OGH 15Os160/07d

OGH15Os160/07d10.3.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. März 2008 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. T. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pulker als Schriftführerin in der Strafsache gegen Nurmuchamed S***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster und zweiter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Shaban G***** sowie die Berufung des Angeklagten Nurmuchamed S***** gegen das Urteil des Geschworenengerichts beim Landesgericht für Strafsachen Graz vom 25. September 2007, GZ 6 Hv 101/07p-489, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten Shaban G***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Shaban G***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster und zweiter Fall, 15 StGB, sowie des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in G***** als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) eines oder mehrerer anderer Mitglieder dieser Vereinigung (teilweise) unter Verwendung einer Waffe nachangeführten Personen fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz „weggenommen oder abgenötigt bzw. wegzunehmen oder abzunötigen versucht bzw zumindest zur Wegnahme oder Abnötigung beigetragen und zwar":

1. am 18. Jänner 2007 gegen 19:00 Uhr (im bewussten und gewollten Zusammenwirken, US 14) mit Hasan A***** und Nurmuchamed S***** im Stadtpark, nahe dem Haus G*****, dem Dominik K***** durch Umringen, Festhalten am Oberkörper, Zubodenringen, Fixieren am Boden, durch Setzen auf diesen, Versetzen mehrerer Ohrfeigen und Faustschläge, sohin mit Gewalt (gemeint: gegen eine Person) und Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, Bargeld im Betrag von 50 Euro;

2. am 19. Jänner 2007 gegen 18:45 Uhr (im bewussten und gewollten Zusammenwirken, US 14) mit Nurmuchamed S***** im Stadtpark im Bereich W***** dem Manuel F***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, indem sie ihn umringten, Nurmuchamed S***** ein Butterflymesser mit geöffneter Klinge in seine Richtung hielt, ihn zur Herausgabe von Wertgegenständen aufforderte und ihm androhte, ihn andernfalls abzustechen, während Nurmuchamed S***** ihn durchsuchte und Shaban G***** als Aufpasser fungierte, unter Verwendung einer Waffe, Bargeld im Betrag von 22 Euro durch Entnahme aus dessen Brieftasche;

3. am 19. Jänner 2007 gegen 21:45 Uhr (im bewussten und gewollten Zusammenwirken, US 15) mit Nurmuchamed S***** im Stadtpark, nahe dem Wetterhäuschen, dem Michael L***** dadurch, dass Shaban G***** vorgab, ein Messer eingesteckt zu haben, ihn festhielt und hierauf Nurmuchamed S***** ihn wegstieß und ihm einen Tritt versetzte, nachdem sie ihn zur Herausgabe von Bargeld aufgefordert hatten, während die übrigen (gemeint: Shaban G*****) als Aufpasser fungierte(n), sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben und mit Gewalt (gemeint: gegen eine Person) Bargeld in nicht näher bekannter Höhe, wobei die Tatvollendung nur mangels Vorhandenseins einer Beute unterblieb;

4. am 19. Jänner 2007 nach 21:45 Uhr (im bewussten und gewollten Zusammenwirken, US 16) mit Nurmuchamed S***** und Mahamed D***** (wobei er nicht als Mitglied einer kriminellen Vereinigung handelte) im Stadtpark beim Wetterhäuschen dem Daniel S***** und dem Jakob S***** dadurch, dass Nurmuchamed S***** Daniel S***** in den „Schwitzkasten" nahm und Shaban G***** ihm einen Faustschlag in das Gesicht versetzte und einen weiteren Angeklagten aufforderte, ihm ein Messer zu geben, während Nurmuchamed S***** dem Opfer die Geldtasche wegnahm und dadurch, dass Nurmuchamed S***** dem Jakob S***** den Arm auf den Rücken verdrehte und seine Kleidung durchsuchte, während die anderen Angeklagten als Aufpasser fungierten, sohin mit Gewalt (gemeint: gegen eine Person) und durch Drohung mit gegenwärtiger Gewalt für Leib oder Leben dem Daniel S***** Bargeld im Betrag von 28 Euro und dem Jakob S***** Bargeld im Betrag von 95 Euro;

5. am 20. Jänner 2007 gegen 19:00 Uhr (im bewussten und gewollten Zusammenwirken, US 17) mit Yusuf P*****, Hasan A*****, Nurmuchamed S***** und Mukharbek A***** im Stadtpark beim Wetterhäuschen Burgring dem Tankred K*****, indem die Angeklagten ihn und seinen Begleiter Skanda W***** umringten, Nurmuchamed S***** unter Androhung von Schlägen die beiden zur Herausgabe von Wertgegenständen aufforderte, dem Tankred K***** mit einem Schlagring einen Schlag gegen den Kopf versetzte, wodurch das Opfer zu Boden fiel und nunmehr von anderen Angeklagten Schläge gegen den Körper erhielt, ehe die Täter die Kleidung des Tankred K***** durchsuchten, somit durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben und mit Gewalt (gemeint: gegen eine Person) unter Verwendung einer Waffe ein Mobiltelefon im Wert von 150 Euro und eine Packung Zigaretten, ehe Tankred K***** durch Verwendung eines mitgeführten Pfeffersprays die Flucht gelang;

