OGH 15Os95/04

OGH15Os95/042.12.2004

Die an dieser Stelle befindliche Grafik kann nicht angezeigt werden. Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Dezember 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Pablik als Schriftführer in der Strafsache gegen Franz H***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Johann R***** und die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten Franz H***** und Johann R***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Schöffengericht vom 26. September 2003, GZ 13 Hv 1057/01x-331, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung der Staatsanwaltschaft werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet. Das an dieser Stelle befindliche Objekt kann nicht angezeigt werden.

Dem Angeklagten Johann R***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann R***** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in Grieskirchen im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem Prokuristen Franz H***** als Mittäter die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich missbraucht und dadurch der V***** reg GenmbH (nunmehr V***** reg GenmbH, im Folgenden kurz V*****) einen 40.000 Euro übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt, indem er als zweiter Geschäftsleiter der V***** am 12. Dezember 1995 einen Wechsel über 6 Millionen Schilling für die V***** als Wechselbürge unterfertigte sowie am 12. März 1996, am 12. Juni 1996 und am 12. Juli 1996 Prolongate dieses Wechsels mit einer Erhöhung der Wechselsumme auf 8 Millionen Schilling unterfertigte, um dadurch das Kreditobligo der Firma F***** vorübergehend zu verringern und eine neuerliche Ausschöpfung des unbesicherten Kreditobligos der Firma F***** in Höhe von zumindest 8 Millionen Schilling zu ermöglichen oder zu erleichtern, wodurch der V***** aufgrund der Inanspruchnahme aus der Wechselbürgschaft ein Vermögensnachteil in der Höhe von 8 Millionen Schilling zugefügt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Die auf § 281 Abs 1 Z 3, 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel. Der Verfahrensrüge (Z 3) zuwider wurden - wie dem berichtigten Hauptverhandlungsprotokoll zu entnehmen ist - die an der Urteilsfindung beteiligten Schöffen Petra S***** und Robert F***** in der (übrigens jeweils gemäß § 276a StPO neu durchgeführten) Hauptverhandlung am 11. März 2002 (für das Jahr 2002) und am 19. Mai 2003 (für das Jahr 2003) beeidet (S 426/XIII und 18/XIX). Der Einwand fehlender Belehrung des Zeugen Dr. Stefan H***** über sein Entschlagungsrecht gemäß § 152 Abs 1 Z 4 StPO widerspricht gleichfalls dem berichtigten Protokoll über die Hauptverhandlung vom 21. Juni 2002 (ON 341).

Soweit der Beschwerdeführer die Zulässigkeit einer Protokollsberichtigung bzw -ergänzung in Frage stellt und die Ansicht vertritt, es wäre vom "unberichtigten" Protokoll auszugehen, ist ihm zu erwidern, dass Ergänzungen oder Richtigstellungen des Protokolls - von Amts wegen oder auf Grund eines entsprechenden Antrages - bis zur Entscheidung eines Rechtsmittelgerichtes zulässig sind (Fabrizy, StPO9 § 271 Rz 8).

Die Zeugen Mag. Z*****, Michael B*****, Mag. Franz P*****, Franz W*****, Mag. Peter R***** und Mag. Alfred I***** haben nach Belehrung über ihr Entschlagungsrecht (§ 152 Abs 1 Z 4 StPO) und der Erklärung, aussagen zu wollen, ihre zunächst ohne derartige Belehrung gemachten Angaben wiederholt (S 32, 36, 40 ff/XVII und 18/XIX). Fallbezogen ist im Hinblick darauf die Möglichkeit eines Nachteils für den Angeklagten aus dem ursprünglichen Formverstoß nicht zu ersehen (§ 281 Abs 3 StPO).

Weshalb der in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Masseverwalterin (Insolvenz T***** GmbH) der F***** GmbH vernommene Dr. Wolfgang H***** (S 334/XVI) gemäß § 152 Abs 1 Z 4 StPO hätte belehrt werden müssen, wird in der Beschwerde nicht näher dargetan, sodass der entsprechende Einwand einer sachbezogenen Erwiderung nicht zugänglich ist.

