OGH 15Os8/15p

OGH15Os8/15p18.2.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Februar 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Humer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Christian H***** wegen des Vergehens der Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 64 Hv 119/14x des Landesgerichts Salzburg, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss dieses Gerichts vom 3. Oktober 2014, GZ 64 Hv 119/14x‑35, sowie einen weiteren Vorgang in diesem Verfahren erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Geymayer, und der Verteidigerin Dr. Wolf, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0150OS00008.15P.0218.000

 

Spruch:

Im Verfahren AZ 64 Hv 119/14x des Landesgerichts Salzburg verletzt der zugleich mit dem Urteil vom 3. Oktober 2014 ergangene Beschluss, mit dem vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde, § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB sowie § 494a Abs 1 und Abs 3 StPO.

Dieser Beschluss wird ersatzlos aufgehoben.

Text

Gründe:

Mit (sogleich rechtskräftigem) Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 21. September 2010, AZ 37 Hv 68/10t, wurde Christian H***** des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt, deren Vollzug gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Wegen mehrerer am 21. Juli 2014 begangener Vergehen wurde Christian H***** im Verfahren AZ 64 Hv 119/14x des Landesgerichts Salzburg am 3. Oktober 2014 schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt (ON 34). Unter einem fasste die Einzelrichterin den auf § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO iVm § 53 Abs 1 und Abs 3 StGB gestützten Beschluss, vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu AZ 37 Hv 68/10t des Landesgerichts Salzburg abzusehen und die dort gewährte Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern. Eine Anhörung des Angeklagten oder der Staatsanwaltschaft betreffend eine Entscheidung gemäß § 494a StPO fand nicht statt. In die Probezeit allenfalls nicht einzurechnende Zeiten behördlicher Anhaltung (§ 49 StGB) zwischen 21. September 2010 und 21. Juli 2014 wurden im Beschluss nicht festgestellt (und waren nach der Aktenlage in dem für die vorliegende Beurteilung relevanten [= zehn Monate erreichenden] Ausmaß auch nicht gegeben).

Das Urteil und der Beschluss sind rechtskräftig.

Dieser Beschluss des Landesgerichts Salzburg (dem auch das von der Generalprokuratur als eigener Vorgang gewertete Unterlassen der Anhörung von Ankläger und Angeklagtem als verfehlt zuzurechnen ist) steht ‑ wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt ‑ mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Rechtliche Beurteilung

Nach § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB sowie § 494a Abs 1 erster Satz StPO kommt ein auf neuerliche Delinquenz gegründeter Beschluss auf Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht unter Verlängerung der Probezeit ‑ abgesehen von den in § 53 Abs 1 letzter Satz StGB normierten, hier nicht aktuellen Ausnahmen ‑ nur im Fall der Verurteilung des Rechtsbrechers wegen einer während der Probezeit begangenen strafbaren Handlung in Betracht (RIS‑Justiz RS0092019 [hier T1]). Vor jeder Entscheidung nach § 494a Abs 1 StPO hat das Gericht überdies gemäß Abs 3 erster Satz dieser Bestimmung sowohl den Ankläger als auch den Angeklagten zu hören. Die ‑ nach den tatsächlichen Annahmen des Beschlusses (im Einklang mit der Aktenlage) jedenfalls ‑ in Bezug auf eine Verurteilung wegen einer erst nach Ablauf der Probezeit begangenen Tat und ohne vorangegangene Gelegenheit zur Äußerung erfolgte Beschlussfassung gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO verletzt daher das Gesetz.

Der Oberste Gerichtshof sah sich veranlasst, diesen durch Verlängerung der Probezeit zum Nachteil des Verurteilten wirkenden Beschluss ersatzlos aufzuheben.

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