OGH 15Os59/04

OGH15Os59/0427.5.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Mai 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fuchs als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Daniel U***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG; § 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Jugendschöffengericht vom 1. Dezember 2003, GZ 143 Hv 134/03d-58, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Plöchl, der Angeklagten Joanna Malgorzata D***** sowie ihres Verteidigers Mag. Marco Boldrer zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 1. Dezember 2003, GZ 143 Hv 134/03d-58, verletzt in dem Joanna Malgorzata D***** betreffenden Strafausspruch § 36 StGB.

Dieser wird einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Text

Gründe:

Die am 7. Jänner 1983 geborene Joanna Malgorzata D***** wurde mit dem im Spruch genannten Urteil - das auch Schuldsprüche weiterer Angeklagter enthält - des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall, Abs 3 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG und § 15 StGB sowie (richtig:) der (von einem nicht mehr festzustellenden Zeitpunkt an bis zur Verhaftung am 29. August 2003 begangenen) Vergehen nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG schuldig erkannt und hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 28 Abs 4 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, wovon gemäß § 43a Abs 3 StGB ein Strafteil von 12 Monaten für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Die Bestimmung des § 36 StGB erachtete das Jugendschöffengericht ausdrücklich für unanwendbar, weil im gegebenen Fall eine Unterschreitung des im § 28 Abs 4 SMG vorgesehenen Strafrahmens nicht erfolgen habe können (US 31).

Während die Angeklagte auf Rechtsmittel verzichtete, erhob die Staatsanwaltschaft zu deren Nachteil Berufung, über die der zuständige Gerichtshof zweiter Instanz noch nicht entschieden hat.

Rechtliche Beurteilung

Wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes (§ 33 StPO) erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, verletzt das Urteil in seinem die Angeklagte Joanna Malgorzata D***** betreffenden Strafausspruch das Gesetz.

Nach den Urteilsfeststellungen hat diese Angeklagte sämtliche Straftaten vor Vollendung ihres 21. Lebensjahres begangen. Demzufolge hätte ihr die durch das Bundesgesetz BGBl I 2001/19 geschaffene privilegierende Strafbemessungsvorschrift des § 36 StGB zugute kommen müssen, welche normiert, dass bei Personen, die zur Zeit der Tat das einundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ein - wie hier vorliegendes - Mindestmaß der Strafdrohung von einem Jahr Freiheitsstrafe auf sechs Monate herabgesetzt wird. Die Strafe für die vom Schuldspruch erfassten Delikte wäre somit nach § 28 Abs 4 SMG iVm § 36 StGB innerhalb eines Rahmens von sechs Monaten bis zu 15 Jahren (und nicht, wovon der Jugendschöffensenat rechtsirrig ausgegangen ist, von einem Jahr bis zu 15 Jahren) Freiheitsstrafe auszumessen gewesen.

Denn anders als bei den fakultativen Strafzumessungsbestimmungen der §§ 39 und 41 StGB (SSt 46/40) bewirkt § 36 StGB eine Änderung des Strafrahmens an sich.

Durch die rechtsirrige Nichtanwendung der zwingend zu berücksichtigenden Strafbemessungsvorschrift des § 36 StGB hat das Jugendschöffengericht seine Strafbefugnis ungeachtet dessen überschritten (§ 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO), dass die von ihm konkret verhängte Strafe von 18 Monaten innerhalb des zulässigen Rahmens liegt (vgl Ebner, WK2 § 36 Rz 4; EvBl 2002/106; 11 Os 176/02).

Der vorliegenden Gesetzesverletzung war konkrete Wirkung zuzuerkennen und das Urteil im Joanna Malgorzata D***** betreffenden Strafausspruch aufzuheben, zumal eine amtswegige Wahrnehmung der zum Nachteil der Angeklagten wirkenden Nichtigkeit des Strafausspruchs durch den Gerichtshof zweiter Instanz in Hinblick darauf nicht möglich wäre, dass dieser bei seiner Entscheidung auf die der Berufung unterzogenen Punkte beschränkt ist (§ 295 Abs 1 erster Satz StPO) und hier nur eine - den Urteilsfehler nicht relevierende - ausschließlich zum Nachteil der Angeklagten erhobene Berufung der Staatsanwaltschaft vorliegt (vgl Ratz, WK-StPO § 295 Rz 9, 14).

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