Der Vorwurf der Unvollständigkeit und Widersprüchlichkeit (Z 5 zweiter und dritter Fall) ist nicht berechtigt, ergibt sich doch aus der Urteilsbegründung (insbesondere US 25 vierter Absatz) zweifelsfrei, das der in Rede stehende Betrag von 5.911.045 S der V***** tatsächlich zugekommen ist.

Auch das undifferenziert auf Z 5 und 9 lit a gestützte Vorbringen ist nicht zielführend.

Soweit der Angeklagte zunächst die (grundsätzliche) Befugnis zur Übernahme von Wechselbürgerschaften bestreitet, übergeht er § 1 Abs 1 Z 8 BWG.

Den wissentlichen Befugnismissbrauch legte das Erstgericht schon mit der Erörterung der dem Beschwerdeführer bekannten Pouvoirregelung, wonach er weder allein noch gemeinsam mit dem Prokuristen H***** ohne Befassung des Aufsichtsrates eine Wechselbürgschaft der vorliegenden Größenordnung hätte eingehen dürfen (US 8, 49), logisch und empirisch einwandfrei dar.

Die in der Beschwerde angestellten Spekulationen über den mit der Wechselbürgschaft verfolgten Zweck erweisen sich daher als nicht zielführend.

Weshalb Feststellungen über die Höhe der Einzelkredithöchstgrenze zum Zeitpunkt der Unterfertigung der Wechselbürgschaft erforderlich sein sollten, wird in der Beschwerde nicht näher dargetan (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO).

Indem der Angeklagte den von den Tatrichtern begründet angenommenen Zusammenhang zwischen der Wechselbürgschaft und den weiteren Kreditgewährungen mit der unsubstanziierten Behauptung bestreitet, die in der Folge durchgeführten (nicht gedeckten) Scheckgutschriften und Wechseleinlösungen hätten mit der inkriminierten Wechselbürgschaft nichts zu tun, wendet er sich gegen die erstrichterliche Beweiswürdigung, ohne jedoch damit einen Begründungsmangel oder einen Rechtsfehler aufzuzeigen. Dem Urteil ist im Übrigen eindeutig zu entnehmen, dass dem Angeklagten nur ein Schaden von 8 Millionen Schilling angelastet wird und nicht die gesamte nach der Wechselbürgschaft eingetretene Obligoerhöhung (US 3 f iVm US 29 f, 36 f).

Die bloß allgemeine, nicht näher substanziierte Behauptung, die Feststellungen zum Schädigungsvorsatz (US 30) seien unverständlich, trifft in Hinsicht auf Z 5 erster Fall nicht zu und macht keinen anderen Begründungsmangel deutlich und bestimmt geltend. Soweit der Beschwerdeführer den Eintritt eines aus der Wechselbürgschaft resultierenden Schadens mit dem Hinweis auf das Wesen des Wechselgeschäftes als nur vorübergehendes Finanzierungsinstrument in Abrede stellt, übergeht er die diesbezüglichen Konstatierungen.

Die Feststellungen zur Schädigungskomponente der subjektiven Tatseite wurden mit eingehender Bezugnahme auf die dem Angeklagten bekannten Überziehungen und Rückstände der gewährten Darlehen sehr ausführlich und im Sinn der Z 5 (vierter Fall) zureichend begründet. Dabei wurde auch die Bedeutung der erwarteten Versicherungsleistung ohne Verstoß gegen die Gesetze folgerichtigen Denkens oder grundlegende Erfahrungssätze erörtert, indem schlüssig dargelegt wurde, dass die V***** im Hinblick auf die Höhe der Überziehungen und Rückstände der F***** GmbH Anspruch auf die ausständige Zahlung des Versicherungsunternehmens schon vor Begründung der Wechselbürgschaft und dadurch bewirkter Obligoausweitung hatte (US 37 ff, insbesondere 45 bis 47).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der dazu erstatteten, inhaltlich auf die Nichtigkeitsbeschwerde verweisenden Äußerung des Verteidigers bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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