OGH 15Os9/12f

OGH15Os9/12f29.2.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Februar 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Linzner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Georg H***** wegen des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB, AZ 24 Hv 84/11k des Landesgerichts Feldkirch, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil dieses Gerichts vom 4. Oktober 2011, GZ 24 Hv 84/11k-6, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Sperker, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 4. Oktober 2011, GZ 24 Hv 84/11k-6, verletzt § 57 Abs 2 iVm Abs 3 letzter Fall StGB.

Dieses Urteil sowie der gemäß § 494a Abs 1 StPO gefasste Beschluss werden aufgehoben und es wird in der Sache selbst zu Recht erkannt:

Georg H***** wird von dem wider ihn erhobenen Vorwurf, er habe in H***** mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, Bedienstete der Firma B***** GmbH durch die Vorgabe, ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde zu sein, zu nachgenannten Handlungen verleitet, die das genannte Unternehmen in einem 3.000 Euro, jedoch nicht 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, nämlich

1./ am 9. Juni 2010 zur Lieferung von Kaffee im Wert von 566,02 Euro;

2./ am 8. Juli 2010 zur Lieferung von Kaffee und entsprechendem Zubehör im Wert von 742,74 Euro, zur leihweisen Überlassung einer Kaffeemaschine Bonamat Mondo 2 im Wert von 390 Euro und eines sogenannten Schokodispensers Exquisit im Wert von 1.328 Euro,

gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Text

Gründe:

Mit dem unangefochten in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 4. Oktober 2011, GZ 24 Hv 84/11k-6, wurde Georg H***** - abweichend von dem in Richtung §§ 146, 147 Abs 2 StGB erhobenen Strafantrag - des Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB schuldig erkannt und zu einer teilweise bedingt nachgesehenen Geldstrafe verurteilt.

Nach dem Schuldspruch hat er in H***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Bedienstete der (richtig:) B***** GmbH durch die Vorgabe, ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde zu sein, zu Handlungen verleitet, die das genannte Unternehmen in einem 3.000 Euro nicht übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, nämlich

1./ am 9. Juni 2010 zur Lieferung von Kaffee im Wert von 566,02 Euro;

2./ am 8. Juli 2010 zur Lieferung von Kaffee im Wert von 742,74 Euro.

Den weiters mit Strafantrag vom 1. September 2011 (ON 3) erhobenen Vorwurf, der Angeklagte habe am 8. Juli 2010 die Verfügungsberechtigten der B***** GmbH auch zur leihweisen Überlassung einer Kaffeemaschine im Wert von 390 Euro und eines sogenannten Schokodispensers Exquisit im Wert von 1.328 Euro veranlasst, erachtete das Erstgericht für nicht erweislich.

(Unter einem sah das Erstgericht mit Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2, Abs 6 StPO vom Widerruf der zu AZ 24 Hv 143/09h des Landesgerichts Feldkirch gewährten bedingten Strafnachsicht hinsichtlich einer Geldstrafe ab und verlängerte die Probezeit auf fünf Jahre.)

Rechtliche Beurteilung

Dieser Schuldspruch steht - wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt - mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Nach § 57 Abs 2 StGB erlischt die Strafbarkeit von Taten, die weder mit lebenslanger Freiheitsstrafe noch mit Freiheitsstrafe von 10 bis 20 Jahren oder lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind, durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beginnt, sobald die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen ist oder das mit Strafe bedrohte Verhalten aufhört.

Ist ein Ausnahmesatz - hier: die von Amts wegen zu berücksichtigende Verjährung und die damit im Zusammenhang stehende Frage der Ablauf- und Fortlaufhemmung (§ 58 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 Z 2 StGB) - durch ein in der Hauptverhandlung vorgekommenes Sachverhaltssubstrat indiziert, so sind die Gerichte verpflichtet, dazu in tatsächlicher Hinsicht Stellung zu beziehen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 602; RIS-Justiz RS0091794).

Im vorliegenden Fall beträgt die Verjährungsfrist für die Strafbarkeit des mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bedrohten Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB gemäß § 57 Abs 3 letzter Fall StGB ein Jahr. Sie beginnt mit der Beendigung des strafbaren Verhaltens, wobei § 58 Abs 1 StGB für den Fall des späteren Erfolgseintritts eine Ablaufhemmung normiert (Marek in WK² § 58 Rz 5).

Nach den gegenständlichen Urteilsfeststellungen ist der Beginn dieser Verjährungsfrist jedenfalls mit der am 8. Juli 2010 erfolgten Lieferung des zuvor betrügerisch herausgelockten Kaffees anzusetzen (ON 6 iVm ON 2, S 22).

Mangels sonstiger aktenkundiger verjährungshemmender Umstände nach § 58 Abs 2 StGB oder Maßnahmen im Sinn des § 58 Abs 3 Z 2 StGB ist die Verfolgungsverjährung mit Ablauf (§ 68 letzter Satz StGB) des 8. Juli 2011 eingetreten. Die erst am 24. August 2011 durchgeführte erste Vernehmung des Georg H***** (ON 2 S 13) vermochte den Lauf der Verjährung nicht mehr zu beeinflussen.

Da sich diese Gesetzesverletzung zum Nachteil des Verurteilten ausgewirkt hat, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, deren Feststellung mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).

Wenngleich die Frage der Verjährung kein prozessuales Verfolgungshindernis, sondern einen materiellen Strafaufhebungsgrund (Marek in WK2 Vorbem §§ 57 bis 60 Rz 1; Fabrizy, StPO11 § 288 Rz 2) betrifft, war von der - für diesen Fall an sich in § 288 Abs 2 Z 3 zweiter Satz StPO vorgesehenen - Verweisung zu neuer Entscheidung aus prozessökonomischen Gründen abzusehen, weil nach der Aktenlage der Verjährung entgegenstehende Konstatierungen nicht mehr zu erwarten sind (RIS-Justiz RS0118545; Marek in WK2 § 57 Rz 19; vgl dazu auch die von der Generalprokuratur beigeschaffte Strafregisterauskunft sowie den Ausdruck aus dem Register Verfahrensautomation Justiz).

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