OGH 16Ok7/04

OGH16Ok7/0414.6.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Kartellrechtssachen durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Birgit Langer als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Manfred Vogel und Dr. Gerhard Kuras gemäß § 92 Abs 2 KartG in der Kartellrechtssache der Telekom-Control-Kommission, *****, wider die Antragsgegnerin Telekom Austria AG, *****, vertreten durch Cerha, Hempel, Spiegelfeld, Rechtsanwälte in Wien, wegen Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung, infolge Rekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Kartellgericht vom 17. Dezember 2003, GZ 29 Kt 396/02-44, betreffend Rahmengebühr den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragstellerin beantragte in drei umfangreicheren Schriftsätzen schlussendlich, der Antragsgegnerin aufzutragen, den Missbrauch ihrer marktbeherrschenden Stellung durch den Verkauf von Schnurlosendgeräten, die den Anschein erwecken, dass der Verbindungsnetzbetrieb gesperrt sei, sowie durch das Vorenthalten der Entsperrinformation bezüglich des verfahrensgegenständlichen Endgerätes der Marke "S*****" (locked) abzustellen. Die Antragsgegnerin erstattete ebenfalls drei umfangreichere Äußerungen, in denen sie beantragte, die Anträge abzuweisen. Der Kunde könne zwischen den beiden Varianten des Schnurlostelefons frei wählen. Auch könne er gegen Aufpreis die Erweiterung der Funktionalität auf alle Verbindungsnetze einrichten lassen oder weitere Endgeräte zu verwenden. Die Voreinstellung könne übrigens auch deaktiviert werden. Der relevante Markt sei jener der Endgeräte. Auch die Bundeswettbewerbsbehörde beteiligte sich an diesem Verfahren.

Das Erstgericht führte verschiedene Einvernahmen durch und gab dem Antrag schließlich Folge. Dem dagegen erhobenen Rekurs hat der Oberste Gerichtshof nicht Folge gegeben. Nach Abschluss des Verfahrens hat das Erstgericht mit dem bekämpften Beschluss die Rahmengebühr mit EUR 10.000 bestimmt und die Antragsgegnerin zur Zahlung verpflichtet. Es ist dabei davon ausgegangen, dass zahlreiche Schriftsätze zu studieren und 4 Auskunftspersonen einzuvernehmen gewesen wären. Der Akt habe einen durchschnittlichen Umfang, aber ausgesprochen umfangreiche Beilagen. Die Dauer des Verfahrens habe insgesamt dreizehn Monate betragen. Die Antragsgegnerin verfüge über ein beträchtliches Grundkapital. Insgesamt sei die Bemessung mit einem Drittel des Höchstrahmens angemessen.

Der dagegen erhobene Rekurs der Antragsgegnerin, die die Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahingehend beantragt, die Rahmengebühr auf 5.000 EUR herabzusetzen, ist nicht berechtigt.

Die Bundeswettbewerbsbehörde beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Die Rekurswerberin wendet sich gegen eine Ausmessung der Rahmengebühr mit einem Drittel des Höchstbetrages vorweg mit der Begründung, dass ein Ermessensfehler vorliege. Die Schriftsätze seien nicht besonders umfangreich und das Verfahren sei auch weder juristisch noch auf der Sachverhaltsebene besonders komplex gewesen. Der letzte Schriftsatz der Antragsgegner samt Beilagen sei möglicherweise auch gar nicht berücksichtigt und das erstinstanzliche Verfahren besonders rasch durchgeführt worden. Ein Sachverständigengutachten sei nicht erforderlich und die wirtschaftliche Bedeutung des Verfahrens keinesfalls überragend gewesen. Die Antragsgegnerin habe auch keinen Anlass für dieses Verfahren geboten. In anderen Verfahren gegen die Antragsgegnerin, sei die Rahmengebühr zwar auch mit 10.000 EUR ausgemessen worden, jedoch seien diese anderen Verfahren umfangreicher gewesen. In diesen habe die Antragsgegnerin auch den Anlass für die Verfahren gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 80 Z 9 KartG ist für ein Verfahren auf Erteilung von Aufträgen nach den §§ 35 und 36 KartG eine Rahmengebühr von 750 EUR bis 30.000 EUR zu entrichten. Gemäß § 84 KartG wird die Höhe der Rahmengebühr nach Abschluss des Verfahrens nach freiem Ermessen festgesetzt; hiebei sind insbesondere die wirtschaftspolitische Bedeutung des Verfahrens, der mit der Amtshandlung verbundene Aufwand, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Zahlungspflichtigen und die Tatsache zu berücksichtigen, inwieweit die zahlungspflichtige Partei Anlass für die Amtshandlung gegeben hat.

