OGH 15Os81/13w

OGH15Os81/13w21.8.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. August 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Dr. Michel-Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kurzthaler als Schriftführer im Verfahren zur Unterbringung der Erika S***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 28. März 2013, GZ 61 Hv 10/13v-24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Erika S***** in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs 1 StGB eingewiesen, weil sie am 6. Dezember 2012 (zu ergänzen: in Salzburg) unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruhte, Ernst M***** durch Drohung mit zumindest einer erheblichen Verstümmelung, nämlich durch die Äußerung „verlass sofort meinen Hof, sonst schlage ich dir die Axt in das Kreuz“, wobei sie zur Unterstreichung der Drohung eine Axt in der rechten Hand über ihren Kopf erhoben hielt, zum Verlassen der Liegenschaft zu nötigen versucht und hiedurch eine Tat begangen hat, die ihr, wäre sie zur Tatzeit zurechnungsfähig gewesen, als Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB zuzurechnen gewesen wäre, und weil nach ihrer Person, ihrem Zustand und nach der Art der Tat zu befürchten war, dass sie sonst unter dem Einfluss ihrer geistigen oder seelischen Abartigkeit eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen werde. Gemäß § 45 Abs 1 StGB sah das Schöffengericht die Unterbringung unter Bestimmung einer fünfjährigen Probezeit bedingt nach und erteilte der Betroffenen - irrig im Urteil statt mit (gesondert auszufertigendem) Beschluss (RIS-Justiz RS0120887) - Weisungen nach §§ 50, 51 StGB.

Rechtliche Beurteilung

Ausschließlich gegen den Ausspruch über Begehung und Subsumtion der Anlasstat richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 8 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Betroffenen; sie schlägt fehl.

Die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) behauptet eine offenbar unzureichende Begründung der Feststellungen, die Betroffene habe mit ihrer Äußerung zum Ausdruck gebracht, dass sie den Bedrohten tatsächlich mit der Axt schlagen werde, wenn er nicht den Hof verlasse, was zumindest eine erhebliche Verstümmelung, wie den Verlust eines Körperteils oder dessen erhebliche Funktionseinbuße zur Folge haben werde (US 3). Dem zuwider widerspricht die auf die allgemeine Lebenserfahrung zu allfälligen Folgen eines Angriffs mit einer Axt gegen den Körper einer Person gestützte Begründung der Tatrichter weder den Kriterien logischen Denkens noch allgemeinen menschlichen Erfahrungen. Die beweiswürdigende Urteilserwägung wiederum, dass kein vom Wortlaut der Äußerung abweichender Bedeutungsgehalt gegeben sei (US 7), steht der vorgenannten Annahme nicht entgegen (Z 5 dritter Fall), waren doch die Folgen des angekündigten Angriffs mit einer Axt gar nicht Inhalt der Äußerung. Soweit die Beschwerde mit eigenständigen beweiswürdigenden Überlegungen der festgestellten Äußerung nur den Bedeutungsinhalt der Ankündigung einer schweren Körperverletzung zukommen lassen will, bekämpft sie in unzulässiger Weise die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Dem weiteren Vorbringen zuwider blieben auch die Feststellungen zur subjektiven Tatseite nicht unbegründet, sondern wurden mängelfrei auf den objektiven Geschehensablauf, die Verantwortung der Betroffenen und das Sachverständigengutachten gestützt (US 7 f). Der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrundeliegendes Wollen oder Wissen ist zulässig und bei leugnenden Angeklagten oder Betroffenen in aller Regel methodisch nicht zu ersetzen (RIS-Justiz RS0116882, RS0098671; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452). Weitergehende Ausführungen der Tatrichter waren - dem Gebot gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend - nicht geboten. In diesem Zusammenhang angestellte Spekulationen der Nichtigkeitswerberin über Motive der Tatrichter bei Urteilsfindung entziehen sich einer inhaltlichen Erwiderung.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit dem Hinweis auf den Inhalt der Zeugenaussage des Bedrohten keine aus den Akten abzuleitenden erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Anlasstat zugrundeliegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken, zumal die Beschwerde übersieht, dass die Frage, ob die Drohung beim Bedrohten tatsächlich Besorgnis (hier: in Bezug auf eine erhebliche Verstümmelung) erregt hat, ohne rechtliche Bedeutung ist (vgl Jerabek in WK2 § 74 Rz 33; RIS-Justiz RS0092753). Mit der Berufung auf den Zweifelsgrundsatz wird wiederum keine Nichtigkeit aus Z 5 oder 5a aufgezeigt (RIS-Justiz RS0117445 [T2]).

Der Rüge nach § 281 Abs 1 Z 8 StPO zuwider hat das Schöffengericht nicht gegen § 267 StPO verstoßen. Denn die vom Urteilsspruch umfasste Tat weicht von der im Unterbringungsantrag vorgeworfenen lediglich dahin ab, dass demselben objektiven Handeln der Betroffenen ein anderer Bedeutungsinhalt beigemessen wurde. Damit lag aber keine andere Tat im prozessualen Sinn und demnach auch keine Anklageüberschreitung vor.

Soweit die Beschwerde schließlich unter diesem Nichtigkeitsgrund auch vorbringt, die dargestellte Abweichung hätte eine Information und Anhörung der Betroffenen iSd § 262 StPO erfordert, so lag auch keine andere Tat im materiellen Sinn vor, vielmehr eine bloße Abweichung geringer Relevanz (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 545). Somit war es Sache des Beschwerdeführers, im Rechtsmittel das Belehrungserfordernis plausibel zu machen (RIS-Justiz RS0121419). Dies gelingt der Beschwerde mit der Behauptung, die Verteidigung hätte das Opfer dazu befragen können, ob es die Handlung der Betroffenen als Drohung mit einer erheblichen Verstümmelung verstanden habe, schon deshalb nicht, als es - wie ausgeführt - für die Beurteilung des Bedeutungsinhalts einer Drohung auf das tatsächliche Verständnis des Bedrohten nicht ankommt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als offenbar unbegründet bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO).

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