7. am 20. Jänner 2007 gegen 21:45 Uhr (im bewussten und gewollten Zusammenwirken, US 18) mit Ermes M***** (nicht als Mitglied einer kriminellen Vereinigung) und Mukharbek A***** im Stadtpark beim Wetterhäuschen dem Jakob G***** durch Umringen, sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, Bargeld im Betrag von 40 Euro;

9. am 1. Dezember 2006 gegen 22:20 Uhr im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Nurmuchamed S***** auf dem Schlossberg in G*****, im Bereich des Rosengartens, nachdem sie Julian G***** eine Baseballkappe im Wert von 150 Euro gestohlen hatten und bei diesem Diebstahl auf frischer Tat betreten wurden, Gewalt gegen eine Person angewendet oder sie mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) bedroht, um sich oder einem Dritten die weggenommene Sache zu erhalten, indem insbesondere Shaban G***** dem Julian G***** Schläge versetzte und ihm ein Messer an den Hals ansetzte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus den Gründen des § 345 Abs 1 Z 4, 6, 8 und 10a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel. Wenn der Beschwerdeführer unter Z 4 rügt, der Vorsitzende habe es unterlassen, den Angeklagten bei seiner Wiedereinführung über den in seiner Abwesenheit verhandelten Gegenstand in Kenntnis zu setzen, ist ihm zu erwidern, dass die gemäß § 250 Abs 1 StPO geforderte Mitteilung in der Hauptverhandlung am 12. September - also vor Schluss des Beweisverfahrens (s § 250 Abs 2 StPO) - erfolgte (S 375/VIII). Die Mitteilung konnte sich auf die wesentlichen Aspekte beschränken, zumal es dem Verteidiger freistand, auf eine ihm notwendig erscheinende ergänzende Information des Angeklagten hinzuwirken (14 Os 53/05z uva). Zur Beurkundung im Hauptverhandlungsprotokoll genügt jedenfalls ein kurzer Hinweis auf die erfolgte Unterrichtung des Angeklagten (Kirchbacher, WK-StPO § 250 Rz 10). Überdies bezeichnet der Beschwerdeführer die vermisste Information nicht deutlich und bestimmt, sodass sich die auf die Vernachlässigung des § 250 Abs 1 StPO gestützte Verfahrensrüge (Z 4) nicht an der Verfahrensordnung orientiert (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 249).

Soweit die Fragestellungsrüge nach Z 6 eine uneigentliche Zusatzfrage im Hinblick auf die Begehung im Rahmen einer kriminellen Vereinigung moniert, legt sie nicht dar, warum durch die Unterlassung derselben trotz § 330 Abs 2 letzter Satz StPO, welcher es den - darüber instruierten (S 4 der Rechtsbelehrung) - Geschworenen gestattet, eine Frage nur teilweise zu bejahen, und ungeachtet des dem Schwurgerichtshof nach § 317 Abs 2 StPO eingeräumten Ermessens eine der in den §§ 312 bis 317 StPO enthaltenen Vorschriften verletzt worden sein soll (13 Os 39/04).

Auch die unter Z 8 geltend gemachte Instruktionsrüge verfängt nicht, weil mangels Einflusses auf die inhaltliche Richtigkeit der Rechtsbelehrung das Unterbleiben des Anschlusses derselben an das Hauptverhandlungsprotokoll keine Nichtigkeit begründet (Philipp, WK-StPO § 321 Rz 4).

Das Vorbringen in der Tatsachenrüge (Z 10a) ist nicht geeignet, sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen zu erwecken. Dies auch nicht unter dem von der Beschwerde in den Vordergrund gestellten Aspekt der Übereinstimmung der Angaben des Beschwerdeführers mit jenen des Mitangeklagten Nurmuchamed S***** bei deren Verantwortung in der Hauptverhandlung. Der Umstand allein, dass die Aussagen der Genannten auch einen Schluss dahingehend zuließen, es sei tatsächlich keine kriminelle Vereinigung vorgelegen, vermag eine Nichtigkeit nicht zu begründen, weil der formelle Nichtigkeitsgrund der Z 10a seinem Wesen nach erst dann greift, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen wird dadurch nicht eröffnet. Unterhalb dieser Erheblichkeitsschwelle bleibt die Beweiswürdigung allein den Tatrichtern vorbehalten (12 Os 120/04; 14 Os 53/07m). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der dazu vom Verteidiger erstatteten Äußerung, die keine Ergänzung der Nichtigkeitsbeschwerde ermöglicht, sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§§ 344, 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten G***** beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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