Der Oberste Gerichtshof als Kartellobergericht hat schon wiederholt die Auffassung vertreten, dass in der Frage des Verfahrensaufwands nicht nur auf das Verfahren vor dem Erstgericht, sondern auch auf die Befassung des Obersten Gerichtshofs als Rechtsmittelgericht Bedacht zu nehmen ist und sich der mit Amtshandlungen verbundene Aufwand insbesondere auch darin niederschlägt, wie umfangreich das vom Gericht zu bearbeitende Material (Eingaben der Parteien, vorgelegte Urkunden uä) war (OGH 16 Ok 5/00; 16 Ok 10/03). Die genannten Kriterien sind taugliche Parameter zur Beurteilung des Zeitaufwands, den das Entscheidungsorgan in der konkreten Rechtssache aufzuwenden hatte (OGH 23. 6. 2003 16 Ok 13/03).

Hier haben die Parteien dem Erstgericht äußerst umfangreiche Beilagen vorgelegt. Diese wurden auch der Entscheidung des Erstgerichtes ebenso wie jener des Obersten Gerichtshofes zugrunde gelegt. Die Ausführungen der Rekurswerberin, die dies hinsichtlich bestimmter Beilagen, die erst knapp vor der Entscheidung des Erstgerichtes vorgelegt wurden, in Zweifel ziehen, fußen allein auf der raschen Entscheidung des Erstgerichtes, ohne für diese Mutmaßungen irgendwelche konkreten Anhaltspunkte zu bieten. Die rechtliche und faktische Komplexität des Verfahrens erhellt sich etwa an dem Umstand, dass die Rekurswerberin im Hauptverfahren ihr Rechtsmittel gegen die erstgerichtliche Entscheidung auf mehr als 22 engzeilig beschriebenen Seiten ausgeführt und dann - wenn auch unzulässig - noch weiter ergänzt hat. Es ging um komplexe rechtliche Fragestellungen, die nicht nur unmittelbar das Kartellgesetz betrafen, sondern zusätzlich auch noch das TKG und einen gemeinschaftsrechlichen Bezug hatten. Dass dies auch in den anderen von der Rekurswerberin herangezogenen Fällen vorgelegen wäre, führt sie gar nicht aus.

Soweit die Rekurswerberin darlegt, dass sie keine Veranlassung für das Verfahren gegeben habe, kann dies nicht nachvollzogen werden. Hat doch der Gesetzgeber in § 84 KartG nicht auf eine "Antragstellung", sondern nur auf eine "Veranlassung" abgestellt. Darunter ist aber auch ein rechtswidriges Verhalten zu verstehen, das für das Verfahren ursächlich war. Hier wurde das Verfahren aber gerade wegen des ihre Marktmacht missbrauchenden Verhaltens der Rekurswerberin erforderlich.

Schon im Hinblick auf das umfangreiche Vorbringen samt Beilagen, die hohe rechtliche Komplexität und die klare "Veranlassung" durch die Rekurswerberin kann ein vom Obersten Gerichtshof zu korrigierender Fehler bei der Bemessung der Rahmengebühr nicht erkannt werden.

Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

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