OGH 15Os37/90 (15Os38/90)

OGH15Os37/90 (15Os38/90)15.5.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Mai 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Fink als Schriftführerin in der Strafsache gegen Marion K*** wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 22.Mai 1989, GZ 27 E Vr 475/89-44, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Stöger, jedoch in Abwesenheit der Verurteilten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Durch das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 22.Mai 1989, GZ 27 E Vr 475/89-44, ist das Gesetz in der Bestimmung des § 5 Z 4 JGG 1988 verletzt worden.

Gemäß § 292 letzter Satz StPO wird

1. das zuvor bezeichnete Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, in dem die Beschuldigte Marion K*** betreffenden Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Anrechnung der Vorhaft) - und demgemäß auch der darauf bezogene (Widerrufs-) Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 14.Dezember 1989, GZ 35 Vr 479/89-71 - aufgehoben sowie die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Urteilsaufhebung an das Landesgericht Linz verwiesen sowie ferner

2. der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 17.Jänner 1990, GZ 40 BE 226/89-14, dahin abgeändert, daß bei der Anführung der über Marion K*** verhängten Strafen in der Dauer von insgesamt zwölf Monaten, von denen sie einen Teil von neun Monaten verbüßt hat, die mit dem eingangs bezeichneten Urteil über sie verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten zu entfallen hat, sodaß die Gesamtdauer der dem Vollzug unterlegenen Freiheitsstrafen zehn Monate und die Dauer des bedingt nachgesehenen Strafrestes ein Monat beträgt.

Text

Gründe:

Mit dem im Spruch bezeichneten Urteil vom 22.Mai 1989 wurde die am 23.November 1969 geborene Marion K*** wegen am 26.Juni 1988 begangener strafbarer Handlungen nach §§ 28 (Abs. 1), 229 Abs. 1 StGB zu zwei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Diese Straftaten, die sie demnach im Verlauf ihres neunzehnten Lebensjahres verübt hatte, waren deshalb zwar nicht zur Tatzeit (§ 1 Z 2 und 3 JGG 1961), wohl aber zur Zeit der Urteilsfällung (§ 1 Z 2 und 3 JGG 1988) Jugendstraftaten; gemäß § 61 StGB hätte daher bei der Strafbemessung die materiellrechtliche Bestimmung des § 5 Z 4 JGG 1988 angewendet werden müssen, wodurch das Höchstmaß der in § 229 Abs. 1 StGB angedrohten Freiheitsstrafe von einem Jahr auf sechs Monate herabgesetzt worden wäre.

Rechtliche Beurteilung

Die dem Landesgericht Linz durch die Nichtanwendung jener privilegierenden Strafbestimmung unterlaufene Gesetzesverletzung war in Stattgebung der von der Generalprokuratur erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes festzustellen und, da sie der Verurteilten zum Nachteil gereichte, nach § 292 letzter Satz StPO zu beheben.

Zu diesem Zweck war zum einen der fehlerhafte Strafausspruch zu kassieren und dessen Erneuerung in erster Instanz anzuordnen. Dabei werden die Bestimmungen des Art IX Abs. 4 letzter Satz JGG 1988 sowie der §§ 293 Abs. 3, 290 Abs. 2 StPO zu beachten sein, und zwar letztere auch in bezug auf die Gewährung bedingter Strafnachsicht, die nach ihrem zwischenzeitigen Widerruf (gemäß § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO im Verfahren zum AZ 35 Vr 479/89 des Landesgerichtes Linz) im Weg einer - am 17.Jänner 1990 unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit angeordneten und durchgeführten - bedingten Entlassung (im Verfahren zum AZ 40 BE 226/89 desselben Gerichtes) aus dem zusammengefaßten Vollzug mehrerer Freiheitsstrafen (§ 1 Z 5 StVG) letztlich im vollen Umfang wiederhergestellt wurde; die Probezeit darf dabei nicht länger als bis zum 17.Jänner 1993 dauern. Ein Ausspruch nach § 38 Abs. 1 StGB hingegen wird nicht mehr in Betracht kommen, weil die seinerzeitige Vorhaft der Verurteilten inzwischen schon beim Vollzug anderer Freiheitsstrafen zur Gänze angerechnet worden ist. Durch die Aufhebung des Straferkenntnisses wird der darauf bezogene (zuvor relevierte) Widerrufsbeschluß (vom 14.Dezember 1989) gegenstandslos, sodaß er in die kassatorische Entscheidung einzubeziehen war.

Ein für die Verurteilte nachteiliger Einfluß der nunmehr aufgehobenen fehlerhaften Strafbemessung auf das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 14.Dezember 1989 (GZ 35 Vr 479/89-71) hingegen, mit dem auf diese Strafe Bedacht genommen wurde (§§ 31, 40 StGB), ist deshalb auszuschließen, weil die (rechtsrichtige) Anwendung des § 5 Z 4 JGG 1988 im ersten Urteil nur zur Verhängung einer geringeren Strafe und folgerichtig die Verhängung einer Zusatz-Strafe dazu im zweiten Urteil lediglich zu einer strengeren Sanktion hätte führen können; insoweit ist daher für eine Maßnahme zugunsten der Verurteilten im Sinn des § 292 letzter Satz StPO kein Raum.

Wohl aber bedurfte zum anderen der im Spruch unter Pkt 2. bezeichnete Beschluß über die (gleichfalls schon relevierte) bedingte Entlassung der Marion K*** aus dem zusammengefaßten Vollzug mehrerer Freiheitsstrafen insofern einer Korrektur, als die Anführung der mit dem nunmehr aufgehobenen Strafausspruch über sie verhängten, noch zur Gänze unvollzogenen und demgemäß im bedingt nachgesehenen Strafsummen-Rest enthaltenen Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten daraus zu eliminieren war.

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