OGH 15Os150/21d

OGH15Os150/21d9.3.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. März 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in der Strafsache gegen * G* wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 15. Oktober 2021, GZ 37 Hv 29/21s‑15, ferner über die Beschwerde des Angeklagten gegen den unter einem gefassten Beschluss auf Widerruf bedingter Strafnachsichten und Verlängerung einer Probezeit nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0150OS00150.21D.0309.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen – irrig auch den Freispruch von einer idealkonkurrierenden strafbaren Handlung enthaltenden (vgl aber RIS‑Justiz RS0115553) – Urteil wurde * G* des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 20. August 2021 in * durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe * L* eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz abzunötigen versucht, durch deren Zueignung sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, „indem er diesen unter Vorhalt eines Klappmessers mit einer Klingenlänge von etwa 10 cm auf Brusthöhe unter Einhaltung eines geringen Abstandes von etwa 50 cm und den Worten ′Geld her und Handy her′ Bargeld und Mobiltelefon abzunötigen versuchte, wobei es infolge Weigerung bzw Flucht seitens * L* beim Versuch blieb“.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

[4] Die Konstatierung, der Angeklagte habe „ein (ausgeklapptes Klapp‑)Messer“ mit einer Klingenlänge von etwa 10 cm aus seiner rechten Hosentasche gezogen (US 4), widerspricht – dem Einwand der Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) zuwider – nicht „dem gesetzeslogischen Denken“. Indem die Beschwerde auf einen Vergleich der bekämpften Feststellung mit den dazu angestellten Erwägungen verzichtet (vgl RIS‑Justiz RS0119089) und statt dessen eigene Überlegungen dazu anstellt, ob der Angeklagte sich mit einem ausgeklappten Messer in der Hosentasche zum Tatort bewegen konnte, kritisiert sie bloß die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Berufung wegen Schuld, ohne ein Begründungsdefizit aufzeigen zu können.

[5] Offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) ist eine Begründung, welche den Kriterien folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungswerten widerspricht (RIS‑Justiz RS0116732), wenn also für den Ausspruch über eine entscheidende Tatsache entweder überhaupt keine oder nur solche Gründe angegeben sind, aus denen sich nach Denkgesetzen oder allgemeiner Lebenserfahrung ein Schluss auf die zu begründende Tatsache entweder überhaupt nicht ziehen lässt oder der logische Zusammenhang kaum noch erkennbar ist (RIS‑Justiz RS0108609).

[6] Die Feststellung, dass der Angeklagte zur Begehung des Raubes ein Messer verwendete (US 4), stützten die Tatrichter – logisch und empirisch mängelfrei – auf die für glaubhaft und konsistent erachteten Angaben des Zeugen L* (US 5 ff), wobei sie Divergenzen in der Schilderung der Art des verwendeten Messers („Klappmesser“ bzw „Obstmesser“) in ihre Erwägungen einbezogen (US 6).

[7] Soweit die Beschwerde die – zudem keine entscheidenden Tatsachen betreffenden – Erwägungen der Tatrichter, ob es sich um ein Klapp‑ oder Obstmesser handelte und ob dieses in der Hosentasche bereits aufgeklappt war, in Zweifel zieht, bekämpft sie neuerlich in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des Erstgerichts.

[8] Der Nichtigkeitsgrund nach Z 5a greift seinem Wesen nach erst dann, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können und dürfen, nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen, mit anderen Worten intersubjektiv gemessen an Erfahrungs‑ und Vernunftsätzen eine unerträgliche Fehlentscheidung qualifiziert nahelegen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen wird dadurch nicht ermöglicht (RIS‑Justiz RS0119583).

[9] Mit der Wiederholung der Kritik an den Angaben des Tatopfers zu Art und Beschaffenheit des beim Raubüberfall verwendeten Messers und eigenständigen Überlegungen dazu, dass es technisch unmöglich sei, sich mit einem solchen Messer in der Hosentasche zum Tatort oder von dort weg zu bewegen, gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen zu wecken.

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde ergibt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

[11] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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