OGH 16Ok3/05

OGH16Ok3/0517.10.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Kartellrechtssachen durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Birgit Langer als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Manfred Vogel und Dr. Gerhard Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Kommerzialräte Dr. Fidelis Bauer und Dr. Erich Haas als weitere Richter in der Kartellrechtssache der Antragstellerin Ea*****, vertreten durch Gugerbauer & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, nunmehr die Bundeswettbewerbsbehörde, 1020 Wien, Praterstraße 31, wider die Antragsgegnerin Eu*****, vertreten durch Bichler & Zrzavy Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung gem § 8a KartG über den Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Kartellgericht vom 17. Dezember 2003, GZ 27 Kt 243, 244/02-61, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Der Eintritt der Bundeswettbewerbsbehörde als Antragstellerin dient der Kenntnis.

2. Dem Rekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die Rechtssache zur ergänzenden Erörterung an des Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung

Die frühere Antragstellerin begehrt gem § 8a KartG die Feststellung, dass

  1. 1. ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung und
  2. 2. ein Vereinbarungs- bzw Verhaltenskartell vorliege. Sie führte ausführlich begründet aus, dass ein tatbestandsmäßiges Verhalten nach den §§ 10 und 35 KartG bzw Art 81 Abs 1 EGV vorliege. Dabei stützte sie sich sehr wesentlich auf den zwischen der Antragsgegnerin und den Bankinstituten geschlossenen sogenannten "Bankomatvertrag."

    Die Antragsgegnerin beantragte ebenfalls sehr ausführlich begründet die Zurück- bzw die Abweisung des Antrags der Antragstellerin. Die Bundeswettbewerbsbehörde schloss sich grundsätzlich den Bedenken der Antragstellerin an, verwies aber etwa auch darauf, dass von der Kommission vergleichbare Vereinbarungen nur befristet freigestellt worden seien. Die Transaktionsgebühr sei eine prohibitive Gebühr, die für die Antragsgegnerin eine Zusatzrente darstelle. Das Erstgericht gab dem Antrag statt und stellte sowohl das Vorliegen eines Absichtskartells als auch das Vorliegen eines Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung durch die Bindung der Gesellschafterinnen hinsichtlich weiterer Beteiligungen an Konkurrenten an die Zustimmung der Antragsgegnerin als auch hinsichtlich der Höhe der Transaktionsgebühr fest.

    Gegen diesen Beschluss erhob die Antragsgegnerin Rekurs im vollen Umfang.

    Die frühere Antragstellerin und die Bundeswettbewerbsbehörde beantragten, diesem Rekurs nicht Folge zu geben.

    Die Antragsgegnerin legte während des Rechtsmittelverfahrens allerdings auch eine Änderung des Bankomatvertrages vor, in dem die Bestimmungen über die Transaktionsgebühr geändert sind und es den Kreditinstituten sogar ausdrücklich freigestellt wird, sich an Konkurrenten der Antragsgegnerin zu beteiligen.

    Im Hinblick darauf zog die frühere Antragstellerin ihren Antrag unter Anspruchsverzicht zurück.

    Die Antragsgegnerin erteilte dazu ihre ausdrückliche Zustimmung. Die Bundeswettbewerbsbehörde verwies auf ihre bisherige Beteiligung am Verfahren und ihre Rekursbeantwortung sowie das öffentliche Interesse an der Feststellung. Sie stimmte der Zurückziehung des Antrages nicht zu.

    Mit seinem Beschluss vom 20. 12. 2004 hat der Oberste Gerichtshof die Zurückziehung des Antrages durch die frühere Antragstellerin zur Kenntnis genommen, aber der Bundeswettbewerbsbehörde die Möglichkeit eröffnet bekannt zu geben, ob und in welchem Umfang die Anträge nunmehr durch die Bundeswettbewerbsbehörde aufrechterhalten werden. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass nähere Regelungen über den Umfang der "Parteistellung" der Amtsparteien insbesondere in jenen Verfahren, in denen kein eigener Antrag der Amtspartei gestellt wurde, nicht bestehen. Unter Hinweis auf den oft erheblichen Verfahrensaufwand und die Aufgabe der Bundeswettbewerbsbehörde, die allgemeinen öffentlichen Interessen an einem funktionierenden Wettbewerb zu wahren einerseits, aber die Antragsbedürftigkeit des vorliegenden Verfahrens andererseits, wurde festgehalten, dass es der sich am Verfahren bereits bisher beteiligten Bundeswettbewerbsbehörde freisteht, den verfahrenseinleitenden Antrag hier als ihren eigenen Antrag aufrechtzuerhalten. Der Bundeswettbewerbsbehörde wurde also die Möglichkeit eingeräumt, das Verfahren als eigenes Verfahren - allenfalls eingeschränkt - fortzusetzen.

    Die Bundeswettbewerbsbehörde hat daraufhin die Anträge der früheren Antragstellerin aufrechterhalten und dazu auf deren, aber auch auf ihr eigenes Vorbringen verwiesen und den Antrag auf Feststellung im Sinne des erstgerichtlichen Beschlusses gestellt.

    Dazu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Das neue KartG 2005 (BGBl I 61/2005) ist noch nicht in Kraft getreten (vgl § 86 dieses Gesetzes - 1. 1. 2006).

Zur Zulässigkeit des Eintritts der Bundeswettbewerbsbehörde als Antragstellerin kann im Wesentlichen auf die Ausführungen in dem oben dargestellten Beschluss vom 20. 12. 2004 zu 16 Ok 6/04 verwiesen werden. Die Bundeswettbewerbsbehörde ist nicht nur nach § 44 KartG (1988) Amtspartei, sondern auch nach § 8a Abs 2 Z 1 KartG antragsberechtigt für die im vorliegenden Fall begehrten Feststellungen. Dem entsprechend war im Sinne der Ausführungen des oben dargestellten Beschlusses ihr Eintritt in das Verfahren festzustellen.

Zum Zeitpunkt ihres Eintritts lag aber nach dem übereinstimmenden Vorbringen der - früheren - Antragstellerin und der Antragsgegnerin, das von der Bundeswettbewerbsbehörde auch gar nicht bestritten wurde, bereits ein geänderter Bankomatvertrag vor.

Nun wird schon allgemein davon ausgegangen, dass im Außerstreitverfahren - vor dem hier insoweit noch nicht anzuwendenden AußstrG 2005 (vgl § 203 Abs 7 AußstrG 2005) - die Parteien das Tatsachenmaterial ergänzen und berichtigen können (vgl RIS-Justiz RS0063600 mwN etwa 16 Ok 14/03). Stellen nun die Parteien im Rechtsmittelverfahren einen die vorliegenden Anträge betreffenden geänderten Sachverhalt überhaupt außer Streit, so ist dies jedenfalls für eine danach eintretende Partei, die sich auf deren Vorbringen bezieht, beachtlich. Da also das Vorbringen der eingetretenen Amtspartei einerseits auch auf den neuen Bankomatvertrag Bezug nimmt, andererseits aber zur Begründung der konkret gestellten Anträge allein den alten Bankomatvertrag zugrunde legt, bedarf es noch weiterer Erörterungen.

Aus diesem Grund war die Rechtssache zur ergänzenden Erörterung der Anträge unter Berücksichtigung des neuen Bankomatvertrages an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte