OGH 15Os43/06x

OGH15Os43/06x18.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Mai 2006 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hennrich als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Addy G***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB, AZ 7 Ur 266/04p des Landesgerichtes Wels, über die Grundrechtsbeschwerde des genannten Beschuldigten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz vom 29. März 2006, AZ 9 Bs 88/06i (ON 126), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Addy G***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Gegen Addy G***** wird beim Landesgericht Wels Voruntersuchung wegen des Verdachtes des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB geführt. Nach dem Inhalt des angefochtenen Beschlusses soll er mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung von schweren Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, im Zeitraum von Herbst 2002 bis zu seiner Verhaftung Anfang Dezember 2004 (im Verfahren 9 Ur 1099/01y = 15 Hv 218/04h des Landesgerichtes Wels) in mehreren Fällen andere Personen durch Täuschung über Tatsachen, teils unter Verwendung falscher Urkunden bzw Beweismittel, nämlich insbesondere durch die Vorgabe, ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Vertragspartner zu sein, zur Finanzierung bzw Vermietung von Fahrzeugen und Anhängern einerseits sowie zur Erbringung von Transportleistungen andererseits verleitet haben, wodurch diese oder Dritte an ihrem Vermögen in einem insgesamt 50.000 Euro übersteigenden Betrag geschädigt wurden. Nach der Verbüßung des unbedingten Teiles der mit Urteil vom 18. Februar 2005, GZ 15 Hv 218/04h-166 des Landesgerichtes Wels, über ihn unter anderem wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB verhängten Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren, von der gemäß § 43a Abs 4 StGB ein Teil im Ausmaß von zwei Jahren unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, wurde über den Beschuldigten am 15. Dezember 2005 die Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr gemäß § 180 Abs 2 Z 3 lit b StPO verhängt (ON 90) und zuletzt mit Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 15. März 2006 fortgesetzt (ON 119). Der dagegen erhobenen Beschwerde des Beschuldigten gab das Oberlandesgericht Linz mit dem angefochtenen Beschluss nicht Folge und ordnete seinerseits die weitere Fortsetzung der Haft aus dem angeführten Haftgrund bis 29. Mai 2006 an.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen gerichtete Grundrechtsbeschwerde ist nicht im Recht. Soweit sie die Annahme eines dringenden Tatverdachtes bloß in Ansehung eines Teiles der vom Beschwerdegericht als haftrelevant angenommenen Fakten bekämpft, legt sie zum einen nicht dar, weshalb den verbleibenden Verdachtsmomenten - schon angesichts des ihnen zugrunde liegenden, gegenüber einer Gesamtschadenssumme von ca 555.000 Euro keineswegs unbedeutenden Schadensbetrages von über 140.000 Euro (vgl Punkt II 3 und III des Beschlusses des Landesgerichtes Wels vom 15. März 2006, S 115/VIII) - auch unter dem Blickwinkel der Verhältnismäßigkeit nicht die Eignung zukommen sollte, die Fortdauer der Untersuchungshaft zu rechtfertigen. Zum anderen verkennt sie, dass eine am Gesetz orientierte Bekämpfung der Sachverhaltsgrundlagen einer Haftentscheidung an den Kriterien der Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO Maß zu nehmen hat. Demnach ist die Begründung des dringenden Tatverdachtes nur dann offenbar unzureichend, wenn sie den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht und solcherart geradezu willkürlich erscheint. Auch im Falle bloßer Scheingründe hätte das Gericht den Rahmen des gesetzlichen Beweiswürdigungsermessens überschritten (§ 10 GRBG; zuletzt 15 Os 49/05 mwN). Mit ihrer Argumentation, den Firmen M***** und B***** als Leasinggeberinnen sei infolge bereits langjähriger Geschäftsbeziehung der Betriebsgegenstand der vom Beschuldigten geführten Bo***** Ltd, nämlich die Weitervermietung der geleasten Lkw, bekannt gewesen, sodass - trotz des formalen Verstoßes gegen die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Firma M***** - von einem betrügerischen Vorgehen zu deren Nachteil keine Rede sein könne, und mit dem Hinweis auf die - gegenüber der Firma M***** längerfristige - vorläufige Ratenzahlung sowie der bloßen, in den Verfahrensergebnissen keine Deckung findenden (vgl ON 52 und die darauf gestützten Erwägungen des Oberlandesgerichtes Linz in seinem Beschluss vom 16. Jänner 2006, ON

104) Behauptung, sämtliche Leasingraten an die A***** GesbR beglichen zu haben, stellt die Beschwerde der - insbesondere auf die seit Jahren desaströse Vermögenslage des Beschuldigten, die (negative) wirtschaftliche Entwicklung seiner Unternehmen (S 406/VII iVm S 158/VIII) und den Verdacht des, teilweise bloß beabsichtigten, Weiterverkaufs einzelner Fahrzeuge ohne Zustimmung der Vertragspartner nach Einstellung der Zahlungen aus den Leasingverträgen (S 407/VII, 159/VIII) gestützten - Annahme eines dringend indizierten, zumindest bedingten Täuschungsvorsatzes schon anlässlich der jeweiligen Vertragsabschlüsse eigene Beweiswerterwägungen gegenüber, kritisiert damit bloß unzulässig die (vorläufige) Beweiswürdigung des Oberlandesgerichtes und missachtet solcherart die gesetzlichen Anfechtungskriterien.

Soweit sich der Beschwerdeführer insoweit auf die Ergebnisse des Konkursverfahrens seines genannten Unternehmens stützt, verstößt er überdies gegen das im Grundrechtsbeschwerdeverfahren geltende Neuerungsverbot (RIS-Justiz RS0106584).

Aus den der Strafanzeige der Polizeiinspektion Gmunden vom 8. September 2005 angeschlossenen Unterlagen (ON 75) hat das Oberlandesgericht Linz unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer zitierten Bestätigung der Firma Ge***** vom 3. Jänner 2006 (S 397, 399/VII) mängelfrei jenen für die Beurteilung des auch insoweit dringenden Tatverdachtes maßgeblichen Umstand erschlossen, wonach die ab Juli 2004 erteilten Transportaufträge nicht mehr bezahlt wurden (S 160/VIII). Indem die Beschwerde diesen Vorwurf bloß unsubtanziiert bestreitet, zeigte sie ein Begründungsgebrechen der angefochtenen Entscheidung nicht auf. Die angeführten, vom Beschwerdegericht zur Begründung des dringenden Tatverdachtes ins Treffen geführten bestimmten Tatsachen (vgl im Einzelnen S 2 bis 5 der angefochtenen Entscheidung iVm S 3 bis 7 des Beschlusses des Oberlandesgerichtes Linz vom 16. Jänner 2006) lassen hingegen den daraus gezogenen Schluss auf die hohe Wahrscheinlichkeit eines - von der Beschwerde in Abrede gestellten - tatbestandsessentiellen Täuschungsvorsatzes als nicht unvertretbar erscheinen.

Mit dem Hinweis auf die Verbüßung des zu AZ 15 Hv 218/04h verhängten unbedingten Strafteiles von einem Jahr und der Behauptung, bei gemeinsamer Aburteilung auch der dem Beschuldigten nunmehr zur Last liegenden Fakten wäre eine Zusatzstrafe nicht verhängt worden, wird im Hinblick auf die Strafdrohung des § 148 zweiter Fall StGB von einem bis zu zehn Jahren, der hier einzig maßgeblichen im vorliegenden Verfahren zugebrachten Haft (vgl RIS-Justiz RS0061292) in der Dauer von ca dreieinhalb Monaten (zum relevanten Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung) und insbesondere angesichts der von der Dringlichkeit des Tatverdachtes erfassten Schadenssummen - in Relation zu jenen im genannten (Vor-)Verfahren von etwa 280.000 Euro - eine Unverhältnismäßigkeit der bisherigen Untersuchungshaft nicht aufgezeigt.

Somit wurde der Beschuldigte im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb seine Beschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.

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