12b

OGH1Nc19/12b12.4.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski und Mag. Wurzer als weitere Richter in der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zu AZ 14 Nc 6/11f anhängigen Verfahrenshilfesache des Antragstellers Mag. F***** U*****, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Zur Entscheidung als Rechtsmittelgericht im Verfahrenshilfeverfahren, insbesondere über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 13. Dezember 2011, GZ 14 Nc 6/11f-7, wird das Oberlandesgericht Wien als zuständig bestimmt, zur allfälligen Durchführung des Verfahrens über die Verfahrenshilfe sowie des Hauptverfahrens in erster Instanz das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Begründung

Der Antragsteller wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 2. 10. 2007, GZ 20 Hv 88/07d-71, zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt. Zugleich wurde seine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet. Mit Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 6. 6. 2008, 9 Bs 173/08x, wurde die Freiheitsstrafe auf 9 Jahre herabgesetzt. Nunmehr ist beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz ein Verfahren über den Antrag des Verurteilten auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen gegen den Bund anhängig. Er leitet seine Ansprüche unter anderem aus seiner rechtswidrigen Verurteilung ab. Er befinde sich bereits 4 1/2 Jahre in Haft und erlebe Fürchterliches. In seinem anspruchsbegründenden Vorbringen bezieht sich der Antragsteller dabei auch auf Entscheidungen des Oberlandesgerichts Graz im Instanzenzug, dessen Vorgehen er unter anderem als vorverurteilend bezeichnet.

Gegen die Abweisung seines Verfahrenshilfeantrags erhob der Antragsteller Rekurs an das Oberlandesgericht Graz, das den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung gemäß § 9 Abs 4 AHG vorlegte.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 9 Abs 4 AHG ist ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen, wenn der Ersatzanspruch unter anderem aus der Entscheidung eines Gerichtshofs abgeleitet wird, der nach den Bestimmungen des AHG unmittelbar oder im Instanzenzug zuständig wäre (Schragel, AHG³ Rz 255, 257). Dieser Delegierungstatbestand ist nach der ständigen Judikatur des erkennenden Senats auch auf Verfahren anzuwenden, die dem eigentlichen Amtshaftungsprozess vorangehen (RIS-Justiz RS0053097), wie etwa Verfahren zur Bewilligung der Verfahrenshilfe (Schragel aaO; RIS-Justiz RS0050123 [T1]; 1 Nc 53/11a).

Der Antragsteller leitet seine Ansprüche erkennbar auch aus Entscheidungen des Oberlandesgerichts Graz ab, sodass die Voraussetzungen für eine Delegation vorliegen. Wird der Ersatzanspruch (auch) aus einer Entscheidung von Richtern des übergeordneten Oberlandesgerichts abgeleitet, das im Instanzenzug zuständig wäre, so ist gemäß § 9 Abs 4 AHG ein anderes Erstgericht zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache zu bestimmen, weil es nicht möglich ist, die Zuständigkeit des Gerichts erster Instanz unverändert zu lassen und bloß ein anderes Oberlandesgericht als Rechtsmittelgericht zu bestimmen (RIS-Justiz RS0050128). Damit war nicht nur ein anderes Oberlandesgericht als Rekursgericht, sondern für den Fall der Fortsetzung des Verfahrens über den Verfahrenshilfeantrag in erster Instanz sowie eines Hauptprozesses zugleich ein außerhalb des Sprengels des Oberlandesgerichts Graz gelegenes Erstgericht zu bestimmen.

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