OGH 15Os5/14w

OGH15Os5/14w19.3.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. März 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Dr. Michel‑Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Naser D***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 1 und 3 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 22. November 2013, GZ 17 Hv 101/13b‑134, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0150OS00005.14W.0319.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der Taten jeweils auch unter § 28a Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 1 SMG, demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Ihm fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Naser D***** (richtig:) des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 1 und Z 3 SMG und des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 1 und Z 3 SMG, jeweils als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er Anfang Februar 2005 „Zoran P***** und Safet O***** dazu bestimmt, vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge ein‑ und auszuführen sowie einem anderen zu überlassen, indem er sie aufforderte,

1. am 18. Februar 2005 17,6 Gramm Heroin (3,4 +/‑ 0,39 Gramm Reinsubstanz) von Deutschland nach Österreich zu schmuggeln und in G***** einem als Kaufinteressenten auftretenden verdeckten Ermittler des Bundesministeriums für Inneres als Kaufprobe zu übergeben und

2. am 21. Februar 2005 2.969,1 Gramm Heroin (640 +/‑ 41 Gramm Reinsubstanz) von Deutschland nach Österreich zu schmuggeln und in G***** einem als Kaufinteressenten auftretenden verdeckten Ermittler des Bundesministerium für Inneres zu verkaufen,

wobei er die Straftaten gewerbsmäßig und als Mitglied einer kriminellen Vereinigung beging und schon einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden war“.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wendet sich die auf Z 4, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie verfehlt ihr Ziel.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wies das Erstgericht den zum Beweis dafür, dass der Angeklagte im Zuge seiner Tätigkeit als Informant für den mazedonischen Geheimdienst den Kontakt zu „Marco“ im Wissen und im Auftrag des mazedonischen Geheimdienstes hergestellt habe und die inkriminierte Tat „grundsätzlich vom mazedonischen Geheimdienst gedeckt“ gewesen sei, gestellten Antrag, eine „weitere detaillierte Anfrage an den Vizedirektor des mazedonischen Geheimdienstes mit dem Namen Ismaili M***** zu richten“ (ON 133 S 7), ohne Verletzung von Verteidigungsrechten ab. Das Vorbringen macht nämlich nicht klar, weshalb die behauptete „grundsätzliche Deckung“ des Suchtgiftgeschäfts durch den mazedonischen Geheimdienst die Strafbarkeit der inkriminierten Taten im Inland entfallen lassen sollte, der Antrag somit auf die Klärung entscheidender Tatsachen gerichtet wäre. Zudem legte der Beschwerdeführer nicht dar, warum trotz der ‑ konkret zur Verantwortung des Angeklagten, er sei bei den inkriminierten Tathandlungen für den mazedonischen Geheimdienst tätig geworden -eingelangten Antwort von IP‑Skopje, wonach der Angeklagte zwischen 2002 und Februar 2013 nur als Informant für den Geheimdienst tätig war (ON 130 iVm ON 131), eine nochmalige Anfrage an die mazedonischen Behörden das vom Antragsteller behauptete, abweichende Ergebnis erbringen sollte (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 331).

Entgegen dem Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) hat sich das Erstgericht eingehend mit dem Antwortschreiben von IP‑Skopje vom 11. November 2013 (ON 130) auseinandergesetzt (US 9). Mit seinen eigenen Erwägungen über die aus diesem Schreiben zu ziehenden Schlüsse wendet sich der Nichtigkeitswerber bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit dem Hinweis auf die aus Z 5 erstatteten Einwände und die Verantwortung des Angeklagten keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken.

Die Feststellungen zu einer Beauftragung oder Bevollmächtigung des Angeklagten zur Abwicklung der gegenständlichen Drogengeschäfte durch den mazedonischen Geheimdienst vermissende Rechtsrüge (Z 9 lit a) übergeht die gegenteiligen Urteilsannahmen zur subjektiven Tatseite, wonach es dem Angeklagten darauf ankam, im Rahmen der mit Zoran P***** und Safet O***** gebildeten kriminellen Vereinigung in Hinkunft gemeinschaftlich fortgesetzt Suchtgift in übergroßen Mengen nach Österreich zu schmuggeln und dort zu verkaufen, dies in der Absicht sich durch den wiederkehrenden Schmuggel und die wiederkehrende Inverkehrsetzung von übergroßen Suchtgiftmengen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 3 letzter Absatz). Vielmehr wendet sie sich erneut unter Hinweis auf das Vorbringen zur Verfahrens‑ und zur Mängelrüge gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung und verfehlt solcherart die prozessordnungskonforme Darstellung materiell-rechtlicher Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zurückzuweisen. Bei deren Erledigung musste sich der Oberste Gerichtshof jedoch von einer dem Urteil anhaftenden, nicht geltend gemachten Nichtigkeit (Z 10) überzeugen (§ 290 Abs 1 StPO).

Die Urteilsannahmen bieten nämlich kein ausreichendes Substrat für die Unterstellung der Straftaten auch unter die Qualifikationsnormen des § 28a Abs 2 Z 1 sowie Abs 4 Z 1 SMG. Die Subsumtion unter die genannten Gesetzesstellen erfordert nämlich neben der gewerbsmäßigen bzw als Mitglied einer kriminellen Vereinigung erfolgten Tatbegehung als zusätzliche Voraussetzung, dass der Täter schon einmal wegen einer Straftat „nach Abs 1“ verurteilt worden ist. Soweit es sich dabei um eine nach § 73 StGB zu berücksichtigende ausländische Verurteilung handelt, ist eine dem § 28a Abs 1 SMG in der geltenden Fassung inhaltlich entsprechende Verurteilung notwendig (RIS‑Justiz RS0123175, 11 Os 75/11f). Die Konstatierung einer „einschlägigen Verurteilung in der Schweiz“ (unter anderem) wegen „Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz“ (US 2) genügt demnach nicht.

Dieser Rechtsfehler mangels Feststellungen erfordert die Kassation des Schuldspruchs im Umfang der Unterstellung des inkriminierten Verhaltens unter § 28a Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 1 SMG und demgemäß auch des Strafausspruchs.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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